Steuerspielraum
In unserem Nachbarland Polen existiert ein steuerrechtlicher Rahmen, der unter anderem
die Besteuerung von Firmenwagen mit einer hubraumabhängigen Verbrauchssteuer festlegt.
Zugleich befinden sich die Vorgaben bei der Umsatzsteuer im Wandel.
Ursache ist die erwartete Genehmigung der Europäischen Kommission zur Einschränkung des Vorsteuerabzugs beim Pkw-Kauf, die es in nächster Zeit umzusetzen gilt. Tomasz Walczak, Partner Tax Department Deloitte Polen, skizziert im Interview die Grundlagen der Umsatz-, Körperschaft-, Einkommensteuer sowie anderer Abgaben für Flottenfahrzeuge.
Af: Herr Walczak, welche Steuern erhebt der polnische Staat generell auf Firmenwagen?
Walczak: Die Steuern umfassen für Arbeitgeber zum einen die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer und eine Verbrauchssteuer sowie die Einkommensteuer für Arbeitnehmer, die einen Firmenwagen nutzen. Eine Kfz-Steuer wie in Deutschland gibt es in Polen dagegen nicht. Nur eine Gebühr von zirka 20 Euro wird für die Ausstellung des Kfz-Briefes bei der Zulassung fällig. Speziell bei der Verbrauchssteuer handelt es sich um eine Art Luxussteuer, die man in Deutschland in diesem Bereich nicht kennt. Sie ist ausschließlich für Pkw fällig. Die Bemessungsgrundlage für die Verbrauchssteuer ist unterschiedlich, je nach Form des Erwerbs des Fahrzeugs. Beim Erwerb des Kfz im Inland wird die Verbrauchssteuer auf den um den Wert der Umsatzsteuer und Verbrauchssteuer geminderten Verkaufspreis aufgeschlagen. Beim Erwerb innerhalb der Europäischen Unions ist die Bemessungsgrundlage für die Verbrauchssteuer der durchschnittliche Marktwert, abzüglich dem Wert der Umsatz- sowie Verbrauchssteuer. Im Falle des Imports wird die Verbrauchssteuer auf den um den Zollwert erhöhten Preis aufgeschlagen. Das bedeutet, diese Steuer erhöht infolgedessen auch die Umsatzsteuer.
Die Verbrauchssteuer selbst errechnet sich wiederum auf Basis des Hubraums. Für Fahrzeuge, die einen Hubraum von zwei Litern und weniger haben, beträgt sie 3,1 Prozent. Haben die Modelle einen Hubraum von mehr als zwei Litern, wird das Unternehmen mit 18,6 Prozent belastet. Alle Fahrzeuge mit einem kleineren Hubraum sind folglich viel besser gestellt als solche mit großem Hubraum. Unternehmen überlegen sich daher sehr genau, welche Fahrzeuge sie anschaffen.
Af: Gibt es bei der Erhebung der Verbrauchssteuer einen Unterschied zwischen Leasing und Kauf?
Walczak: Nicht wirklich. Während ein Unternehmen als Flottenbetreiber bei Kauf die Verbrauchssteuer komplett bei Erstzulassung des Fahrzeuges zahlt, trägt sie beim Leasing die jeweilige Leasinggesellschaft und reicht diese an die Leasingnehmer dann anteilig über die Laufzeit des Vertrages in der Leasingrate weiter. Wird über die Leasingraten jedoch der Gesamtwert des Pkw abgezahlt, belastet auch die Verbrauchssteuer gänzlich den Leasingnehmer.
Af: Wie sehen die Regelungen bei der Umsatzsteuer aus?
Walczak: Grundsätzlich wird in Polen eine Umsatzsteuer von 22 Prozent erhoben, welche 2011 voraussichtlich auf 23 Prozent erhöht wird. Allerdings ist diese für einen Fahrzeugkäufer respektive Leasingnehmer eines Pkw nicht zu 100 Prozent absetzbar. Sowohl im Falle des Erwerbs eines Pkw als auch dessen Nutzung auf Grundlage eines Leasing-, Miet- oder Pachtvertrags kann 60 Prozent der gesamten mit dem Erwerb oder mit der Leasingrate zusammenhängenden Vorsteuer, jedoch nicht mehr als 6.000 Zloty – zirka 1.500 Euro – abgezogen werden. Deshalb müssen Unternehmen vor allem teurere Fahrzeuge letztlich immer brutto rechnen. In Polen gibt es gegenwärtig aber noch eine Lösung, mit der man sich von der Einschränkung beim Umsatzsteuerabzug befreien kann. Dazu muss das Fahrzeug als Lkw zugelassen werden.
