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Bußgeldzahlungen: Delikte auf Kosten des Arbeitgebers

29.10.2015 11:40 Uhr
Blitzer auf der Landstraße
Alle Autofahrer, damit auch Berufskraftfahrer, müssen Geldbußen wegen Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften selbst bezahlen.
© Foto: Lassedesinen/Fotolia

Trotz mitunter gängiger Praxis dürfen Arbeitgeber nicht für die Geldbußen ihrer Mitarbeiter aufkommen. Anders kann es bei Anwaltskosten aussehen.

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_ Aus Fuhrparkkreisen hört man oft Aussagen darüber, dass bei Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften und daraus folgenden Bußgeldern einzelne Arbeitgeber bereit seien, die Zahlungen dafür für ihre Mitarbeiter zu übernehmen. Ein heikles Thema.

In diesem Zusammenhang taucht vermehrt die Frage auf, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, etwaige Rechtsanwaltskosten, beispielsweise Verteidigerkosten, zu übernehmen.

Aus eigenen Mitteln

Grundsätzlich müssen alle Autofahrer, damit auch Berufskraftfahrer, Geldbußen wegen Verstößen gegen Straßenverkehrsvorschriften aus ihren eigenen finanziellen Mitteln selbst bezahlen. Man könnte entfernt an § 670 BGB (Ersatz von Aufwendungen) denken, wonach der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung seines Auftrages diejenigen Aufwendungen vom Auftraggeber erstattet verlangen kann, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Schon diese tatbestandlichen Voraussetzungen des § 670 BGB machen deutlich, dass Bußgelder der Mitarbeiter keine ersatzfähigen Aufwendungen sind.

Dies gilt selbst dann, wenn ein Verhalten des Arbeitgebers mitursächlich war, zum Beispiel bei vorgegebenem Termindruck. In diesem Fall kommt allenfalls nur eine eigene bußgeldrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers als Anstifter oder Mittäter oder wegen Beihilfe in Betracht.

Zusagen des Arbeitgebers über die Erstattung etwaiger Geldbußen sind sogar sittenwidrig und gemäß § 138 BGB unwirksam; so hat bereits das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2001 entschieden (BAG, Entscheidung vom 25.1.2001, Az. AZR 465/00, NZA 2001, 653).

Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten

Entsprechendes gilt für die Ahndung von Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeit: Ein Arbeitgeber, der durch entsprechende Anordnungen bewusst in Kauf nimmt, dass es beispielsweise zum Verstoß gegen Vorschriften über Lenkzeiten kommt, handelt sittenwidrig und ist nach § 826 BGB gegenüber dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet. Zu dem ersatzfähigen Schaden gehört aber nur in Ausnahmefällen die Erstattung von Geldbußen, die gegen den Arbeitnehmer verhängt werden.

Eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass die Anordnungen des Arbeitgebers sich konkret auf die beispielsweise zum Schaden führende Lenkzeitüberschreitung bezogen und der Arbeitgeber diesen Schaden im Sinne des bedingten Vorsatzes mindestens billigend in Kauf nahm.

Vorgeschriebene Termine

Dabei genügt es, wenn der Arbeitgeber die Lenkzeitüberschreitung zwar nicht direkt vorgeschrieben, jedoch bewusst eine Fahrt mit bestimmten vorgeschriebenen Terminen angeordnet hat, die zwangsläufig zu unzulässigen Lenkzeitüberschreitungen führen musste.

Übernimmt der Arbeitgeber dennoch im Einzelfall die Zahlung einer Geldbuße, die gegen einen seiner Mitarbeiter verhängt wurde, so handelt es sich dabei um steuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber nicht aus ganz überwiegend betrieblichen Interessen handelt (Bundesfinanzhof [BFH], DStR 2008, 2310).

Eigenbetriebliches Interesse

Eine vom Arbeitgeber übernommene Geldbuße oder Geldauflage ist zwar kein Arbeitslohn, wenn die Übernahme "aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse" erfolgt ist. Bei Abwägung eines solchen Interesses kommt es aber stets auf die "Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung respektive Entlastung des Arbeitnehmers" an.

