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Sixt: Die Welt des Hinstellers

08.01.2020 12:00 Uhr
Vinzenz-Pflanz
Vinzen Pflanz: Der Dienstwagenbereich spaltet sich auf in die Statusfahrzeuge und in Fahrzeuge für Jobneed-Kunden.
© Foto: Michael Blumenstein/Autoflotte

Das Unternehmen aus Pullach verknüpft nicht nur seine Sparten Miete, Leasing und Fuhrparkmanagement, sondern will den Kunden noch unabhängiger in der Wahl der Mobilität machen - dank digitaler Kanäle.

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Die Digitalisierung verändert die Mobilität. Sixt, einer der führenden internationalen Mobilitätsanbieter, gestaltet diesen Wandel aktiv mit. Dahinter steht ein umfassendes Verständnis von Mobilität, das alle Produkte und Services von Sixt mit einbezieht. Gebündelt werden diese Dienstleistungen in der integrierten Mobilitätsplattform "ONE" samt der neuen Sixt App, die das Unternehmen im Februar dieses Jahres gestartet hat. Vinzenz Pflanz, President Corporate Sales von Sixt, ordnet im Interview die aktuellen Trends der Branche ein, erläutert, wie die Pullacher diesen Entwicklungen begegnen und zieht dazu eine klare Linie zu Wettbewerbern: "Wir sind ein Hinsteller und kein Hersteller von Fahrzeugen."

Die Mobilitätsplattform Sixt One soll jetzt alle Elemente der Sixt-Welt auch für den Fuhrpark zusammenbringen. Wie genau ist die Struktur dahinter?

Vinzenz Pflanz: Wir vertreiben übergeordnet fünf Produktlinien. Drei sind für die kurzfristige Mobilität, das sind Sixt rent, Sixt ride und Sixt share, und zwei für die langfristige Mobilität, das sind Leasing und Fuhrparkmanagement. Dieses Paket bieten wir anders als einige Autohersteller und Leasinggeber sowohl B2B- als auch B2C-Kunden an. Wir haben gegenüber dem Wettbewerb den Vorteil, dass wir eine sehr flexible Organisation und eine kraftvolle IT dahinter haben. Denn wir sehen uns nicht als Hersteller, sondern als ein Hinsteller von Fahrzeugen, der dem Kunden mit seinem flexiblen Angebot eine große Bandbreite von verschiedenen Mobilitätslösungen bietet.

Der erste und entscheidende Schritt ist dabei die neue Mobilitätsplattform One samt der neuen App?

V. Pflanz: Durch die Integration von digitaler Autovermietung (rent), Carsharing (share) sowie die Vermittlung von Rideund Taxidiensten (ride) haben unsere Kunden über die neue Sixt App Zugriff auf mehr als 270.000 Fahrzeuge und Mobilitätsangebote von 1.500 Partnern mit über 1,5 Millionen Fahrern in über 60 Ländern weltweit. Mit dieser bislang einzigartigen Mobilitätsplattform sind wir auf dem besten Weg, uns kontinuierlich zu einem der international führenden digitalen Mobilitätsanbieter zu entwickeln. Wir entwickeln die App natürlich kontinuierlich weiter und binden neue Partner ein - wie zuletzt einen E-Scooter-Anbieter.

Um diese digitale Welt nutzen zu können, muss der Kunde ein Mindestmaß an Digitalisierung nachweisen. Gibt es Anforderungen, die Sie an Fuhrparks stellen?

V. Pflanz: Die Nachfrage nach digitalen Lösungen ist im Moment sehr groß. Die Kunden zeigen sich sehr offen und möchten mit uns gemeinsam digitaler werden. Denn man möchte im eigenen Unternehmen sichere und richtige Datenströme haben, ohne dass durch manuelle Eingriffe Zahlen falsch erfasst werden, wie beispielsweise eine typische FIN-Abfrage. Die technologische Entwicklung hilft auch, die eigenen Abrechnungsprozesse digital und fehlerfrei zu gestalten. Dabei muss man auch bedenken, dass digitale Prozesse Kosten in bedeutender Höhe einsparen können. Es kommt vor, dass der Preis für einen Mietwagen günstiger ist als die Kosten, die beim Kunden für die interne Verrechnung des Belegs entstehen. Einige Firmen buchen zum Beispiel noch immer per Telefon ihre Mietwagen bei uns, was selbstverständlich völlig in Ordnung für uns ist. Wir glauben aber, dass die konsequente Nutzung der App wesentlich effizienter sowie vorteilhafter sein kann und sich langfristig durchsetzen wird.

Wer einen Mietwagen bucht, braucht oft auch ein Hotelzimmer, was neben dem Fuhrparkmanager auch den Travelmanager betrifft.

