Welcher Pneu passt?
Teil 17: Richtige Reifenwahl | Ob ein Premium-, ein Spritspar-, ein Ganzjahresreifen oder eine günstigere Alternative der „Richtige“ für die eigene Flotte ist, hängt von vielen Faktoren ab.
— Betrachtet man das Fahrverhalten und die Bremseigenschaften eines Autos, kommt der Bereifung eine entscheidende Bedeutung zu. Während viele kleinere Fuhrparks die Wahl oft dem Fahrer überlassen, ist es bei großen Flotten sinnvoll, sich über die Art des Reifens und des eingesetzten Modells Gedanken zu machen.
Safety first | Kein Zweifel sollte allerdings am Zustand und an der Profiltiefe bestehen. Egal, welches Modell benutzt wird, sowohl Sommer- als auch Winterreifen sollten immer ausreichend „Gummi“ in Reserve haben. Noch wichtiger als die Profiltiefe ist aber der Zustand der Bereifung. Wer mit einem beschädigten Rad, egal, ob an der Lauffläche, der Seitenwand oder der Felge, unterwegs ist, begibt sich in Lebensgefahr. Bei fest zugeordneten Fahrzeugen sollte man den Fahrer zu einer regelmäßigen Kontrolle animieren. Bei Betriebs- und Poolfahrzeugen ist dies eine der wichtigsten Aufgaben für den Fuhrparkverwalter, den jeweiligen Abteilungsleiter vor Ort oder einen externen Dienstleister.
Ganzjahres- und Winterreifen | Seit einiger Zeit ist in Deutschland die Verwendung von Winter- oder Ganzjahresreifen bei schlechter Witterung vorgeschrieben. Ähnliches gilt für alle anderen europäischen Länder, teilweise sind hier die Vorschriften noch enger gefasst. Aus Sicherheitsgründen liegt es nahe, die gesetzlichen Vorgaben nicht zur Gänze auszureizen, sondern grundsätzlich alle Fahrzeuge mit einer Zweifachbereifung, bestehend aus Sommer- und Winterreifen, zu bestücken. Allerdings gibt es hierbei auch Grenzfälle. Fahrzeuge, die nur eine kurze Zeit genutzt werden oder auf Grund geringer Fahrleistungen mit einem Satz Reifen auskommen, werden eventuell auch in Deutschland mit Ganzjahresreifen ausgestattet. Gleiches kann für Autos gelten, die in wärmeren Regionen hauptsächlich als „Arbeitstiere“ eingesetzt werden. Verwendet zum Beispiel eine Kommune Kleinwagen oder Transporter für Serviceaufgaben und fährt diese fast ausschließlich im Stadtgebiet, kann hier auch der Ganzjahresreifen seine Dienste zuverlässig verrichten.
Ausnahmen im Ausland | In Deutschland sieht der Gesetzgeber keine Sicherheitsproblematik beim Einsatz von Ganzjahresreifen im Sommer. Gleiches gilt für Winterreifen. Ist der Geschwindigkeitsindex des Reifens nicht kompatibel mit den Leistungsdaten des Fahrzeuges, muss allerdings ein entsprechender Warnhinweis beim Wechseln angebracht werden. Im Ausland können Fahrer neuerdings bei dem eben geschilderten Fall Probleme bekommen (siehe „Italien | Neue Reifenregelung“).
Premium- vs. Billigprodukte | Überlässt man dem Fahrer die Auswahl des Reifens, wird man meist Premiumprodukte in der Flotte vorfinden. Bei Autos, die jedes Jahr viele tausend Kilometer zurücklegen, wird man dieses Kaufverhalten dem Mitarbeiter auch nur schwer ausreden können. Gleiches gilt natürlich für Fahrzeuge der Geschäftsleitung oder des oberen Managements. Bei überwiegend regionalem Einsatz kann aber auch ein etwas günstigeres Produkt aus dem zweiten Preissegment eingesetzt werden. Immerhin bieten mittlerweile schon erste Leasinggesellschaften günstigere „clevere“ Reifenarten.
Bei den dann zur Auswahl stehenden Produkten handelt es sich immer noch um Markenartikel, die auch vom Hersteller für das Fahrzeug zugelassen sind. Billigprodukte, die oft aus dem asiatischen Raum eingeführt werden, sind hier nicht vorgesehen. Da diese bei den meisten Reifentests unterdurchschnittlich abschneiden – wie auch ein aktueller GTÜ-Test bewiesen hat – und in Einzelfällen sogar erhebliche Sicherheitsrisiken bergen, sollten diese vom Fuhrparkverwalter möglichst gemieden werden.
Betriebswirtschaftliche Analysen | Um den richtigen Reifen für die Flotte zu finden, wird man meist nicht um eigene Auswertungen herumkommen. Zwar gibt das Energieeffizienz-Label Hinweise auf die möglichen Eigenschaften eines Produkts, im Alltag können diese Ergebnisse allerdings auch ganz anders ausfallen. Wer seine eigenen Kosten detailliert untersucht, wird deutliche Abweichungen bei der Haltedauer oder dem Benzinverbrauch feststellen können. Bei einem einzelnen Fahrzeug lassen sich Differenzen meist noch durch Zufall, eine unterschiedliche Fahrweise der Mitarbeiter oder andere Streckenprofile erklären.
