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Green Fleet: Tradition trifft Moderne

09.06.2016 06:00 Uhr
Green Fleet: Tradition trifft Moderne
© Foto: Oliver Lang/ BVG

Nach einer umfangreichen Analyse haben die Berliner Verkehrsbetriebe 43 Servicefahrzeuge durch Stromer ersetzt. Dieses Jahr sollen 57 weitere samt Ladesäulen folgen.

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_ Der Tradition verpflichtet - das sind die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auch bei der Elektromobilität. Schließlich blickt der Personenbeförderer bereits auf eine lange Nutzung des Stromantriebs zurück: 1881 fuhr die erste elektrische Straßenbahn, 1902 die erste U-Bahn als Hochbahn.

Auch in diesem Jahrtausend arbeitet die BVG daran, ihrem Anspruch als modernes Dienstleistungsunternehmen gerecht zu werden. Dabei nimmt die Elektrifizierung eine Schlüsselrolle ein. Nicht nur dass 2014 die ersten elektrischen Fähren über die Spree in den Linienbetrieb aufgenommen wurden und seit 2015 Elektrobusse im Testbetrieb laufen - auch der Pkw-Fuhrpark wird seit vergangenem Jahr konsequent auf Elektromobilität ausgerichtet und verbindet damit Tradition und Moderne.

In einem ersten Schritt wurden 43 Pkw mit Verbrennungsmotor gegen solche mit Elektroantrieb ausgetauscht und 30 Ladesäulen an drei Standorten installiert. In diesem Jahr sollen 57 weitere E-Mobile folgen - dann sind nahezu alle nicht personengebundenen Dienstwagen der BVG emissionslos unterwegs. Und für jeden neuen Stromer wird bis Jahresende eine eigene Ladesäule bereitstehen. Ihr "Kraftstoff" ist zertifizierter Öko-Strom aus regenerativen Quellen.

Umweltziele

Mit der großen Umstellung will das Unternehmen nicht nur das selbstgesteckte Ziel erreichen, fossile Energieträger sukzessive abzulösen und die CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren.

Als landeseigenes Unternehmen muss die BVG auch die Senats-Ziele verfolgen, bis zu zehn Prozent des Landesfuhrparks Berlin auf nachhaltige Antriebe umzustellen. Der Imagefaktor ist da ein positiver Nebeneffekt. "Wir sind davon überzeugt, dass dieser Nachhaltigkeitsgedanke dann auch die Wahrnehmung der BVG als umweltfreundliches und innovatives Unternehmen stärken wird", sagt Heinrich Coenen, Projektleiter der Stabsabteilung Geschäftsentwicklung der BVG.

Die E-Flotte wird für Serviceeinsätze genutzt. Dazu gehören Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten am 900 Kilometer langen Gleisnetz oder die Bestückung der über 6.000 Haltestellen mit Informationsmaterial.

Auch für Bereitschaftsdienste, für Personentransporte sowie Verwaltungs- und Vertriebsaufgaben werden die Stromer eingesetzt. Als Obergrenze wurden 120 Kilometer pro Tag festgelegt. Durchschnittlich 70 bis 80 Kilometer legen sie täglich im Berliner Stadtgebiet zurück.

Gründliche Vorbereitung

Der Umstellung der Serviceflotte auf Elektrofahrzeuge ging ein strukturiertes Projektmanagement voraus. Ab Dezember 2014 lief die Machbarkeitsprüfung, bei der ermittelt wurde, welche der insgesamt 400 Flottenfahrzeuge durch Stromer ersetzt werden können.

Dazu gehörte auch, die Einsätze der Flottenfahrzeuge nach ihren Reichweiten genau zu analysieren. Herauskam, dass von 1.927 Pkw-Einsätzen pro Monat mit 93 Prozent respektive 1.797 Fahrten der Großteil unter der definierten Maximalreichweite von 120 Kilometern liegt. Bei 60 Einsätzen pro Monat wird eine Strecke von über 120 Kilometern zurückgelegt, bei der eine Zwischenladung möglich ist. Nur 70 Einsätze pro Monat, das entspricht einem Anteil von unter vier Prozent, liegen die Reichweiten über 120 Kilometer und bieten keine Möglichkeiten zum Zwischenladen. Für diese Fahrten eignen sich Elektrofahrzeuge nach dem aktuellen Stand der Technik nicht.

