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Risiko Fahrtenbuchauflage

23.12.2011 12:02 Uhr

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Risiko Fahrtenbuchauflage

Wenn der Fuhrparkleiter in seiner Halterverantwortung nicht an der Ermittlung eines Fahrers mitwirkt, droht eine Fahrtenbuchauflage – für den gesamten Fuhrpark. Zur Rechtslage und aktuellen Rechtsprechung.

Die Situation ist jedem Fuhrparkleiter bekannt. Der Mitarbeiter war mit dem Dienstwagen unterwegs und ist mit überhöhter Geschwindigkeit geblitzt worden. Meist ist auch schon einige Zeit vergangen und nun steht plötzlich die Polizei im Haus und fragt den Fuhrparkverantwortlichen, ob er den Fahrer benennen kann. Wer jetzt ausschließlich die Interessen des Dienstwagenfahrers zu schützen versucht, läuft Gefahr, eine Fahrtenbuchauflage gleich für den gesamten Fuhrpark zu erhalten. Wissen um die rechtlichen Bedingungen hilft hier, Schaden abzuwenden.

Rechtsgrundlage für die angeordnete Fahrtenbuchauflage ist § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 31 a Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO). Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Ein Fahrtenbuch kann auch bei gewerblich beziehungsweise geschäftlich genutzten Fahrzeugen angeordnet werden.

Bei einem Fahrzeug, das aufgrund eines Dienstwagenvertrags einem Mitarbeiter zur dienstlichen und privaten Nutzung überlassen worden ist, bleibt in der Regel der Arbeitgeber der Halter des Fahrzeugs. Dieser muss sich im Zusammenhang mit der Auferlegung des Fahrtenbuchs die Nichtmitwirkung seines Mitarbeiters bei der Ermittlung des Fahrers zurechnen lassen (siehe OVG Berlin –Brandenburg, NJW 2010, 2743).

Bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen durch den Arbeitnehmer „auch zu privaten Zwecken“ wird nach der Rechtsprechung für das Merkmal des „Betriebs auf eigene Rechnung“ danach differenziert, ob der Arbeitgeber, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, oder aber der Mitarbeiter die Kosten für die private Nutzung zu tragen hat, wobei eine geringe Kostenbeteiligung des Mitarbeiters bei Privatfahrten der Haltereigenschaft des Arbeitgebers nicht entgegensteht. Hinsichtlich der tatsächlichen Verfügungsgewalt ist es nicht erforderlich, dass diese in jedem Augenblick tatsächlich ausgeübt werden kann (OVG Berlin-Brandenburg, NJW 2010, 2743).

Wer gilt juristisch als Halter?

Halter ist derjenige, der ein Kraftfahrzeug für eigene Rechnung im Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt – dies können auch mehrere Personen zugleich sein. Maßgeblich ist insoweit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wobei der Halterbegriff einheitlich für alle straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, die diesen Begriff verwenden, gilt (vgl. BVerwG, Aktenzeichen 7 C 14/84, NJW 1987, 3020).

Der Halter muss in dem Fahrtenbuch für das bestimmte Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt vor deren Beginn Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers ebenso eintragen wie das amtliche Kennzeichen, Datum und Uhrzeit des Fahrtbeginns. Nach dem Ende der Fahrt sind wieder das Datum und die Uhrzeit einzutragen. Start- und Zielort der Fahrt müssen nicht eingetragen werden; die Erstellung eines Bewegungsprofils ist unzulässig. Auch die Anordnung der Eintragung des jeweiligen Kilometerstandes ist rechtswidrig. Der jeweilige Fahrer muss durch Unterschrift identifizierbar sein. Eine Diskette genügt übrigens nicht als Ersatz für das Fahrtenbuch.

Gemäß § 31a Abs. 2 StVZO muss das Fahrtenbuch – gerechnet ab Ende der Führungspflicht – sechs Monate aufbewahrt und auf Verlangen der zuständigen Beamten (in der Regel Polizei) diesen ausgehändigt werden. Auf Verlangen ist das Fahrtenbuch auch zur Behörde zu bringen.

Ob das Fahrtenbuch überhaupt ein geeignetes Mittel darstellt, um Verkehrsgefährdungen zu verhindern, ist fraglich. § 31a StVZO enthält keine Verpflichtung zum Mitführen des Fahrtenbuches während der Fahrten. Damit ist eine (zeitnahe) wirksame Kontrolle der Eintragungen nicht möglich. Nur bei einem Fahrerwechsel unterwegs ist das Fahrtenbuch zwecks Eintragung eben dieses Fahrerwechsels mitzuführen.

Die Grenze der Verhältnismäßigkeit bei der Anordnung eines Fahrtenbuchs ist erreicht, wenn es bloß um einmalige und unwesentliche Verkehrsordnungswidrigkeiten geht, die als Einzelfall nicht geeignet sind, Bedenken gegen die charakterliche Zuverlässigkeit des Fahrers zu begründen. Die Wesentlichkeit eines Verstoßes bemisst sich danach, inwieweit der Verstoß geeignet ist, andere Verkehrsteilnehmer konkret zu gefährden. Als Faustregel dient die Abgrenzung nach dem Verkehrszentralregister: Alle Verstöße, die zu keiner Eintragung führen, genügen in der Regel auch nicht für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage.

Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit liegt es zunächst einmal nahe, bei erstmaligen Verstößen die Anordnung eines Fahrtenbuchs anzudrohen. Dieses Argument hilft jedoch in der Praxis beim Versuch, eine Fahrtenbuchauflage abzuwenden, nicht immer. Da es sich bei der „Androhung“ einer Fahrtenbuchauflage nicht um einen Verwaltungsakt handelt, kann sie auch nicht prozessual angefochten werden. Es handelt sich hierbei nur um eine Ermessensfrage der Behörde.

Feststellung des Fahrers auch nach Eintritt der Verjährung möglich

Die Polizei oder Verwaltungsbehörde muss alles tun, um den Fahrer zu ermitteln. Es handelt sich um einen Irrtum, wenn hierbei strikt auf den Verjährungszeitraum der Tat abgestellt wird. Es ist auch möglich, dass die Feststellung des Fahrers nach Eintritt der Verjährung erfolgt.

Es muss sich aber um eine angemessene Aufklärungstätigkeit handeln, damit die spätere Auflage rechtmäßig ist. „Angemessen“ ist die Ermittlungstätigkeit nur bei sachgerechten und vernünftigen Einsatzmethoden der Behörden. Hierzu gehört zum Beispiel eine Fahrerermittlung während der üblichen Tages- respektive Geschäftszeiten, innerhalb derer auch die Möglichkeit gewährleistet erscheint, die Person üblicherweise zu erreichen. Lehnt der Halter die Mitwirkung ab, sind in der Regel keine weiteren Ermittlungsversuche der Behörde vor der Verhängung eines Fahrtenbuchs erforderlich.

Der Fahrzeughalter muss innerhalb kurzer Zeit zu der in Rede stehenden Zuwiderhandlung befragt werden, anderenfalls ist eine Erinnerung an den Fahrer nicht mehr zumutbar (siehe unten Urteil Nr. 3; VG Frankfurt/Oder: „14-Tage-Frist“).

Immer wieder kontrovers diskutiert wird die Frage, ob eine Fahrtenbuchauflage und die damit verbundene Mitwirkungspflicht nicht dem rechtsstaatlich garantierten Zeugnis- und Aussageverweigerungsrecht zuwiderläuft. Die Rechtsprechung hierzu ist aber eindeutig: Die Ausübung dieser prozessualen Rechte des Halters steht der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen. Es gibt also nicht die Möglichkeit, die Aussage zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mithilfe bei der Feststellung des tatsächlichen Fahrers auch von der Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben.

Die Fahrtenbuchauflage kann sich auch auf Ersatzfahrzeuge erstrecken. Zuerst fallen hierunter Fahrzeuge, die vor oder während der Auflagedauer anstelle des zum Beispiel verkauften Fahrzeugs neu angeschafft werden. Darunter fallen aber auch alle anderen Fahrzeuge des Halters, die im Zeitpunkt der Veräußerung des Tatfahrzeugs vom ihm „betrieben“ werden und demselben Nutzungszweck zu dienen bestimmt sind (OVG Berlin, NJW 2003, 2402). Der Begriff „Ersatzfahrzeug“ ist also sehr weit auszulegen.

Eine Information am Rande: Die Fahrtenbuchauflage darf im örtlichen und zentralen Fahrzeugregister gespeichert werden. Bislang findet eine zentrale Speicherung jedoch nicht statt.

Ermittlungsaufwand bei Fahrerfeststellung für Fahrtenbuchauflage

Zur Frage, ob die Feststellung eines Fahrzeugführers im Sinne von § 31a Absatz 1 StVZO nicht möglich war, weil der Halter mehr als zwei Wochen nach der Zuwiderhandlung benachrichtigt worden war (VGH Mannheim, Urteil vom 16. 4. 1999 – 10 S 114/9): Die Ermittlungen der Behörde sind nicht deshalb unzulänglich, weil dem Halter der Anhörungsbogen erst über einen Monat nach der Geschwindigkeitsüberschreitung zugeht. Zwar gehört zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand grundsätzlich die unverzügliche, das heißt regelmäßig innerhalb von zwei Wochen erfolgende Benachrichtigung des Halters von der mit seinem Fahrzeug begangenen Zuwiderhandlung. Verzögerte Ermittlungshandlungen der Behörde schließen die Fahrtenbuchauflage gleichwohl nicht aus, wenn feststeht, dass die Verzögerung für die unterbliebene Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist. Dr. Michael Ludovisy

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Verhängung eines Zwangsgeldes

Wurde einem Fahrzeughalter das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegt und überlässt er sein Fahrzeug einem Dritten zur alleinigen Nutzung, muss er diesen dazu veranlassen, das Fahrtenbuch entsprechend der Auflage fortzuführen. Unterlässt der Halter dies, kann die Auflage durch Verhängung eines Zwangsgeldes gegen ihn vollstreckt werden.

