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Auto-Abo: Zeit für Neues?

12.04.2021 14:40 Uhr
Auto-Abo: Zeit für Neues?
Maßgeschneidert, wie feine Kleidung. Das sind die Auto-Abos angeblich. Dass der Begriff dehnbarer als Stoff ist, zeigt unsere Übersicht.
© Foto: 1BSG/Getty Images iStockphoto

Flexibel bleiben. Ein Gebot der Stunde. Abonnements ohne lange Laufzeiten und mit Wechselmöglichkeiten versprechen dieses Credo. Auto-Abos liegen im Trend und kommen uns doch irgendwie altbekannt vor.

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Flexibel bleiben, abonnieren, stornieren, verändern. Das versprechen die neuen Abo-Möglichkeiten, die sich seit geraumer Zeit im Automobil- und Zweiradbereich (siehe Zweirad-Spezial Autoflotte 3/2021) tummeln. Rund 50 Anbieter gibt es wohl. Die genaue Anzahl variiert und so richtig eingrenzen lässt sich das Genre nicht. 2020 wurden laut dem Center Automotive Research 42.000 Neuwagen-Auto-Abos in Deutschland vermarktet. Immerhin. Wenngleich dabei gewerblich und privat vermischt ist und die Trennschärfe, was genau ein "Neuwagen-Auto-Abo" ausmacht, nicht immer eindeutig erscheint. Genau diesen Aspekt beleuchten wir aus rechtlicher Perspektive in Autoflotte 5/2021.

Das Netflix der "XY-Branche"

Denn Abos sind im Prinzip nichts Neues. In Deutschland kam der Abo-Trend wohl mit Netflix auf. So bemühen sich Unternehmen seit Jahren, "das Netflix der XY-Branche" für sich zu proklamieren. Wirklich geschafft haben es nur Wenige. Und wenn man bedenkt, dass Netflix bereits älter ist als 20 Jahre, hat das Rüberschwappen auf den alten Kontinent reichlich lange gedauert.

Dabei gibt es bereits ebenso lang auch in Deutschland "Verträge", die einem ähnlichen Grundsatz folgen. Und der lautet: möglichst wenig Stress und viel Flexibilität. Die vielgescholtene Mobilfunkbranche hatte es früh erkannt, dass ein Teil potenzieller Kunden sich nicht mit Verträgen knebeln möchte. Prepaid lautet daher vielleicht der erste in Deutschland vielgenutzte flexible "Abo-Service" ohne jahrelange automatische Verlängerungen. Sehen Sie nicht so? Dann nennen Sie es, wie Sie möchten. Fakt ist, dass die Prepaid-Tarife nach wie vor "jederzeit beendbar" sind, man im Vorfeld weiß, was man zahlen kann, will oder muss und es ist klar, wie viel Mobiltelefonie man bekommt.

Und im übertragenen Sinn ist es ähnlich im Autovermietgeschäft. Pardon: Beim Auto-Abo. Es tummeln sich, wie unserer Übersicht zu entnehmen, etablierte Leasinggesellschaften und Vermieter in dem Bereich und bieten ähnliche Dienstleistungen an, wie sie es bereits seit Jahrzehnten tun. Der Übergang von der piefigen Langzeitmiete zum trendigen Auto-Abo verschwimmt. Denn die Anfangsidee der originären Auto-Abos: kurze Laufzeiten, schnelles Autowechseln, im Sommer Cabrio, im Winter Allrad, fehlt es an Umsetzung - zu teuer, zu aufwändig. Die Abo-Kunden halten ihr Auto recht lange. Im Schnitt wohl rund ein Jahr, wie unsere Abfrage ergab und erreichen damit bei einigen gleichzeitig die Maximallaufzeit.

Verschwimmen tun offensichtlich auch Kilometergrenzen und Fahrzeugklassen. Aus Vergleichbarkeitsgründen hatten wir klare Kilometergrenzen und Fahrzeugkategorien abgefragt. Zurück bekamen wir alles zwischen 833 und 4.000 Kilometer pro Monat und das "Wissen", dass Mittelklasse offensichtlich ein ebenfalls dehnbarer Begriff ist. Ford Focus, Hyundai Tucson, Seat Leon, Toyota Corolla, Citroën C4, Skoda Octavia, VW Golf oder gar Fiat 500 sind super Autos - aber eben keine Mittelklasse.

