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Erprobungsfahrten am Polarkreis: Porsche Cayenne im Winter-Trainingslager

20.01.2023 16:30 Uhr | Lesezeit: 4 min
Quertreiber: Die Prototypen müssen ihre Talente auch bei ausgeschalteten Regelsystemen beweisen.
© Foto: Porsche

In Kürze feiert der rundum aufgefrischte Porsche Cayenne seine Weltpremiere. Vorher musste er ein umfangreiches Erprobungs-Programm absolvieren. Zum Beispiel im finnischen Eis und Schnee.

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Es ist kalt, es ist rundum weiß. Sechs Grad minus, ein kräftiger Wind, der die Flocken gegen die Frontscheibe schleudert, dazu eine festgefahrene Schneedecke mit knappen Spurrillen: Genau das ist es, was die Porsche-Ingenieure im finnischen Rovaniemi gleich am Polarkreis gesucht haben. Die Mannschaft um Teamleiter Dirk Lersch kann hier ihr komplettes Programm durchziehen: Die finale Kälteerprobung des neuen Cayenne, der im April 2023 erstmals enthüllt wird.

Ein neuer Cayenne – ist der nicht erst in der zweiten Hälfe des Jahrzehnts zu erwarten? Stimmt, doch die Zeit bis dahin überbrückt die intern E3 II genannte Facelift-Version, die hier im hohen Norden durch Eis und Schnee gescheucht wird. Wobei die Bezeichnung Facelift den Änderungen nicht wirklich gerecht wird: Die letzte Evolutionsstufe der dritten Cayenne-Generation ist so gut wie neu. Antrieb, Fahrwerk, Design, Ausstattung und Konnektivität erhalten eine massive Auffrischung. Ebenso das Interieur. Unter den Abdeckungen der Vorserienfahrzeuge blitzen beispielsweise Details eines Armaturenbretts hervor, das sich wohl am einfachsten mit einer Cayenne-Adaption des Taycan-Instrumententrägers beschreiben lässt. Also mit volldigitalem Kombiinstrument und 10,9-Zoll-Display vor dem Beifahrer.


Porsche Cayenne

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Schon beim ersten Blick auf die Testwagen-Flotte sind auch die optischen Änderungen beim Exterieur zu erkennen: Bei SUV und SUV-Coupé wurden Front- und Heckpartie modifiziert, speziell Stoßfänger, Kotflügel und Motorhaube. Die neuen Matrix-LED-Scheinwerfer können hier angesichts kurzer Tage und langer Nächte ihre Funktion eindrucksvoll unter Beweis stellen. Am Heck fallen die neuen Rückleuchten am deutlichsten auf, doch auch die Kofferraumklappe wurde neu geformt.

Das Antriebsprogramm erhielt ebenfalls ein Upgrade. Mehr Leistung gibt es bei jedem der zum Marktstart angebotenen Motoren. Achtzylinder-Fans kommen beim künftigen Cayenne S auf ihre Kosten: Der neue Vierliter-V8 tritt an Stelle des bisherigen 2,9-Liter-V6-Aggregats mit 440 PS. Bei den Erprobungsfahrten auf festgefahrenem Schnee und dicken Eisplatten kann er sein Potenzial aus physikalischen Gründen und wegen der strengen Tempolimits in Finnland noch nicht vollständig zur Geltung bringen. Dafür schieben 475 PS und 600 Nm einfach zu bullig an. Im Testcenter, auf Eisbahn und Handling-Kurs, wird die Achter-Power sehr bewusst dazu eingesetzt, um ordnungsgemäße Funktion der versammelten Regelsysteme auch unter extremen Bedingungen auszuloten.

V8: 660 PS und 850 Nm

Den zweiten V8, den im Turbo GT, bringt Porsche nur außerhalb der EU zu den Händlern. Der Grund: Die zu erwartenden Stückzahlen rechtfertigen nicht den hohen Aufwand für dessen EU-Zertifizierung. Der Biturbo liefert jedenfalls 660 PS und 850 Nm, die er auf der Erprobungsfahrt mit extrem munterem Ansprechverhalten und akustisch ganz nach Wunsch der Insassen mit dezentem bis aggressivem Grollen aus der Klappenauspuffanlage unter Beweis stellt.

Ein Plus von 14 auf dann 354 PS ist beim Basis-Cayenne zu verzeichnen. Mangelerscheinungen in Sachen Performance sind auch hier nicht zu erkennen. Schließlich liefert der 3,0-Liter-V6-Turbomotor 500 statt zuletzt 450 Nm maximales Drehmoment. Komplettiert wird die Auswahl vom um acht auf 470 PS erstarkten Basis-Plug-in. Der rollt ebenfalls mit V6-Turbo und mit einer von 17,9 auf 25,9 kWh vergrößerten Akku-Kapazität an, sein E-Motor leistet 130 statt bisher 100 kW. Das sorgt nicht nur für besseren Anzug, sondern vergrößert laut Porsche auch die elektrische Reichweite "um etwa 80 Prozent".

Plug-in-Versionen folgen

Zur Orientierung: In Tests kam der noch aktuelle Teilzeit-Stromer auf realistische 40 Kilometer. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Alltagstauglichkeit: Statt einer Ladeleistung von bisher 3,6 oder 7,2 kW stehen künftig 11 kW zur Verfügung. Zudem soll im E-Charge-Modus durch eine modifizierte Ladestrategie weniger Energie verbraucht werden. Und der neue Bremskraftverstärker rekuperiert jetzt quasi bis zum Stillstand. Mit dem Basis-Hybrid ist beim Cayenne noch nicht Schluss, zwei weitere Plug-in-Versionen sollen noch 2023 folgen.

