Im Spannungsfeld der Interessen
Leasingrückgabe | Der diesjährige Fuhrpark-Workshop der Düsseldorfer Niederlassung der HDI-Gerling Industrie Versicherung stand unter dem Motto „Leasingrückgabe – Ärger vermeiden“.
— Frage: Warum beschäftigt sich HDI-Gerling als Flottenversicherer eigentlich mit Leasingrückgaben? Die Antwort liegt nahe: zum einen, weil auch der Versicherer recht schnell involviert oder zumindest tangiert werden kann, wenn es bei der Rückgabe nicht so läuft, wie sich das alle Beteiligten eigentlich wünschen. Und zum anderen, weil HDI-Gerling den versicherten Flotten über die Dienstleistungen seiner Tochtergesellschaft HDI-Gerling Sicherheitstechnik einen Mehrwert bieten möchte.
Deren Leistungsspektrum reicht dabei von der allgemeinen Fuhrparkberatung – wie beispielsweise anlässlich einer Leasingausschreibung – über Riskmanagement bis hin zum Schadenmanagement. Und insofern passte es dann auch, dass der Workshop vom Leiter dieses Bereiches, Jens Könemann, moderiert wurde.
Das wichtige Thema Leasingrückgabe – vielerorts als „Tag der Entscheidung“ gleichermaßen berühmt wie berüchtigt – wurde von verschiedenen Seiten beleuchtet. Markus Güßgen, Leiter Service- und Qualitätscenter bei TÜV Rheinland Schaden- und Wertgutachten, stellte seine diesbezügliche Sicht der Dinge unter das Motto „Fair leasen – Fair kommunizieren“.
Klare Regeln | So könnten sich noch mehr klar definierte Regeln zwischen Leasingnehmer und Leasinggeber sowie ein ständig gelebter verantwortungsbewusster Umgang mit dem anvertrauten Wirtschaftsgut „Firmenfahrzeug“ positiv auf die monatliche Leasingrate, die Gesamtsumme der angerechneten Minderwerte und dessen Vermarktbarkeit auswirken.
Zudem kenne keiner das Fahrzeug besser als der oder – bei Poolfahrzeugen – die Nutzer, die das Fahrzeug ständig respektive im Wechsel nutzen. Aber warum werde der Fahrer angesichts dessen nicht aufgefordert, die ihm bekannten Zustandsveränderungen in einer Art kleinen Akte zu dokumentieren? Dies könne beispielsweise ein im Fahrzeug ständig verbleibendes Formular sein, das in regelmäßigen Abständen an den Fuhrparkverantwortlichen weitergeleitet wird, oder ein „Schriftverkehr“ per E-Mail, der während der Nutzungsdauer zwischen den Beteiligten hin- und hergeschickt wird.
Viele Vorteile | Darin könnten in Stichpunkten und möglichst mit Fotos dokumentiert alle Veränderungen und Auffälligkeiten kurz beschrieben werden. Angefangen von der Erforderlichkeit einer Wartung bis hin zu Schäden oder Unfällen. Bei mehreren Nutzern biete dieses Verfahren zudem eine Möglichkeit, die Beschädigung einem Verursacher zuzuordnen. Und: Dem Fuhrparkverantwortlichen werde so die Möglichkeit eingeräumt, den Zeitpunkt einer Reparatur eines ansonsten verkehrssicheren Fahrzeugs zu bestimmen.
Zudem könne sich ein Mitarbeiter, wenn er ein Poolfahrzeug übernimmt, mit dieser Akte auf die Schnelle einen Überblick verschaffen, ob der Ist-Zustand mit der Dokumentation übereinstimmt, und sich gegebenenfalls über weitere Veränderungen informieren.
Die Kenntnis über den genauen Zustand beschleunige zudem die Vermarktung, erzeuge Vertrauen bei den Kaufinteressenten und eröffne wieder viel stärker die Möglichkeit, Fahrzeuge direkt an Endkunden im Ferngeschäft unter Beibehaltung einer Gewährleistung zu verkaufen.
Ferner ermögliche diese Transparenz den Leasinggebern, Leasingraten dem Wettbewerb anzupassen oder kulantere Entscheidungen im Umgang mit Minderwerten zu treffen. Gleichzeitig erlaube eine eigene Fahrzeugakte einen schnellen Vergleich mit der Abrechnung der Leasinggesellschaft und die Zuordnung auf eine Kostenstelle.
Investitionen für nichts? | Die regelmäßig aktualisierten Schadenkataloge sorgten zwar für mehr Transparenz, welche Schäden nicht mehr akzeptiert würden. Es fehlten aber immer noch Absprachen, wie Investitionen ausgeglichen werden, die einen positiveren als den „durchschnittlich“ erwarteten Gesamtzustand bewirken. Im Klartext: Wie wird damit monetär umgegangen, wenn kurz vor Rückgabe noch mal eine Wartung oder eine AU/HU durchgeführt wird, neue Reifen aufgezogen werden, am Fahrzeug ein Radsatz verbleibt, der wertvoller als die vertragsgemäße Ausstattung ist, oder ein vollgetanktes Fahrzeug abgegeben wird?
