Modelle prägen Marken - gerade wenn diese Jahrzehnte auf dem Buckel und immer noch die Kraft haben, sich zu verändern. In diese Analogie gehört zweifelsohne der Defender, der Ende April 1948 auf der Showbühne in Amsterdam mit 50 PS vorfuhr. Viel mehr an Power gab es dann in der ersten Generation des britischen Überall-Hinkommers nicht. Bis jetzt. 72 Jahre später übernimmt die Neuauflage den Namen und so manche Eigenheiten - Ersatzrad an der Heckklappe, was für Bodenfreiheit sorgt; sichtbare Verschraubungen im Interieur, was Reparaturen on the road erleichtert etc. - aus dem stimmigen und kultigen Gesamtkonzept, aber sonst ist der Neue definitiv ein Kind der aktuellen Zeit - allein die Unterbodenkamera, die bei Auffahrten das Gefühl vermittelt, man tastet sich mit einem Glasboden-Fahrzeug die Böschung rauf (oder runter). Da den Rest der Geländearbeit die Technik übernimmt, reicht es, die Sperrdifferentiale zu aktivieren und das Gas zu dosieren. Offroad-Fahrten verlieren damit zwar ihre Exklusivität, aber die Kunst des neuen Defenders liegt darin, dass er sich nun auch an das Onroad-Fahren gewöhnt hat. Mit allem was dazugehört - der Verbrauch ist auch dank des gewaltigen Sprungs beim Cw-Wert von 0,68 auf 0,38 - kein Wunder, denn wer jahrzehntelang auf ein betont kantiges Profil setzt, ist Gegenwind in allen Lebenslagen gewohnt. Auch der verwirbellungsfreie Unterboden erbringt seinen Beitrag, dass das Tanken kein Killer-Argument mehr ist. Stärker wirkt aber der Fahrkomfort, der auf Asphalt exzellent ist. Die Testfahrt durch das kurvenreiche Altmühltal glich einer Motorrad-Tour. Kurven? Gibt es quasi nicht. Einfach weggebügelt. Start der ersten Kontaktaufnahme war im Defender-Homecourt: dem Steinbruch.
Mit den extrem kurzen Überhängen setzen selbst Böschungswinkel von 38 Grad (vorn) und 40 Grad (hinten) keine Stopp-Zeichen. Der permanente 4x4-ler verzichtet im Heck auf die Starrachse und klettert mit einzeln aufgehängten Rädern drauflos. Aus einem wilden Offroad-Parcours wird ein mildes Kraxeln - dem wird wohl mancher Nostalgiker am meisten nachtrauern. Aber der Indo-Brite aus dem slowakischen Nitra will eher demokratisieren, was sich auch am Startpreis ablesen lässt. Bei knapp über 41.000 Euro legt der 90er mit kurzem Radstand und drei Türen los und kann ab September bestellt werden, was für einen vollwertigen Geländewagen mit Voll-Alu-Monocoque eigentlich recht günstig scheint. Da aber die Preisliste lang und die Wünsche an eine Ikone selten spärlich ausfallen, mutiert auch der Neuling schnell zur Wertanlage. Der bereits verfügbare 110er mit langem Radstand, fünf Türen und Platz für sieben Personen - dank der dritten Sitzreihe - startet bei 46.722 Euro. Der 90er beherbergt übrigens einen optionalen Notsitz in der ersten Reihe für einen sechsten Platz. Diesen gibt es auch beim 110er, dann entfällt jedoch wiederum die dritte Sitzreihe. Innerhalb von vier Niveaus und genauso vielen Paketen kann man sich seinen Offroad- oder Onroad-Traum konfigurieren.
Der legendäre Pragmatismus zeigt sich auf wohltuende Art beim Bedienen des 10-Zoll-Displays, dessen Funktionen nun deutlich schneller (ohne nervige Zwischenschritte) aufgerufen und vor allem gefunden werden können. Deutlich mehr statt weniger ist nun unter der Haube zu finden. Statt der zuvor maximal 122 PS beginnt die Spanne heute vorerst bei 200 PS und reicht bis zum Doppelten.
Standard ist ein Zwei-Liter-Motor mit 200 bzw. 240 Diesel-PS oder 300 Otto-PS. Den Sechszylinder-Turbo mit 400 PS zügelt der Mildhybrid etwas. Alle werden von der Achtgang-Automatik in Schwung gehalten und agieren als permanente Allradler. Die Kraftdosierung erfolgt über das sperrbare Mittendifferenzial und optional über das Sperrdifferential an der Hinterachse. Ein wichtiges Gesicht für die Marke bleibt der Defender, der gerade im Flottenalltag nun wohl noch mehr Fans finden wird.
Motoren-Auswahl (Preise: Defender 90)
D200 AWD: NEFZ 7,5 l /199 g CO2 ab 40.712 EuroD240 AWD: NEFZ 7,5 l /199 g CO2 ab 45.294 EuroP300 AWD: NEFZ 9,8 l/224 g CO2 ab 45.284 EuroP400 AWD: NEFZ 9,6 l/219 g CO2 ab 52.641 Euro