Bei größeren Flotten sollte man dagegen genauer hinsehen. Die entscheidenden Faktoren für eine Reifenwahl sind die erreichbare Laufleistung sowie der tatsächliche Spritverbrauch. Ob sich im Einzelfall ein Premiumreifen respektive die Ökovariante des jeweiligen Herstellers rechnet, ist natürlich immer vom aktuellen Spritpreis abhängig. Zurzeit rechnet sich der geringe Aufpreis für die sparsamere Reifenvariante schon bei einigen tausend Kilometern. Höchste Zeit also, selbst nachzurechnen (siehe unten: „Analyse der Reifenkosten | Wann rechnet sich ein Spritsparreifen?“).
Kostenvergleich in der Praxis | Um zu realistischen Werten zu gelangen, sollte im ersten Schritt die tatsächliche Laufleistung der Reifen und die Häufigkeit von Beschädigungen untersucht werden. Ergibt sich dabei kein erkennbarer Unterschied, ist die weitere Berechnung ganz einfach: Weist der teurere Reifen einen geringen Spritverbrauch auf, müssen die sich daraus ergebenden Einsparungen den Mehrpreis des Reifens abdecken.
Genauso interessant ist die Frage, ab welcher Kilometerleistung sich der teurere Reifen rechnet. Dieser Amortisationszeitpunkt zeigt an, wie „sicher“ die getroffene Wahl ist. Darüber hinaus kann so auch die Entscheidung, ob ein bald auszutauschendes Fahrzeug noch mit den teureren Spritsparreifen oder mit einer günstigeren Alternative bestückt wird, betriebswirtschaftlich untermauert werden.
Fazit | Bei der Frage nach dem richtigen Reifen gibt es keinen eindeutigen Sieger. Welche Strategie zum Erfolg führt, hängt vor allem vom Fahrprofil und den Nutzungsbedingungen in der Flotte ab. Abhängig von der Reifenkosten-Analyse kann es sinnvoll sein, Teilfuhrparks mit unterschiedlichen Pneus auszustatten. | Peter Hellwich
Italien | Neue Reifenregelung
– Vom 16. Mai bis 14. Oktober dürfen in Italien nur dann Winter- und Ganzjahresreifen gefahren werden, wenn diese auch den vorgeschriebenen Geschwindigkeitsindex einhalten. Ist in den Fahrzeugpapieren zum Beispiel ein H-Reifen (zulässige Höchstgeschwindigkeit bis 210 Stundenkilometer) eingetragen, müssen auch die Ganzjahres- oder Winterreifen mindestens diesen Speed-Index aufweisen. Problematisch für Flotten können hier vor allem Pool- oder Leihautos sein, die aus Kostengründen mit einem Ganzjahresreifen ausgestattet sind.
Fuhrparkverwalter sollten ihre Fahrer auf diese neue Regelung hinweisen und eventuell einen Einsatz der betroffenen Fahrzeuge in Italien untersagen. Bei Nichteinhaltung droht dem Fahrer sonst eine Geldstrafe von mehreren hundert Euro. Zudem kann die italienische Polizei die Weiterfahrt untersagen.
Analyse der Reifenkosten | Wann rechnet sich ein Spritsparreifen? Beispiel-Berechnung für einen Fuhrpark
– Um unter den zahlreichen Reifen-Alternativen das richtige Modell zu finden, bietet es sich an, den passenden Pneu durch einen betriebswirtschaftlichen Kostenvergleich (möglichst anhand von Echtdaten) auszuwählen. Um sinnvolle Ergebnisse zu erhalten, sollte man auf eine möglichst große Datenmenge zugreifen können. Ausreißer, die aufgrund extremer Einsatzbedingungen entstehen, sollte man aussortieren.
Bei allen Auswertungen sollte man die unterschiedlichen Laufleistungen, Haltedauern und die Häufigkeit der Reifenschäden berücksichtigen. Sind diese Werte einigermaßen plausibel, kann man zum einen eine Kostenvergleichsrechnung erstellen (unten links), zum anderen aber auch den Amortisationszeitpunkt des teureren Reifens ermitteln (unten rechts). Anhand dieser Ergebnisse weiß der Fuhrparkverwalter, welche Ersparnisse sich durch einen Spritsparreifen über die gesamte Nutzungszeit ergeben und ab welchem Kilometerstand die Ökovariante günstiger ist – im fiktiven Beispiel unten bereits nach 14.815 Kilometern. Liegt der Amortisationszeitpunkt erst gegen Ende der Reifennutzung, ist eine Umrüstung mit einem relativ hohen Risiko verbunden. Gleichzeitig sind die möglichen Einsparungen relativ gering.