-- Anzeige --

Internationale Car Policy: Balanceakt zwischen zentral und lokal

29.05.2017 13:45 Uhr
Internationale Car Policy: Balanceakt zwischen zentral und lokal
Gute Vorbereitung und Mut für Veränderungen gefragt: Häufig wird die Forderung nach einer europaweiten oder globalen Car Policy abgelehnt.
© Foto: Mast3r/AdobeStock

Wie lässt sich eine Dienstwagenrichtlinie für alle Länder gestalten? Erfahrungen von Fleetcompetence aus zwei aktuellen Projekten aus der internationalen Industrie.

-- Anzeige --

Von Thilo von Ulmenstein, Managing Partner bei Fleetcompetence Europe.

_ Eine internationale Konsolidierung des Flottenmanagements auf der Basis einer Gesamtstrategie kann für Unternehmen eine Senkung der Flottenkosten von bis zu 20 Prozent bedeuten. Diese Erkenntnis ist der Grund, warum wir verstärkt einen Trend zur Internationalisierung sehen. Interessanterweise erkennen nicht nur die großen Unternehmen mit Flotten von weltweit mehreren zehntausend Fahrzeugen diese Vorteile und machen sie für sich nutzbar. Immer stärker sehen auch mittlere Unternehmen, dass hier ein interessantes Potenzial zu heben ist.

Häufige Ausgangslage ist, dass ein Unternehmen durch Zukäufe im Ausland stark gewachsen ist. In der Praxis bedeutet dies oft, dass nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch innerhalb eines Landes zwei unterschiedliche Flottenstrukturen nebeneinander existieren.

Ein Policy für alle Länder?

In diesen Konstellationen stellt sich die Frage: Wie kann eine harmonisierte, für alle Länder und Regionen gültige Policy gestaltet werden? Bei der beschriebenen Ausgangslage führen die Flotten meist ein "nationales Eigenleben" - Firmenfahrzeuge werden auf der Basis lokaler Policies vergeben. Und auch die Lieferanten kommen meist aus dem jeweiligen Heimatmarkt. Beabsichtigt ein Unternehmen, seine internationale Flotte zu konsolidieren, kommt das Thema "Internationale Car Policy" schnell auf die Tagesordnung.

Ein solches Projekt muss gut vorbereitet sein. Es erfordert auf Seiten des Unternehmens eine Veränderungsbereitschaft. Denn häufig wird die Forderung nach einer europaweit oder sogar globalen Car Policy abgelehnt und dabei auf die unterschiedlichen Firmenwagen-Kulturen sowie die divergierenden rechtlichen und steuerlichen Gegebenheiten verwiesen. Aus diesen unbestreitbaren Tatsachen wird dann abgeleitet, dass eine einheitliche Policy nicht umsetzbar sei.

Klares Signal erforderlich

Unsere Erfahrung aus einer Vielzahl internationaler Projekte zeigt, dass dies nicht zutrifft. Voraussetzung für ein Gelingen ist, dass die Unternehmensführung ein klares Signal für die Konsolidierung aussendet. Auf dieser Basis kann dann eine entsprechende Rahmen-Policy erarbeitet werden, die dort - wo erforderlich - selbstverständlich länderspezifische Anforderungen berücksichtigt.

Weiterhin notwendig ist es, den Länderorganisationen aufzuzeigen, in welchem Umfang Kostensenkungen durch eine Gestaltung der Policy erreicht werden können. Dies trägt meist erheblich zur Überzeugung des lokalen Managements bei.

Themen der internationalen Policy

Im ersten Schritt soll dargestellt werden, welche Themenfelder in einer internationalen Car Policy geregelt werden sollten - und welche nicht.

Die internationale Policy deckt üblicherweise folgende Themenfelder ab:

- Strategie und Zielsetzung (auch Vision) in Bezug auf die Bereitstellung von Firmenwagen

- Berechtigung für den Erhalt eines Firmenwagens

- Grundlegende Regeln zur Fahrzeugwahl

- Grundlegende Bestimmungen zur Firmenwagennutzung

Der erste Punkt stellt hierbei meist eine "Präambel" dar, mit der das Unternehmen seine zentralen Rahmenbedingungen erläutert. Hier werden Sinn und Zweck der internationalen Policy aufgeführt, aber auch globale Zielsetzungen, zum Beispiel bei der Nachhaltigkeit.