Das erreicht man bei Pkw, indem eine Trennwand aus Stahl fest eingebaut wird, die den Kofferraum von der Fahrgastzelle trennt. Da die Vorschrift dies aber nur für Pkw zulässt, bei denen sich das Heck von der Fahrgastzelle entsprechend trennen lässt und bestimmte Voraussetzungen in Bezug auf die Zuladung erfüllt sind, ist der Umbau und die Erlangung einer Lkw-Homologation grundsätzlich nur bei Autos mit Fließheck, Kombis und Vans durchführbar. In diesen Fällen wird das Fahrzeug dann aber als Lkw eingestuft und damit eine 100-prozentige Abzugsfähigkeit bei der Umsatzsteuer ermöglicht.
Af: Sie haben betont, dass es diese Regelung bisher noch gibt. Ist mit einer Abschaffung zu rechnen?
Walczak: Wir befinden uns hier in einer Übergangsphase. Im Zuge der Annäherung an die EU hat Polen gesetzliche Änderungen vollzogen, welche es praktisch unmöglich gemacht haben, Pkw als Lkw anzumelden. Im Dezember 2008 Jahr hat der Europäische Gerichtshof jedoch entschieden, dass man sich in Polen noch auf die alte, vor dem EU-Beitritt Polens geltende Regelung zur Zulassung als Lkw stützen kann. Momentan ist ein Verfahren am Laufen, bei dem die polnische Regierung die EU nun um eine Übergangsperiode von drei Jahren gebeten hat, in welcher die für Steuerzahler nachteiligen Vorschriften angewandt werden können, um den Staatshaushalt zu konsolidieren.
Af: Wo lag das Problem für den Europäischen Gerichtshof?
Walczak: Die EU hat in ihren Richtlinien verankert, dass kein Steuerzahler durch den Beitritt seines Landes in die EU bezüglich seiner Steuerrechte schlechter gestellt werden kann als vorher. Polen hat jedoch diese Änderungen eingeführt, nachdem es beigetreten ist. Daraufhin wurde geklagt und Polen hat den Fall vor dem Europäischen Gerichtshof verloren. Nichtsdestotrotz kann die aufgehobene Regelung wieder eingeführt werden, sodass der vollständige Vorsteuerabzug bei Lkw mit einer Trennwand nicht mehr machbar ist. Grünes Licht aus Brüssel gibt es bereits und die ungünstige Einschränkung wird wahrscheinlich ab 1. Januar 2011 in Kraft treten.
Af: Wie werden die laufenden Kosten umsatzsteuerrechtlich behandelt?
Walczak: Sind die Fahrzeuge als Lkw zugelassen, kann die Vorsteuer auch bei den laufenden Kosten wie Wartung und Verschleiß sowie Kraftstoffkosten voll angesetzt werden. Dagegen haben Käufer und Leasingnehmer im Falle der Anschaffung von Kraftstoff für Pkw kein Recht auf den Vorsteuerabzug. Auf die sonstigen mit Pkw zusammenhängenden Aufwendungen ist jedoch der Vorsteuerabzug zulässig.
Af: Wie gestalten sich die Regelungen bezüglich der Körperschaftsteuer?
Walczak: Es gibt klare Einschränkungen bei den Möglichkeiten der Zuordnung der Abschreibungen auf Firmen-Pkw zu den abziehbaren Betriebsausgaben. Grundsätzlich werden Abschreibungen vom Überschuss der Anschaffungskosten über den Gegenwert von insgesamt 20.000 Euro als abziehbare Betriebsausgabe anteilig nicht anerkannt.
Darüber hinaus unterscheidet sich hierbei gemäß dem polnischen Körperschaftsteuergesetz die Definition des Pkw von der gegenwärtig angewandten umsatzsteuerlichen Regelung. Für Körperschaftsteuerzwecke wird als Pkw ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von weniger als 3,5 Tonnen angesehen, das für Beförderung von neun Personen einschließlich des Fahrers bestimmt ist.
