Die Menschen wollen es immer komfortabler, sicherer, besser und - schöner. Einige Attribute sind subjektiv, andere schnell zu spüren, wenn sie fehlen.
Es hat sich mittlerweile eingebürgert, dass bei Kleinwagen viele Dinge weggespart werden. Die so genannte Pricing-Abteilung im Unternehmen sucht ständig, wo ein paar Cent abgeknapst werden können. Denn aus ein paar Cent werden viele Euro, wenn sich das Produkt häufig verkauft. So wird bei einigen Herstellern bei Markteinführung noch geklotzt, aber bereits kurz darauf geht es ans so genannte "Decontenting" - also ans Ausmisten. Dem Sparwahn fallen Glühlämpchen im Kofferraum oder Handschuhfach zum Opfer, auch hochwertige Griffe am Kofferraumboden mutieren zu simplen Löchern - lässt sich ja auch damit öffnen. Bei Hyundai wird es diese Abteilung sicherlich auch geben. Schön, dass man davon im i20 (vorerst) nichts merkt. Denn der Kleinwagen hat Dinge an Bord, die anderen fehlen.
Alles dabei
Klar, wir fahren beim ersten Kontakt das Topmodell Prime. An Bord ist alles, was gut und teuer ist. So kostet der Wagen ohne Extras 20.600 Euro netto. Aber: Es ist tatsächlich alles drin. Die meisten Tasten befinden sich dort, wo man sie erwartet. Die durchaus umfangreiche Bedienung gelingt flott und logisch wie beispielsweise die Lenkradtaste zum Deaktivieren des Spurwechselwarners. Wird diese gedrückt, lenkt der Wagen zwar immer noch gegen, wenn man Fahrspuren großzügig ausnutzt oder mal das Blinken vergisst. Wird die Taste jedoch lang gedrückt, verabschiedet sich auch diese Funktion - bis zum kommenden Motorstart. Euro-NCAP verlangt das automatische Aktivieren. Diesem Diktat unterliegen alle Hersteller und es macht das Autofahren eventuell sicherer, für aufmerksame Menschen jedoch auch nerviger. An der Crashsicherheit ändern die Assistenzsysteme nichts.
Einfache Materialien
Die verwendeten Materialien sehen gut aus, sind aber weder weich noch besonders schön gemacht - müssen sie auch nicht. Die Insassen freuen sich vielmehr über höhenverstellbare Gurte vorne, über eine Deckenlampe hinten, die das Suchen nach der Tasche im Dunkeln das Anschnallen der Kinder vereinfacht. Der doppelte Ladeboden ergibt eine ebene Fläche beim Umklappen der Rücksitze, das kleine Dreiecksfenster in den C-Säulen verbessert die Rundumsicht und der Zuziehgriff des Heckdeckels ist auf beiden Seiten vorhanden. Einen warmen Hintern gibt es auch für Fondgäste. Schön, wenn Ingenieure mitdenken und Finanzer mitmachen.
Bei zwei Dingen hatten Letztere aber sicher ihre Finger im Spiel: Die Fenster lassen sich nur auf der Fahrerseite mit einem kurzen Aktivieren komplett hoch- und herunterfahren, bei allen anderen muss der Finger an der Taste bleiben und auch die Sitze sind zwar straff gepolstert und bieten fürs Segment ausreichend Seitenunterstützung, jedoch drückt im oberen Rückenbereich ein Wulst und eine Höhenverstellung rechts gibt es gar nicht.
Leiser Dreizylinder
Durchaus angenehm ist der leise Dreizylinder. Startet der i20 mit vier Zylindern, rangieren darüber diverse Varianten mit einem Liter Hubraum und 100 sowie 120 PS. Beide besitzen auf Wunsch ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen. Die Schaltvorgänge gelingen zügig, weich und treffsicher. Je nach Fahrmodus kann auch sehr untertouriges Fahren mit ausreichend Druck beim Beschleunigen erzeugt werden. Anteil am kraftvollen Fahren hat das 48-Volt-Bordnetz, das den i20 zum Mildhybrid macht. Elektrisches Anfahren gelingt zwar nicht, dafür aber das Segeln. Bis zu 60 Newtonmeter Drehmoment soll das System generieren.
In den Fahrleistungen zeigt sich der Vorteil nicht. Zu spüren ist auch im untersten Drehzahlbereich viel Kraft für einen Einliter-Turbo - aber die besitzen andere Dreizylinder auch ohne Mildhybridsystem, was übrigens rund 25 Kilogramm Zusatzgewicht in den i20 befördert. Beim Verbrauch soll all das ein paar Zehntel Benzin einsparen. Bei 185 km/h endet der Vorwärtsdrang, begleitet von Windgeräuschen, die klassenüblich sind.
Auf der straffen Seite befindet sich das Fahrwerk in Kombination mit den 17-Zoll-Reifen. Vor allem beim Langsamfahren stuckert die Vorderachse bei Kanaldeckeln oder Asphaltfehlern. Ab Landstraßentempo gefällt das Gesamtpaket besser, auch wenn es in schnellen Autobahnkurven zum Nachschwingen auf der Hinterachse neigt. Trotz 120 PS ist der i20 keine Pocket-Rocket. Die Vorderräder behalten meist die Contenance und mehr Leistung dürfte der geräumige 4,04-Meter-Zwerg vertragen.
Ein Pfund, das in Deutschland zieht, ist zweifelsfrei die Garantie. Fünf Jahre ohne Kilometerbegrenzung. Mal sehen, wie lange Hyundai diese Strategie durchhält - oder die Finanzer mitspielen.
Hyundai i20 Prime 1.0T-GDI 48V-Hybrid
- Ausgabe 01/02/2021 Seite 42 (317.9 KB, PDF)