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Es bleibt auch 2020 spannend

17.08.2020 06:00 Uhr
Es bleibt auch 2020 spannend

Jedes E-Auto braucht Akkus. Das galt schon 1995 und gilt immer noch. Diese kommen meist aus Asien - noch. Mehrere Hersteller wollen nun europäische Batterie-Produktionen aufbauen.

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Lange Jahre beschäftigte sich die Automobilindustrie vor allem mit den Ankündigungen und Visionen zum Thema Elektro-Mobilität. Die eigentlichen Autos aber ließen auf sich warten. Inzwischen aber sind die Stromer tatsächlich in den Schauräumen der Händler und teils auf der Straße angekommen. Das liegt freilich nicht nur an der neuentdeckten Elektro- Lust der Deutschen, vielmehr hat hier der Staat kräftig nachgeholfen: Die Hersteller zwingt er mit strengen Umwelt-Vorschriften zum Handeln und die Kundschaft lockt er mit saftigen Prämien. Bis zu 9.000 Euro Innovations-Bonus machen so manches E-Mobil zum Schnäppchen, hinzu kommen weitere Vorteile bei der Kfz-Steuer oder Schmankerl wie das kostenlose Parken in den meisten Innenstädten - oder für Dienstwagennutzer die 0,25- respektive 0,5-Prozent-Versteuerung.

Die Ironie des Schicksals: Jetzt, wo ein ordentliches Angebot an Fahrzeugen in verschiedenen Klassen auf eine einigermaßen große Nachfrage trifft, kommen die Hersteller mit der Produktion nicht hinterher. Wartezeiten von einem halben bis zu einem Jahr (zum Beispiel für den Opel Corsa-e oder den VW E-Up) sind keine Seltenheit. Und manche Autobauer, wie etwa Smart oder Seat, haben zwischenzeitlich sogar Bestell-Stopps für ihre Stromer verhängt.

Schlaflose Nächte

Am Blech liegt's freilich nicht, es sind die Akkus, die den Herstellern schlaflose Nächte bereiten. War es früher die Technik selbst, die Sorge um die Sicherheit und Haltbarkeit der Batterien, die die Ingenieure umtrieb, sind es heute die Einkäufer, die ins Schwitzen kommen: Auto-Akkus sind derzeit Mangelware auf dem Weltmarkt, der vor allem von den Chinesen dominiert wird. Rund 100 Batterie-Hersteller kommen aus dem Reich der Mitte, das sich in der Produktions-Statistik ganz weit vorne absetzen kann. Danach kommen Japan, Südkorea und die USA, Deutschland beziehungsweise Europa rangieren weit unten. Für Aufmerksamkeit sorgte Anfang des Jahres Volvo mit der Ankündigung, man starte im belgischen Werk in Gent, wo das Kompakt-SUV XC40 gebaut wird, eine eigene Batterieproduktion. Die vor Ort produzierten Akkus sollen dann unter anderem direkt in der Elektro-Version XC40 Recharge verbaut werden. Von einer richtigen europäischen Akku-Produktion kann man hier allerdings nicht sprechen, denn: Volvo übernimmt selbst nur die Montage der Batterie-Pakete fürs Auto. Die Zellen, also die eigentlichen Stromspeicher, beziehen die Schweden weiterhin von Zulieferern. Konkret von Contemporary Amperex Technology Co (CATL) aus China - dem mit schätzungsweise rund 100 Gigawattstunden Produktionskapazität im Jahr 2020 größten Player im weltweiten Batterie-Geschäft - und dem südkoreanischen Lieferanten LG Chem. Und daran soll sich so schnell auch nichts ändern, so Geert Bruyneel, bei Volvo verantwortlich für die Produktion:"Aktuell haben wir keine Pläne, unsere eigene Zellproduktion zu starten." Ähnlich sieht es bei Daimler aus: Im sächsischen Kamenz werden schon seit 2012 Akku-Packs montiert, anfangs wurden sogar die Zellen für den Elektro-Smart selbst gefertigt, doch seither beschränkt sich die Daimler-Tochter Accumotive auch auf die Endfertigung.

