Sicherheit im Fuhrpark, Teil 4
Betreuung der Fahrer
Wer in seinem Fuhrpark die Sicherheit erhöhen möchte, wird sich zwangsläufig mit den Fahrern und deren Verhalten im Straßenverkehr auseinandersetzen müssen. Um Risiken möglichst früh zu erkennen, sollte ein Flottenchef deshalb regelmäßig Kontakt zu den einzelnen Nutzergruppen haben. Nur so lassen sich Fehlentwicklungen erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen planen.
Um der Halterverantwortung gerecht zu werden, hat ein Fuhrparkverwalter einige Kontrollen bei seinen Fahrern durchzuführen. Genauer definiert sind diese Pflichten unter anderem in der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO §31 Abs. 2, siehe hierzu auch Beitrag von Inka Pichler auf S. 61) und im Straßenverkehrsgesetz (StVG § 21). Zusätzlich können aber auch Regelungen aus anderen Gesetzen (Strafgesetzbuch, Arbeitszeitverordnung etc.) für den Fuhrparkverwalter relevant sein.
Welche Aufgaben genau durchzuführen sind, ist von der Tätigkeit der Fahrer und deren organisatorischen Zuordnung abhängig. Handelt es sich um einen leitenden Angestellten oder einen Mitarbeiter im Vertrieb mit einem organisatorischen Vorgesetzten vor Ort, haben Flottenchefs natürlich eine geringere Verantwortung als bei Fahrpersonal, das ihnen direkt zugeordnet ist.
Folgende Kontrollen sollten im Fuhrpark unbedingt bei allen Fahrern durchgeführt werden:
. Führerscheinkontrolle: Unternehmen müssen sicherstellen, dass jeder Fahrer in der Flotte eine für sein Fahrzeug ausreichende Fahrerlaubnis besitzt. Hierfür muss der Führerschein des Mitarbeiters kontrolliert werden. In der Rechtsprechung gehen die Gerichte dabei von einer mindestens zweimal im Jahr durchgeführten Kontrolle aus. Die Intervalle dürfen dabei nicht vorhersehbar sein und der Fuhrparkverwalter (oder ein Beauftragter des Unternehmens) muss die Führerscheine im Original einsehen (weitere Details zur Beauftragung Dritter und zur elektronischen Kontrolle finden Sie im zweiten Teil der Serie). Bei Flotten, die ein hohes Gefahrenpotenzial darstellen, sollte diese Kontrolle eventuell noch häufiger erfolgen. Werden zum Beispiel Zivildienstleistende oder Aushilfen eingesetzt, kann auch ein erheblich kürzeres Zeitintervall notwendig sein.
. Fahrtüchtigkeit des Fahrers: Der Halter ist auch dafür verantwortlich, dass nur geeignetes Personal zur Führung der Fahrzeuge zum Einsatz kommt. Bei Fah-rern, die sich direkt im Einzugsbereich des Fuhrparkverwalters befinden, sollte dieser Auffälligkeiten im Verhalten und eventuelle Anzeichen für eine mangelnde gesundheitliche Eignung erkennen. Besteht zum Beispiel der Verdacht, dass ein Fahrer aufgrund von regelmäßiger Medikamenteneinnahme oder Alkoholkonsums nicht fahrtüchtig ist, sollte man rechtzeitig reagieren. Ein Gespräch mit dem Fahrer, dem Vorgesetzten oder dem Betriebsarzt kann dann weiterhelfen. Bei Fahrzeugen für leitende Angestellte oder Außendienstmitarbeiter ist diese Eignung natürlich schwieriger festzustellen. Hier hilft oft nur eine enge Zusammenarbeit mit den Vorgesetzten dieser Mitarbeiter.
Neue Mitarbeiter und Fahrer einführen
Weitere Aufgaben ergeben sich dann, wenn ein Mitarbeiter im Unternehmen neu anfängt, ein Firmenfahrzeug erhält oder sich eines für eine Dienstreise ausleiht. Immer dann haben Flottenchefs gute Chancen, den Fahrer direkt anzusprechen und sein Verhalten zu beeinflussen. Folgende Aufgaben sollten bei dieser Gelegenheit durchgeführt werden:
. Hinweis auf die Eigenverantwortung: Jeder Benutzer sollte darauf hingewiesen werden, dass er während der Nutzung für den technischen Zustand des Fahrzeugs selbst verantwortlich ist. Sollte auch nur der geringste Zweifel bestehen, muss der Fahrer mit einer Werkstatt oder mit der Fuhrparkverwaltung Rücksprache halten. Der Hinweis auf diese Verpflichtung sollte bei fest zugeordneten Fahrzeugen unbedingt in den Nutzungsverträgen vorhanden sein.
