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Mediamarktsaturn, Philipp Hurt: Ich bin doch nicht blöd ...

15.12.2021 06:00 Uhr
Mediamarktsaturn, Philipp Hurt: Ich bin doch nicht blöd ...

... hat sich in die Köpfe gebrannt. Der Claim war aus Marketingsicht ein Volltreffer. Clever agiert der Konzern dahinter auch in Sachen Fuhrpark. Wir haben mal reingeschaut.

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Rund 25 Jahre ist es her, dass MediaMarkt "Ich bin doch nicht blöd" über alle Kanäle plärrte und kurz danach Saturn "Geiz ist geil" ausrief. Es sind nicht viele Werbesprüche, die sich so ins Hirn brannten. Im Automobilbereich ist "Vorsprung durch Technik" der vielleicht genialste. Kurz darauf (1985) folgte "Nichts ist unmöglich" und "Das Auto" kam 2007 wieder in Mode; 1969 gab es genau den Slogan bereits für den Opel Kadett.

Zurück zur MediaMarktSaturn Retail Group, wie das Ingolstädter Unternehmen heißt. Gegründet wurde "der" Media Markt 1979 in München als Einzelgeschäft. Mehr als 405 MediaMarkt- und Saturn-Märkte sind es nun aktuell deutschlandweit, rund 1.000 in 13 Ländern Europas. Etwa 53.000 Menschen arbeiten für die Oberbayern, die mehrheitlich zur Ceconomy AG gehören.

Mehr als 22.000 Mitarbeiter sind es allein in Deutschland und zirka 2.600 Angestellte in der Zentrale in Ingolstadt. Damit ist MediaMarktSaturn nach Audi zweitgrößter Arbeitgeber der Stadt.

1.250 Autos - alle gekauft

Die Besucherparkplätze hier am Stammsitz erwarten uns am trüben Mittag mit vier 11-kW-Ladesäulen, die dort von Mer (ehemals eeMobility) installiert wurden. Team Autoflotte hatte zwar lediglich 82 Kilometer bis in die Wankelstraße in der Donaustadt, der Mercedes EQV, mit dem wir angestromert sind, freut sich dennoch in der Wartezeit auf Kraftfutter. Denn nur so werden mittelfristig auch Vertriebler auf ein E-Modell umsteigen können - laden, wann und wo immer es gelingt. Zu den elektrifizierten Besucher-Ladeplätzen gesellen sich aktuell noch vier weitere Ladepunkte für die Mitarbeiter und einige der rund 1.250 Firmenwagen in Deutschland.

All das erzählt uns Philipp Hurt, Leiter Health, Safety, Environment, Security und Fleet. Wegen letztgenanntem Thema sitzen wir nun in der Corona-konformen Kantine, nachdem wir den Corona-konformen Check-in papier- und kontaktlos digital gemeistert haben. Alles andere würde nicht zu solch einem Elektronik-Unternehmen passen. Und klar ist auch: Das "E" steht bei den Autos im Fokus, wie Hurt erklärt."MediaMarktSaturn hat das Thema Sustainability als eine seiner strategischen Initiativen fest im Unternehmen verankert. Und es steht nicht nur auf irgendeiner Agenda, wir treiben das Thema wirklich massiv voran. Mit dem Ausbau des Fachbereichs Sustainability, mit neuen nachhaltigeren Produkten und mit unserer neuen Car Policy. Und was ich da ganz sicher nicht mache, ist Fuhrpark-Greenwashing. Es geht eben nicht ums Steuersparen für den Nutzer und der Rest ist egal." Das ist mal eine markige Aussage zum Terminbeginn.

So progressiv das klingt, so anachronistisch sehen einige Fuhrparkmanager (und vor allem Leasinganbieter) gekaufte Firmenwagen. 100 Prozent lautet die Kennziffer bei MediaMarktSaturn. Dafür sind alle Immobilien angemietet. "Das ist ab und an hinderlich, gerade beim Thema Elektrifizierung", weiß Hurt zu berichten. Denn die Installation von Wallboxen für Mitarbeiter und Kunden vereinfacht das nicht, weshalb Hurt auch einen eigenen Weg beim Laden eingeschlagen hat. Dazu später mehr.

Aufatmen

Aber der Kauffuhrpark ist nicht nur in der aktuellen Phase, die von Chipmangel und langen Lieferzeiten geprägt ist, ein Vorteil, meint Hurt. "Da kann man toll atmen, schneller verkaufen oder auch mal länger halten. Wobei ich mir momentan ganz viele Gebrauchte wünschen würde. Es ist verrückt, was man für diese gerade an Geld bekommt." Doch das Problem, das viele Unternehmen haben: Es gibt "keine" Neufahrzeuge.