So kam die BVG bei ihrer Machbarkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass von 105 Pkw im Fuhrpark 100 ersetzt werden können. Bei der "Variantenplanung", der zweiten Phase im Projekt E-Mobilität der BVG, wurde ab April 2015 untersucht und schließlich festgelegt, welche E-Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur angeschafft werden sollen und wie beides finanziert wird. Im September 2015 ging es in die Umsetzungsphase, die bis Dezember dieses Jahres andauern wird. Die bislang angeschafften 43 Stromer verteilen sich auf zehn Modelle von Daimler, Nissan, Renault und Volkswagen. Sie sind für drei Jahre und eine jährliche Laufleistung von 15.000 Kilometern über das Projekt"Initiative Berlin-Brandenburg" der Berliner Agentur für Elektromobilität (Emo) geleast. Ein Teil der Mehrkosten wird aus Bundesmitteln gefördert.

Amortisation der Investition erwartet

Heinrich Coenen geht davon aus, dass sich die Investitionen in Umweltfreundlichkeit durch Ersparnisse bei den Betriebskosten in zirka fünf Jahren amortisiert haben werden. "Die Erwartungshaltung ist auf jeden Fall, dass es sich mittelfristig auch wirtschaftlich rechnen wird. Und zwar natürlich durch deutlich reduzierte Energiekosten heute - auch bei den aktuell niedrigen Diesel- und Benzinpreisen", sagt der Projektleiter. Aber er rechnet auch mit signifikant verringerten Instandhaltungs- und Wartungskosten bei Elektrofahrzeugen, schon weil beispielsweise der regelmäßige Ölwechsel entfällt. Außerdem geht er davon aus, dass sich in Zukunft bei höherer Stückzahlproduktion der Anschaffungspreis reduzieren wird.

Im Fuhrparkalltag gibt es nach einem guten halben Jahr mit den 43 E-Dienstwagen keine Probleme. "Im Praxisbetrieb klappt es gut", resümiert Coenen. Die Fahrer wurden in die Vorbereitungsphase mit einbezogen und konnten die Stromer nach einer Einführung Probe fahren. "Vom Fahrverhalten mit der deutlichen und gleichmäßigen Beschleunigung und den ruhigen Fahrzeugen sind die meisten Beschäftigten begeistert."

Anfänglich gab es bei den Dienstfahrten höchstens Probleme, die prognostizierte Reichweite des Bordcomputers richtig zu interpretieren. Die Fahrer hätten auf die Anzeigen sensibel und ängstlich reagiert. Da sei Aufklärungsarbeit nötig. "Das geht nicht von einem Tag auf den anderen", sagt Coenen. Deshalb plant er noch weitere Informationsveranstaltungen, auf denen die Nutzer lernen sollen, wie sie das Maximum aus den Reichweiten herausholen können.

Auch wenn jedes Fahrzeug mit einer Ladekarte ausgestattet ist, an dem es im Bedarfsfall im öffentlichen Raum zwischengeladen werden kann, so ist doch vorgesehen, die Stromer der BVG an betriebseigenen Ladepunkten aufzuladen. Diese werden mit der Zahl der Fahrzeuge auf 100 ansteigen, damit es pro Stromer eine Säule gibt, an der sie in der Betriebspause - überwiegend nachts - aufgeladen werden können. Einen vollgeladenen Stromer von Mitarbeitern umparken zu lassen, um dann den nächsten ans Netz zu hängen, wäre zu personalintensiv.

