Verstärkte Flottenoffensive
Nissan hat das Programm „Nissan Fleet Services“ in Kooperation mit der Nissan Bank und ALD Automotive gestartet, um Fuhrparkkunden künftig Full-Service aus einer Hand bieten zu können. Darüber hinaus setzt Arthur Wirtz, der seit November 2009 als Manager Fleet bei der für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständigen Nissan Center Europe GmbH verantwortlich zeichnet, auf ein Bündel an Maßnahmen, die den Anteil des Flottensegments am Gesamtgeschäft von Nissan steigern sollen.
Af: Herr Wirtz, Sie haben in den ersten sechs Monaten des Jahres ein Zulassungsplus von 53 Prozent im relevanten Flottenmarkt generiert. Wie haben Sie dieses Plus erzielt?
Wirtz: Wir sind derzeit mit der Entwicklung im gewerblichen Segment sehr zufrieden, weil wir damit nicht nur dem allgemeinen Aufwind im Flottenmarkt folgen, sondern vor allem auch diverse Produktneuerungen – insbesondere beim neuen Qashqai – bei unseren Kunden gut ankommen. Zudem haben wir uns bei einem insgesamt zurückgehenden Privatmarkt aktiv auf das Flottengeschäft konzentriert und es mit Verkaufsprogrammen gezielt unterstützt. Diese Strategie hat sich als erfolgreich erwiesen, weshalb wir auch künftig die gezielte Förderung bestimmter Modelle fortsetzen. Damit wollen wir den gewerblichen Anteil am Gesamtgeschäft von Nissan von 18 Prozent im Geschäftsjahr 2008/2009, das am 31. März geendet ist, bis Ende des laufenden Geschäftsjahres auf 30 Prozent erhöhen. Dazu zählen wir dann aber auch Kunden aus dem kleingewerblichen Segment ab einer Einheit. In Summe würde das 25.000 vermarktete Einheiten bis Ende März 2011 bedeuten.
Af: Ab wie viel Einheiten handelt es sich laut Nissan-Definition um Flottenkunden?
Wirtz: Von echtem Flottengeschäft sprechen wir ab zehn Einheiten im Bestand eines Kunden. In unsere Zahlen fließen aber auch alle gewerblichen Kunden ab einer Einheit ein. Daneben gibt es bei Nissan einen sogenannten Core-Fleet-Bereich, in dem wir die Kunden mit Rahmenverträgen erfassen, die effektiv mindestens fünf Einheiten pro Jahr abnehmen. Darüber hinaus schließen wir in Kooperation mit unseren Händlern Rahmenverträge mit Organisationen und Einkaufsverbänden für rein gewerbliche Zulassungen ab. Im Direktgeschäft arbeiten wir mit den großen Autovermietern zusammen.
Af: Wie verteilen sich die Geschäfte auf die jeweiligen gewerblichen Kundengruppen?
Wirtz: Rund 50 Prozent unseres Geschäftes resultieren aus Geschäften mit einzelgewerblichen Kunden, rund 45 Prozent mit Rahmenvertragskunden und etwa fünf Prozent mit regionalen Autovermietern. Insbesondere unsere 4x4-Kompetenz ist anerkannt bei Organisationen, die vom Jäger und Förster über die Sparkassengenossenschaften bis hin zu den Maler- und Handwerkerinnungen reichen. Hier sind wir mit klassischen Nissan-Modellen mit Allradantrieb wie den Pathfinder, Navara und X-Trail stark vertreten. Diese Kompetenz als Hausmarke für Allradfahrzeuge strahlt auch auf die anderen Kundengruppen ab. Angefacht wird das Wachstum derzeit jedoch von den Modellneueinführungen. Das Zugpferd hierunter ist eindeutig der neue Qashqai. Mit dem NV200 als „Van of the year 2010“ haben wir ebenfalls einen Volumenzuwachs bei den LCVs (Light commercial vehicles) erreicht. Und ein ganzes Produktfeuerwerk steht im 2. Halbjahr 2010 noch aus. Als Nächstes kommt im September der Juke. Auch der neue Murano Diesel ist in der Pipeline sowie ein kleines Facelift und neue Motorisierungen für Navara und Pathfinder. Voraussichtlich Ende des Jahres feiert dann der neue Nissan Micra sein Debüt.
