Die umstrittene Reform der Kfz-Steuer wird immer mehr zur Hängepartie: Das Bundeskabinett wird den Beschluss zur geplanten Umstellung von der Hubraum- auf eine Schadstofforientierung womöglich bis zum Herbst verschieben. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erwartet inzwischen, dass die Umstellung erst 2010 und damit ein Jahr später als geplant in Kraft treten könnte. Auch ein Scheitern wird in Koalitionskreisen nicht mehr ausgeschlossen. Grund sind Differenzen, wie mit älteren Fahrzeugen umgegangen werden soll, und wie Anreize für schadstoffärmere Pkw aussehen. Zudem will Berlin neue EU-Vorgaben abwarten, die bis Herbst angekündigt sind. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm ging am Montag in Berlin daher davon aus, dass die Kfz-Steuer noch nicht Teil des zweiten Klimaschutzpaketes sein werde, das am 18. Juni im Kabinett beraten werden soll. Dieses umfasst u.a. neue Vorschriften für die Wärmedämmung in Häusern und den Ausbau der Stromnetze. Hier sollen in den nächsten drei Wochen strittige Fragen gelöst werden. Die Kfz-Steuer-Umstellung sei eine "Sonderrolle" und eine "besonders schwierige" Frage, sagte Wilhelm. In den Ressorts, aber auch in den Länden gebe es unterschiedliche Erwartungen. "In dieser Frage gibt es bisher kein Modell, das all diesen Erwartungen gerecht wird." Hinzu kämen neue europarechtliche Vorgaben, die innerhalb der nächsten sechs Monate zu erwarten seien. Von daher deute alles darauf hin, dass das Thema Kfz-Steuer nicht am 18. Juni im Kabinett mitentscheiden werde. Auch der Sprecher des Finanzministeriums, Torsten Albig, sagte, es gebe noch kein zufriedenstellendes Modell. In der CSU stößt die Einführung einer CO2-orientierten Kfz-Steuer angesichts hoher Benzinpreise und der Landtagswahl in Bayern auf Widerstand. CSU-Chef Erwin Huber sagte, in nächster Zeit stehe keine Änderung an. Angesichts steigender Spritpreise sei eine höhere Kfz-Steuer für alte Fahrzeuge derzeit auch nicht verantwortbar. Er gehe davon aus, dass die Umstellung zurückgestellt werde, bis in der Föderalismuskommission die Steuer insgesamt neu geregelt werde. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte erst am Wochenende erklärt, dass das zweite Klimaschutzpaket nicht gefährdet sei. Sie wies damit Berichte zurück, dieses zentrale Vorhaben der Regierung stehe wegen unüberbrückbarer Meinungsunterschiede vor dem Aus. Nach Ansicht der Autoindustrie muss die große Koalition die auf der Kippe stehende Kfz-Steuerreform mit einer Kraftanstrengung retten. Es sollte alles daran gesetzt werden, dies gemeinsam noch hinzubekommen, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, am Montag in Berlin. Gleichzeitig sprach er sich dafür aus, mit der Reform CO2-arme Neuwagen für eine befristete Zeit von zwei bis drei Jahren von der Steuer ganz zu befreien. Dies sollte für Fahrzeuge gelten, die unter 120 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. (dpa)
Koalitionsstreit: Kfz-Steuerreform wird zur Hängepartie