Geldbußen eines GF von 40.000 Euro

Entschieden hat der Bundesfinanzhof dieses Thema im Fall von Geldbußen gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH aus der Lebensmittelbranche. Im Raum standen Geldbußen von rund 40.000 Euro. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers der wirtschaftliche Vorteil aus der Übernahme von Geldbußen anzusetzen ist, desto geringer zählt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse.

Demgegenüber deutlich kleinere Bußgelder aus Verstößen im Straßenverkehr sieht der BFH grundsätzlich nicht als Arbeitslohn (BFH, Entscheidung vom 7.7.2004, Az. VI R 29/00, BStBl 2005 II S. 367).

Früher wurde in der Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber sogar eine selbst strafbare Strafvereitelung, begangen durch den Arbeitgeber, gesehen. Dies ist seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1991 (BGH, NJW 1991, 990) nicht mehr der Fall. Wer eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, muss grundsätzlich die gegen ihn verhängte Sanktion nach deren Sinn und Zweck in eigener Person tragen und damit auch eine ihm auferlegte Geldstrafe oder Geldbuße aus seinem eigenen Vermögen aufbringen. Die Erstattung einer vom Täter schon bezahlten Geldbuße ist indessen nicht verboten.

Selbst derjenige, der dem Täter im Voraus die zur Zahlung der Strafe oder Geldbuße erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellt, macht sich, wie der BGH entschieden hat, nicht strafbar (BGH, Entscheidung vom 7.11.1990, 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226).

Auch ein Anspruch des Täters auf Erstattung des Bußgelds ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, soweit sich ein solcher Anspruch aus den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts ergibt (vgl. BGH, Entscheidung vom 14.11.1996, Az. IX ZR 215/95, NJW 1997, 518, 519).

Zusagen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer bei der Arbeitsausübung auferlegte Geldstrafen oder Geldbußen zu übernehmen, sind regelmäßig als Verstoß gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig, weil sie jedenfalls dem Zweck von Straf- und Bußgeldvorschriften zuwiderlaufen und geeignet sind, die Hemmschwelle des Arbeitnehmers, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu begehen, herabzusetzen (LAG Hamm, Entscheidung vom 30.7.1990, Az. 19 (14) Sa 1824/89, NJW 1991, 861).

Auch wenn die Strafrechtsordnung darauf verzichtet, die Übernahme Dritten auferlegter Geldstrafen oder Geldbußen unter Strafe zu stellen, bedeutet dies nicht, dass die Zivilrechtsordnung bereit ist, dieses Verhalten zu billigen, indem sie derartige Absprachen für rechtswirksam erklärt.

Unverantwortliches Handeln

Ein Arbeitgeber, der im eigenen wirtschaftlichen Interesse seine Arbeitnehmer zur Vernachlässigung von Verkehrsvorschriften verleitet, indem er von vornherein die Übernahme etwaiger Geldstrafen und Geldbußen zusagt, handelt unverantwortlich nicht nur gegenüber seinen Arbeitnehmern, deren Gesundheit er gefährdet, sondern auch gegenüber der allgemeinen Verkehrssicherheit. Es ist deshalb nicht akzeptabel, wenn ein Arbeitgeber gegenüber seinem Mitarbeiter die Übernahme von Geldbußen vertraglich zusagt und damit in Kauf nimmt, dass es zum Verstoß des Arbeitnehmers gegen Straßenverkehrsvorschriften kommt.

Übernahme von Anwaltskosten

Ganz anders sieht es bei der Übernahme von Verteidigerkosten aus. Verursacht ein Arbeitnehmer unverschuldet einen schweren Verkehrsunfall und leitet die Staatsanwaltschaft gegen ihn ein Ermittlungsverfahren ein, hat er gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Verteidigerkosten (BAG, Entscheidung vom 16.3.1995, Az. 8 AZR 260/94, NJW 1995, 2372). Erforderlich in diesem Sinne sind jedoch nur die gesetzlichen Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Arbeitsrechtlich ist ein Berufskraftfahrer ohne besondere Vereinbarung und Vergütung nicht zum Abschluss einer Rechtsschutzversicherung verpflichtet. Der Abschluss einer solchen mag für den Arbeitgeber ratsam und für den Arbeitnehmer wünschenswert sein, eine entsprechend § 254 BGB (Mitverschulden) zu berücksichtigende Obliegenheitsverletzung folgt hieraus jedoch nicht.

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