"Die Vermarktung machen wir selbst. Da habe ich zwei Kollegen im Team, die bewerten die Fahrzeuge auf Basis der DAT. Danach gibt es ein Exposé mit Informationen sowie Fotos und dann schicken wir ein Mal pro Woche die Fahrzeuge an zirka 30 Gebrauchtwagen-Händler und eine Auktions-Plattform." Hurt wird alle Fahrzeuge im Handumdrehen los."Ziel ist es, dass unsere Gebrauchten maximal eine Woche bei uns verweilen, vom Eintreffen über das Bewerten bis zum Verkauf. Und das funktioniert in aller Regel gut."

Die Luft zum Atmen, wie Hurt es nennt, erlaubt ihm der "Nutzungskorridor" für seine Fahrzeuge. Die Mindesthaltedauer beträgt 2,5 Jahre. Nach spätestens vier Jahren und 120.0000 bis 150.000 Kilometern wird gewechselt. Wobei auch das nicht sklavisch eingehalten werden muss. Der Service wird stets bei den Markenwerkstätten durchgeführt. Beim Kauf versucht Hurt die Serviceverträge mit in den Kaufpreis zu verhandeln. Diese laufen immer über drei Jahre oder 120.000 Kilometer."Somit habe ich während meinem regulären Lifecycle keinen Streit mit Servicekosten und ich muss mich um keinen Ölpreis kümmern", wie es der Flottenchef zusammenfasst. "Und wir schauen, dass wir das Inspektionsthema markenspezifisch angehen und vielleicht einen Wagen bis 150.000 km fahren und ihn kurz vor der nächsten Inspektion, die nicht mehr abgedeckt wäre, abstoßen." Winterkompletträder werden ab Werk geordert und Reifenersatz separat über A.T.U beschafft. Glasschäden übernimmt Carglass. Das rechnet sich laut Hurt fürs Unternehmen.

Ohne Vollkasko

Rechnen tut sich auch eine weitere Ungewöhnlichkeit im Fuhrpark. Es gibt keine Vollkasko-Versicherung. "Das machen wir alles selbst, und das rechnet sich sehr gut", wie es Hurt formuliert. Hurt arbeitete zuvor 13 Jahre beim Daimler und der Mercedes-Benz-Bank sowie der Santander-Bank in diversen Vertriebspositionen. Durch das Fehlen der Vollkaskoversicherung spart sich der Konzern zum einen die Versicherungssteuer und zum anderen das, was der Versicherer verdienen will. "Wir machen das in einem Risikokollektiv. Alle Fahrzeuge laufen auf die Zentrale in Ingolstadt und wir vermieten sie an die jeweiligen Märkte, die eine monatliche Mietrate entsprechend der Abschreibung zahlen. Dann kommen Rundfunkgebühren, Kfz-Steuer, die Haftpflichtversicherung und die 'interne Vollkasko' dazu." Die "interne Vollkasko" kostet somit pro Auto lediglich 240 Euro - im Jahr.

Im großen Fuhrpark der Oberbayern befinden sich derzeit neben Audi, BMW, Mercedes-Benz, Skoda, Volvo und VW."Ich probiere gerne Neues aus, nur so lernst du was dazu. Und wenn es nicht klappt, klappt es eben nicht. Wir hatten schon diverse weitere Marken ausprobiert und dann auch wieder verworfen."

Schon immer Pro-Elektro

Elektrifizierte Dienstwagen gab es hier bei MediaMarktSaturn schon "immer". Die Nachfrage war bis vor zwei Jahren jedoch unerheblich. Doch dann kamen die Plugin-Hybride und die Versteuerungsmöglichkeiten."Rein elektrisch hat sich anfangs keiner getraut. Doch das wandelt sich gerade", merkt Hurt."Das Gros der Flotte liegt im Bereich von 40.000 bis 80.000 Euro Bruttolistenpreis. Und natürlich gibt es da auch E-Nutzer, die bewusst ein Fahrzeug knapp unter den 60.000 Euro auswählen, um so die 0,25-Prozent-Versteuerung mitzunehmen." Bislang regelte ein Bonus-Malus-System, gekoppelt an den CO2-Ausstoß, die Fahrzeugauswahl. Es gab Basiskorridore, alle zehn Gramm darunter bedeuteten 1.000 Euro mehr fürs Auto. Bei Unterschreitung der 100-Gramm-CO2-Marke gab es einen Bonus von 5.000 Euro für den Fahrzeugpreis. Mit der neuen Car Policy sind das nur noch 3.000 Euro - das gilt auch für Plug-in-Hybride. Nur wer bei null Gramm liegt, bekommt noch 5.000 Euro. "Ich nehme also aktiv Geld bei den Verbrennern weg. Das ist ein klares Bekenntnis zur E-Mobilität. Da gibt es keine Diskussion mehr, wir werden alle ziemlich schnell elektrisch. Und das ist gut."

