Die bisherige Fassung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) enthielt keine Regelung für den Einbau von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge, sondern nur allgemeine Regelungen zu baulichen Veränderungen und Modernisierungsmaßnahmen. Bis jetzt bedurfte es für eine bauliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum einen einstimmigen Beschluss aller Wohnungseigentümer.
Anspruch besteht grundsätzlich
Am 1. Dezember 2020 ist die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEMoG) in Kraft getreten. Wohnungseigentümer und Mieter erhalten damit grundsätzlich einen Anspruch auf eine Ladestelle für Elektrofahrzeuge (nicht nur Pkw) an ihrem Stellplatz oder Tiefgaragenplatz. Nun ist nur noch die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen zur Beschlussfassung erforderlich. Das WEMoG gibt Wohnungseigentümern einen Anspruch an die Hand, das Gemeinschaftseigentum zu nutzen, um die baulichen Veränderungen durchzuführen, die zur Schaffung von Ladestationen für E-Autos nötig sind. Der eine Ladestation installierende Miteigentümer hat damit die Möglichkeit, die für seinen Anschluss erforderliche bauliche Maßnahme am Gemeinschaftseigentum zu verlangen. Die Eigentümergemeinschaft muss dann durch Beschluss nach § 20 Abs. 1 WEG n.F. über die Gestattung entscheiden. Die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft nach § 20 Abs. 1 WEG n.F. kann notfalls sogar gerichtlich, mittels Beschlussersetzungsklage, durchgesetzt werden.
Mieter haben künftig gem. § 554 BGB n.F. ebenfalls einen grundsätzlichen Anspruch auf Gestattung des Einbaus einer E-Ladestation. Der Mieter hat allerdings kein Recht auf eine Selbstvornahme ohne Zustimmung des Vermieters. Notfalls muss auch er auf diese klagen. Der Mieter erhält also kein gesetzliches Umbaurecht, sondern braucht vorab die Zustimmung des Vermieters zum Einbau der Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge.
Rechtslage bei verschiedenen Wohnungseigentümern
Das neue WEG gewährt jedem Wohnungseigentümer das Recht "angemessene bauliche Veränderungen", die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen, im Gemeinschaftseigentum zu verlangen (§ 20 Abs. 2 WEG). Wohnungseigentümer erhalten für Anträge, die ab dem 1. Dezember 2020 gestellt werden, einen gesetzlichen Anspruch auf Errichtung einer Lademöglichkeit. Dies ist im Ergebnis ein Individualanspruch. Sie dürfen die Maßnahme aber nicht einfach durchführen. Für die Baumaßnahme ist ein vorheriger Beschluss der Eigentümerversammlung nötig.
Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann den Antrag auf Gestattung der baulichen Maßnahme zwar nicht ablehnen, muss aber formell über das "Ob" der Maßnahme (§ 20 Abs.1 WEG) beschließen. Über das "Wie" der Maßnahme beschließt die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 19 Abs. 1 WEG). Im Rahmen der Entscheidung über die Art und Weise, das "Wie" der Durchführung der baulichen Maßnahmen, räumt das WEMoG der Eigentümerversammlung einen Ermessensspielraum ein. Erfasst sind nicht nur Ladestationen (z.B. Wallbox), sondern auch die Verlegung von Leitungen und Eingriffe in die Stromversorgung. Der Anspruch umfasst sowohl die Einrichtung einer Lademöglichkeit als auch die Optimierung einer bereits vorhandenen Einrichtung. Der Wohnungseigentümer, der den Einbau der Lademöglichkeit nach § 20 Abs. 2 WEMoG verlangt, hat auch die Kosten dafür zu tragen.
Rechtslage bei Mietern einer Eigentumswohnung
Bei vermieteten Eigentumswohnungen darf eine bauliche Veränderung durch Mieter oder Eigentümer (§ 20 WEG) erst nach einer entsprechenden Beschlussfassung der Wohnungseigentümer erfolgen. Der Mieter kann vom Vermieter nur verlangen, dass dieser für ihn den Antrag auf Errichtung einer Ladeeinrichtung bei der Eigentümerversammlung einreicht.
Rechtslage bei Mietern eines Mietobjekts (Miethaus)
Möchte der Mieter eine Ladestation einbauen, muss ihm der Vermieter vorher die Erlaubnis erteilen, soweit im Mietvertrag die Ausführung bestimmter baulicher Maßnahmen nicht bereits ausdrücklich gestattet ist. Hier gilt ausschließlich Mietrecht - der neue § 554 BGB - nicht das WEG.
Grundsätzlich sollten sich Mieter und Eigentümer zuerst mit den technischen Voraussetzungen und der Durchführbarkeit beschäftigen. Dies kann zeitaufwendig sein und ist keinesfalls allerorts gegeben. Die Anschlussleistung der Immobilie ans Stromnetz muss der Stromversorgung der Haushalte sowie der geplanten Anzahl der Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge angepasst sein. Die gesamte Elektroinstallation muss auf einem derart modernen Stand sein, dass ein sicherer Betrieb möglich ist (Dauerbelastung durch Ladestation). Das Laden des E-Fahrzeugs an einer normalen Steckdose kann bei dauerhafter Anwendung gefährlich sein. Daher sollte ein Fachmann vor der Anschaffung unbedingt diese Punkte abklären.
Dr. Michael Ludovisy, Rechtsanwalt und Rechtsexperte der Autoflotte