_ Für Dieter Grün, Mobilitätsmanager der Stadtwerke Heidelberg, ist die Strategie in seinem Aufgabenbereich klar: Als interner Dienstleister eines kommunalen Versorgers, der es sich auf die Fahnen geschrieben hat, klimafreundliche Energie zur Verfügung zu stellen, hat die Arbeitsgruppe "Mobilitätsmanagement" ressourcenschonende und effiziente Mobilitätslösungen für die Mitarbeiter anzubieten. Dabei sollen sie die Dienstfahrten aber auch in einem akzeptablen Zeitraum absolvieren können.
In Verbindung mit der seit 2009 laufenden Digitalisierungsoffensive und dem Wachstum im Unternehmen bedeutete dies unter anderem, auch beim Kfz-Pooling andere Wege zu gehen und ein neues, IT-basiertes Fundament für das Management der zwölf Poolwagen samt Buchungsverfahren für die Nutzer einzurichten."Diese Entscheidung hat uns enorm nach vorne gebracht und öffnet uns nun mehr Spielraum, um den steigenden Mobilitätsbedarf zu decken", sagt Grün. Bis das heute im Einsatz befindliche System online gegangen ist, waren allerdings einige Herausforderungen zu meistern - von der Definition der Anforderungen über die Anbieterauswahl bis hin zur Implementierung.
Marktanalyse und Anbieter-Check
Im ersten Schritt hat Dieter Grün ein Lastenheft erstellt. Dabei hat er aus seiner fast 40-jährigen Tätigkeit im Fuhrpark bei den Stadtwerken, gepaart mit der Expertise als Kfz-Meister, Betriebswirt und zertifizierter Fuhrparkmanager, geschöpft. Lastenheft-Vorgaben an das System und den IT-Dienstleister waren: In der Tiefgarage am Hauptsitz in der Kurfürsten-Anlage sei ein Schlüsselkasten direkt neben den Parkplätzen der Pool-Fahrzeuge anzubringen, der mit aufgeklebtem RFID-Label auf dem Führerschein des Mitarbeiters elektronisch zu öffnen ist. Dieses sollte auch zur nochmaligen Authentifizierung an der Lockbox im Fahrzeug dienen. Die Buchung sollte wiederum online über ein Portal erfolgen, das extern nach den aktuellen Datenschutzbestimmungen gehostet sein muss und für das Mobilitätsmanagement Auswertungen, etwa über die Buchungszahlen in Wochen und Tagen sowie die bevorzugten Fahrzeuge, liefert. Zudem sollte die Möglichkeit bestehen, bei Bedarf um das Modul des digitalen Fahrtenbuchs erweitern zu können.
Mit diesem Katalog ging der Einkauf auf Anbietersuche. Unter insgesamt zehn Kandidaten hat Vispiron nach mehreren Gesprächsrunden den Wettbewerb für sich entschieden. "Vispiron waren die Einzigen, die alles in einem Paket angeboten haben", sagt Grün. Im November 2017 löste deren System mit dem Online-Tool Carsync das vorherige Buchungsverfahren via Outlook mit Schlüsselabholung und -rückgabe im Büro bei zwei Mitarbeitern ab. Die Implementierung inklusive Hardware nahm nach Angaben des Mobilitätsmanagers vier Wochen in Anspruch.
Individuelle Anpassungen
Ein weiterer Punkt für den Münchner IT-Dienstleister: Er hat Funktionen für die Stadtwerke Heidelberg angepasst. Beispiel: Die Mitarbeiter können die Poolwagen auch starten, wenn sie sich nicht an der Lockbox im Fahrzeug anmelden. "Schließlich müssen manche Mitarbeiter schnell los, um beispielsweise Störungen zu beheben. Einschränkungen in der Mobilität sind daher durch Startunterbrechungen nicht diskutabel. In diesem Fall piepst es aber und ich erhalte eine Störungsmeldung, so dass ich dem Vorgang nachgehen kann und der angemeldete Nutzer nochmals bestätigen muss, dass er gefahren ist", erläutert Grün. Bedenken wegen Fahrens ohne Führerschein hat er keine: "Wir wissen stets, dass der Nutzer im Besitz eines RFID-gelabelten Führerscheins ist, weil er den Schlüsselschrank nur mit diesem öffnen kann. Das ist eine permanente Kontrollinstanz, die Vispiron eingebaut hat." Zusätzlich wird alle zwölf Monate nach Erstkontrolle der Führerschein elektronisch kontrolliert.
Eine spezielle Funktion, die ebenfalls eingerichtet wurde: Wenn ein Mitarbeiter einen Unfall oder Schaden in Carsync meldet, wird das Fahrzeug gesperrt und alle folgenden Buchungen werden direkt mit dem Hinweis storniert, dass das Fahrzeug nicht mehr zur Verfügung steht. Der letzte Nutzer erhält ferner die Aufforderung, den Fall zu schildern. Damit die Mitarbeiter nachlesen können, was mit dem System alles machbar ist, hat Grün eine eigene Arbeitsanweisung erstellt und hinterlegt.