Verwaltungsgerichtshof Mannheim, Aktenzeichen 10 S 971/05, DAR 2006, 168

Fahrtenbuchauflage nur bei umgehender Anhörung

Die Straßenverkehrsbehörde kann die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einem Verkehrsverstoß nicht möglich war, obwohl sie diesbezüglich alle angemessenen Mittel ergriffen hat, die der Schwere des Verkehrsverstoßes angemessen waren und erwartungsgemäß Erfolg haben konnten. Zu einem angemessenen Ermittlungsaufwand gehört grundsätzlich auch, dass der Halter innerhalb von zwei Wochen von dem Verkehrsverstoß in Kenntnis gesetzt wird, damit er die Frage, wer das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann. Von der Einhaltung der von der Rechtsprechung entwickelten Zweiwochenfrist kann ausnahmsweise abgewichen werden, wenn die verzögerte Ermittlungshandlung für die unterbliebene oder verspätete Ermittlung des Täters nicht ursächlich gewesen ist und daher eine zeitlich frühere Anhörung des Halters zu keinem anderen Ermittlungsergebnis geführt hätte. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und erfolgte – wie hier – die Anhörung erst vier Wochen nach dem Verkehrsverstoß, kann eine Fahrtenbuchauflage nicht mehr angeordnet werden.

Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder, Aktenzeichen 2 L 116/06, DAR 2007, 42

Umgehung der Fahrtenbuchauflage durch Fahrzeugwechsel?

Kann der Fahrer eines Kraftfahrzeuges nach einem Verkehrsverstoß nicht festgestellt werden, weil der Halter bestreitet, selbst gefahren zu sein und er auch nicht bereit ist, die Identität des angeblichen Fahrers bekannt zu geben, kann angeordnet werden, dass er für einen bestimmten Zeitraum ein Fahrtenbuch zu führen hat. Häufig versuchen betroffene Fahrer, die lästige Aufzeichnungspflicht durch die Nutzung anderer Autos zu umgehen. Wie ein Urteil des Niedersächsischen OVG zeigt, ist dies jedoch nicht ohne Weiteres möglich. Bei der Fahrtenbuchanordnung hat die Verwaltungsbehörde die gesetzliche Möglichkeit, ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge für ein vom Halter veräußertes oder anderweitig abgeschafftes Fahrzeug, mit dem eine (erhebliche) Verkehrszuwiderhandlung begangen worden ist, zu bestimmen (§ 31a Abs. 1 Satz 2 StVZO). Der Begriff „Ersatzfahrzeug“ ist dabei weit auszulegen. Im Hinblick auf das Ziel der Bestimmung, nämlich zu verhindern, dass sich der Halter durch die Veräußerung des mit der Auflage versehenen „Tatfahrzeugs“ der bestehenden Verpflichtung zu entziehen versucht, ist ein Ersatzfahrzeug deshalb nicht nur das (vor oder während der Fahrtenbuchauflage anstelle des veräußerten) neu angeschaffte Fahrzeug. Vielmehr zählen dazu auch alle anderen Fahrzeuge des Halters, die im Zeitpunkt der Veräußerung des „Tatfahrzeugs“ von ihm betrieben werden und demselben Nutzungszweck dienen.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Aktenzeichen 12 ME 225/07, NJW 2008, 167

Fahrtenbuchauflage bei Firmenwagen

Unterlässt es ein Unternehmen, die Nutzung eines Fahrzeugs, das mehreren Fahrern zur Verfügung steht, zu dokumentieren, kann die zuständige Verkehrsbehörde das Führen eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften (hier erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung) nicht möglich war.

Verwaltungsgericht Oldenburg, Aktenzeichen 7 B 1004/09

Unverhältnismäßige Fahrtenbuchauflage für gesamten Fuhrpark

Ein Betrieb, der seine Mitarbeiter vor der Ahndung von Verkehrsverstößen schützt, indem er zu deren Aufklärung nicht beiträgt oder diese gar verhindert, riskiert, dass die Verkehrsbehörde eine Fahrtenbuchauflage bezogen auf den gesamten Fuhrpark anordnet. Allerdings muss die Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dieses Erfordernis sah das Oberverwaltungsgericht Lüneburg im Fall eines Betriebes mit 21 Fahrzeugen unterschiedlicher Bauart und lediglich vier Geschwindigkeitsüberschreitungen, die bei Fahrten mit verschiedenen Firmen-Pkw begangen wurden, nicht erfüllt.

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Aktenzeichen 12 ME 315/05, DAR 2006, 167

Fahrtenbuchauflage zulässig bei Akteneinsichtsgesuch

Die Anordnung der Fahrtenbuchauflage ist zulässig, wenn der betroffene Halter nur um Akteneinsicht und die Übersendung eines erkennbaren Abzugs des vorliegenden Fotos bittet, ohne alles Mögliche und Zumutbare für die Ermittlung des Fahrers zu tun.

Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 13.07.2010,

Aktenzeichen 2 k 265/10

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