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Halbzeit fürs Weltauto

02.11.2021 06:00 Uhr
Halbzeit fürs Weltauto

Das Konzept, ein Fahrzeug für alle Märkte auf die Beine zu stellen, ist beim Focus gelungen. Der Kompakt-Ford gefällt weltweit. Dennoch stockt der Absatz, was weniger am nahenden Facelift liegt.

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Der Ford Focus war früher immer der Dritte im Bunde: Golf, Astra (zuvor Kadett) und Focus (zuvor Escort) lautete die Reihenfolge der beliebtesten Kompaktmodelle in Deutschland. Im flottenrelevanten Markt ist das längst nicht mehr so. Hier hat der koda Octavia oft die Nase vorn und der Focus lag lange Zeit dicht dahinter unter den Top 5. Der Astra ist mittlerweile aus den Top 10 raus, was weniger verwundert: Der neue Rüsselsheimer steht in den Startlöchern.

Doch jetzt schwächelt auch der Focus. Platz 9 nach dem ersten Halbjahr in 2021. Laut Ford liegt das vor allem am Halbleitermangel und der damit verbundenen Produktionsstillstand im Werk Saarlouis - das leuchtet ein. Denn anders wäre ein Rückgang von 50 Prozent im Vergleich zum ersten Corona-Schock-Jahr kaum zu erklären. Ein Dilemma ist es dennoch. Der Ford Focus ist weltweit gesehen mehrfach das meistverkaufte Kompaktmodell gewesen, was die Strategie der US-Amerikaner bestätigt, dass nicht alle Fahrzeuge marktspezifisch aussehen und sich so anfühlen müssen. Letztendlich kann man so das Geld sparen und besser die Qualität (und den Absatz) in Gänze heben.

Saubere Verarbeitung

An der Qualität des Focus Nummer 4 gibt es kaum etwas auszusetzen. Fast alles fühlt sich hochwertig an und sieht gut aus. So etwas wie Kniepolster an der Mittelkonsole sind selten, aber durchaus sinnvoll bei langen Haxen. Die knopflastige Bedienung ist Pro und Contra zugleich. Denn damit lassen sich diverse Funktionen blind bedienen, dafür sieht das Cockpit nicht mehr modern aus, was sich bis ins Kombiinstrument durchzieht. Analog präsentiert es sich, was wiederum nichts an der Ablesbarkeit ändert. Die Sprachbedienung kann man sich sparen, auch wenn sie keinen Cent kostet.

Supergut gelöst: der Drehschalter für die Achtgang-Automatik. Das gelingt ohne hinzuschauen und ist in der Gestaltung zurückhaltend. Kollege Swantusch findet diese Lösung hingegen eher "schwerfällig" - so unterschiedlich sind die Eindrücke. Das Handy findet seinen Platz davor und wird auf Wunsch induktiv geladen. Das Spiegeln des Smartphones hingegen gelingt ausschließlich mit Stecker.

Die Sitze sind bequem und im Falle des Testwagens elektrisch einstellbar, jedoch ohne Memory-Funktion. Langstreckensitze mit dem Signet AGR (Aktion Gesunder Rücken e.V.) gibt es gegen Aufpreis. Derweil ruht der Ellbogen auf der weichen Mittelarmlehne. Das Platzangebot im Focus passt - für ein knapp 4,40 Meter kompaktes Fahrzeug. Auch hinten kann man mit 1,90 Metern vernünftig sitzen und ins Heck drücken sich dann noch 380 Liter Gepäck - das ist alles guter Durchschnitt.

Ford verwendet beim Focus verschiedene Getriebearten. Der Zweiliter-Diesel hat die Achtgang-Automatik bekommen, eigentlich eine komfortable Lösung. Jedoch fühlt sich der Wandlerautomat teils an wie ein Doppelkupplungsgetriebe. Es schaltet schnell und meist unmerklich, unter Volllast jedoch wird immer mal wieder ein Gang reingepresst und der tut das mit einem deutlichen Ruck kund. Ebenso sind sich die acht Gänge nicht immer einig, wer gerade die Kraft an die Vorderräder weitergeben sollte (Allrad gibt es nicht), was manches Mal etwas unbeholfen wirkt.

Erste-Sahne-Diesel

Der Motor, den 13 Prozent der Focus-Kunden wählen ist ein Diesel im klassischen Sinne. Viel Druck, wenig Verbrauch, ruhiges Gemüt. Die 150-PS-Version ist die goldene Mitte, 30 nach unten und 40 nach oben sind möglich, leider fliegt diese Variante mit dem Facelift raus. Leider? Ja, denn 370 Newtonmeter reichen stets, um souverän die knapp 1,6 Tonnen in Gang zu bringen. Wer es drauf anlegt, fährt mit 4,5 Liter, wer es eilig hat, verfeuert etwas mehr als sechs. Mit dem 47-Liter-Tank sind damit weite Nonstop-Touren möglich - ungewöhnlich, in Zeiten der E-Mobilität. Ab und an will Adblue nachgefüllt werden, nach wie vor eine unschöne Angelegenheit und ein Lappen sowie Spülwasser sollten in Griffweite sein. 10,5 Liter fasst dieser Tank, der selten bis zur nächsten Inspektion reicht, die 30.000 Kilometer entfernt sein könnte. An alledem ändert das Facelift nichts.

Unser Testwagen stand auf einem soliden Stahlfahrwerk, das gut zum Focus passt. Es ist straff, wie man sich einen Ford wünscht, und hat dennoch genug Federweg, wenn es mal holprig wird. Leichtes Nachschwingen nach Bodenwellen verzeiht man. Wer es drauf anlegt, lenkt mit dem agilen Heck sogar sanft mit, ohne Gefahr, dass etwas Kompliziertes passiert. Die Lenkung ist präzise und will mit zupackender Hand geführt werden. Der Focus ist nach wie vor ein echtes Fahrerauto und gut für alle, die Spaß am Autofahren haben.

Deswegen könnte Ford auch die Option implementiert haben, dass das ACC deaktivierbar ist und sich in einen klassischen Tempomaten verwandeln lässt. Vor allem in Baustellen-Abschnitten auf der Autobahn vermeidet das ungewollte Bremser, weil das System vielleicht meint, die Spur sei zu eng. Eng wird es also für den Focus im zweiten Lebenszyklus. Denn der Golf ist noch sehr neu und der Astra ab 2022 komplett erneuert. Aber so wie es aussieht, wird im Flottenmarkt auch weiterhin ein anderer die Nase vorn haben, auch wenn diesen alle meist als Kombi kaufen, Verzeihung: als Combi selbstverständlich.

Von Autoflotte getestet

+- Leiser, kräftiger Diesel- Fahrerauto- Bedienung-- Adblue- Nicht mehr überall up-to-date- Automatik nicht perfekt

Ford Focus 2.0 Ecoblue Titanium AT

Testwagenpreis: 31.200 EuroR4/1.997 cm³ | 110 kW/150 PS 370 Nm ab 2.000 U/min | 8-Gang-AT 207 km/h | 9,3 sWLTP-Verbrauch: 4,8 D | 126 g/kmEffizienz: A | 4.387 x 1.825 x 1.452 mm 375 - 1.354 lHK: 17 | VK: 19 | TK: 23Wartung: 30.000/2 JahreGarantie: 2 Jahre

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