Das gesamte Prozedere zur Car Policy können Anwärter im Intranet-Auftritt einsehen, das jede Kleinigkeit zum Thema Dienstwagen und zur Elektromobilität beschreibt. "Und ansonsten rufen die Kolleginnen und Kollegen bei uns an und dann erzählen wir auch gerne was darüber." Wir, das sind insgesamt sechs Fuhrparkbetreuer. Weitere Hilfestellung gibt es von Mer, die bei den Neu-Elektro-Nutzern den "Precheck" durchführen. Erst nachdem alles geklärt ist, wird ein Steckerfahrzeug bestellt."Bei Mer haben wir die eeFlat, das ist ein nach Laufzeit und Kilometer gestaffeltes Preismodell mit Monatsrate, bei der das Laden zuhause, unterwegs und die Installation der Wallbox zuhause abgedeckt ist. Das ist nicht die günstigste Lösung, aber so machen wir das derzeit, ohne die Augen vor Alternativen zu verschließen. Attraktiv erscheint mir die Lösung, die Abrechnung der Stromkosten des Nutzers über ein so genanntes Clearinghouse-Modell zu machen. Diese Anbieter begleichen dem Nutzer das Geld für seinen Strom direkt und schreiben dem Unternehmen eine gesammelte Rechnung mit allen Details. Das spart in der Personalabteilung immensen Aufwand, da es nicht über das Gehalt abgerechnet werden muss. Das ist prozessmäßig viel einfacher."

Bei der neuen Dienstwagenregelung zahlt der E-Fahrer die Infrastruktur zuhause selbst. Der Strom wird selbstverständlich vom Arbeitgeber bezahlt. Und diese Lösung ist sinnvoll. Denn selbst wenn die Säule zuhause 2.000 Euro kosten sollte, rechnet sich das bei einer 0,25-Prozent-Versteuerung fürs Fahrzeug und die Entfernungskilometer schnell. Und es ist günstiger - für alle."Elektrisches Fahren ist gerade jetzt billig. Und gar nicht so entscheidend ist der Verbrauch, sondern der Strompreis", weiß Hurt. "Wir liegen als Unternehmen irgendwo bei 20 Cent pro Kilowattstunde Ökostrom. Aber selbst bei den Zuhause-Ladern, wo der Strom gut 30 Cent pro kWh kostet, rechnet es sich. Bei uns sind übrigens alle mit Ökostrom unterwegs, Dienstwagenfahrer, Märkte und die Zentrale."

Fahrprofil muss passen

Das letzte Wort, wer teilelektrisch fährt und wer doch einen Diesel bekommt, hat Hurt selbst. Denn wenn das Fahrprofil nicht passt, gibt es keinen Plug-in. Fertig. Und Hurt macht auch keinen Hehl aus seiner Meinung zu Plug-in-Hybriden: "Ich halte Plug-in-Hybride für eine Übergangstechnologie. Ich rate jedem Nutzer: Sei mutig, hol dir einen rein elektrischen. Unser aktueller Renner ist der Q4 e-tron." Wer doch einen Plug-in-Hybriden bekommt, muss simple Parameter erfüllen: "Die Hälfte der Kilometer muss elektrisch gefahren werden." Der Flottenchef hat genau das im letzten Winter mit einem Audi A6 Plug-in-Hybrid selbst ausprobiert. "Ich bin immer brav gefahren und kann zuhause und in der Firma laden, fahre aber öfter weitere Strecken und in Summe nicht wenig. Also für einen Phev eigentlich ungeeignete Bedingungen. 50 Prozent der Strecken konnte ich dennoch elektrisch fahren und kam auf einen Benzinverbrauch von knapp fünf Litern über die Gesamtlaufzeit - durchaus mit nur einem 'leichten Gasfuß'. Und so kam ich auf folgende Formel: Strom gibt es voll erstattet und bei Benzin (oder Diesel) wird maximal das Dreifache vom WLTP-Verbrauch erstattet. Das sind zwischen drei und sechs Liter. Das schreckt schon einige ab."

Hurt ist sich sicher, dass beim Thema Elektro in den kommenden zehn Jahren noch große Sprünge gemacht werden. "Das Laden wird schneller und wenn ich in ein paar Minuten den Akku voll bekomme, ist das kein Thema mehr. Der Vielfahrer wird jedoch noch lange Diesel fahren. Aber das sind ja nicht viele. Bei uns sind das vielleicht zehn Prozent vom Fuhrpark. Und durch die Homeoffice-Regelungen sinken die Kilometer zusehends."

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