Wenn es sich um Leasingfahrzeuge handelt, gilt diese Einschränkung von maximal 20.000 Euro allerdings nur im Falle der Abschreibungen auf Pkw, die auf der Grundlage eines Finanzierungsleasingvertrags genutzt werden. Im Rahmen des Operate Leasings genutzte Fahrzeuge sind von der Einschränkung nicht betroffen. Anzumerken ist hier jedoch, dass die Beschränkung auch bei der Abzugsfähigkeit der Versicherungsprämien von Pkw greift – unabhängig davon, ob es sich um Operate Leasing oder Finanzierungsleasing handelt. Leasingverträge werden dabei anhand der Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes beurteilt.
Sonstige mit der Nutzung von Firmenwagen zusammenhängende Betriebsausgaben wie zum Beispiel für Wartung, Parkplatz oder Fahrzeugwäsche sind generell ertragssteuerlich abziehbar. Wenn man die mit der Nutzung der Fahrzeuge zusammenhängenden steuerlichen Folgen analysiert, ist zu beachten, dass für Pkw die steuerlich relevante Nutzungsdauer grundsätzlich fünf Jahre beträgt. In dieser Hinsicht ist es günstiger, den Pkw im Operate Leasing zu nutzen, da Unternehmen die Kosten dann inklusive der laufenden Kosten in der Regel bereits innerhalb von drei Jahren voll abschreiben können. Viele Unternehmen nutzen daher Operate Leasing für ihre Firmenwagen.
Af: Gibt es weitere Besonderheiten bei der Körperschaftsteuer?
Walczak: Eine sehr spezielle Regelung gibt es beispielsweise auch bei einem Schadensfall. Wenn irgendwie ein Schaden, darunter Diebstahl, oder ein Unfall eintritt, dann kann ein Unternehmen die dadurch entstandenen Kosten nur ansetzen, wenn das Fahrzeug auch vollkaskoversichert ist. Ist es nicht vollkaskoversichert, müssen etwaige Kosten für Reparaturen oder den Wertverlust selbst getragen werden.
Generell lässt sich in Polen sagen, dass man versucht, die gesamte Besteuerung der Fahrzeuge über die Unternehmen abzuwickeln und die Fahrer stärker herauszuhalten als in Deutschland. Interessant ist auch die Einschränkung des Abzugs bei Kosten von Mietfahrzeugen, welche nicht auf Basis von Leasingverträgen im Sinne des Körperschaftsteuerrechts genutzt werden. In solchen Fällen ist lediglich die Anzahl der tatsächlich gefahrenen Kilometer multipliziert mit dem gesetzlich vorgegebenen Kilometergeld von rund 20 Cent pro Kilometer der maximale Betrag für den steuerlich zugelassenen Abzug.
Af: Welche Richtlinien hat der polnische Staat für die Einkommensteuer festgelegt?
Walczak: In der Einkommensteuer existiert im Prinzip keine direkte gesetzliche Regelung, weshalb Unternehmen eine breite Palette an Lösungen nutzen. Die aggressivste ist, dass die Firmenwagennutzung bei der Bemessung der Einkommensteuer des Fahrers gar nicht berücksichtigt wird. Bei der anderen radikalen Variante werden die unentgeltlichen Leistungen voll deklariert und zum Beispiel auch die Kosten für Mietfahrzeuge den jeweiligen Mitarbeitern voll zugeschrieben. Normalerweise setzen die Unternehmen jedoch auf einen Mittelweg, bei dem zum Beispiel der Vorteil aus den Fahrten von der Wohnung zur Arbeit ermittelt und mit zirka 20 Cent pro Kilometer auf das zu versteuernde Einkommen hinzugerechnet wird. Bei insgesamt 200 Kilometern pro Monat würde das etwa 40 Euro an zusätzlichem zu versteuernden Einkommen betragen. Ansonsten gibt es die Option, auch den geldwerten Vorteil aus den privat gefahrenen Kilometern anteilig anhand von entsprechenden Erklärungen der Mitarbeiter versteuern zu lassen. In der Praxis zahlen daher die meisten Firmenwagenfahrer keine oder nur eine sehr geringfügige Einkommensteuer auf den Vorteil aus einer möglichen privaten Nutzung.
Af: Was würden Sie als polenspezifische Charakteristika oder Fallstricke bei der Steuer bezeichnen?
