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Handschriftliche Preislisten auf Papier

31.03.2015 06:00 Uhr

Interview mit Christian Schüßler, 1996 als Trainee gestartet und heute Commercial Leader bei GE Capital Fleet Services, und seinem Kollegen Dieter Brandl, Director Operations, der seit 1992 dabei ist.

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_ Herr Brandl, Sie sind jetzt 23 Jahre im Leasinggeschäft. Wie hat sich Ihre Arbeit in dieser langen Zeit verändert?

Brandl: Grundlegend. Als ich anfing, lief die gesamte Kommunikation über Telefon und Fax. Das Internet steckte noch in den Kinderschuhen, kaum jemand verschickte E-Mails. Das änderte sich schlagartig mit dem Siegeszug des Mail-Programmes Outlook gegen Ende der 1990er-Jahre.

Schüßler: Ein weiterer wichtiger Einschnitt waren die ersten größeren Excel-Tabellen, die die Möglichkeiten der Angebotskalkulation potenzierten. Vorher wurden die Leasingraten weitgehend manuell ausgerechnet, indem man mehrere DIN-A4-Blätter aneinanderklebte, per Hand mit dem Lineal Linien zog, seinen Finanztaschenrechner HP12 anschmiss...

_ ...und das Ergebnis dann fotokopierte!

Schüßler: Genau. Aktuelle Leasingpreislisten oder Konditionsmatrizen im Quartalstakt, wie sie heutzutage der Standard sind, waren ohne ein Kalkulationsprogramm wie Excel nicht umsetzbar. Ich erinnere noch gut, wie auf unserem damaligen IT-System AS400 die ersten Einzelangebote erstellt werden konnten. Das galt als technischer Meilenstein, obwohl es verglichen mit den Clouds und digitalen Web-Anwendungen der Gegenwart wie ein starres System anmutet.

Viele Servicefeatures, die heute selbstverständlich sind, waren damals echte Hightech-Innovationen.

_ Zum Beispiel?

Schüßler: Unser Car-Konfigurator, den wir 2001 als einer der ersten am Markt gelauncht haben, ist so ein Technikfeuerwerk. Er lief anfangs natürlich sehr langsam, besaß aber trotzdem schon viele Funktionalitäten, die es heute auch noch gibt. So beinhaltete unser Konfigurator zum Beispiel von Anfang an die Daten aller verfügbaren Fahrzeugmodelle.

Brandl: Das war in der Entstehungszeit beileibe keine Selbstverständlichkeit. Bis zur Umstellung auf Servicedienstleister wie Schwacke oder Jato mussten wir auf eine große Anzahl von Datentypisten zurückgreifen, die die Preisänderungen und Preislisten der Automobilhersteller regelmäßig durchforsteten und einpflegten.

_ Wie waren die Firmenfahrzeuge vor 20 Jahren üblicherweise ausgestattet?

Brandl: Die Fahrzeugflotten bestanden größtenteils aus Standardfahrzeugen mit Minimal- Ausstattung. Wir mussten damals sogar die Radios nachrüsten, weil das günstiger war, als ein Gerät vom Hersteller einbauen zu lassen. Autotelefone waren der oberen Führungsebene vorbehalten und Metallic-Lackierungen die große Ausnahme. Klimaanlagen gab es nur bei den höherwertigen Fahrzeugen, ansonsten war vielleicht gerade noch das Schiebebach dabei. Rund 70 Prozent waren Benziner und 30 Prozent Diesel-Fahrzeuge; zwei von drei Wagen fuhren mit Schaltgetriebe.

_ Wodurch hat sich das Verhältnis von Benzinern zu Diesel mehr als umgekehrt?

Brandl: Die Einführung von Common Rail und Pumpe-Düse-Technik hat Diesel-Fahrzeuge enorm aufgewertet: Sie wurden immer spritziger und schneller. Zudem verschaffte ihnen der niedrigere Verbrauch einen Vorteil gegenüber Benzinern, die damals ja noch im Schnitt zwölf bis 13 Liter auf hundert Kilometer schluckten. Und: Dieselkraftstoff war von jeher günstiger.

Schüßler: Auch der Wechsel von Schalt- auf Automatikgetriebe vollzog sich seit dem Jahr 2000. Früher hatten nur hochklassige Modelle, wie beispielsweise die 7er-BMW und Mercedes S-Klassen, einen Automatikantrieb. Diese Fahrzeuge waren jedoch Vorständen und Geschäftsführern vorbehalten.

_ Und wie haben sich die Kunden verändert?

Schüßler: Sie verstehen heute einfach die Hintergründe und Zusammenhänge im

Fuhrparkleasing viel besser als früher, nicht zuletzt weil sie durch das Internet einen umfassenden Zugang zu den Informationsquellen haben. Wie errechnet sich eine Leasingrate? Welche Leasingstandards können erwartet werden? Heute wissen manche Kunden gefühlt mehr als die Leasinggesellschaften und haben ausgefeilte Vergleichsmethoden. Das war früher anders. Die persönliche Beziehung spielte eine bedeutendere Rolle als heute, wo Unternehmen mehr denn je kostengetrieben agieren.