Wären diese Regeln klarer definiert, dann bekäme auch der bis heute eher sehr pauschale Auftrag an den Sachverständigen, Minderwerte nach sachverständigem Ermessen festzulegen, mehr individuelle Tragweite. Oder anders ausgedrückt: Es gebe immer öfter Bewertungen, die hinsichtlich der Minderwerte „zu null“ ausfielen.
Verlängerter Arm | Angesichts der Tatsache, dass die Anschreiben, mit denen die Nutzer auf den Moment der Fahrzeugrückgabe vorbereitet werden, ständig optimiert würden, käme es immer seltener zu unnötigen Minderwerten wegen fehlender HU-Berichte, Kofferraumabdeckungen oder Ersatzschlüsseln.
Sachverständige handelten bei der Rückgabe immer häufiger als „verlängerter Arm“ des Fuhrparkverantwortlichen und so werde der Zeitpunkt des Fahrzeugabtransports möglicherweise verzögert, weil noch der teure Sommerreifensatz zu beschaffen oder ein Kulanzantrag zu stellen sei.
Der Sachverständige könne auch die Fahrzeugakte hinsichtlich Vollständigkeit prüfen und in seiner Bewertung die Schäden kennzeichnen, die in der Akte noch nicht enthalten waren. Fuhrparkverantwortlichen würden so Möglichkeiten eingeräumt, ihre Mitarbeiter oder Kollegen für ihre Ehrlichkeit und ihr Pflichtbewusstsein zu prämieren. Diese Unterstützung könne in einem zertifizierten Fahrzeugleasingprozess auch während der Nutzungsdauer erfolgen.
Uniwissen | Angesichts der Fragen, mit denen sich ein Sachverständiger in dem kurzen Moment der Rücknahme konfrontiert sieht, zeige sich, dass den Nutzern oft nicht bekannt sei, dass die merkantile Wertminderung in der Kaskoversicherung nicht gedeckt ist, dass Zusatzbedingungen, wie die Wahl der Werkstatt, nicht mit dem Leasinggeber abgestimmt seien und dass nach größeren Instandsetzungen, in denen der Nutzer die Werkstatt bestimmt, viel zu selten von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, die Reparaturqualität prüfen zu lassen.
Diese Thematik aufgreifend, führte dann Dennis Podlech, Geschäftsführer des Fahrzeugaufbereiters Fahrzeugklinik, aus, welche konkreten Möglichkeiten er sehe. Da heutzutage fast alle Fuhrparks geleast würden, seien die Fleet-Management-Abteilungen von Fuhrparkbetreibern alle drei bis vier Jahre mit der Aussteuerung beschäftigt. Je nach Flottengröße wiederhole sich der Vorgang regelmäßig. Größere Fuhrparks beschäftigten daher sogar eigene Mitarbeiter, die nur den Aussteuerungsprozess begleiten.
Komplexe Angelegenheit | Die Aussteuerung sei ein komplexer Vorgang, der mitunter häufig auch hohe Kosten durch die Abrechnung der Minderwerte an den Leasingfahrzeugen mit sich bringe.
Sein Unternehmen habe mit der „Minimal-Invasiven-Reparatur“ (abgekürzt: „MIR“) daher eine Lösungen entwickelt, die die kostspieligen Nebenwirkungen von Leasingverträgen bei der Rückgabe reduzieren sollen. Der Kunde erhalte vom Aufbereiter aus einer Hand Transport, Bewertung und Reparatur des Rückläufers – inklusive Verbringung an den vereinbarten Standort.
Dadurch sei es möglich, eine Umleitung vor Rückgabe an den Leasinggeber einzubauen, das Fahrzeug vorher in einer Werkstatt überprüfen und nach MIR reparieren zu lassen. Die Fahrzeugklinik biete für den Kunden im Vorfeld einen Vorabcheck an, der von derjenigen Gutachterorganisation durchgeführt werde, die auch für die Leasinggesellschaft arbeitet. So werde vermieden, dass ungenaue Kostenprognosen erstellt oder die falschen Reparaturen durchgeführt würden. Der Kunde erhalte 100-prozentige Transparenz. Die Ersparnis durch die vom Dienstleister zugesicherte Rückführung ohne Minderwerte an Karosserie, Lack und Autoglas beträgt Podlech zufolge durchschnittlich bis zu 300 Euro pro Fahrzeug.
Die Diskussion der Workshop-Teilnehmer zeigte, dass wohl eigentlich alle Beteiligten am gleichen Strang ziehen, den Leasingrückgabeprozess möglichst „stressfrei“ zu gestalten. Aber eben auch, dass es um Prozesse geht, die neu definiert und eingeführt werden müssen. Und das ist bekanntermaßen nicht immer leicht.
Zufrieden | Joachim Klumbies, Senior-Underwriter Kraftfahrt bei HDI-Gerling in Düsseldorf und Leiter der Veranstaltung, zog für den Tag ein positives Fazit. „Es ist schön zu sehen, dass auch wir mit dem heutigen Tag weitere Ideen zur Verbesserung der Prozesse im Fuhrpark beisteuern konnten.“ | red
- Ausgabe 12/2012 Seite 54 (297.5 KB, PDF)