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VW-Bilanz: Abgaskrise kostet Winterkorn Millionen

28.04.2016 11:08 Uhr
VW-Bilanz: Abgaskrise kostet Winterkorn Millionen
Müller: VW muss trotz der angespannten Finanzlage bei den Umwälzungen der Autoindustrie vorn mitspielen.
© Foto: VW

An den Millionengehältern bei VW gibt es reichlich Kritik - erst Recht mit Blick auf den Abgas-Skandal. Zumindest beim Ex-Chef gibt es Einbußen. Beim Rückruf der Dieselwagen dauern die Verzögerungen an.

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Volkswagens Ex-Chef Martin Winterkorn muss wegen der Abgaskrise finanziell deutlich Federn lassen. Der Ende September 2015 zurückgetretene Manager, dessen Vertrag aber noch bis Ende 2016 weiterläuft, erhält für das vergangene Jahr noch 7,3 Millionen Euro. 2014 hatte Winterkorn noch fast 16 Millionen Euro kassiert - und war mit Abstand bestverdienender Manager unter allen Dax-Lenkern gewesen.

Das Gehaltsminus bei Winterkorn liegt vor allem an der gesunkenen mehrjährigen variablen Vergütung, die ein Teil des Vorstands-Salärs ist. Neuer Spitzenverdiener im VW-Vorstand ist nun der Chef der schweren Nutzfahrzeuge, Andreas Renschler, mit fast 15 Millionen Euro. Er war im Winter 2015 von Daimler zu Volkswagen gewechselt.

Eine nach wie vor wichtige Stütze für den krisengeschüttelten Konzern ist das China-Geschäft. Im Reich der Mitte strich VW auch 2015 wieder gut fünf Milliarden Euro ein. Auf dem wichtigsten Markt stieg das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sogar noch einmal minimal und erreichte 5,21 Milliarden Euro (2014: 5,18 Milliarden Euro). "Wir tun alles, um unsere Position in China in einem immer härteren Wettbewerb zu behaupten", sagte VW-Chef Matthias Müller am Donnerstag bei der Bilanzvorlage in Wolfsburg.

In naher Zukunft rechnet der VW-Chef nicht mit Problemen in dem wichtigen Absatzmarkt: "Quer durch die Weltwirtschaft grassierte die Sorge vor einer möglicherweise deutlich nachlassenden konjunkturellen Dynamik dort." So gravierend ein solches Szenario für die Automobilindustrie wäre, aus Sicht von Volkswagen sei es "eher unwahrscheinlich".

Rote Zahlen bei VW Pkw

Die VW-Kernmarke hat im Schlussquartal im operativen Geschäft rote Zahlen geschrieben. Auch ohne die milliardenschweren Rückstellungen für die Folgen des Abgas-Skandals verbuchte die Marke mit dem VW-Logo einen Verlust von 127 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern. Im Jahr zuvor hatte die Marke operativ noch 780 Millionen Euro verdient. Neben der Marktschwäche in Brasilien und Russland konnte die Marke mit Modellen wie dem Golf und dem Passat negative Einflüsse aus "marktbezogenen Fördermaßnahmen infolge der Abgasthematik" nicht ausgleichen. Müller sprach unter anderem von höheren Kosten für die "Verkaufsförderung". Der letzte Verlust der Kernmarke liegt Jahre zurück.

Zur Bewältigung der weltweiten Abgas-Krise schließt Müller Verkäufe einzelner Konzernmarken derzeit aus. "Zwölf Marken sind keine Schwäche, sondern eine Stärke. Wir befassen uns mit dieser Frage gegenwärtig nicht.", sagte der VW-Chef auf die Frage eines Journalisten zu Spekulationen über Verkaufsabsichten bei der Truck-Holding mit MAN und Scania. "Ich halte dies für ein Gerücht", betonte der Manager.

Weniger Investitionen - neue Mobilitätstochter

Müller erklärte, VW müsse trotz der angespannten Finanzlage bei den Umwälzungen der Autoindustrie vorn mitspielen: "Das Auto der Zukunft ist effizienter, intelligenter, komfortabler und sicherer als jemals zuvor. Es fährt elektrisch und in einigen Jahren auch autonom." Finanzchef Frank Witter räumte ein, dies sei eine herausfordernde Strategie: "Wir sehen steigenden Bedarf in Investitionen in neue Antriebs- und Mobilitätskonzepte, Urbanisierung und Digitalisierung. Gleichzeitig sehen wir aber auch die Notwendigkeit, die Investitionen nicht nur absolut, sondern auch im Verhältnis zum Umsatz zu senken." Zur Kompensation müssten mögliche Synergien zwischen den zwölf Marken des Konzerns "noch besser" genutzt werden.