_ Haben Sie denn noch Kunden aus der ersten Stunde?

Schüßler: Ja. Texas Instruments zum Beispiel.

_ Und wie sah es früher mit grenzüberschreitenden Geschäftsaktivitäten aus?

Brandl: Wir haben im Jahr 2000 als einzige das sogenannte Cross-Border-Leasing implementiert, das für unsere Kunden erhebliche Mehrwertsteuervorteile mit sich brachte. Nach einer zweijährigen Test- und Vorbereitungsphase wurde dieses Projekt in über zwölf Ländern realisiert. Wir mussten es allerdings 2007 stoppen, weil sich die Steuergesetzgebung verändert hat. Erst 2014 ist das letzte Auto aus dem Cross-Border-Leasing zurückgekommen.

_ Wenn wir jetzt mal 20 Jahre weiterblicken: Was glauben Sie, wie sich der Markt entwickeln wird? Wird es eine weitere Konsolidierung geben?

Schüßler: Definitiv. Ich gehe davon aus, dass sich die rein lokalen Anbieter sukzessive aus dem Markt zurückziehen. Parallel dazu wird es weitere Übernahmen oder Aufkäufe geben. Neben den Hersteller-Captives werden sich einige wenige Leasingdienstleister etablieren, die wie wir global ausgerichtet sind. Heute gibt es rund 100 Leasinggesellschaften mit einer Fuhrpark-Fokussierung. In Deutschland konkurrieren wir mit etwa 15, auf europäischer Ebene mit fünf Unternehmen. Wenn Sie es global betrachten, haben wir gerade mal noch zwei Mitbewerber. Das sind die Akteure, die mittelfristig den Markt unter sich aufteilen werden.

_ Und auf der Serviceseite? Ist da das Ende der Fahnenstange erreicht oder gibt es noch Innovationspotenzial? Kann zum Beispiel das Reporting noch besser werden?

Brandl: Stillstand bedeutet Rückschritt. Auch die Serviceleistungen müssen kontinuierlich weiterentwickelt werden. Effizientes Reporting spielt dabei eine Schlüsselrolle. Es muss national, global und modular sein - und für jeden Nutzer seinen Zweck erfüllen. Es gibt aber noch zahlreiche andere Innovationspotenziale am Markt. Denken Sie nur an das weite Feld des vernetzten Fahrzeugs.

_ Was bedeutet das für den Fuhrpark von morgen?

Brandl: Der Begriff Mobilität ist nicht mehr nur allein auf ein Fahrzeug bezogen, sondern viel umfassender zu betrachten. Wie stellen wir die Mobilität der Mitarbeiter sicher und welche Komponenten spielen hier eine Rolle? Das Auto steht in zunehmender Konkurrenz zu Bahn, Flugzeug oder Fernbus bis hin zu E-Bikes. Es sind also ganzheitliche Lösungen und komplexe Mobilitätskonzepte gefragt, um Mitarbeiter verlässlich von A nach B zu bringen.

_ Wie sehen Sie, auch vor diesem Hintergrund, die Zukunft des Dienstwagens als Motivationsfaktor? Wenn man mit Fuhrparkleitern spricht, dann hört man oft, dass die nachrückende Managergeneration gar nicht mehr so viel mit dem Auto anfangen kann. Für viele ist das gar kein Statussymbol mehr.

Schüßler: Ja, das hört man zunehmend. Ich glaube an diesen Trend allerdings noch nicht. Jungmanager, mit denen ich mich unterhalte, erheben durchaus den Anspruch auf einen eigenen Dienstwagen. Sicher ist ein Firmenwagen nicht der einzige Motivationsfaktor, aber er spielt nach wie vor eine große Rolle.

Brandl: Natürlich nutzen Nachwuchsführungskräfte vor allem im städtischen Umfeld zunehmend auch Carsharing-Angebote, doch spätestens bei der Gründung einer Familie wird das eigene Fahrzeug unverzichtbar. Der Dienstwagen als Gehaltsbestandteil bleibt deshalb ein wichtiger Faktor für viele Arbeitnehmer.

_ Herr Brandl, Herr Schüßler, vielen Dank für das informative und unterhaltsame Gespräch.

Interview: Mireille Pruvost

Zur Person

Dieter Brandl

_ Bevor er 1992 zur damaligen ASL Auto Service Leasing GmbH (heute GE Capital Fleet Services) kam, saß er, wie er sagt, zehn Jahre "auf der anderen Seite des Schreibtisches" - als Fuhrparkleiter der Kontron Elektronik GmbH. Seit 2007 ist Dieter Brandl Director Operations bei GE Capital Fleet Services.

Zur Person

Christian Schüßler

_ Er kam 1996 als Trainee zu ASL Auto Service Leasing (siehe auch Grußwort auf S. 24), heute GE Capital Fleet Services, und arbeitete seitdem in verschiedenen Bereichen, zuletzt als Vertriebsleiter Außendienst und Leiter des Bereiches Commercial Solutions. Im Februar 2015 wurde er Nachfolger von Ludger Reffgen als Commercial Leader von GE Capital Fleet Services.

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