Konkurrenzdruck wächst

Der Konkurrenzdruck verstärkt derzeit die Angebotsvielfalt. Unternehmen, die beschließen, ihre Kauf- und Leasingfahrzeuge zu reduzieren, um flexibel zu bleiben, müssen also auch hier mehr vergleichen und entscheiden, welche Parameter wichtig sind. Denn die aktuelle Zeit zeigt, was Flexibilität für einen hohen Wert einnehmen kann. Kurze Verfügbarkeit von Mobilität ist jetzt gefragter denn je.

Zurück zu den Autos. Diese verursachen noch immer in den Unternehmen einen erheblichen Kostenfaktor, der oft nicht kurzfristig angepasst werden kann. Die so genannten "Eh-da-Kosten" werden häufig akzeptiert, bezahlt und abgehakt. Ein Mitarbeiter verlässt das Unternehmen, der gekaufte oder geleaste Wagen bleibt auf die Dauer der Leasingzeit oder bis Abschreibungsende in der Firma. Das Fahrzeug wird dann hin- und her- und neuen Angestellten untergeschoben oder kurzerhand als Poolfahrzeug deklariert. Wie schön und sinnvoll wäre es, diesen Wagen einfach loszuwerden und sich von den Kosten zu befreien - ohne Zusatzkosten. Klar, ein Abo scheint auf den ersten Blick teurer als klassisches Leasing. Muss es aber nicht sein. Vor allem dann nicht, wenn die Mobilität in Gänze betrachtet wird.

So, wie es Michael Helmli von MR Messtechnik aus Mundelsheim tut: "Wir haben drei Autos im Abo von ViveLaCar, die unseren Fuhrpark, der außerdem aus sechs Leasing- und zwei Kauffahrzeugen besteht, ergänzen." Und das, obwohl "wir mit den drei abonnierten Autos jeweils 40.000 bis 60.000 Kilometer pro Jahr fahren." Ein Beispiel, das zeigt, dass es auch Anwendungsfälle gibt, die bei erster Überlegung gegen ein Auto-Abo sprechen müssten. Helmli ist zufrieden und will dem Mischfuhrpark treu bleiben, selbst wenn die Nummernschilder dann keine eindeutige Sprache mehr sprechen. Denn je nach Abo-Anbieter handelt es sich um eigene Fahrzeuge, Mietwagen, Autos von Händlern und neue sowie gebrauchte Autos. So erklären sich auch die teils attraktiven Preise, die eben nicht höher sein müssen als bei einem Leasing, das über drei Jahre läuft - allerdings zu Anfang selbst konfiguriert wurde.

Weiterer Vorteil: Die schnelle (oft volldigitale) Verfügbarkeit. Dass das Fahrzeug innerhalb einer Woche im Hof steht, ist eher die Regel als die Ausnahme. Klar, bei den Optionen ist Kompromissbereitschaft gefragt. Aber der Fuhrparkleiter weiß genau, welche Kosten der Wagen pro Monat verursacht: Abopreis plus Kraftstoff, eventuell Nachfüll-Öl und Wischwasser-Konzentrat sowie Verkehrsvergehen, die meist mit 15 Euro Gebühr weitergereicht werden. Versicherungen, Steuer, Inspektionen und Reparaturen sind stets inklusive. Auch das Thema Reifen ist keins. Oft werden Ganzjahrespneus montiert, was jedoch bei Vielfahrern nicht zu empfehlen ist (siehe Seite 58 ff.). Auch ist das Rauchen in den meisten Fällen untersagt. Aufpassen muss man beim Einsatz als Poolfahrzeug. Ab und an ist das nicht möglich oder es gibt Altersbeschränkungen. Auch ist zu bedenken, dass Auslandsfahrten meist nur in der EU plus Schweiz, UK und Norwegen (ohne vorherige Absprache) möglich sind.