Af: Welche Erwartungen knüpfen Sie an den neuen Nissan Micra im gewerblichen Segment?
Wirtz: Es gibt beim neuen Nissan Micra eine wesentliche Neuerung: Er wird nur als Fünftürer auf den Markt kommen. Das heißt, wir werden mit ihm unter vielen anderen Mitbewerbern nur noch im B-Segment vertreten sein. Er wird aber auch größer und sparsamer sein als der Vorgänger, weshalb er aufgrund sinkender Unterhaltskosten für die Gewerbekunden attraktiver wird. Durch die Optimierungen bei Platz, Verbrauch und Kosten bauen wir vor allem auf einen entsprechenden Erfolg des Nissan Micra in kleinen Flotten wie zum Beispiel den Pflegediensten, wo wir dann wettbewerbsfähig agieren können.
Af: Die passenden Modelle für Dienstwagen sind ein Bereich, mit dem Hersteller punkten können, Finanzdienstleistungen und Services für Flottenkunden der andere. Was haben Sie hier in der Hand?
Wirtz: Wir haben seit Mai dieses Jahres mit „Nissan Fleet Services“ ein eigenes modulares Full-Service-Produkt, welches im Flottenmarkt alle wesentlichen Bedürfnisse abdeckt. Wir können den Kunden damit alle wichtigen Bausteine aus einer Hand liefern – von der Wartung über Reifen und Tankkarten bis hin zur Kfz-Versicherung und GEZ. Dieses neue Produkt wird von der Nissan Bank in Zusammenarbeit mit der ALD angeboten und befindet sich gegenwärtig mitten in der Roll-out-Phase im Handel, sodass wir neben den Standardlösungen über Nissan Leasing nun auch direkt Full-Service-Leasing für die Flottenkunden im Programm führen.
Af: Sie bauen also das Leistungsfundament aus, um in größeren Flotten weiter wachsen zu können?
Wirtz: Nachdem der Privatkundenmarkt in diesem Jahr deutlich zurückgeht, ist wie bei allen Wettbewerbern das Flottengeschäft wieder in den Fokus gerückt. Deshalb haben wir die Leasingangebote mit Nissan Fleet Services weiterentwickelt und erweitert, um die Flottenkunden ab zehn Fahrzeugen dort abzuholen, wo sie es erwarten. Dafür haben wir uns mit dem neuen Produkt flexibilisiert. Wir verstärken somit die Flottenoffensive. Wir müssen aber auch der Struktur unserer Händlerunternehmen Rechnung tragen, bei denen es sich vorwiegend um Betriebe handelt, die 150 bis 300 Neuwagen pro Jahr vermarkten. Diese sind folglich auf den gewerblichen Einzelkunden ausgerichtet, weshalb wir hier zum Beispiel Hilfestellung bei der Ausbildung und Einstellung von Großkundenverkäufern geben und Schulungen durchführen sowie ausbauen müssen. Generell wollen wir insbesondere Händler mit starkem regionalem Großkundenpotenzial noch stärker einbinden, um die Wirksamkeit zu erhöhen.
Af: Welche Zielgruppen nehmen Sie dann ins Visier?
Wirtz: Die Konzentration liegt nach wie vor auf den einzelgewerblichen Kunden und den bestehenden Rahmenvertragskunden. Zusätzlich wollen wir neue Rahmenverträge in Kooperation mit dem Handel abschließen und über gezielte Marketingaktivitäten das Geschäft mit bestimmten Flotten wie Pflegediensten oder Flotten mit Bedarf an speziellen Auf- und Umbauten, wie zum Beispiel Kühlaufbauten, vorantreiben und dafür Angebote kreieren.
