Steuerrahmen in der Schweiz
In der Schweiz herrschen klare Regeln, wie Firmenwagen steuerlich zu behandeln sind. Arbeitgeber können die Kosten rund um ihre Fahrzeuge bis auf die Mehrwertsteuer voll absetzen. Mitarbeiter versteuern die private Nutzung von Firmenwagen pauschal mit monatlich 0,8 Prozent vom Netto-Anschaffungspreis. Nichtsdestotrotz gibt es in der Schweiz auch einige Besonderheiten, die beachtet werden müssen. Die steuerlichen Grundsätze erklärt Dirk Hangarter, Partner Tax bei Deloitte Schweiz.
Af: Herr Hangarter, welchen Rahmen setzt der Gesetzgeber in der Schweiz für Unternehmen bezüglich der Besteuerung von Firmenwagen?
Hangarter: Generell ist in der Schweiz der gesetzliche Rahmen sehr transparent und einfach gestaltet. Denn die Firmen können grundsätzlich alle Kosten, die mit dem Betrieb von Firmenwagen verbunden sind, als Personalaufwand von der Steuer absetzen. Zu beachten ist allerdings, dass über den durch den geldwerten Vorteil beim Mitarbeiter entstehenden Privatgebrauch Mehrwertsteuer von zurzeit acht Prozent als Eigenverbrauch abgerechnet werden muss.
Af: Außer dem Eigenverbrauch bei der Mehrwertsteuer gibt es für Unternehmen keine Grenzen?
Hangarter: Im Prinzip nicht. Es gibt allerdings einen sogenannten Luxusvorbehalt, der die Abzugsfähigkeit etwas einschränken kann. Diese Regelung führt dazu, dass bei Fahrzeugen, die zu luxuriös sind, ein überschießender Teil der Kosten unter Umständen nicht als geschäftlich begründeter Aufwand anerkannt wird. Was als „zu luxuriös“ verstanden wird, bestimmen wiederum die einzelnen Kantone. Die Schmerzgrenze liegt hier in der Regel bei einem Kaufpreis von über 90.000 bis 100.000 Schweizer Franken (Anmerkung: Das entspricht laut Wechselkurs vom 25. Juli 2011 auf Handelsblatt.com etwa 77.660 bis 86.515 Euro). Überschreitet der Netto-Kaufpreis dieses Limit, werden eventuell nicht 100 Prozent der Kosten für den Steuerabzug zugelassen. Ob und wie hoch in diesem Fall die Einschränkung ausfällt, liegt jedoch stets im Ermessen des jeweiligen Kantons.
Af: Sie sagen, es besteht in den meisten Kantonen ein Luxusvorbehalt für Fahrzeuge ab einem Netto-Kaufpreis ab 90.000 bis 100.000 Schweizer Franken. Ist das ein Schätzwert?
Hangarter: Eine Herausforderung in der Schweiz besteht eigentlich immer in der Tatsache, dass sehr viele Dinge kantonal geregelt sind. Deshalb existiert hier nicht ein übergreifender fixer Wert, sondern die Kantone entscheiden individuell, welchen Wert sie noch als geschäftsmäßig begründet ansehen. Das kann natürlich auch von der Branche, in welcher das Unternehmen tätig ist, und von der Hierarchiestufe des Mitarbeiters abhängig sein. Ich würde jedoch sagen, dass man mit 90.000 bis 100.000 Schweizer Franken einen guten Richtwert hat.
Af: Welche Abschreibungsdauer gilt prinzipiell für Firmen-Pkw?
Hangarter: Wenn Unternehmen die Firmenfahrzeuge erwerben, können sie grundsätzlich zwischen zwei Abschreibungsmethoden wählen: Entweder können die Unternehmen Abschreibungen vom Buchwert vornehmen, wobei in der Regel ein Abschreibungssatz von 40 Prozent pro Jahr akzeptiert wird. Bei einem Kaufpreis von 50.000 Schweizer Franken (43.257 Euro) würden demnach im ersten Jahr 20.000 Schweizer Franken als Abschreibung akzeptiert, was einen Buchwert von 30.000 Schweizer Franken ergibt. Im zweiten Jahr würde die Abschreibung auf 12.000 Franken reduziert werden. Alternativ können die Unternehmen stets vom Anschaffungswert abschreiben. In diesem Fall ist die jährliche Abschreibung auf grundsätzlich 20 Prozent limitiert. Beim obigen Beispiel würde dies bedeuten, dass jährlich eine Abschreibung von 10.000 Schweizer Franken gemacht werden kann, bis nach fünf Jahren das Fahrzeug abgeschrieben ist.