Bei Fahrern, die ein Auto ausschließlich beruflich nutzen, sollte der Vorgesetzte (Schichtleiter, Vertriebsleiter, Kundendienstleiter) im Zuge einer Dienstbesprechung auf diesen Sachverhalt hinweisen.
Bei einem Poolfuhrpark können Fuhrparkverwalter die Fahrer regelmäßig vor einer Entleihung darauf aufmerksam machen. Darüber hinaus sollte jeder Mitarbeiter auch auf die Bedeutung rechtzeitiger Inspektionen, regelmäßiger Fahrzeugkontrollen und einer sicheren Bereifung hingewiesen werden. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht oft auch zur Straßenverkehrsordnung (geeignete Fahrweise), die Straßenverkehrszulassungsordnung (Verbot von eigenmächtigen Veränderungen am Fahrzeug) und zu eventuellen Nutzungseinschränkungen (Vermietung des Fahrzeuges, Nutzung im Ausland und Ähnliches).
. Erstkontrolle des Führerscheins: Legt ein Mitarbeiter zum ersten Mal seinen Führerschein im Unternehmen vor, sollte dieser möglichst genau geprüft werden. Delegieren Fuhrparks die zukünftigen regelmäßigen Kontrolltermine an einen Dritten (Vorgesetzten vor Ort oder elektronische Kontrolle) ist dies auch die einzige Gelegenheit. Nach Möglichkeit sollten dabei alle wichtigen Daten erfasst werden. Hierzu gehören neben den Führerscheinklassen und eventuellen Einschränkungen auch die ausstellende Behörde, das Ausstellungsdatum, die Listennummer und die Art der Fahrerlaubnis.
Lässt es der Mitarbeiter zu, können diese Daten auch durch eine Fotokopie dokumentiert werden. Ein Recht dazu haben die Unternehmen allerdings nicht. Zwar muss ein Mitarbeiter seinen Führerschein auf Verlangen vorlegen, eine Kopie darf aber aufgrund des Passbildes und der damit verbundenen Persönlichkeitsrechte nicht zwangsläufig erstellt werden.
. Einweisung in die Fahrzeugbenutzung: Bei jedem Fahrzeugwechsel sollte der Mitarbeiter (soweit die Übergabe beim Fuhrpark vor Ort stattfindet) nochmals auf seine Eigenverantwortung hingewiesen werden. Darüber hinaus sollte der Fahrer auch auf organisatorische Veränderungen im Unternehmen, mögliche Fehlerquellen bei einzelnen Fahrzeugen und Besonderheiten bei einem neuen Pkw aufmerksam gemacht werden. Vor allem bei einem Wechsel der genutzten Kategorie, bei Sondereinbauten oder bei der Beförderung von Gütern ist besondere Sorgfalt notwendig.
Ein wichtiger Bestandteil der Einweisung ist auch die gemeinsame Überprüfung der Sicherheitsausstattung (Warnweste, Verbandskasten, Warndreieck). Das Ausfüllen einer schriftlichen Bestätigung für die Übergabe und die Erklärung der fahrzeugspezifischen Eigenheiten sollten zum Abschluss der Einweisung erfolgen.
Betreuung im Arbeitsalltag
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Betreuung des Fahrers im Arbeitsalltag. Die Aufgaben, die hiermit verbunden sind, können sehr vielschichtig sein und einiges an Zeit erfordern. Sei es nur, dass der Mitarbeiter mit seinem Pkw unzufrieden ist, in der Tagespresse ein „Schnäppchen“ für Winterreifen gesichtet hat oder Ärger mit Zulieferern wie dem Autohaus, der Leasinggesellschaft oder einer hausinternen Abteilung hat.
