XXL-Designeranzug
Mit der Neuauflage des Delta meldet sich Lancia selbstbewusst und spektakulär in der Golfklasse zurück.
Ob der neue Delta ausreichen wird, die Traditionsmarke Lancia aus dem Dornröschenschlaf zu reißen, bleibt abzuwarten. Fakt jedoch ist, dass die Italiener mit dem ersten neuen Modell seit vier Jahren ein nachhaltiges Lebenszeichen von sich gegeben haben. Mutig, unkonventionell und extravagant gestylt, verkörpert der Delta jedenfalls in der Golfklasse die Rolle des glamourösen Lifestyle-Produkts und edlen Individualisten par excellence.
Ungewöhnlich ist auch das Format. Denn: Obwohl der Fronttriebler auf der Plattform des Fiat Bravo basiert, sprengt er mit 4,52 Metern Länge das klassische Golf-Maß von round about 4,20 Metern deutlich. Derart lang gemacht, verwöhnt der Delta seine Insassen vor allem im Fond mit mehr als reichlich Platz. Schade ist nur, dass in Reihe zwei die Kopffreiheit nicht ganz mit der opulenten Beinfreiheit Schritt hält.
Wiederum Pluspunkte sammelt der Delta als GelegenheitsTransporter. Hier schlägt die Stunde der asymmetrisch geteilten, serienmäßig in Längsrichtung verschiebbaren Rücksitzbank. Beine bequem ausstrecken oder mehr Platz für Einkauf oder Gepäck – der Italiener passt sich variabel im Handumdrehen den Bedürfnissen an. In nüchternen Zahlen bedeutet das ein Ladevolumen von 380 bis 465 Liter, maximal sind es 1.190 Liter. Etwas geschmälert wird die Freude über den üppigen Kofferraum allerdings durch die Tatsache, dass der eher kleine Heckklappenausschnitt und die hohe Ladekante den Zugang nicht gerade erleichtern.
Das Interieur des Delta präsentiert sich, verglichen mit der spektakulären äußeren Aufmachung, eher dezent und zurückhaltend. Hübsch anzuschauen ist es dennoch, zumal sich der „Designeranzug“ nicht nur wegen der klar gezeichneten Instrumente in Sachen Übersichtlichkeit und Funktionalität keinerlei echte Ausrutscher leistet. Gleiches gilt für Haptik, Materialgüte und Verarbeitung. Weniger überzeugend: die Anzahl und Größe der zur Verfügung stehenden Ablagen.
Die Sitze, ab der mittleren Ausstattungsvariante mit edlem Leder-/Alcantara-Bezug, sind bequem, der Seitenhalt ausreichend. Etwas zu hart gepolstert: die Kopfstützen.
Ausstattungstechnisch überzeugt bereits die Basisversion Argento mit einer ganzen Reihe von Annehmlichkeiten. Besonders üppig fällt dabei die Sparte „Sicherheit“ aus. So gehören neben den obligatorischen Features auch ein Knieairbag für den Fahrer, Nebelscheinwerfer mit Kurvenlichtfunktion, LED-Fahrlicht und eine praktische Berganfahrhilfe zum Serienumfang. Leider erst ab „Oro“ erhältlich: der im Falle eines Falles einen unmissverständlichen Lenkimpuls gebende Spurhalteassistent (420 Euro).
Der Federungskomfort ist trotz der eher straffen Abstimmung gut, das Handling überraschend agil. Ein Sportler ist der Delta aber nicht zuletzt wegen seiner etwas indifferenten Lenkung jedoch nicht. Praktisch beim Einparken und Rangieren: der City-Modus der Lenkung.
Die Motorenpalette zeigt sich mit zwei Benzinern und drei Selbstzündern erfreulich breit gefächert. Bei geringerer Fahrleistung äußerst interessant: der aufgeladene 1,4-Liter-Ottomotor mit 150 PS, der sich neben prima Laufkultur und Durchzugsvermögen vor allem mit einer harmonischen Kraftentfaltung hervortut. Passend dazu abgestuft: das leichtgängige, jedoch mit relativ langen Wegen operierende Sechsganggetriebe.
Maßstäbe setzen die Wartungsintervalle: So müssen die Benziner nur alle 30.000 km, die Diesel sogar nur alle 35.000 km zum Service. Auch die aufgerufenen Preise stimmen.
Der Delta ist eine nähere Betrachtung wert. MMD