Neue Antriebe testen

Die Abo-Fahrzeuge bieten sich zudem an, wenn man neue Antriebe testen möchte. Kann Kollege XY mit einem Plug-in-Hybrid den Alltag elektrisch bewältigen? Wie fährt sich ein E-Auto auf der Langstrecke, ist Erdgas eine Alternative? Wasserstoff, ja, auch das geht. Die Entwicklungen schreiten rasch voran. Mit einem Abo kann man am Fortschritt partizipieren. Neue Batterietechnologie, mehr Reichweite, etc. Wiederverkauf? Egal. Das Abo ist ein Produkt, um Unsicherheiten zu überbrücken.

Einen Schritt weiter geht der chinesische Hersteller Lynk&Co, der gerade in Europa startet. In Holland eröffnete Lynk seinen ersten "Club". 500 Euro Monatsbeitrag kostet die Mitgliedschaft, die das Benutzen des SUV-Modells 01 beinhaltet (Fahrbericht folgt in 5/2021). "Ich glaube, dass das Auto-Abo in der von uns betriebenen Form die Zukunft ist", sagte Lynk-Chef Alain Visser im Interview mit autogazette.de. Und Visser merkt an, dass die heute am Markt angebotenen Auto-Abos eher klassische Leasingangebote sind. Für Visser ist die Kombination aus Auto-Abo und Car-Sharing das Ideal (siehe Seite 22). Damit ließen sich Kosten reduzieren und Nachhaltigkeitsaspekte verfolgen. "Bei uns kann ich mir das Auto mit irgendeinem fremden Menschen, einem Freund oder mit Mitarbeitern teilen, wo das Fahrzeug Teil der Flotte ist."

FCA und JLR starten 2021

Harald Koch, Direktor Fleet & Business Sales von FCA, rechnet dem Abo-Modell durchaus Chancen zu:"Aktuell ist ein deutlicher Wachstumstrend bei den Car-Abo-Modellen erkennbar. Dieser Vertriebskanal ist vor allem für eine junge Zielgruppe interessant. Er bietet eine digitale Abwicklung ohne feste Bindung mit viel Flexibilität. Diesen Trend möchten wir aufgreifen und arbeiten derzeit gemeinsam mit Leasys an einer passenden Abo-Lösung für unsere Kunden. Im April wird die erste Testphase starten."

Und auch Christoph Engler, Key Account Manager für Mobilitätsdienstleistungen bei Jaguar Land Rover (JLR) sieht eine Art Boom beim Thema Auto-Abos: "Die Corona-Pandemie hat Auto-Abos in der öffentlichen Wahrnehmung erheblich vorangebracht. Deren Vorteile liegen auf der Hand: Kundinnen und Kunden erhalten in unsicheren Zeiten ein neues oder neuwertiges Fahrzeug mit einer flexiblen Laufzeit ohne versteckte Kosten. Bei JLR arbeiten wir derzeit sehr intensiv an möglichen Abo-Konzepten. Ich bin zuversichtlich, dass wir schon sehr bald ein erstes Pilot-Angebot launchen können, das wir 2021 sukzessive ausbauen."

Laut DAT-Report 2021 hat sich bislang jedoch erst ein Prozent der Befragten mit einem Auto-Abo intensiv beschäftigt und weitere acht Prozent haben viel davon gehört und oder sich damit auseinandergesetzt. 29 Prozent der Neuwagenkäufer kennen das Auto-Abo nicht. Es ist also noch viel Werbung nötig, um die Auto-Abos ins Bewusstsein zu rücken.

Ferdinand Dudenhöffer träumt von einem Abo-Anteil von 40 Prozent im Jahr 2030. Aktuell können sich laut DAT-Umfrage zwölf Prozent ein Auto-Abo vorstellen - es sind ja noch neun Jahr Zeit. Im gewerblichen Bereich dürfte die Akzeptanz höher liegen, denn die erwähnte Flexibilität schlägt oftmals den letzten Euro Ersparnis. Derzeit lehnen noch 72 Prozent der Neuwagenkäufer das Auto-Abo ab - bei den Privatkunden. Um diese zu überzeugen, dass sie das Richtige tun, pflanzt Conqar für jedes Abo einen Baum im Namen des Abo-Nutzers. Wenn es dann auch noch ein mit Biomethan betriebener CNG-Motor ist, wird sogar ein Schuh draus.

Die große Marktumfrage "Auto-Abo" finden Sie in der PDF-Version des Artikels!

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