Auf folgende Aufgaben sollte ein gewissenhafter Fuhrparkleiter besonders achten:
. Verhalten bei einem Unfall: Selbstverständlich sollte jeder Mitarbeiter möglichst oft darauf hingewiesen werden, was er im Falle eines Unfalls zu tun hat. Dabei geht es nicht nur um das richtige Verhalten am Unfallort, sondern auch um die richtige Benutzung der Warnwesten und des Warndreiecks. Da solche Ratschläge meist schnell wieder vergessen werden, empfehle ich zusätzlich, ein Faltblatt zum richtigen Verhalten am Unfallort und einen europäischen Unfallbericht im Handschuhfach – am besten in einer Fahrermappe – zu hinterlegen. Diese Dokumente sollten immer verfügbar sein.
. Mitarbeitergespräche/Unfallgespräche: Mit dem Fahrpersonal und Mitarbeitern, die organisatorisch dem Fuhrpark unterstellt sind, sollten regelmäßig Gespräche geführt werden. Dabei sollte immer auch auf die jeweiligen Fahrzeuge, deren Nutzung und eventuelle Gefahrenquellen eingegangen werden. In diesem Zusammenhang können Fuhrparkleiter auch über Unfälle der Vergangenheit berichten.
Gerade bei Fahrpersonal sollten möglichst zeitnah zusätzlich noch „Unfallgespräche“ geführt werden. Durch eine Analyse der Ursache, des Ablaufs und der Rahmenbedingungen, die zum Zeitpunkt des Geschehens vorherrschend waren, können weitere Schadensereignisse zukünftig vermieden werden. Allerdings sollte der Flottenchef keinen zu starken Druck auf den Fahrer ausüben. Muss ein Mitarbeiter damit rechnen, nach einem Unfall ein unangenehmes Gespräch mit eventuell negativen Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz führen zu müssen, kann dies im Extremfall bis zur Fahrerflucht führen.
Bei allen Gesprächen sollte eine lockere Atmosphäre herrschen. Ziel sollte dabei immer die Schadenprävention sein – und nicht die Bestrafung des Mitarbeiters.
. Regelmäßige Informationen: Durch eine zeitnahe Weitergabe von Informationen (neue Verkehrsregeln, Veränderungen an hausinternen Abläufen, aktuelle Car Policy) können Fuhrparkverwalter oft viel Zeit einsparen.
Am einfachsten können Neuerungen über einen E-Mail-Verteiler oder über eine eigene Fuhrpark-Seite im Intranet weitergegeben werden. Bei Mitarbeitern, die über keinen festen Arbeitsplatz und keinen Internetanschluss verfügen, ist ein „schwarzes Brett“ unerlässlich. Bei allen Informationen sollte man darauf achten, nur die in der Praxis umsetzbaren Themen zu kommunizieren.
. Absprachen und Anweisungen an direkte Vorgesetzte: Befindet sich ein Fahrer nicht im direkten Einzugsbereich des Fuhrparkleiters, ist es oft schwierig, Einfluss zu nehmen. In der Regel müssen dann einige Aufgaben an den jeweiligen Vorgesetzten delegiert werden. Dies gilt unter anderem auch für Unfallgespräche oder die Überprüfung der Fahreignung einzelner Angestellter.
Haben Vertriebsmitarbeiter zum Beispiel häufiger Besprechungen, bei denen auch Alkohol getrunken wird, sollte der Fuhrparkverantwortliche dieses Problem offen mit dem Vertriebsleiter besprechen. Durch eine entsprechende Anweisung des Vorgesetzten – zum Beispiel zur Nutzung eines Taxis – können Unfälle vermieden werden.
Besteht darüber hinaus der Verdacht, dass ein Fahrer häufiger alkoholisiert am Steuer sitzt, muss dieser Sachverhalt umgehend dem Fuhrparkverantwortlichen mitgeteilt werden. Gemeinsam lässt sich dann oft eine Lösung finden.
. Information der Mitarbeiter bei hausinternen Veranstaltungen: Eine weitere Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, besteht oft über einen Vortrag bei Vertriebsmeetings, regelmäßig stattfindenden Betriebsversammlungen oder bei Treffen von Führungskräften.
Arbeitsrechtliche Vorschriften beachten
Je nach Fahrzeugart und Tätigkeit der Mitarbeiter sollten Fuhrparkverwalter natürlich auch ein Auge auf den Einsatz der Autos und die Art der Beladung haben. Bei Pkw sollte darauf geachtet werden, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden. In der Regel darf die Arbeitszeit des Mitarbeiters nur in Ausnahmefällen das übliche Maß überschreiten.
