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Wegbereiter

01.02.2022 06:00 Uhr

Dass das SUV nicht der Allheilsbringer der Mobilität ist, ist Flottenexperten klar. Auf den Seiten zuvor zeigten wir bereits zwei Alternativen. Am oberen Ende der Preisskala rangiert der Mercedes E 400 d All-Terrain.

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Autsch. Das tut weh. Der E 220 d 4MATIC T-Modell All-Terrain, wie Mercedes etwas sperrig den Diesel-Einstieg in die hochgelegte Kombi-Welt nennt, kostet 52.355 Euro - netto. Da mutet der Aufpreis von der Vierzylinder-Basis mit (ausreichend) 194 PS zur reihensechszylindrigen Topmotorisierung mit (überbordenden) 330 PS fast lächerlich. Der E 400 d 4MATIC T-Modell All-Terrain kostet mit 62.255 Euro keine 10.000 Euro mehr. Ein Schnäppchen? Eher nicht. Denn wie unser Beispiel zeigt, klettert der Kaufpreis spielend auf 84.804 Euro. So viel kostet der Testwagen. Und: Es handelt sich noch immer um den Nettopreis.

Das Beste oder nichts

Mercedes nimmt also auch hier von seinen Kunden das Beste, nämlich deren Geld. Betrachtet man dann noch den Restwertverlauf (siehe DAT-Kalkulation), kann einem schwindelig werden - oder aber: Man gönnt sich ja sonst nichts. 950 Euro lautet übrigens der bescheidene Aufpreis zum vergleichbaren E 400 d Kombi ohne den Zusatz All-Terrain, wohl aber mit Luftfederung und 19-Zoll-Bereifung, die der All- Terrain serienmäßig an Bord an. Ein fast fairer Aufpreis. Was bekommt man dafür? Robuster erscheinende Stoßfänger, die um zwei Millimeter dicker auftragen, Radhausverkleidungen und ein markanteres Front-Design sowie eine Standhöhe, die in Normalstellung gut drei Zentimeter höher liegt als beim normalen Kombi (mit 17-Zoll-Rädern). Ist es das wert?

Die Alternative lautet GLE

Ja. Zumindest dann, wenn die Alternative GLE lauten würde. Denn der GLE 400 d beginnt erst bei 70.000 Euro. Aber es ist nicht der Preis, der das Zünglein an der Waage darstellen sollte. Denn der Kombi fährt sich einfach besser und ist abseits befestigter Straßen kaum schlechter. Als Alternative zur Hochbein-E-Klasse könnte der Audi Allroad gelten, der, zusammen mit dem Volvo XC 70, vor mehr als 20 Jahren das Segment salonfähig machte. Preissensible finden eine Alternative im Skoda Superb Scout.

Die Vorteile dieses Segments im Vergleich zum SUV liegen auf der Hand: Weniger Angriffsfläche für den Wind senkt Verbrauch und Windgeräusche und erhöht Tempo und Komfort. Der All-Terrain ist gut 200 Kilogramm leichter (oder weniger schwer) als der GLE 400 d und hat einen niedrigeren Schwerpunkt, was für eine definiertere Straßenlage mit weniger Wankneigung sorgt und die Seekrankheitsgefahr im Fond senkt. Hinzu kommt, dass Hinterherfahrende auch sehen, was weiter vorn auf der Straße passiert. Nachteile: keine ganz so exponierte Sitzposition. Und das vermeintlich "uncoolere" Image. Vielleicht strahlt der All-Terrain im Vergleich zum SUV aber eben genau deswegen das gewisse Etwas aus. Der Neid- und Abneigungsfaktor sinkt und Autokenner sehen im Hochbein-Kombi das clevere SUV.

Keine Abstriche müssen beispielsweise beim Innenraum gemacht werden, das Platzangebot ist opulent, Kinder und ältere Menschen steigen komfortabel ein und aus, ohne ungeahnte Höhen erklimmen zu müssen, und die Hosenbeine vom Fahrer bleiben sauber, weil sie nicht am Türschweller entlangstreifen. Als letzter Vorteil kann die bessere Übersichtlichkeit in den Ring geworfen werden. Somit ist der Wohlfühlfaktor im All-Terrain höher als die Standhöhe vermuten lässt. Diese liegt mit 15,5 Zentimetern Bodenfreiheit irgendwo kurz unter dem Niveau, bei denen es bei den SUV anfängt. Wer mehr benötigt, bekommt das im Offroad+-Modus. Dieser hebt die E-Klasse bis zu einer Geschwindigkeit von 35 km/h um 20 Millimeter auf 17,5 Zentimeter Bodenfreiheit an. Damit ist Offroadfahren möglich, wenngleich das kaum jemand mit einem SUV, geschweige denn mit dem All-Terrain in Anspruch nehmen wird. Aus dem Grund verharrt die Luftfederung wohl meistens auf Standardhöhe und lässt den All-Terrain einfach stattlicher als ein normales T-Modell, aber nicht so protzig wie einen GLE wirken. Einen schönen Nebeneffekt erzielt das Fahrwerks-Set-up: Der E 400 d bügelt fast alles weg, ob kleine Flicken oder grobe Löcher; trotz 19 Zoll (Serie) großer Räder. Zugleich liegt er stoisch ruhig auf der Autobahn, wenn es mal schneller vorangehen soll.

