Neue Probleme mit dem E-Fahrtenbuch
Das Finanzgericht Münster hat im Februar die Rechtsprechung zum elektronischen Fahrtenbuch ergänzt. Im Urteil geht es insbesondere um nachträgliche Datenverwaltung und Änderungen, die dazu führen können, dass die Software nicht als ordnungsgemäß anerkannt wird.
An den grundsätzlichen Aussagen von Rechtsprechung und Finanzverwaltung hat sich nichts geändert. Es bleibt bei dem hinkenden Vergleich zum handschriftlichen Fahrtenbuch. Und das in dem Sinne, dass die Anerkennung des elektronischen Fahrtenbuchs davon abhängig ist, dass es zeitnah und in geschlossener Form geführt wird und die zu erfassenden Fahrten einschließlich des jeweils erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in fortlaufendem Zusammenhang wiedergibt. Außerdem wird – wohl in Analogie zum Verbot der Verwendung von Bleistift beim Fahrtenbuch in Papierform – gefordert, dass nachträgliche Änderungen an den einmal eingegebenen Daten technisch ausgeschlossen sein müssen respektive in der Datei dokumentiert und offengelegt werden müssen.
Diese Vorgaben sind jedoch ausgesprochen untechnischer Natur und werden möglicherweise nicht von allen Herstellern eingehalten. Besser als die Äußerung von Kritik und Zweifel an der Zuverlässigkeit einzelner elektronisch erstellter Fahrtenbücher anlässlich von steuerlichen Betriebsprüfungen wäre deren Zertifizierung durch das Bundesfinanzministerium.
Im Urteilsfall wurde das vom Finanzgericht Münster (Az. 5 K 5046/07) als Software „D“ bezeichnete elektronische Fahrtenbuch nicht als ordnungsmäßig anerkannt. Maßgebend hierfür war die Tatsache, dass folgende Eingaben frei änderbar waren: a) Art der Fahrt („P“ für privat, „D“ für dienstlich und „A“ für Weg zur Arbeitsstätte) b) Fahrziel c) Zweck der Fahrt und d) Bemerkungen. Unveränderbar, auch nach Auslesen der Daten aus dem im Fahrzeug eingebauten Speicher in ein externes Auswertungsprogramm, waren die automatisch zu jeder Fahrt erfassten Daten zu Datum, Uhrzeit, Tachostand und Anzahl der gefahrenen Kilometer. Außerdem scheiterte die Anerkennung der Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuchs auch daran, dass das Programm die Angaben zu Art, Ziel und Zweck der Fahrt automatisch von der vorhergehenden Fahrt übernahm, wenn nicht sofort abweichend ausgefüllt wurde.
Die Urteilsbegründung weist schlussendlich darauf hin, dass es bei dem Fahrtenbuchsystem des Typs „D“ möglich sei, die Angaben zu Art, Ziel und Zweck der Fahrt nach Auslesen des Fahrdatenspeichers gesammelt für alle bis dahin unternommenen (Einzel-)Fahrten nachträglich vorzunehmen. Auch dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht ordnungsgemäß.
Aus für die handelsüblichen elektronischen Fahrtenbücher?
Die Feststellungen und Beurteilungen des Finanzgerichts sind hochgradig brisant, sie müssen auf die Goldwaage gelegt werden, um sagen zu können, ob sie das (vorläufige) Aus für die Anerkennung der handelsüblichen elektronischen Fahrtenbücher bedeuten.
Es ist nicht zu erkennen, ob der vom beurteilten System „D“ für jede Fahrt automatisch erzeugte und unveränderliche Datensatz die Navigationskoordinaten bei Beginn/Ende der einzelnen Fahrt enthält, so wie dies bei zeitgemäßen, GPS-gestützten Systemen Standard ist. Außerdem erscheint die Aussage, die Eintragungen zu Art, Ziel und Zweck der Fahrt seien frei änderbar, irrelevant, da es nicht auf die Änderbarkeit ankommen kann, sondern auf die Dokumentation und Kennzeichnung vorgenommener Änderungen, was bei handelsüblichen Systemen ebenfalls gewährleistet ist. Daneben erscheint die Systembeschreibung hinsichtlich der Möglichkeit des nachträglichen Ausfüllens in sich widersprüchlich, da dies nicht mit der Darstellung kompatibel ist, wonach das System bei fehlender anderweitiger Eingabe diese Daten aus dem vorangegangenen Fahrteintrag übernimmt.
Das Aktenzeichen des Urteils deutet auf einen Sachverhalt aus dem Jahr 2007 hin; es könnte also sein, dass das Fahrtenbuch die vorgenannten Leistungsmerkmale beinhaltete und lediglich vom Gericht als unvollständig beschrieben wurde. Man kann für alle Nutzer von elektronischen Fahrtenbüchern nur hoffen, dass dies nicht so ist und es dem Gericht letztlich nicht darum ging, die Möglichkeit, Art, Ziel und Zweck der Fahrten nachträglich verwalten zu können (was beim Fahrziel auf dessen verbale Darstellung beschränkt ist und sich nicht auf die relevanten GPS-Daten erstreckt), als steuerlich nicht ordnungsmäßig zu verwerfen. Sonst wurden wohl Zehntausende Fahrtenbücher umsonst geführt.
Hans-Günther Barth
- Ausgabe 11/2010 Seite 75 (139.9 KB, PDF)