Volle Spannung in die Batterie: Was wie der Schlachtruf einiger großer Automobilhersteller klingt, kann an der mobilen Nahtstelle zu den konventionellen Modellen nicht ohne Widerhall bleiben. Wird die Zapfsäule nun langsam zum Ladepunkt?
Total zum Beispiel kooperiert mit der Shell-Tochter New Motion, was Zugang zu mehr als 100.000 öffentlichen Ladepunkten in 28 europäischen Ländern gibt. Shell betreibt den Umbau zur Mobilitätskarte selbst auf Hochtouren (siehe Autoflotte 4/2019, S. 26). "Wir erleben derzeit eine Transformation hin zu neuen Antriebsarten", konstatiert Marcel Heinze, Vertriebsmanager Tankstellen bei Baywa Energie. "Das wird in den nächsten Jahren zu Abschmelzungen bei den klassischen Kraftstoffen führen." Dennoch sieht er die Batterie-Refresher nicht als alleinige Heilsbringer: "Wir gehen in der Zukunft eher von einem Mix zwischen E-Mobilität, Wasserstoff, E-Fuels und klassischen Kraftstoffen aus." Dieser Mix ergibt sich schlichtweg aus dem mobilen Status quo in Deutschland, wie auch Avia-Geschäftsführer Holger Mark findet: "Aus Gründen der Versorgungssicherheit für den Bestand von aktuell über 47 Millionen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren und der bislang nur sehr geringen Anzahl an E-Fahrzeugen in Deutschland kann auf absehbare Zeit sicherlich nur von einer Ergänzung von E-Ladesäulen an Tankstellen und keinesfalls von einer Umstellung oder Ablöse herkömmlicher Kraftstoffe gesprochen werden."
Vergesst die E-Fuels nicht
Potenzial sieht auch Mark in den synthetischen Kraftstoffen: "Eine Umstellung oder ein Ersatz würde langfristig das Pozential moderner synthetischer Kraftstoffe also E-Fuels ungenutzt lassen." Dem stimmt Oliver Reichert zu: "Aus unserer Sicht werden diese flüssigen Energieträger weiter an Bedeutung gewinnen und können so einen wichtigen Bestandteil in der künftigen Mobilitäts-Infrastruktur bilden", meint der Jet-Manager Retail Germany, der ökonomische und ökologische Vorteile in den aus regenativer Energie gewonnenen Flüssigkraftstoffen sieht. So kooperiert man mit dem Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti) und will im kommenden Jahr testweise in die E-Fuels-Vermarktung gehen.
Nadelöhr Netzausbau
In kleinen Schritten elektrifiziert sich auch die Deutsche Tamoil mit der Marke Hem. An rund 20 Stationen warten Schnelllader auf Kundschaft. Und mit dem Partner Allego sollen bald die ersten Säulen mit 350 Kilowattstunden-Power ans Netz gehen. Was vor allem die Groß-Stromer mit hoher Tageslaufleistung adressiert, denn Geschäftsführer Carsten Pohl weist darauf hin, dass Elektroautos mit Batterie vorzugsweise für den Stadtverkehr geeignet sind."In Fuhrparks für Außendienstler und Vielfahrer stellen sie momentan noch keine Alternative dar."
Das Ladeverhalten ist das eine, das Preisbewusstsein ist das andere, findet Ingo Meyer, Geschäftsführer Roadrunner Service. "Eine funktionierende Infrastruktur kann nur aufgebaut werden, wenn auch der Konsument bereit ist, die Mehrkosten, die hier entstehen, zu tragen. Auch ist ein national besseres Stromversorgungsnetz nicht kurzfristig umsetzbar." So ist auch er skeptisch, was eine komplette Ablösung der fossilen Brennstoffe an den Tankstellen in der kommenden Dekade anbelangt. Oft dienen die Ladesäulen an der Tankstelle eher der Imagepflege. "Denn sollte die E-Mobilität eine wirklich flächendeckende Mobilitätsalternative darstellen, dann wird das Laden eher nicht an der Tankstelle stattfinden", so Meyers Prognose.
Dem könnte ein weiteres Problem entgegenstehen, das auch Fuhrparkbetreiber beim Aufbau ihrer Ladeinfrastruktur bedenken sollten. "Wir beobachten beim Ausbau eigener E-Ladesäulen ein Netzproblem, welches es zu lösen gilt", mahnt Avia-Geschäftsführer Mark. "Bei einer Vielzahl von neuen Tankstellenprojekten sahen sich die Anbieter nicht in der Lage, Anschlüsse in der erforderlichen Leitungsgröße zur Verfügung zu stellen." Und plötzlich droht auch hier: Spannungsverlust.