Die Regelung der Berechtigungen für einen Firmenwagen stellen sich schon deutlich komplexer dar. Hier geht es im ersten Schritt weniger um Fahrzeuge als um die Harmonisierung der Mitarbeiter-Funktionen und -Hierarchien im Unternehmen. Bei diesem Teil ist daher zwingend die Personalabteilung des Unternehmens gefordert. Es gilt, die Mitarbeiter-Kategorien länderübergreifend weitgehend einheitlich zu gestalten. Auf diese Weise kann dann der Rahmen für die Fahrzeugberechtigungen einheitlich definiert werden.

Typischerweise wird in Unternehmen zwischen Funktions-Fahrzeugen, die für die Ausübung der Tätigkeit notwendig sind, und den Benefit-Fahrzeugen unterschieden. Letztere werden aufgrund des Status des Mitarbeiters vergeben und stellen einen Bestandteil des Anstellungsvertrags dar (siehe Beispiel eines Pharma-Unternehmens in Tab. 1, oben rechts).

Markenportfolio

Der nächste wichtige Schritt in der internationalen Car Policy ist es, das zugelassene Markenportfolio festzulegen. Bei diesem Punkt treten grundsätzlich zwei unterschiedliche Philosophien in Unternehmen zu Tage, die sich auf die Ausgestaltung der internationalen Car Policy auswirken: zentraler Durchgriff oder "sanfter Zügel".

Die Ausgangslage weist häufig eine hohe Vielfalt auf. Häufig befinden sich in der internationalen Flotte Fahrzeuge von 25 und mehr Marken (siehe Abb. 2 rechts).

Stark zentral ausgerichtete Unternehmen reduzieren bei der Gestaltung der internationalen Policy zugleich konsequent das zugelassene Markenportfolio. Dieser Punkt gestaltet sich in einem solchen Projekt am schwierigsten. Denn hier prallen dann die unterschiedlichen Vorlieben je Land und die Vorstellungen der Unternehmensleitung aufeinander.

Die lokale Argumentation führt in der Regel die Attraktivität einer hohen Wahlfreiheit im Kampf um die besten Mitarbeiter auf. Auch die Identifikation mit lokalen Marken wird zum gewichtigen Argument. Die Unternehmensleitung argumentiert in der Regel mit den erheblichen Kosteneffekten, die durch eine Markenkonsolidierung erreicht werden können. Somit befindet man sich - wie auch bei einer rein nationalen Car Policy - im Spannungsfeld zwischen Mitarbeiterzufriedenheit und Kosten. Denn je stärker die Restriktionen bei der Markenwahl ausfallen, desto größer fallen die Kostensenkungspotenziale aus. Hier gilt es, eine Balance zu finden, die der Unternehmenskultur einerseits und den wirtschaftlichen Anforderungen andererseits gerecht wird. Dies ist ein typischer Fall, der ein "Change-Management" der Unternehmensleitung erforderlich macht.

Interessanterweise wird diese Diskussion in der Regel bis in das Vorstandsgremium geführt. Das Thema Firmenwagen tangiert jeden im Unternehmen; da spielen immer auch persönliche Präferenzen eine Rolle.

Umstellung auf TCO

Die Einführung einer internationalen Car Policy führt oft zugleich zur Umstellung des Kostenkonzepts. Die immer noch weit verbreiteten Vorgaben auf Basis von Listenpreisen werden bei dieser Gelegenheit auf Fahrzeuggesamtkosten (Total Cost of Ownership, TCO) umgestellt. Dabei wird ein monatliches Budget je Mitarbeiter-Kategorie definiert, das die Kosten der Finanzierung, Wartung, Reifen, Kraftstoff, Versicherung und Steuern enthält.

Dieses Konzept ist auch sinnvoll, da der Listenpreis eines Fahrzeugs keinen Rückschluss auf die Gesamtkosten in einem Zeitraum von drei oder vier Jahren zulässt. Der Listenpreis ist in Zeiten starken Wettbewerbs und hoher Rabatte der Hersteller immer weniger relevant. Wenn Fahrzeuge der Oberklasse - nach Angaben des Herstellers selbst - in wenigen Monaten über 50 Prozent ihres Wertes einbüßen, wird deutlich, dass dieser Wert nicht für eine Policy tauglich ist.