Af: Ziehen Unternehmen infolgedessen das Kfz-Leasing einem Kauf vor?
Hangarter: Insgesamt wird es in der Schweiz sicherlich sehr unterschiedlich gehandhabt. Aus meiner Erfahrung würde ich jedoch sagen, dass das Leasing der Firmenwagen im Durchschnitt über drei bis vier Jahre von den Unternehmen überwiegend bevorzugt wird. Hintergrund sind insbesondere die flexibleren Möglichkeiten bei der Rückgabe im Vergleich zum Kauf, wenn ein Mitarbeiter das Unternehmen verlässt und sein Fahrzeug nicht mehr eingesetzt werden kann.
Af: Da den Gestaltungsmöglichkeiten im Fuhrpark wenig Grenzen gesetzt sind: Wie stellt sich das Nutzungsverhalten in der Praxis dar und welche Herausforderungen sind dabei zu bewältigen?
Hangarter: Firmenwagen sind in der Schweiz eine relativ interessante Option, die Mitarbeiter zu entlohnen und zusätzliche Leistungsanreize zu schaffen. Für viele Unternehmen ist der Fuhrpark da-her ein Motivationsinstrument, das gezielt eingesetzt wird. Die zentrale Herausforderung hierbei ist nicht steuerlicher, sondern administrativer Natur. Dabei fokussieren sich die Überlegungen der Unternehmen auf die potenziellen Belastungen, die bei einem frühzeitigen Ausscheiden eines Mitarbeiters entweder durch weiterlaufende Abschreibungen in den Büchern bei einem Kauf oder durch die fortgesetzten Kosten im Leasing entstehen.
Af: Welche steuerrechtlichen Regelungen schreibt der Gesetzgeber für die Versteuerung durch den Arbeitnehmer als Firmenwagennutzer vor?
Hangarter: Grundsätzlich entsteht ein steuerlich relevanter Vorteil für den Mitarbeiter nur, wenn die Nutzung des Fahrzeugs auch für den privaten Gebrauch zugelassen ist. Bei einer rein dienstlichen Nutzung fallen keinerlei Steuern für den Nutzer an. Unabhängig davon, welche dieser Varianten in den Unternehmen angewendet wird, können Arbeitnehmer in keinem Fall die Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte geltend machen.
Wird der Firmenwagen geschäftlich sowie privat genutzt, muss der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil daraus mit 0,8 Prozent pro Monat – mindestens aber 150 Schweizer Franken (130 Euro) pro Monat – gemessen am tatsächlichen Netto-Anschaffungspreis versteuern. Pro Jahr werden folglich 9,6 Prozent einkommenserhöhend in der Schweizer Gehaltsabrechnung addiert und darauf Einkommensteuer sowie Sozialabgaben fällig. Mit dieser Pauschalmethode will man verhindern, dass weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer dazu gezwungen sind, über die private respektive geschäftliche Nutzung Rechenschaft ablegen zu müssen.
Af: Lässt sich die pauschale Versteuerung mit 0,8 Prozent im Monat durch Fahrtenbuchführung verringern?
Hangarter: Nein. Es besteht nur eine einzige Möglichkeit, den Prozentsatz zu reduzieren: wenn das Fahrzeug nur sehr eingeschränkt für private Zwecke gebraucht werden kann. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn der Firmenwagen mit Werbeschriftzügen oder dem Firmennamen beschriftet ist oder sich im Fahrzeug Installationen und Sondereinbauten befinden, die für die Arbeitstätigkeit vorgesehen sind. Diese Regelung greift somit etwa bei Heizungsinstallateuren oder Mechanikern. Hier sind die Fahrzeuge nur beschränkt privat nutzbar, sodass die Unternehmen dann mit dem jeweiligen Kanton darüber verhandeln können, ob und wie weit die pauschale Versteuerung für den Arbeitnehmer unter 0,8 Prozent gesenkt werden kann. Diese Entscheidung obliegt wieder dem jeweiligen Kanton und ist Verhandlungssache.
Af: Und wie sind die laufenden Kosten rund um die Firmenfahrzeuge von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite steuerlich zu behandeln?
Hangarter: Für den Arbeitgeber sind alle Nettokosten steuerlich abzugsfähig – von der Wartung über Reparaturkosten und Reifen bis hin zum Kraftstoff. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer in längeren Abwesenheitszeiten wie Urlaub dazu verpflichtet, die Kraftstoffkosten selbst zu tragen. Auch die Strafzettel für Verkehrsverstöße übernimmt der Arbeitgeber nicht. Diese Kosten kann der Arbeitnehmer jedoch nicht steuermindernd geltend machen.
