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100 Jahre Peugeot-Flaggschiffmodelle der 600er-Reihe: Demokratisierung der Oberklasse

13.07.2025 06:25 Uhr
Die seit 100 Jahren kultivierte 600er-Reihe kennt viele Gesichter – auch kaum bekannte wie das Peugeot 607 Feline Showcar aus dem Jahr 2000.
© Foto: Peugeot

Ein profaner Familien-SUV als präsidiale Staatskarosse: In Deutschland undenkbar, in Frankreich seit dem Peugeot 5008 populär. Tatsächlich versucht Peugeot die Oberklasse seit 100 Jahren zu demokratisieren. Eine Revolution im Zeichen der 6, die mit dem kleinen Peugeot 629 begann und bis zum großen 607 Paladine führte.

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Weniger Beute und schrumpfender Lebensraum bedrohen den Löwen, aber seine Anpassungsfähigkeit sichert dem König des Tierreichs das Überleben. Ähnlich ist es bei Peugeot, der französischen Automarke, die seit 120 Jahren den fauchenden Löwen im Kühlergrill trägt und die ihr Revier Raubkatzen-gleich immer wieder neu absteckt. Waren es anfangs prestigeträchtige Luxuskarossen wie die Typen 183/184, mit denen sich die Löwenmarke als Haute-Couture für die Hautevolee etablieren wollte, kam es vor 100 Jahren zum Strategiewechsel.

Plötzlich nahm Peugeot die Kompaktklasse ins Visier: Hier sollte der ab 1925 entwickelte Peugeot 629 mit Pariser Schick reüssieren, allerdings erfolgte der Marktstart kurz vor der Weltwirtschaftskrise als Peugeot 201. Die neue Signifikation mit drei Ziffern und der Null in der Mitte erwies sich als genialer Marketingcoup, und der Absatz des feinen 201 florierte, aber für die Reichen und Mächtigen brauchte es doch ein stattlicheres Auto. So lancierte Sochaux 1934 den großen und geräumigen 601.

Trotz wechselhafter Fortune glaubte Peugeot nun zu wissen, wie Luxus auf französische Art funktioniert: Mit stilvollen, multifunktionalen Autos, die auch staatstragende Aufgaben beherrschen. So beeindruckte der 601 durch 17 Versionen, darunter der Eclipse als Pionier für Coupé-Cabrios. In den 1960ern erklärten US-Medien sogar den Mittelklasse-Peugeot 404 zu einem der besten Autos der Welt, gleichauf mit Rolls-Royce. Ein Renommee, das die Entwicklung des großen 604 beschleunigte, in der Peugeot 1975 den Euro-V6 präsentierte. Im Jahr 1989 folgte der Peugeot 605, der wiederum elf Jahre später durch den 607 ersetzt wurde.

Peugeot: Vorbildliche Verlässlichkeit und französisches Charisma

Heute hat sich Peugeot von der Premiumstrategie für seine Flaggschiffmodelle verabschiedet, statt Premium soll der im Vielmarkenkonzern Stellantis integrierte Hersteller aus Sochaux Profil zeigen durch vorbildliche Verlässlichkeit und ein französisches Charisma. So wurde 2017 der unprätentiöse Familien-SUV Peugeot 5008 für präsidiale Aufgaben in den Fuhrpark des Elysée-Palasts integriert.  

Zurück zu den Wurzeln also, denn ähnlich war es vor 100 Jahren, als Peugeot mit dem Modell 629 die Idee des kleinen Haute-Couture-Autos für alle Lebenssituationen verfolgte. Die frühen Ausflüge ins automobile Oberhaus hatten dem Unternehmen kein Glück gebracht: Die erste Repräsentationslimousine vom Typ Peugeot 105 lief 1909 nach nur einem Jahr und 23 Einheiten aus, und auch der 1921 vom Staatspräsidenten Alexandre Millerand genutzte Peugeot 156 enttäuschte. So kam Konzernchef Robert Peugeot darauf, mit nur einem Modell für alle Kundenansprüche zur Profitabilität zu finden: Die Geburtsstunde des Peugeot 629.

Der „629“ – wie 6 Steuer-PS und (19)29 als Startjahr – sollte eigentlich als frühes Weltauto mit Lizenzmontagen auf vier Kontinenten für Furore sorgen. Dies alternativ als bezahlbarer Vier- und als repräsentativer Sechszylinder, aber dann zeigte Robert Peugeot sein Gespür für drohende wirtschaftliche Verwerfungen. Knapp vor der Weltwirtschaftskrise mutierte der Typ 629 zum technisch fortschrittlichen und dennoch kostengünstigen Vierzylinder Peugeot 201, der das Unternehmen durch die schwere Zeit rettete und anschließend zu einer neuen, alten Doktrin führte: Statt des einen Autos für alle, legte Peugeot wieder verschiedene Modelle für jeden Anspruch auf.

