_ Auch die Zukunft kann Pausen vertragen. Die Frage nach der Dieselalternative, die auf Teilstrecken funktioniert, ohne dass sich die Reisegewohnheiten entscheidend ändern müssen, tendiert im Moment in Richtung batterieelektrisch. Der Absatzmarkt als Treiber ist hier aber nicht in Deutschland, sondern in Norwegen, den Niederlanden und vor allem in Asien zu suchen.
Die Umweltprämie für Teil- oder Voll- Stromer ist noch nicht der große Wurf, wichtiger wird hier die Steuerbefreiung für Elektro- und Hybridmodelle ab dem 1. Januar 2019, wenn der Firmenwagenbesitzer bei Privatnutzung nur noch 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises versteuern muss statt 1,0 Prozent wie bislang.
Grundsätzlich bleibt aber das Ladeproblem. Da die Batterien im Vergleich zum Kraftstoff eine deutlich schlechtere Speicherdichte aufweisen (Vergleich: 55-Liter-Tank-Benzin; siehe Grafik: Systeme, S. 24), muss oft das Ladekabel gezückt werden. Nur fehlen hier die flächendeckenden Ladepunkte. Das Problem könnten neue Speichermöglichkeiten jenseits der Lithium-Ionen-Technik ändern. Continental wirbt für eine mögliche Fabrik für Festkörperakkus, was mit dem zu erwartenden Techniksprung auch Deutschland zurück ins Rennen um die Speichermedien bringen würde.
Heute schon verfügbar und dennoch in der Findungsphase ist der energiereiche Wasserstoff. Das Konzept der Brennstoffzelle auf Rädern wurde beispielsweise von Daimler 1994 als NECAR-Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt - zunächst eher als Versuchsreihe. Die letzte Kleinstserie mit dem F-Cell-Suffix war die B-Klasse. Noch in diesem Jahr soll das SUV GLC zum F-Cell werden. Als Plug-in-Hybrid soll der Hochbeiner Brennstoffzellen- und Batterietechnik vereinen. Der Vertrieb in Deutschland erfolgt mit Hilfe eines Full-Service-Mietmodells, das neben einem Komplett-Service ein umfangreiches Garantiepaket enthalten wird.
Ausgewählte Kundschaft
Angesichts der noch geringen Anzahl an Wasserstoff-Tankstellen (aktuell um die 50), aber auch aufgrund der verhältnismäßig hohen Technologiekosten wird die Markteinführung des GLC F-Cell noch entsprechend selektiv sein, erklären die Stuttgarter gegenüber Autoflotte. Der Vertrieb richte sich daher an ausgewählte Unternehmen oder öffentliche Institutionen, deren Standort sich in größerem Umkreis zu einer H2-Tankstelle befindet und für die die verfügbare H2-Infrastruktur kein Hindernis darstellt.
Bee-Zero-Ende
Als Testballon verstand auch Linde seine "BeeZero"-Flotte. In diesem Sommer zog sich der Anbieter von Industriegasen als Betreiber der Carsharing-Flotte mit Brennstoffzellenfahrzeugen zurück, so dass das Teilen der 50 Hyundai ix35 Fuel Cell nach zwei Jahren endete. "Es war dennoch ein Erfolg für uns", resümiert Mathieu Rubel. Der Operations Manager von Bee Zero betont gegenüber Autoflotte, dass das Anliegen vor allem darin lag, den Nutzern zu zeigen, dass Wasserstofffahrzeuge nicht nur etwas für die Zukunft sind, sondern schon Teil des Alltags sein können.
"Hier geht es um das Henne-Ei-Problem. Nur wenige Automobilhersteller bauen Wasserstofffahrzeuge, weil die Infrastruktur aktuell noch fehlt und H2-Tankstellen werden nicht gebaut, weil die H2-Fahrzeuge und somit die Nachfrage fehlen." Also begann man mit dem eigenen Carsharing-Versuch. Und die Bilanz kann sich nach zwei Jahren durchaus sehen lassen. Nahezu 400.000 Kilometer legten die 50 Brennstoffzellen-SUV in dieser Zeit zurück und waren mehr als 60.000 Stunden unterwegs. Das Ganze sparte gegenüber konventionellen Antriebskonzepten bis zu 40.000 Kilogramm Kohlendioxid, wie der Betreiber Linde Hydrogen Concepts vorrechnet.
In zweite Hände
Aktuell werden die Fahrzeuge abgerüstet, sprich die Telematiktechnik verschwindet ebenso wie die Zugangstechnik für das Öffnen und Schließen der Türen per Smartphone. Die auffällige Folierung ist ebenfalls Geschichte, so dass Operations Manager Rubel nun 50 weiße Wasserstofffahrzeuge zu vermarkten hat. "Dazu laufen die ersten Gespräche. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir schnell die Fahrzeuge in neue Hände bringen werden."
Auf eine Flotte von Wasserstofffahrzeuge muss die Metropole an der Isar allerdings nicht verzichten. Der Fahrdienst Clever Shuttle fährt weiterhin mit seinen auffällig folierten Toyota Mirai und wirbt damit für diese umweltfreundliche urbane Mobilität. Das "Zukunfts"-Modell aus Japan eignet sich zum Teilen, denn es steht mit immerhin 66.050 Euro (ohne Umweltprämie) in der Preisliste, was selbst für eine Limousine der oberen Mittelklasse ein gewisses Invest bedeutet.
Guter Nexo-Start
Als einzige Konkurrenz steht momentan als Nachfolger des Hyundai ix35 Fuell Cell der Nexo im Regal (siehe S. 26). Der Koreaner, der nicht nur bei der Antriebsart als Wegweiser für die asiatische Marke agieren soll, hat das Potenzial, für eine gewisse Straßenpräsenz für die H2-Modelle zu sorgen. Auch das Kompakt-SUV ist bei einem Listenpreis von knapp 58.000 Euro (ohne Umweltprämie) zunächst etwas für Umweltpioniere, dennoch weist er bereits kurz nach Marktstart kleine Erfolge auf. "Seit Öffnung der Bestellmöglichkeit Mitte April sind bei uns 200 Bestellungen eingegangen. Zum Vergleich: Vom ix35 Fuel Cell wurden zwischen Sommer 2013 und Anfang 2018 ebenfalls 200 Einheiten verkauft", heißt es von Hyundai. Wie viele davon Privatkunden oder Gewerbekunden sind, könne man noch nicht sagen - erfahrungsgemäß seien aber mindestens 90 Prozent gewerblich.
Um dies noch weiter zu pushen, arbeiten die Koreaner seit Mitte des Jahres nun mit Audi zusammen. Über Kreuzlizenzierung tauschen beide Lager Patente für Komponenten und Technologien für die Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge aus. Über den technischen Austausch und den Zugang zu nicht wettbewerbsrelevanten Bauteilen soll sich das Entwicklungstempo für neue Lösungen erhöhen. So dass aus Klein- mittelfristig auch Großserien werden.
Bee ZeroMathieu Rubel rüstet als Operations Manager die wasserstoffbetriebenen Carsharing- Modelle ab und muss dann noch die 50 H2-Fahrzeuge vermarkten
- Ausgabe 09/2018 Seite 22 (752.5 KB, PDF)