Af: Welche Steuern fallen daneben bei der Zulassung respektive während des Betriebs als Verkehrssteuer an?
Hangarter: Es werden in der Schweiz bei Zulassung Straßenverkehrsabgaben fällig, die bei der Erstzulassung und anschließend jährlich gezahlt werden müssen. Dabei handelt es sich um relativ geringe Beträge. Die Abgaben sind kantonal unterschiedlich ausgestaltet. Die jährlichen Abgaben richten sich in der Regel nach dem Hubraum des Fahrzeugs.
Af: Österreich hat zum 1. Januar 2010 eine Normverbrauchsabgabe eingeführt, die je nach CO2-Ausstoß des Fahrzeugs bis zu 16 Prozent vom Fahrzeugwert betragen kann (Anmerkung: siehe Teil 2 in Autoflotte 12/2010). Kennt die Schweiz ähnliche Abgaben oder sind solche derzeit in der Diskussion?
Hangarter: In der Schweiz wird eine CO2-Abgabe auf Kraftstoffe erhoben. Im Parlament wird über eine Änderung der Gesetzgebung derzeit diskutiert. Unter anderem steht zur Diskussion, die EU-Regelung zur Neuwageneffizienz zu übernehmen. Eventuelle Änderungen werden voraussichtlich aber erst im Jahr 2013 in Kraft treten.
Af: Sind in der Schweiz demnächst Änderungen in den bestehenden Regelungen oder Neuerungen zu erwarten?
Hangarter: Die gegenwärtigen steuerlichen Regelungen sind bereits seit vielen Jahren in Kraft und werden es aller Voraussicht nach auch erst einmal bleiben. Wir erwarten keine Änderungen oder umwälzenden Neuerungen durch den Schweizer Gesetzgeber in naher Zukunft. Infolgedessen sind und bleiben die steuerlichen Regelungen in der Schweiz klar strukturiert und bilden für die Unternehmen eine sichere Managementbasis.
Af: Herr Hangarter, vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Annemarie Schneider
Serie:
Kfz-Besteuerung
in Europa
Kfz-Besteuerung in Europa – Teil 11: Regelwerk der Eidgenossen für die Besteuerung von Firmenfahrzeugen
Schweiz: grundlegende Steuern rund um die Firmenwagen
In der Schweiz hat der Gesetzgeber einen klaren Rahmen für Firmenwagen vorgegeben. Die Ausgestaltung ist allerdings meist kantonal geregelt. Es gelten folgende zentrale Bestimmungen:
Der sogenannte Luxusvorbehalt kann zum Beispiel die Abzugsfähigkeit einschränken. Diesen regeln die Kantone individuell. Er bezieht sich auf den Kaufpreis des Fahrzeugs. Richtwert als Limit: 90.000 bis 100.000 Schweizer Franken der Netto-Anschaffungs-kosten, das entspricht in etwa 77.660 bis 86.515 Euro
zwei Abschreibungsmethoden für Unternehmen: auf den Buchwert mit 40 Prozent p. a. oder 20 Prozent auf den tatsächlichen Anschaffungswert (= max. fünf Jahre)
Versteuerung des geldwerten Vorteils durch die Mitarbeiter: pauschal mit 0,8 Prozent pro Monat (mindestens aber 150 Schweizer Franken pro Monat) auf Basis des Netto-Anschaffungspreises = 9,6 Prozent p. a.
Für den Arbeitgeber sind alle Nettokosten, die mit dem Betrieb von Firmenwagen verbunden sind, grundsätzlich steuerlich abzugsfähig – von der Wartung über Reparaturkosten bis hin zum Kraftstoff. Ausnahme: Bei längerem Urlaub wird der Mitarbeiter zum Tragen der Kraftstoffkosten verpflichtet, außerdem keine Übernahme von Strafzetteln durch den Arbeitgeber
CO2-Abgabe auf Kraftstoff
Bei Zulassung werden außerdem Straßenverkehrsabgaben fällig, die bei der Erstzulassung und anschließend jährlich gezahlt werden müssen
Kfz-Besteuerung in Europa – Teil 12: In der nächsten Autoflotte lesen Sie, welche Vorgaben es für Arbeitsgeber und Nutzer von Firmenwagen in Irland bei der Besteuerung von Fahrzeugen gibt.
- Ausgabe 9/2011 Seite 60 (588.9 KB, PDF)