Spitze der Modellpyramide: Ab 1934 der stattliche Peugeot 601

An der Spitze der Modellpyramide stand ab 1934 der stattliche Peugeot 601, ein Sechszylinder "für die von der Rezession verschonten Kunden, die zahlreicher sind, als man glaubt", wie Sochaux kommunizierte. Dank vieler Gleichteile mit dem mittelgroßen 401 blieb der nur 4,75 Meter lange 601 erschwinglich, und mit nicht weniger als 17 Varianten bot das Markenflaggschiff ein Wunschkonzert von der Berline Familiale bis zur Chauffeurs-Limousine.

Als Gipfel des Luxus und "dernier cri" der Haute Société von Paris entstand der spektakuläre Peugeot 601 Eclipse, ein Cabriolet mit auf Knopfdruck versenkbarem Coupédach – nicht einmal die technologieverliebten Amerikaner hatten damals solche Verwandlungskünstler im Portfolio. Trotzdem: Nach nur 18 Monaten Produktion und 4.000 Einheiten war Schluss für den noblen Peugeot 601 und die neue 600er Serie. Und das für 40 Jahre… Bis dahin wagte die Löwenmarke nur Mittelklasse, wie den stromlinienförmigen 402 der späten 1930ern, den 403 in stilprägender Pininfarina-Couture von 1955 und 1960 den 404 in hypermoderner Trapezlinie.

Qualitativ hochwertiger Peugeot 404

Der qualitativ hochwertige Peugeot 404 verfügte über Zutaten, aus denen Legenden gestrickt werden, weshalb ihn US-Journalisten qualitativ auf Augenhöhe von Mercedes S-Klasse und Rolls-Royce sahen. Ein Image, von dem der 1968 präsentierte Peugeot 504 profitierte, und so debütierte im 504 Coupé der erste französische V6 der Nachkriegszeit. Und dann kam 1975 der Peugeot 604, eine zehn Jahre lang gebaute Repräsentationslimousine im italienischen Pininfarina-Anzug. Mit 4,72 Meter Länge übertraf der V6-Löwe zwar Renault 30 und frühe Citroen CX, aber die Mercedes-S-Klasse (W116) spielte in einer noch höheren Liga.

Für präsidiale Aufgaben empfahl sich jedoch der Peugeot 604 HLZ mit um 62 Zentimeter verlängertem Radstand: Der französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing empfing zahlreiche Staatsgäste mit der größten Limousine der Grande Nation, während etwa DDR-Staatschef Erich Honecker einen gepanzerten 604 im Normalformat präferierte. Als größter Dieselmotorenhersteller der Welt war es für Peugeot zwingend, auch den luxuriösen 604 mit einem nagelnden Selbstzünder auszustatten: Es handelte sich um den ersten Turbodiesel Europas im Premiumsegment. 


100 Jahre Peugeot-Flaggschiffmodelle der 600er-Reihe

100 Jahre Peugeot-Flaggschiffmodelle der 600er-Reihe Bildergalerie

Sogar in Nordamerika und Korea avancierte der Peugeot zum Botschafter französischer Lebenskultur und dennoch: Am Ende seiner zehnjährigen Karriere hatte sich der 604 in gerade einmal 153.000 Einheiten verkauft. Etwas erfolgreicher konnte sich der 1989 vorgestellte Peugeot 605 im Segment der Reiselimousinen verankern, einmal mehr in Pininfarina-Formen, aber als erstes Peugeot-Flaggschiff mit Frontantrieb. Ob Michail Gorbatschow aus der UDSSR oder Papst Johannes Paul II., fast alle Gäste von Frankreichs Präsident François Mitterrand wurden in einem 605 chauffiert.

Nicht alles, was Peugeot probierte, wurde vom Markt honoriert. Die Begeisterung für den 1999 erstmals gezeigten 4,87 Meter langen Peugeot 607 blieb gedämpft, daran änderten auch pompöse Versionen wie das in der Länge gestreckte Landaulet Paladine und das Sportwagen-Concept 607 Féline wenig. Nicht einmal der erste serienmäßige Rußpartikelfilter für Dieselmotoren konnte den Absatz dieser gallischen Alternative zu BMW 5er oder Mercedes E-Klasse beschleunigen, im Jahr 2010 stoppte die Peugeot-607-Produktion nach nur 62.000 Einheiten.

So geschah, was geschehen musste: Statt des geplanten Peugeot 608 folgten die bis heute aktuellen Nummern 508 und 5008. Zwei volumenstärkere Mittelklassespieler, von denen der 5008 auch Repräsentation kann: Seit Emmanuel Macron 2017 in dem Familien-SUV zu seiner Inauguration fuhr, dient dieser Peugeot dem Élysée-Palast als Staatskarosse. 


Autotests von Autoflotte



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