Probleme bestehen oft bei Mitarbeitern, die bereits frühmorgens auf dem Weg zu einem Termin sind und abends auch wieder die Heimreise antreten. Gerade Vertriebsmitarbeiter sind häufig mehrere Tage in Folge zwölf Stunden und mehr im Einsatz. Eine Klärung dieser Problemfälle kann meist nur über den Vorgesetzten des Mitarbeiters erreicht werden.
Ebenfalls von Bedeutung ist die richtige Ladungssicherung der Fahrzeuge. Hier kann es vor allem bei Transportern oder bei Kombis zu Schwierigkeiten kommen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter deshalb über den Einsatz, die richtige Beladung und die Bedienung der Fahrzeuge regelmäßig durch Dienstanweisungen und Schulungen unterrichten. Ein Fahrer, der fortlaufend schwere Kisten an vorgegebenen Standorten abliefert, sollte genau wissen, wie er die Ladung bei den einzelnen Fahrzeugtypen sichern kann, welche Route am sinnvollsten ist und wie er das Auto im Straßenverkehr am sichersten entladen kann.
Fazit: viele Gelegenheiten für positive Einflussnahme
Für einen Fuhrparkverantwortlichen bieten sich viele Gelegenheiten, positiv auf die eigenen Fahrer einzuwirken. Neben den aufgeführten Tätigkeiten gibt es noch einige weitere Ansätze zur Steigerung der Sicherheit in der Flotte. Denkbar sind hier Fahrsicherheitstrainings, die Schulung eines ökonomischen Fahrverhaltens, eine ausführliche Analyse zu Unfallschwerpunkten und gezielte Dienstanweisungen an die Mitarbeiter. Einige dieser Maßnahmen werden in der nächsten Folge genauer betrachtet.
Unabhängig von den Anforderungen im Unternehmen und der Hektik im Alltag sollte ein guter Fuhrparkleiter immer nach der Devise „safety first“ handeln.
Peter Hellwich
Im nächsten und letzten Teil unserer Serie zeigen wir Ihnen, mit welchen Maßnahmen Sie die Sicherheit im Fuhrpark steigern können.
Mit gutem Beispiel voran
Um den Sicherheitsgedanken glaubhaft vertreten zu können, sollte ein Flottenchef beim eigenen Auto beginnen. Egal ob Firmen- oder Privatwagen, ein gepflegter und technisch einwandfreier Zustand sollte selbstverständlich sein. Auch im Gespräch mit den Fahrern sollte man sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein. Bei Diskussionen sollten deshalb ökonomische und ökologische Argumente im Vordergrund stehen.
Erwähnt ein Mitarbeiter, dass er mit hoher Geschwindigkeit unterwegs ist oder lange Strecken an einem Stück fährt, sollte der Fuhrparkleiter immer zur Mäßigung raten. Sind Anzeichen für eine akute Gefährdung anderer vorhanden, sollte er noch einen Schritt weitergehen und die Nutzung des Fahrzeuges untersagen respektive an Auflagen binden. Andernfalls kann es vorkommen, dass ein Mitarbeiter einen Unfall verursacht und anschließend versucht, die Verantwortung abzuwälzen.
Ein verantwortungsbewusster Chef sollte seine Vorbildfunktion ernst nehmen. Empfehlen Sie den Fahrern deshalb auch Kurse zu „Sofortmaßnahmen am Unfallort“ und zur „Ersten Hilfe“. Broschüren und Terminübersichten solcher Veranstaltungen am Arbeitsplatz des Fuhrparkverwalters, an einem schwarzen Brett oder im Intranet können die Hemmschwelle des Einzelnen senken.
Die ersten drei Serienteile
finden Sie unter
www.autoflotte.de/flottenpraxis
Korrektur
Im zweiten Teil der Serie haben wir geschrieben, dass die Häufigkeit der Führerscheinkontrolle in einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) verbindlich geregelt wurde und dass diese zweimal im Jahr durchgeführt werden muss. Dies ist falsch. Hierzu existiert kein BGH-Urteil. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
- Ausgabe 7/2010 Seite 48 (449.0 KB, PDF)