Af: Und welche Rolle spielt das Geschäft mit Autovermietern?
Wirtz: Das Vermietgeschäft ist für uns ein wichtiger Bereich. Das Volumen bewegt sich bei Nissan seit Jahren stabil zwischen 3.000 un 5.000 Einheiten. Denn wir wollen ja auch nicht die Restwerte unserer Fahrzeuge attackieren und zu viele Gebrauchtwagen produzieren, die nach sechs Monaten wieder bei den Händlern auf dem Hof stehen. Mit der konstanten Zahl und einem bewussten Modellmix an Vermietfahrzeugen bauen wir keine taktischen Zulassungen und damit Lagerbestände auf, sondern können dem Handel vielmehr eine Möglichkeit bieten, passende Fahrzeuge zuzukaufen. Diese Politik wollen wir konsequent weiterführen.
Af: Wie läuft die Zusammenarbeit mit Renault im Flottenbereich?
Wirtz: Es gibt gute Kontakte untereinander. Wir tauschen uns aus und haben auch gemeinsame gewerbliche Kunden, insbesondere bei den Verbänden. Ansonsten gibt es keine großen Berührungspunkte, da wir in der Summe ganz andere Kunden beliefern. Wenn wir aber zum Beispiel bei Kunden akquirieren, die auf der Suche nach einem klassischen Kombi sind, dann informieren wir die Kollegen von Renault und umgekehrt. Auf internationaler Ebene gibt es außerdem ein markenübergreifendes Team, das die Kunden gemeinsam angeht. Daraus sind einige internationale Kundenverbindungen entstanden, für die wir national die Betreuung übernehmen.
Af: Mit welchen Aufgaben beschäftigen Sie sich derzeit intensiv?
Wirtz: Seit Neuestem beschäftigen wir uns auch mit Ausschreibungen im öffentlichen Dienst. Wir arbeiten hier mit einer Agentur für öffentliche Ausschreibungen zusammen, welche für uns die Ausschreibungen filtert und direkt an den Außendienst sowie den Handelspartner vor Ort übermittelt. Das ist ein Potenzial, das wir bisher nicht angefasst haben, weil die Anforderungen sehr hoch sind. Seitdem wir uns diesem Thema intensiv widmen, haben wir aber schon erste Erfolge erzielt, zum Beispiel in Hamburg, Nürnberg und Wiesbaden, wo wir den Zuschlag für Schneeräumfahrzeuge oder Feuerwehren erhalten haben.
Im November haben wir außerdem die 300 größten Firmen in Deutschland angeschrieben. Aufhänger war die Markteinführung unseres Elektrofahrzeugs Nissan LEAF ab etwa September 2011. Wir haben die Kunden darüber informiert und eine Rückmeldung von 20 Prozent der Kunden bekommen und mit diesen Kunden auch Gespräche geführt. Insbesondere mit den Energieversorgern, Stadtwerken und anderen Großkunden sind wir daher weiterhin in Kontakt, weil sie den Nissan LEAF in den Fuhrpark aufnehmen wollen.
Af: Sie arbeiten gegenwärtig an vielen Fronten. Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden Jahre gesetzt?
Wirtz: Unser Ziel ist es, den Marktanteil von Nissan von derzeit 2,0 Prozent in den kommenden drei Jahren auf drei Prozent zu erhöhen. Dabei wollen wir auch unseren Anteil im Flottenmarkt von 0,8 auf 1,6 Prozent verdoppeln. Wir sind überzeugt, dass wir das mit unserer Fahrzeugpalette, einem starken Händlernetz und den kommenden neuen Modellen sowie den Angeboten an Finanzdienstleistungen auch erreichen werden.
Interview: A. Schneider