V. Pflanz: Künftig wird es eine engere Verzahnung von Fuhrpark- und Travelmanagement geben. Unsere Erfahrungen mit unserem Kundenstamm zeigen dies schon heute. Eine Differenzierung des Fuhrparkmanagements gibt es zum Beispiel beim Thema Poolfahrzeuge. Diese können im Leasing oder in der Langzeitmiete laufen. Wichtig ist, dass das Fahrzeug digital adminstrierbar ist, also einen digital implant besitzt. Statt der Schlüsselbox und der Vorlage des Führerscheins geht die Leihe heute mittels der Sixt App völlig nahtlos und unkompliziert. Corporate Carsharing ist also eine sehr effiziente Lösung, die auch als Pay-as-you-use funktionieren kann.

Den größten Aufwand hat der Flottenmanager aber mit den klassischen Dienstwagen. Wo geht da die Reise hin?

V. Pflanz: Der klassische Dienstwagenbereich spaltet sich gerade in zwei etwa gleich große Teile auf. Auf der einen Seite gibt es die Nutzer, die den Dienstwagen als Statusfahrzeug erhalten. Statusnutzer sind eine relevante Zielgruppe für flexible Mobilitätsmodelle. Ihm gegenüber stehen jene Nutzer, die das Fahrzeug für die Ausführung ihres Jobs benötigen. Dabei handelt es sich um sogenannte Jobneed-Kunden, zum Beispiel Mitarbeiter mit sehr hoher Kilometerleistung und oder Einbauten im Fahrzeug.

Welche Partner oder weitere Mobilitätslösungen würden sie denn bald gern auf der Mobilitätsplattform samt der App wiederfinden?

V. Pflanz: Im Rahmen des Cross-Selling wollen wir immer mehr eigene Dienste auf unsere Plattform bringen. Wer sich einmal für eine App entschieden hat und von der Leistung überzeugt ist, wird auch neue Dienste darüber abrufen und sich nicht weitere neue Apps von verschiedenen Wettbewerbern herunterladen. Je mehr Partner und damit neue Dienstleistungen wir auf der Sixt App freischalten, desto größer wird dieser Roll-over-Effekt.

Den Plattformgedanken, der dahintersteckt, verfolgen auch andere Firmen, und zwar sehr erfolgreich. Weshalb wird sich Sixt hier behaupten?

V. Pflanz: Sie haben recht, dass es sehr große Wettbewerber gibt, die eine ganz andere Marktkapitalisierung haben als wir. Wir sind allerdings sehr gut aufgestellt, weil wir über eine einzigartige Kombination verfügen: Zum einen bieten wir mit der Sixt App eine sehr performante Lösung, in deren Entwicklung wir gezielt investiert haben, ein großes und dezentrales Netzwerk, viel Know-How und natürlich haben wir auch eine sehr hohe Markenbekanntheit. In Deutschland kennen uns beispielsweise über 95 Prozent der Menschen und verbinden mit uns eine sehr hohe automobile Dienstleistungsqualität. Auch im Ausland steigern wir durch unsere Marketingaktivitäten immer mehr unseren Bekanntheitsgrad.

Als Mobilitätsanbieter sehen sich nicht zuletzt auch die deutschen Autohersteller. Wie begegnen Sie diesen Wettbewerbern, die auch hohe Bekanntheit und Qualität bieten?

V. Pflanz: Wir verstehen uns als Innovationsführer und lernen natürlich von der Konkurrenz. Unser Vorteil ist, dass die Mobilität schon immer unser Kerngeschäft war und wir uns nicht mit der Entwicklung von anderen Produkten beschäftigen müssen. Unser gesamter Fokus richtet sich ausschließlich auf Mobilitätsdienstleistungen.

Wo verdient Sixt sein Geld?

V. Pflanz: Wie wichtig die Märkte außerhalb unseres Heimatmarktes sind, zeigt der Blick auf die Umsatzverteilung. Im operativen Umsatz erwirtschaftet Sixt außerhalb Deutschlands bereits mehr als im Inland. Auch dort führt unsere große Bekanntheit zum wirtschaftlichen Erfolg. Mithilfe von umfänglicher TV-Werbung haben wir beispielsweise unsere Bekanntheit in Ländern wie Frankreich, Spanien und UK in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Ein besonders wachstums- und volumenstarker Markt bleiben die USA. Ein Beispiel: Am Flughafen in Miami sind wir die Nummer zwei der Vermieter. Allein diese Destination deckt ein Mietwagenvolumen von der Größe der beiden Märkte Österreich und der Schweiz zusammen ab.

Die Größe ist das eine, aber auch beim Thema Innovationen geht es anderswo deutlich progressiver zu als in den deutschen Fuhrparks.

V. Pflanz: Da haben Sie recht. Wenn man sich den Reifegrad der Flottenmanagements für die europäischen Märkte vor Augen führt, steht ohne Zweifel und mit großem Abstand Großbritannien an der Spitze. Dahinter folgen die Niederlande und etwas dahinter Belgien. Danach kommen dann die großen Märkte Deutschland und Frankreich. Und je weiter man nach Süden oder Osten geht, desto niedriger ist der aktuelle Reifegrad. Das heißt, es gibt viele Märkte, in denen man keinen Partner findet, um Flottenmanagementprozesse in eine App einzubinden. Die Märkte holen allerdings mittlerweile viel schneller auf.