Bei den Abstimmungsfahrten in Finnland haben die Techniker neben dem Turbo GT noch einen zweiten nicht in Europa angebotenen Kandidaten dabei. Aus steuerlichen Gründen sind in China Zweiliter-Modelle sehr gefragt, Porsche reagiert darauf beim Cayenne in seinem wichtigsten Markt mit einen entsprechend großen Reihenvierzylinder, der mit einem E-Motor zusammengespannt wird. Dieser Plug-in-Hybrid liefert 400 PS und 650 Nm und gibt sich jenseits des Polarkreises rundum souverän – auch mit vier Zylindern bleibt ein Cayenne ein typischer Porsche.

Markentypisch geht es bei der Kälte-Erprobung munter und dynamisch zu. Die Ingenieure arbeiten zwar ein akribisch zusammengestelltes Testprogramm ab. Aber es bleibt auch noch reichlich Platz für unterhaltsame Improvisationen. Wenn etwa das Führungsfahrzeug eben mal die Hauptstraße verlässt und einen im Tiefschnee kaum zu erkennenden Karrenweg anpeilt. Hier müssen vor allem die unteren Partien zeigen, was sie draufhaben. Mit Luftfederung in der höchsten Stufe sind auch Passagen zu bewältigen, in denen sonst eher Traktoren unterwegs sind. Die Zuffenhausener bahnen sich auch da unbeirrbar ihren Weg, lassen sich auch von verborgenen Löchern oder dicken Ästen nicht aus dem Konzept bringen.

Luftfederung als spürbares Plus

Zurück auf der Hauptstraße mit ihrem Mix aus Eis, Asphalt und festgefahrenem Schnee liegt der Fokus wieder auf den Fahrwerks-Funktionen. Wie geschmeidig können die konventionelle und die luftunterstützte Federung die Unebenheiten ausgleichen? Der Optimierungsaufwand jedenfalls war hoch, denn im Lastenheft der Entwickler stand eine nochmals weitere Spreizung der Komfort- und Sporttalente des großen SUV ganz weit oben. Sprich: Mit einem Cayenne muss man mal eben durchs grobe Gelände pflügen, dann über die Nürburgring-Nordschleife preschen und zuletzt mit einem Maximum an Komfort Langstrecken-Kilometer abreißen können.

Speziell die Luftfederung soll in allen drei Disziplinen ein spürbares Plus bieten. Darum kam zur 2-Kammer-Luftfeder noch ein 2-Dämpfer-Ventil dazu. Deren Kooperation führt zu mehr Komfort in allen Lebenslagen, die Impulse des unhomogenen Untergrunds auf finnischen Winterstraßen werden feinfühlig eliminiert: Wie man spürt, spürt man nichts. Gleichzeitig werde die Differenzierung zwischen den einzelnen Fahrmodi deutlicher, erklärt Teamleiter Dirk Lersch. Ein Übriges erledigen die 20-Zoll-Reifen mit größerem Querschnitt , Änderungen an der Hinterachslenkung und am Porsche Torque Vectoring Plus (PTV+). Das Stahlfahrwerk ist künftig serienmäßig mit dem Porsche Active Suspension Management (PASM) ausgestattet, auch das sorgt, das Popometer signalisiert es unmissverständlich, für noch bessere Fahrwerks-Manieren.

Und das alles muss natürlich in jedem Aggregatszustand funktionieren, bei Kälte, bei Hitze, auf Eis oder auf Sand. Die Tests in Finnland sollen laut Lersch zeigen, wie sich der Cayenne im Frost verhält, wie sich das Fahrzeug mit ausgeschalteten Regelsystemen bewegen lässt, ob der Allradantrieb nach Wunsch arbeitet und die Kraftverteilung sauber klappt. Auch die Klimatisierung und der Akustik-Komfort stehen beim frostigen Testprogramm unter genauer Beobachtung.

Tests unter extremen Bedingungen

"Wir versuchen das Fahrzeug immer in Richtung seiner Grenzbetriebsbedingungen abzuprüfen", so Dirk Lersch. "Das bedeutet eben auch bei extremer Hitze und auch in extremer Höhe." Der Cayenne müsse jeweils seine volle Leistung bringen und fehlerfrei funktionieren – auch in hartem Offroad-Gelände, in der Wüste.

All das wird mit Messgeräten dokumentiert. Die dabei gewonnenen Daten laufen zentral im Zuffenhausen zusammen. In allen Bereichen, in denen sich noch Optimierungsbedarf abzeichnet, kann der Soll-Zustand in dieser späten Projektphase allein über Software-Modifikationen erreicht werden. Beim neuen Cayenne gebe es jedenfalls bei der Hardware keinerlei Probleme mehr, bilanziert Lersch zufrieden zum Ende der Dienstfahrten im hohen Norden. Zu den Preisen äußerte sich Porsche noch nicht konkret. Nur so viel: Sie werden sich ausstattungsbereinigt in etwa auf dem aktuellen Niveau bewegen und wohl unter 90.000 Euro starten.

 

 

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