Während das Zusammenschrauben der Zellen recht simpel ist, bedarf die Herstellung selbiger jede Menge Know-how in Sachen Chemie, das viele hiesige Firmen noch nicht haben - und manche sich auch gar nicht aneignen wollen. Die Zulieferer Bosch und Continental etwa sehen den Vorsprung der Chinesen in Sachen Zellfertigung als zu groß an und haben sich selbst aus dem Rennen verabschiedet.

Viel mehr nötig

Andere dagegen starten nun zu einer Aufholjagd: Volkswagen beispielsweise plant zusammen mit Northvolt, einem von zwei Ex-Tesla-Managern gegründeten Start-up aus Schweden, die Zellfertigung aufzunehmen. Mit an Bord sind Energieversorger Vattenfall, ABB Siemens und die European Investment Bank. Das Ziel: Ab 2023 sollen in Salzgitter die ersten Serien-Akkus vom Band laufen, geplant ist zunächst eine Kapazität von 16 Gigawattstunden pro Jahr. Das allein macht die Niedersachsen aber noch nicht unabhängig von den Chinesen: Der Volkswagen Konzern rechnet ab 2025 mit einem jährlichen Bedarf an Akkus von insgesamt 150 Gigawattstunden.

Auch die französische Opel-Mutter PSA verfolgt das Ziel einer heimischen Zellfertigung zusammen mit der Total-Tochter Saft. Unterstützt wird das Vorhaben von Frankreich und Deutschland. Der französische Präsident Emmanuel Macron sprach im Januar bei einem Treffen mit der deutschen Forschungsministerin Anja Karliczek in der Saft-Fabrik in Nersac hochtrabend vom "Batterie-Airbus" - in Anlehnung an den ebenfalls in bilateraler Gemeinschaft geschaffenen Flugzeugbauer. Und dann ist da natürlich auch noch Tesla: Die Amerikaner wollen zukünftig unter anderem in Brandenburg ihre eigenen Zellen herstellen und könnten damit einige Daimler-Mitarbeiter aus dem nur 170 Kilometer entfernten Kamenz anlocken.

Dass die Hersteller scharf auf eine eigene Zellfertigung sind, ist klar. Für die europäischen Autobauer geht es dabei zum einen um Prestige und Arbeitsplätze: Die hiesige Expertise in der Entwicklung und dem Bau von Verbrennungsmotoren verliert an Bedeutung, und mehr und mehr Produktionsbänder für Einspritzanlagen und Tanks, Kolben, Pleuel und Nockenwellen, Auspuffanlagen sowie Katalysatoren dürften in naher Zukunft stillstehen.

14 gWh für 250.000 E-Autos

Zum anderen aber will man sich natürlich nicht zu sehr abhängig machen von Zulieferern aus Asien. Welch fatale Folgen das haben kann und wie schnell internationale Lieferketten ins Stocken geraten können, hat die Corona-Krise deutlich sichtbar gemacht. Hinzu kommt, dass der Transport der schweren Zellen rund um den Globus nicht nur teuer, sondern auch CO2-intensiv ist.

Letzteres hat aber auch die asiatische Konkurrenz inzwischen erkannt und kommt nun zu ihren Kunden nach Europa: LG Chem produziert bereits in Polen, Samsung baut eine Fabrik in Ungarn und CATL arbeitet an einem Werk in der Nähe von Erfurt und investiert dort nach eigenen Angaben 240 Millionen Euro. In Thüringen sollen zukünftig Batteriezellen mit einem Energiegehalt von 14 Gigawattstunden jährlich produziert werden - das reicht für rund 250.000 Elektro-Fahrzeuge. Immerhin.

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