Da wundert es nicht, dass Sixt nun auch auf den niederländischen Dienstleister XXIMO setzt, der ein sehr ausgeweitetes Mobilitätsbudget per Kreditkarte und App anbietet. Was versprechen Sie sich von dem Pilotprojekt?

V. Pflanz: Mit der XXIMO-Lösung, die zunächst einem ausgewählten Kundenkreis zur Verfügung steht, wollen wir mehr Einblicke darüber gewinnen, wie sich das Nutzerverhalten zukünftig entwickeln könnte. Bei dem beschriebenen Mobility-as-a-Service-Projekt handelt es sich um eine Pilotphase, in der wir die erweiterten Services unseres Mobilitätsbudgets mit ausgewählten europäischen Großkunden im Rahmen des Sixt Mobility Clubs testen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden wir analysieren und darauf basierend entscheiden, inwiefern wir dieses Angebot weiter ausrollen. Dabei steht für uns immer das Kundenbedürfnis im Vordergrund. Auf diese Weise möchten wir unsere breite Expertise in Sachen Corporate Mobility um neue Erkenntnisse erweitern.

Das Ergebnis dieses Piloten ist also noch offen?

V. Pflanz: Wir schauen uns das genau an und analysieren die gewonnenen Informationen. Auf Basis dieser Insights würden wir dann auch weiterführende Schritte, wie etwa eine potenzielle Integration in die Mobilitätsplattform One beziehungsweise unsere App, prüfen.

Das Thema Mobilitätsbudget, das hier dahintersteht, wird auch von anderen Dienstleistern in Deutschland gespielt. Sehen Sie dabei hierzulande auch mögliche Partner oder gar Übernahmekandidaten?

V. Pflanz: Primär ist unser Anspruch, dass wir Mobilitätslösungen selbst anbieten können - dass sie nach unseren bewährten Qualitätskriterien zu entwickeln und für unsere Software-Systeme zu programmieren sind. Ein Zukauf wie etwa kürzlich von Flottenmeister durch die Sixt Leasing betraf lediglich das Flottenmanagement, nicht aber die Software. Unsere heutigen Wettbewerber kommen dabei primär von der Softwareseite, ohne eigene Kerndienstleistungen digital zu präsentieren.

Wird es weitere Akquisitionen im Fuhrparkmanagement geben?

V. Pflanz: Beim Blick auf den Leasingmarkt zeigt sich, dass sich dieser in den letzten Jahren bereits stark konsolidiert hat. Die Verkäufe von ING, Arval und GE oder Athlon unterstreichen das. Kleinere Leasinggesellschaften sind am deutschen Markt kaum mehr vorhanden. Heute sehen wir einen harten Wettbewerb zwischen allen Anbietern, unabhängig ob Captive oder nicht. Eine weitere Konzentration wäre eigentlich nur logisch, aber die makroökonomischen Kennzahlen sprechen eher gegen solch kapitalintensive Akquisen. Beim Fuhrparkmanagement hingegen sehe ich noch Spielräume, denn dieser Markt ist in Europa noch stark fragmentiert.

Gespalten zeigt sich - wie Sie bereits erwähnt haben - auch das Verhalten des Dienstwagenberechtigten, der statt eines Autos verschiedene Mobility-as-a-Services verlangt. Wo gibt es diese Nutzer bereits in großer Zahl, dass sich ein Geschäftsmodell schon lohnt?

V. Pflanz: Als Erstes sprangen die großen Beratungsfirmen beim Thema Mobility-as-a-service auf. Damals - vor gut fünf Jahren - gab es dort bereits den heute omnipräsenten War-for-talents. Es folgte der IT-nahe Bereich mit vielen Fachkräften, die mit einem Dienstwagen oft wenig anfangen können. Aktuell speist sich die sehr hohe Nachfrage aus dem Industrie-Segment.

Diese Zielgruppe setzt vermutlich eher auf E-Fahrzeuge statt auf Verbrenner. Wie gut können Sie mittlerweile E-Fahrzeuge bewerten?

V. Pflanz: Wir lernen alle aus der Historie. Und bisher gab es keine allzu hohen Restwerte für E-Fahrzeuge, da nicht einschätzbar ist, wann der nächste Technologiesprung bei dem Fahrzeug geschieht und ob diese Neuerung auch angenommen wird. Nehmen sie den Nissan Leaf und ebenso den Opel Ampera mit der nun großen 50-kWh-Batterie. Diese Kombination gibt es zwar, nur sieht man sie noch sehr selten auf der Straße. Generell ist die Anzahl der E-Modelle im Markt noch zu gering, um valide kalkulieren zu können, gerade bei Laufzeiten von 36 bis 48 Monaten. Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass sich dies bald ändert, da durch den Anstieg der Auslieferungszahlen auch eine breitere Vermarktung möglich sein wird.

Herzlichen Dank, Herr Pflanz, für das Gespräch!

Interview: mb, rs

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