Car Policy in Krisenzeiten
Die Zusammensetzung des Fuhrparks zu optimieren, ist eine alles andere als einfache Aufgabe, gilt es doch, sowohl Image-, Kosten- wie auch Motivationsaspekte abzuwägen. Und: Je größer die Flotte, je heterogener die Anforderungen und Einsatzbedingungen, desto komplexer ist diese Management-Aufgabe. Eine aktuelle Umfrage des VMF zeigt auf, wie die Fuhrparkbetreiber 2009 auf die Krise reagiert haben.
An der Befragung beteiligten sich alle VMF-Mitglieder. Sie repräsentieren über 30.000 Kunden mit round about 525.000 Fahrzeugen im Bestand, was eine fundierte Trendaussage möglich macht. Spannend war die Frage, ob die VMF-Kunden ihre Fuhrparkpolitik durch die Finanzkrise verändert haben.
Keine Überraschung ist, dass 2009 weniger Neufahrzeuge bestellt worden sind, allerdings im Schnitt bei gleichem Service zu günstigeren Konditionen. Deutlich wird, dass der Bedarf an neutraler Beratung zur Wirtschaftlichkeit und Zukunftsorientierung der Fuhrparks nicht nur bei Neukunden steigt, sondern auch die bestehenden Kunden weitere Möglichkeiten nutzen wollen. Auch Kosteneinsparungen standen im Fokus. Die wurde insbesondere durch kleinere, umweltfreundlichere Antriebe, den Umstieg auf günstigere Hersteller oder auch Maßnahmen wie die Erhöhung der Selbstbeteiligung bei der Kfz-Versicherung realisiert. Verträge wurden meist gekündigt, um den Fuhrpark wegen Insolvenz oder Mitarbeiterabbau zu verkleinern, weniger weil der Anbieter gewechselt wurde.
Die aktuelle Situation hat also direkte Auswirkungen auf die Car Policy. Das schlägt sich insbesondere im Bereich Fahrzeug/Modellauswahl (Downsizing), Veränderung des Budgets/Gesamtfahrleistung und Veränderung der Fuhrparkzusammensetzung nieder.
Wichtig: die Vollkostenbetrachtung
Für viele Kunden gewinnt gerade in diesen Punkten die vom Verband der markenunabhängigen Fuhrparkmanage-mentgesellschaften empfohlene Vollkostenbetrachtung an Gewicht. Denn es geht um mehr als um die reinen Anschaffungskosten beziehungsweise Leasingkonditionen für die Kfz-Versicherungsprämien. GEZ-Gebühren und Kfz-Steuer sind genauso zu berücksichtigen wie die Kraftstoffkosten, Full-Service oder einzeln abgerechnete Kosten für neue Reifen, Wartungs- und Reparaturarbeiten.
Nice to have – das geht in guten Zeiten, wenn Umsatz und Rendite gut sind. Nicht nur die VMF-Kunden gehen vor dem Hintergrund der Marktlage immer mehr zu einer Vollkostenbetrachtung über. Eine Umfrage der Hay Group Unternehmensberatung (siehe auch AF 10/2009, S. 6) kam zu einem ähnlichen Ergebnis: Über 80 Prozent der Unternehmen in Deutschland hätten ihre Car Policys im Zeitraum 2009/2010 eingeschränkt oder planen, dies noch zu tun. Zum Beispiel werden explizit auch Folgekosten der Ausstattung berücksichtigt, wie ein höherer Pflegeaufwand durch „empfindliche“ Farben oder höhere Spritkosten durch ein fehlendes Navi. Zur Vollkostenrechnung gehört aber auch, auf eine realistische Kalkulation der Restwerte von Leasingfahrzeugen zu achten, damit am Ende der Laufzeit die Kosten nicht unerwartet aus dem Ruder laufen. Auch die Mindest- und erlaubte Sonderausstattung werden genau unter die Lupe genommen und die Fuhrparkdienstleister bei der Analyse und ggf. Veränderung der Kostenstrukturen gefordert.
Dennoch, so die Experten der Hay Group, wären die Unternehmen aus Motivationsgründen vorsichtig mit Einschnitten. Weder der Berechtigtenkreis noch die Privatnutzung seien angetastet worden. Auch die Umfrage der Unternehmensberater hat bestätigt, dass die Prozesse immer mehr standardisiert und professionalisiert werden, unter anderem indem die Individualität eingeschränkt wie auch die Markenvielfalt konzentriert wird, die Nutzungsdauer verlängert und/oder der Fuhrpark an einen Profi outgesourct wird.
Die Car Policy hilft dem Image und der Liquidität
Ausgangspunkt der Fahrzeugentscheidungen und Auswahl sind zum einen natürlich betriebliche Notwendigkeiten. Das heißt, die notwendige Mobilität, die notwendige Logistik, um den Geschäftszweck zu erfüllen, ist die Basis für die Mindestausstattung und die Zusammensetzung der Fahrzeugflotte.