Walczak: Unternehmen müssen auf jeden Fall die unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Regelungen stets im Blick haben, da sich die Bedingungen hier sehr schnell ändern können und das Fuhrparkmanagement dann seine Strategie ändern sollte. Gesetzliche Fallstricke in diesem Sinne sehe ich aber nicht. Vielmehr gibt es noch keine gewachsenen Vorschriften, an die man sich halten kann.
Af: Was raten Sie daher Fuhrparkverantwortlichen, wenn Sie eine Flotte in Polen betreiben oder aufbauen?
Walczak: Flottenbetreiber müssen neben dem kommenden Wandel bei der Umsatzsteuer, welche die Zulassung von Pkw als Lkw aus umsatzsteuerlicher Sicht und damit die Abzugsfähigkeit einschränkt, auf jeden Fall die Verbrauchssteuer beachten, da hierdurch ein Modell, das das Unternehmen in Deutschland vielleicht gar nicht so viel kostet, in Polen plötzlich sehr teuer werden kann.
Af: Herr Walczak, vielen Dank für das Gespräch! Interview: A. Schneider
Teil 1: So ist die Besteuerung von Firmenwagen in Polen geregelt
Neue Serie:
Kfz-Besteuerung
in Europa
Polen: Wichtige Steuern rund um den Firmenwagen
Die Regelungen für die Besteuerung von Firmen-Pkw sind in Polen vielschichtiger Natur und befinden sich derzeit im Wandel. Hier die grundlegenden Anforderungen und Richtlinien für Unternehmen und Dienstwagenfahrer zusammengefasst:
Gebühr von etwa 20 Euro für die Ausstellung des Kfz-Briefes bei Zulassung desFirmenwagens.
Fälligkeit einer Verbrauchssteuer von 3,1 Prozent bei einem Hubraum von 2,0 Litern und weniger sowie 18,6 Prozent, sobald der Hubraum die zwei Liter überschreitet; die Bemessungsgrundlage unterscheidet sich dabei je nachdem, ob es sich um Erwerb/Leasing eines inländischen, aus der EU kommenden oder importierten Pkw handelt (siehe Interview).
Umsatzsteuer: 22 Prozent; ab 2011 voraussichtlich 23 Prozent; in Zusammenhang mit dem Kauf oder Leasing eines Pkw kann diese zu maximal 60 Prozent der dabei entstehenden Kosten, jedoch nicht mehr als 6.000 Zloty (ca. 1.500 Euro) abgesetzt werden.
Die Vorsteuer auf laufende Kosten für Pkw ist zu 100 Prozent absetzbar. Ausnahme: Kraftstoff. Hier besteht kein Recht auf Vorsteuerabzug.
Körperschaftsteuer: Hier werden Abschreibungen vom Überschuss der Anschaffungskosten über den Gegenwert von insgesamt 20.000 Euro als abziehbare Betriebsausgabe anteilig nicht anerkannt. Dies gilt auch für Finanzierungsleasing. Pkw im Operate Leasing sind von dieser Einschränkung nicht betroffen! Ausnahme: Kfz-Versicherung. Hier greift die Einschränkung von 20.000 Euro wieder für alle Kauf- und Leasingformen.
Die steuerlich grundsätzlich relevante Nutzungsdauer von Pkw beträgt fünf Jahre.Besonderheit bei der Körperschaftsteuer: Die im Zusammenhang mit Diebstahl- oder einem Schadensfall entstandenen Kosten können nur angesetzt werden, wenn der Pkw auch vollkaskoversichert ist.
Einkommensteuer für Fahrer: keine direkte gesetzliche Regelung; meist angewandte Form: Mitarbeiter versteuern den Vorteil aus den Fahrten von der Wohnstätte zur Arbeit mit etwa 20 Cent pro Kilometer, die auf das zu versteuernde Einkommen angerechnet werden. Beispiel: Bei insgesamt 200 km pro Monat kämen 40 Euro auf das zu versteuernde Einkommen.
Kfz-Besteuerung in Europa, Teil 2:
In der kommenden Ausgabe lesen Sie, welche Vorgaben es für Arbeitgeber und Nutzer von Firmenwagen in Österreich bei der Besteuerung von Fahrzeugen gibt.
- Ausgabe 11/2010 Seite 60 (426.4 KB, PDF)