Ein weiterer wichtiger Baustein der internationalen Car Policy sind Regelungen in Bezug auf die Umweltverträglichkeit der Flotte. Mittlerweile ist es Standard, dass Unternehmen hier Rahmenbedingungen und einen Pfad zur Senkung des CO2-Ausstoßes festlegen (siehe Beispiel in Abb. 3 oben). Allerdings ist es eher selten, dass, wie in dem aufgeführten Beispiel, sämtliche Firmenwagen diesen Werten unterliegen. Meist werden die Emissionen für die jeweilige Mitarbeiter-Ebene definiert.

Darüber hinaus legt die Internationale Car Policy meist noch fest, welche Mindestausstattungen die Firmenwagen haben sollen. Hier werden insbesondere sicherheitsrelevante Aspekte (zum Beispiel Park Distance Control, Fahrer-, Beifahrer- und Rücksitz- Airbags, Trennnetz bei Kombi, Freisprecheinrichtung, Cruise Control) geregelt. Daneben kommen Komfort-Aspekte wie Klimaanlage oder Navigationssystem hinzu. Diese Vorgaben sind in allen Ländern bei der Bestellung verbindlich und sichern so einen einheitlichen Ausstattungsstandard.

Länderunabhängige Vorgaben

Schließlich werden in der internationalen Car Policy noch die grundsätzlichen Vorgaben zur Nutzung des Firmenwagens und zur Verantwortung des Fahrers verankert, die unabhängig vom Land gelten. Dies sind unter anderem:

- Restriktionen bei der Nutzung (zum Beispiel kein bezahlter Personentransport, keine Rennsportveranstaltungen, gefährliche Materialtransporte)

- Restriktionen bei den nutzenden Personen (z.B. nur Familienangehörige, Partner)

- Besitz der Fahrerlaubnis

- Pflegliche Behandlung und Einhaltung der Service-Intervalle

- Haftung für Schäden bei Rückgabe des Fahrzeugs

- Verhalten bei Unfällen

Lokale Anhänge

Es gibt aber auch Punkte, die, wie schon eingangs erwähnt, nicht zentral geregelt werden können. Daher ist es weit verbreitet, dass die erforderlichen lokalen Bestimmungen in Anhängen zur internationalen Car Policy formuliert werden. Auf sie sind daher die festgelegten Rahmenbedingungen anwendbar.

Es gibt jedoch Ausnahmen, die den besonderen Gegebenheiten eines Landes geschuldet sind. Dieses Konzept ermöglicht es Unternehmen, ihren lokalen Geschäftsbereichen mehr oder weniger Freiraum einzuräumen. Hier werden üblicherweise folgende Themen berücksichtigt:

- Versteuerung des geldwerten Vorteils

- Kontrolle der Fahrerlaubnis

- Lokale Sicherheitsbestimmungen (in Deutschland: die UVV-Prüfung)

- Versicherungsbestimmungen

In den lokalen Anhängen können auch Abweichungen von den vorgegebenen Marken erfolgen, wenn dies von der Unternehmenszentrale zugelassen wird.

Der Weg hin zu einer International Car Policy sollte in Bezug auf Aufwand und Ressourcen nicht unterschätzt werden. Gerade weil hier viele Mitarbeiter unmittelbar betroffen sind, sollte der Erläuterungs- und Diskussionsbedarf im Rahmen der Entwicklung nicht unterschätzt werden.

Daher ist es nach unserer Erfahrung sehr sinnvoll, wenn alle betroffenen Unternehmensbereiche auf Ebene der Zentrale involviert sind und wichtige Sprecher der nationalen Geschäftseinheiten. Nur wenn alle Beteiligten am gleichen Strang ziehen, kann ein solches Projekt zeitnah gelingen.

Der Aufwand lohnt sich aber: Denn die Car Policy ist ein wesentlicher Stellhebel für die Firmenwagenflotte und deren Kosten.


Das Schweizer Beratungsunternehmen Fleetcompetence Europe unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flotten- und Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten und verfügt darüber hinaus über ein Netzwerk spezialisierter Fachexperten in Europa. Das Unternehmen bietet nationales und internationales Consulting für Flottenbetreiber und Dienstleister an und führt für sie Schulungen und Trainings sowie Marktstudien durch. Mit dem "International Fleet Meeting Geneva" hat Fleetcompetence Europe zudem innerhalb weniger Jahre eine anerkannte Networking-Plattform am Autosalon Genf für die internationale Flotten-Branche geschaffen. Weitere Informationen: www.fleetcompetence.com

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.