Michael Velte ist allerdings davon überzeugt, dass neue Motivations- und Car-Policy-Konzepte nötig sind. Er ist Geschäftsführer der Deutschen Leasing Fleet GmbH und Vorstandsvorsitzender des VMF. „Durch die Finanzkrise hat sich zwar nicht die Welt, aber oft das Bewusstsein und die Wahrnehmung bei Kunden und Mitarbeitern geändert“, sagt er. Ein Trend geht hin zu „kleiner, sparsamer, umweltfreundlicher“. Und das nicht nur aufgrund der angespannten Finanzlage. „Das ist nicht nur gut für die Kostensituation, sondern auch für das Image“, unterstreicht Karsten Rösel, Geschäftsführer der ALD Automotive Deutschland und Vorstandsmitglied des VMF.
Die Car Policy klärt alle Beteiligten über Pflichten und Rechte auf, beschreibt beispielsweise Arbeitsschutzregeln und Haftungsfragen. Und sie enthält Vorgaben für die Modellauswahl. Der Trend zur grünen Flotte, zur „ecologischen“ – also auch wirtschaftlich ausgewogenen Entscheidung – kann ebenfalls unterstützt werden. Beispielsweise dadurch, dass Emissionsklassen oder CO2-Richtwerte in den Auswahlkatalog einbezogen werden. Damit kann sichergestellt werden, dass herstellerübergreifend aus den verfügbaren Entwicklungen regelmäßig nicht nur auf die neuesten Modelle, sondern auch auf die neueste und umweltschonendste Technik umgestiegen werden kann. So bleibt der Fuhrpark auf einem zeitgemäßen Stand.
Auch konkrete Umweltziele des Unternehmens können in die Car Policy einfließen. Das kann beispielsweise durch ein planmäßiges und sukzessives „Downsizing“ auf kleinere Motorisierungen und alternative Antriebe erfolgen. „Die Richtlinien sollten ebenso notwendige Schulungsmaßnahmen für Fahrer und Verantwortliche vorsehen“, so Velte. Schließlich habe auch das individuelle Fahrverhalten großen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und die Emissionen. Dies alles sollte in einem Dienstwagenüberlassungsvertrag geregelt sein, der verbindlich von den Nutzern des Betriebes unterschrieben wird.
Velte plädiert darüber hinaus für interne Wettbewerbe, ja Rankings. „Dadurch können die Menschen konkret erleben, welches Verhalten welche Auswirkungen hat. Erst dann gibt es oftmals für sie auch einen Grund, das eigene Verhalten kritischer zu reflektieren und zu ändern.“
Eine schriftlich fixierte Car Policy ist eigentlich unverzichtbar
Dennoch haben in der Fuhrparkmanagement-Studie 2009 des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Dataforce von 400 befragten Unternehmen mit Firmenwagenflotten nur 65 Prozent eine schriftlich fixierte Car Policy. „Jedes betriebswirtschaftlich stringent geführte Unternehmen muss diese Grundlagenarbeit machen, um zu steuern und nicht gesteuert zu werden“, sagt Velte. Es sei sehr erstaunlich, dass teilweise selbst Fuhrparkbetreiber mit 50 und mehr Fahrzeugen darauf verzichten.
Velte: „Wer die Kosten im Griff haben und zielgerichtet auch andere unternehmensrelevante Faktoren berücksichtigen will, der braucht ein solches Instrument. Mit der Car Policy können auch gewünschte Imageaspekte systematisch in die Auswahlentscheidungen integriert werden.“ So wollen viele Firmen nicht, dass Vertriebsmitarbeiter mit einer „dicken“ Limousine oder einem Sportwagen zum Kunden fahren. Denn: Sie befürchten nach dem Motto ich glaube, die Preise sind zu hoch, dass „die“ sich das leisten können“ – negative Assoziationen.
Trotzdem darf die Modellauswahl nicht so stark eingeschränkt sein, dass die Mitarbeitermotivation leidet. Sie muss zur Welt der Kunden, aber auch zum Selbstverständnis der eigenen Mitarbeiter und des Unternehmens passen. W. Eck
Fünf wichtig Tipps von VMF-Vorstand Michael Velte:
Eine systematisch ausgearbeitete Car Policy, der auch die Personalabteilung und der Betriebsrat zugestimmt haben, hilft Ihnen, den Fuhrpark, seine Nutzung und seine Kosten zu steuern.
Achten Sie heute auch auf die Umweltfreundlichkeit – niedrigere Motorleistung bei verbrauchsarmen Motoren oder für Kurzstreckenfahrer alternative Antriebe sparen Kosten und sind gut für das Image.
Referenzfahrzeuge unter Vollkostengesichtspunkten und dabei eine optimale Markenvielfalt, sodass für jeden Geschmack, bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Kostenanforderungen, etwas dabei ist.
Lassen Sie Freiheiten bei der Fahrzeugkonfiguration und -auswahl, aber es muss Grenzen geben. Beachten Sie, dass manche Zusatzausstattungen wie „Spezial-farben“ unangemessene Folgekosten bei der Fahrzeugrückgabe und -vermarktung haben können.
Legen Sie in Ihrer Car Policy den optimalen Ersatzzeitpunkt der Fahrzeuge fest, welche Umwelt-/Fahrtrainings gemacht werden müssen und was im Fall von Schäden passieren soll. Je genauer, desto einfacher im Diskussionsfall.