Dynamisches Lastmanagement geplant

Zurzeit sind die Ladesäulen so ausgelegt, dass das Lastmanagement nur statisch durchgeführt werden kann. Tagsüber, wenn viele andere Stromverbraucher wie Kantine oder Verwaltung aktiv sind, werden einige Ladepunkte über Fernzugriff per Internet gedrosselt, wohingegen nachts den Ladepunkten mehr Energie für die Fahrzeuge zur Verfügung steht.

Zukünftig wird es ein dynamisches Lastmanagement geben, bei dem die Ladepunkte und das Dispositionssystem unter-einander kommunizieren. Letzteres gibt zum Beispiel vor, welches Fahrzeug als Erstes mit welcher Reichweite benötigt wird, und deklariert es zum VIP-Fahrzeug, das dann vorrangig mit höherer Leistung geladen wird. Hierzu nimmt die BVG noch bis 2018 an einem Forschungsprojekt von Carano, der TU Dresden, der In-GmbH und dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisa-tion teil.

Nächstes Projekt: intelligente Ladekabel

Auch wenn bis Jahresende die 100 Elektrofahrzeuge samt Ladesäulen ihren Dienst aufgenommen haben, ist das Projekt noch nicht abgeschlossen. Ein zukünftiges Anliegen der BVG wird sein, dass die Bereitschaftsdienste, die am Wochenende die Fahrzeuge mit nach Hause nehmen, diese dort aufladen, ohne mit den Kosten dafür belastet zu werden. Möglich soll dies mit einem intelligenten Ladekabel werden, über das der Strom der BVG in Rechnung gestellt wird.

Auch prüft das Unternehmen langfristig, seine über 100 Transporter gegen Stromer auszutauschen, und wäre nicht abgeneigt, auch die übrigen Service-Pkw zu ersetzen. Doch dafür setzt es auf weitere Entwicklungen bei den Herstellern. Coenen erwartet in den nächsten Jahren deutliche technische Fortschritte bei E-Fahrzeugen - mit neuen Batterien und höheren Reichweiten. Aber jetzt steht für die nächsten Monate die Elektrifizierung der Service-Flotte im Fokus. "Wir konzentrieren uns erst einmal auf die ersten 100 Pkw mit diesen Einsatzgebieten und dann werden wir Entscheidungen treffen, wie es weitergehen kann", sagt Coenen.

In Kürze

Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)

Im Berliner Nahverkehrsnetz betreibt das Unternehmen zehn U-Bahn-Linien, 22 Straßenbahnlinien, 151 Buslinien und sechs Fährlinien. Die BVG arbeitet mit der S-Bahn und der Regionalbahn der Deutschen Bahn AG (DB) im Tarifverbund VBB zusammen, dort wird ein Einzugsgebiet von fast 1.000 Quadratkilometern bedient, in dem rund 3,4 Millionen Menschen leben. Die BVG beschäftigt etwa 14.000 Mitarbeiter. Mit insgesamt 3.000 Fahrzeugen fuhr der Personenbeförderer 2015 einen Rekord von mehr als einer Milliarde Fahrgästen ein (1.010,3 Millionen), das sind über 2,7 Millionen Fahrgäste pro Tag.

Auf einen Blick

Der BVG-Fuhrpark

- Zirka 400 Fahrzeuge für die Aufgaben rund um Infrastruktur, Betrieb und Verwaltung, davon 105 Pkw, 110 Transporter, 107 Fahrzeuge mit Sondereinbauten wie Blaulicht sowie 52 Spezialfahrzeuge wie Leiterwagen und 15 Anhänger- seit 2015: 43 Elektrofahrzeuge von Daimler, Nissan, Renault und Volkswagen für Serviceeinsätze und Dienstfahrten bis 120 km/Tag, bis Ende 2016: 100 Einheiten samt Ladepunkte auf dem Betriebsgelände- Stromer geleast für drei Jahre über "Initiative Berlin-Brandenburg", Laufleistung: 15.000 km p. a.- übriger Fuhrpark seit 2013 nach TCO-Berechnungen wieder von Leasing auf Kauf umgestellt

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