Buchungsverfahren für Mitarbeiter
Zugang zu Carsync inklusive Ersteinweisung erteilt Dieter Grün oder einer seiner Kollegen. Sie werden registriert und bekommen von der Plattform eine Mitteilung. Hierüber melden sie sich an, ändern noch mal ihr Passwort und sind freigeschaltet.
Wird eine Buchung vorgenommen, sind folgende Daten anzugeben: Reisender, Mitreisender, der dienstliche Anlass der Fahrt mit Firma und Ansprechpartner sowie die geschätzte einfache Kilometerstrecke zum Ziel. Hintergrund: Bei geringeren Entfernungen werden auch die E-Modelle zur Auswahl angezeigt. Daneben erscheint bei den neuen Poolautos beim Scrollen über das Kennzeichen ein Bild vom Fahrzeug. Sobald eines gebucht ist, gibt es darüber eine Bestätigung, die sich der Mitarbeiter in den Online-Kalender übertragen kann.
Am Reisetag öffnet ihm der RFID-gelabelte Führerschein den Schlüsselkasten in der Tiefgarage. Darin signalisiert ihm ein grünes LED-Licht, welcher der magnetisch haftenden Schlüssel zum Fahrzeug gehört und entnommen werden kann. Alle anderen leuchten orange. Nach Öffnen des Autos legt oder klemmt der Mitarbeiter seinen Führerschein an die Lockbox und fährt los. Die Dienstreise wird mit Abstellen auf dem zugeordneten Kfz-Parkplatz und Einhängen des Schlüssels automatisch abgeschlossen.
Für den Nutzer sind die eigene Buchungshistorie, das Kennzeichen der gebuchten Poolwagen, der Zeitpunkt des Fahrtantritts und die gefahrenen Kilometer auch immer einsehbar. "Wir haben aber nicht zuletzt aus datenschutzrechtlichen Gründen auf Live-Tracking bewusst verzichtet", betont Grün.
Bei der Bezahlung setzen die Stadtwerke Heidelberg auf ein Kombimodell. Während der Schlüsselschrank angemietet ist, sind die Lockboxen gekauft. Für das Webportal fällt eine Gebühr für das Management sowie pro Nutzer an. Genaue Zahlen nennt der Mobilitätsmanager nicht.
Dynamisch wachsende Nutzerzahlen
Das System wird von den Mitarbeitern rege genutzt. Sowohl die Zahl der registrierten Nutzer als auch die Buchungen der Pool-Fahrzeuge gehen seit Einführung nach oben. Vom Kundenbetreuer über den Angestellten in der Planungsabteilung bis hin zum Vertrieb: Unter ihnen haben sich 135 registriert und rund 80 buchen aktiv. Grün hat anfänglich mit nur 50 Registrierungen und rund 35 aktiven Nutzern gerechnet. An manchen Tagen sind daher alle Fahrzeuge belegt und teilweise mehrmals gebucht. Spitzen werden über den Carsharing-Partner Stadtmobil oder Autovermieter abgedeckt.
Gleichwohl ist sich Grün sicher, dass das neue Pool-Management auf den steigenden Mobilitätsbedarf kostendämpfend wirkt. Er mutmaßt:"Ohne das System hätten wir sonst wohl mehr Fahrzeuge für die einzelnen Abteilungen benötigt." Die Zusammenarbeit mit Vispiron wird daher intensiviert. Zum einen ist ein Abrechnungsmodul bestellt, das den Datentransfer und die Zuordnung zu den eigenen Sachnummern der Fahrzeuge im hausintern verwendeten SAP erleichtern soll. Ein Projekt, das für die Zukunft vorstellbar ist: die Integration eines Lernmoduls ins Intranet für die Arbeitseinweisungen rund um den Pool. Damit würden die Vorgesetzten der Nutzer sowie Grün bei der Erfüllung der Halterpflichten im Rahmen der UVV entlastet.
Auf einen Blick - Pool der SWHD
- Zirka 180 Kfz, davon zwölf Pool-Pkw- Fünf Pool-Kfz im Eigentum, sieben geleast im Full-Service (4 Jahre/10.000 km p. a.); Ausnahme Kfz-Versicherung: alle Firmenwagen über Rahmenvertrag mit Selbstbeteiligungen von 300 Euro in Voll- und 150 Euro in Teilkasko sowie GEZ und Kfz-Steuern in Eigenregie; Wartung und Reparaturen der Bestands-Kfz mit regionalen Betrieben und Dienstleistern- Modelle: vor allem Ford Fiesta Viertürer (1.0, 85 PS) und Ford Focus Turnier (1.0, 125 PS); alle in Weiß und mit Stadtwerke-Logo, ein E-Smart und ein E-Roller- Ausstattung: Navi, Einparkhilfe und möglichst Rückfahrkamera