Zwangskombination

Bei flotter Kurvenfahrt werden Fahrer und Beifahrer wie in Abrahams Schoß in der Spur gehalten - zumindest dann, wenn das Aktiv-Multikontursitz-Paket für 1.950 Euro an Bord ist. Doch Stopp. Das reicht noch nicht. Denn das Spiegel-Paket, was unter anderem den Innenspiegel automatisch abblendet, muss für 550 Euro geordert werden und das Memory-Paket für die Sitze für 1.020 Euro ebenfalls. Macht zusammen 3.520 Euro. Prost. Beheizte Waschdüsen schlagen mit 170 Euro zu Buche, das Akustik-Komfort-Paket für mehr Ruhe kostet 990 Euro. In die Mittelkonsole sollte für 150 Euro offenporige Holzverkleidung bestellt werden, gleiches am Armaturenbrett, kostet abermals 240 Euro.

Als Business-Paket ist zusammengefasst, was Vielfahrer in der Tat oft bestellen: Rückfahrkamera, Sitzheizung, Smartphone-Spiegelung und kabelloses Laden desselben, Verkehrsschild-Anzeige und der "Widescreen". Ein wichtiges Detail ist ebenso inkludiert: der 66-Liter-Tank. Er beinhaltet 16 Liter mehr Diesel, wenn er voll gefüllt ist, als im Normalfall. Kostenpunkt: 2.700 Euro. Das Head-up-Diesplay ist eigentlich eine hervorragende Ausgabe. Jedoch beim Widescreen, der ja im Business-Paket drin ist, fast Geldverschwendung. Zumal einige polarisierte Sonnenbrillen die Anzeige in der Windschutzscheibe nur erahnen lassen. Audiofans sollten daher einen ähnlichen Eurobetrag lieber in das Burmester-Soundsystem "investieren". 925 Euro landen dafür in Stuttgart-Sindelfingen. Dort wird das T-Modell übrigens produziert. Bei den Assistenzsystemen geben wir keine Empfehlung. Hier divergieren die Interessen so sehr, dass ein Assistent für jemanden ein Muss ist und für den nächsten Nervgarantie besitzt. Nur so viel: Es gibt für Geld alles. Auch den schlüssellosen Zugang: macht 700 Euro. So werden für einen schönen und feinen E 400 d All-Terrain schnell rund 75.000 Euro fällig. Zugegebenermaßen, der knapp fünf Meter lange Kombi kann faszinieren und ist für sein Genre nahe am Perfektionismus.

Der Motor

Doch was diese E-Klasse besonders auszeichnet, ist eben sein fulminanter Dreiliter-Reihensechszylinder, der nach dem Selbstzünderprinzip arbeitet - leise und dezent. Ohne Elektrifizierungs-Firlefanz. Echte 330 PS und 700 Newtonmeter lauten die Eckdaten für Zahlenfetischisten, die sich vorstellen können, wie selbst 2,1 Tonnen Gewicht dermaßen befeuert nach vorne gehen. Allen anderen sei erzählt: Drückt wie die Sau. Erstaunlich ist jedoch, dass der Diesel beim Ausdrehen durchaus seine Stimme erhebt und dann auch aus seinem Arbeitsprinzip keinen Hehl macht. Doch selten wird dieser Aggregatszustand abverlangt. Meistens reicht Halbgas und man ist dennoch ganz vorne dabei. So bewegt, gönnt sich der 400er auch weniger als acht Liter und ist damit in unserem Test-Alltag auf WLTP-Wert. 0,4 Liter Mehrverbrauch lauten die Theoriedaten im Vergleich zum flacheren "Normal-Kombi".

Keine Frage, selbst der kleine E 220d, der die einzige Diesel-Alternative beim All- Terrain darstellt, reicht aus. Aber den Luxus, den dieses Gefährt ausstrahlt, vollendet wirklich erst der Sechszylinder. Aus dem Grund sind die 10.000 Euro Mehrpreis zum Vierzylinder gut investiert. Und wer tatsächlich sparen müsste - was bei der Shopping List, die den All-Terrain beinhaltet eher angezweifelt werden darf - kann weniger Assistenzsysteme bestellen. Die haben uns oft genervt und wir haben sie mühsam immer wieder deaktiviert.

Von Autoflotte getestet

+- Exzellenter Reisewagen- Tolle Multikontursitze- Enorme Fahrleistungen-- 50-Liter-Tank Serie- Hohe Versicherungseinstufung- Teuer (sehr teuer)

Mercedes E 400 d All-Terrain

Testwagenpreis: 85.804 EuroR6/2.925 cm³ | 243 kW/330 PS 700 Nm ab 1.200 U/min | 9-Gang-AT 250 km/h | 5,6 sWLTP: 7,3 - 7,7 D | 191 - 201 g/kmEffizienz: B 4.947 x 1.848 x 1.497 mm 640 - 1.820 lHK: 17 | VK: 25 | TK: 25Wartung: 25.000 km/jährlichGarantie: 2 Jahre Alle Preise netto zzgl. Umsatzsteuer

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