Das Tempo im Zukunftsfeld Mobilitätsdienstleistungen soll allerdings erhöht werden - und dafür "in Kürze ein rechtlich eigenständiges, konzernübergreifendes Tochterunternehmen entstehen. Unter Mobilitätsdienstleistungen verstehen Autokonzerne meist das Geschäft rund ums Auto, zum Beispiel mit speziellen Smartphone-Apps oder Carsharing-Angeboten. Bei VW soll dieser Bereich bis 2025 einen "substanziellen Teil" des Umsatzes ausmachen. VW will sich außerdem mehr für Partnerschaften und strategische Beteiligungen öffnen. "Die Zeiten, in denen unsere Branche sich abgeschottet hat, gehören endgültig der Vergangenheit an", sagte Müller. "Berührungsängste, Alleingänge oder die Illusion, alles besser zu wissen und zu können, werden nicht ans Ziel führen." Eine Zusammenarbeit mit den Internet-Riesen Apple und Google ist indes nicht geplant. "Wir unterhalten uns nicht mit Apple und Google", sagte Müller. Mit welchen Firmen nun im Einzelnen Partnerschaften geplant sind, wollte der VW-Chef nicht sagen.

Entschuldigung bei Obama - Milliardenkosten in USA

Bereits am vergangenen Wochenende hatte sich Müller persönlich bei US-Präsident Barack Obama in Hannover für den Diesel-Skandal entschuldigt. "Ich hatte knapp zwei Minuten für das Gespräch und habe mich für den Vorfall als solches entschuldigt." In dem Gespräch habe er Obama zudem darauf hingewiesen, dass er auch im Interesse der Mitarbeiter und ihrer Familien alles für eine Lösung tun werde. "Ich habe darum gebeten, dass Amerika uns eine Brücke baut. Konkreter wurde es nicht."

Generell seien die Gespräche am Rande des Deutschlandbesuches von Obama am vergangenen Wochenende "ähnlich" konstruktiv verlaufen wie bereits bei Müllers USA-Reise Anfang des Jahres. Dies gelte auch für die Gespräche mit der amerikanischen Handelsministerin Penny Pritzker. "Wir können mit Zuversicht in die weiteren Gespräche gehen."

Im Ringen um eine Einigung mit den US-Behörden rechnet VW mit Milliardenkosten für "grüne" Projekte in den Vereinigten Staaten. Dafür veranschlagt der Konzern rund 1,8 Milliarden Euro. Bei dem Budget gehe es um "mögliche Investitionen in Umweltprojekte und die Elektromobilität", heißt es im Geschäftsbericht. "Inhalt sowie zeitliche Verteilung der Investitionen sind derzeit noch unbestimmt." Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, dass VW in den USA Geld in ein Stromtankstellennetz für die E-Mobilität stecken könnte. Die Wolfsburger kämpfen derzeit für einen Kompromiss mit Klägern und Aufsehern in den USA, wo der Abgas-Skandal begann und Milliardenkosten für mögliche Strafen und Schadenersatz drohen.

"Engere Zusammenarbeit" mit Großaktionär Katar

Den Großaktionär Katar will VW auch über den Aufsichtsrat hinaus stärker in die Arbeit des Konzerns einbinden. "Es wird in Zukunft zu einer engeren Zusammenarbeit kommen, in verschiedenen Bereichen", kündigte Müller an. "Wir sind über Präsidiumsthemen hinaus in sehr konstruktiven Fragestellungen und Themen". Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur gibt es konkrete Überlegungen im VW-Aufsichtsrat, das übergeordnete Präsidium von sechs auf acht Mitglieder aufzustocken. In dem dann vergrößerten Spitzengremium der Kontrolleure würde Katar erstmals einen eigenen Sitz erhalten. Den zweiten zusätzlichen Platz in dem paritätisch besetzten Präsidium müsste ein Vertreter der Arbeitnehmerseite übernehmen. "Also, von Aufstocken ist mir jetzt nichts bekannt", sagte Müller. Er begrüße das Engagement von Katar bei VW sehr. Der Wüstenstaat hält über seine Investmentgesellschaft 17 Prozent der VW-Stammaktien. (dpa)

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