_ Das Mobilitätsmanagement ist die Auswahl, das Implementieren, das Organisieren und das Abrechnen aller zu den Unternehmensbedürfnissen passenden regionalen und überregionalen Mobilitätslösungen für sämtliche geschäftliche Mobilität von Unternehmensmitarbeitern. So weit, so bekannt. Um eine neue Form geschäftlicher Mobilität zu etablieren, bedarf es aber zusätzlich weiterer Überlegungen. Im Kern geht es darum, geschäftliche Mobilität neu zu denken, neu zusammenzustellen und zu organisieren und letztlich Mobilität im Unternehmen ganz neu einzuführen.
Neu denken
Alternativ zu bisherigen klassischen Firmenwagen- und Travel-Modellen erfordert eine zeitgemäße Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Berufstätigen in erster Linie Flexibilität und den echten Fokus auf das Mobilitätsbedürfnis. Diese Flexibilität wird zunehmend in Form von Mobilitätsbudgets angeboten. Dabei ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren dieser Ansätze die Möglichkeit einer Auswahl vielfältiger Mobilitätsformen - und -anbieter.
In diesem Zusammenhang ergeben sich besondere Chancen hinsichtlich Mitarbeiterbindung und -gewinnung. So kann einerseits für Firmenwagenberechtigte bei einer freiwilligen Wahl einer günstigeren Fahrzeugklasse das frei werdende Budget für andere Mobilitätsformen verwendet werden. Die so oft bei höherem Nutzen dennoch sinkenden Gesamtkosten können dazu verwendet werden, auch bislang nicht firmenwagenberechtigten Mitarbeitergruppen attraktive Mobilitätsangebote zu unterbreiten. Denn die Mobilitätsbudgets lassen sich flexibel auf Mitarbeitergruppen ausrichten und individuell ausgestalten.
Neu zusammenstellen
Um für die Mitarbeiter ein attraktives Mobilitätsangebot zusammenstellen zu können, ist es wichtig, sämtliche überregionalen wie auch die regionalen Anbieter zu kennen, um sie in das Paket aufnehmen zu können. Insbesondere Anbieter im Bereich Bikesharing oder Vermittler von Fahrgemeinschaften sind oftmals regional ausgelegt. Um für die Mitarbeiter aber ein wirklich attraktives Paket zu schnüren, gilt es, die besten Lösungen zusammenzustellen.
Neu organisieren
Die jeweiligen auf die Region und Mitarbeitertypen zugeschnittenen Mobilitätsangebote müssen auch praktikabel zu beauftragen beziehungsweise zu buchen sein. Hier haben sich bereits Systeme von Mobilitätsanbietern entwickelt, die allerdings oftmals nur bestimmte ausgewiesene Mobilitätsdienstleister beinhalten. Gründe hierfür sind zum einen unternehmenspolitische marktgetriebene Entscheidungen und zum anderen - und wahrscheinlich hauptsächlich deshalb - eine enorme Komplexität bei der Behandlung der jeweiligen Datensätze und Quellen. Ein aktuelles Beispiel für den Trend zu gebündelten Buchungsformen und zur weiteren Digitalisierung der Mobilität ist das aktuelle Angebot eines großen Vermieters, bei dem sich Carsharing, Miete und verschiedene Kurzzeit-Vermietungen über eine App buchen lassen.
Unsere Forschungen an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management haben allerdings eindeutig ergeben, dass die Flexibilität bei der Anbieterwahl sowohl für die Beschäftigten als auch für die Unternehmen von ganz herausragender Bedeutung sind. Die aktuellen Angebote können daher nur ein weiterer Schritt in Richtung völliger Offenheit sein. Und weil davon auszugehen ist, dass Systeme operativer Mobilitätsanbieter weiterhin die eigenen Leistungen protegieren werden, wird es die Aufgabe neutraler Intermediäre sein, anbieterübergreifende vollflexible Multi-Supply-Lösungen zu entwickeln. Diese müssen in der Übergangszeit in der Lage sein, sowohl digitale als auch analoge Mobilitätsdienstleistungen zu buchen und auch abzurechnen. Dafür böten sich als Dienstleister die bisherigen unabhängigen Flottenmanagementgesellschaften an, die es zweifelsohne gewöhnt sind, eine Vielzahl von Lieferanten und Dienstleistern zu organisieren und abzurechnen. Voraussetzung ist natürlich die reibungslose Verarbeitung digitaler Daten - und schon kann es losgehen.
Neu einführen
Ein weiterer wichtiger Aspekt auf dem Weg zur vollständig flexiblen Gestaltung der geschäftlichen Mobilität ist in den heute noch zumeist flottenlastig betriebenen Unternehmen das Change Management. Hier gilt es zunächst, ernsthaft den echten Mobilitätsbedarf der einzelnen Mitarbeiter zu sichten. Selbstverständlich treffen hier völlig unterschiedliche regionale Voraussetzungen - Großstadt oder Kleinstadt, Innenstadt, Umland oder Land - auf nicht minder unterschiedliche Generationen wie Baby-Boomer, Generation X , Y und nun auch Z. Dies, gepaart mit Besitzständen, die stark auf Fahrzeugklassen und die Car Policy ausgelegt sind, führt zu einer Komplexität, die sehr subtil angegangen werden sollte.
Ein wichtiger, nicht zu unterschätzender Punkt ist dabei die Rolle des Firmenwagens als Statussymbol. Zwar ist diese Funktion mittlerweile vielfach zu relativieren - denn mit einem Auto, das der Arbeitnehmer in der Innenstadt nie vor der eigenen Wohnung parken kann, beeindruckt der Arbeitgeber nun mal nur noch sehr eingeschränkt. Oder nehmen wir als Beispiel die Sharing-Generation, die dem Besitz von Fahrzeugen oftmals zumindest in jungen Jahren offensichtlich nur einen eingeschränkten Wert beimisst. Darüber hinaus aber gibt es immer noch eine große Anzahl wertvollen Personals, das aus der Überlassung attraktiver Firmenfahrzeuge eine hohe Anerkennung und Wertschätzung des Arbeitgebers ableitet.
Aus diesem Grund ist es wichtig, neue, der modernen Gesellschaft angemessene Statussymbole zu entwickeln. Diese könnten zum Beispiel in der größeren Flexibilität bestehen, die übergreifende Mobilitätskonzepte im Vergleich zum Firmenwagen bieten. Allerdings muss man Wege finden, diese neuen Symbole auch erlebbar und sichtbar zu machen. Hier könnten verschiedene Mobilitätsklassen für unterschiedliche Hierarchiestufen eine Rolle spielen, die dann auch in verschiedenen Mobilitätskarten zum Ausdruck kommen. Beispiele für derartige Modelle könnten unterschiedliche Klassen bei Bahn und Flug sowie Fahrzeugklassen für Kurzzeitmieten und Sharingfahrzeugen sein. Insbesondere eine Kombination aus kleinerem fest zugeordnetem Geschäftswagen und flexiblen Mobilitätsbudgets wirkt erfolgversprechend. Am wichtigsten ist aber, im Zuge des Veränderungsprozesses auch die wirklich existierenden Vorteile einer größeren Flexibilität vor allem im Privatbereich zu veranschaulichen. So kann für die Urlaubsfahrt dann auf einmal ein günstiges Zugticket, ein Flug oder ein großes Fahrzeug winken, wobei die Geschäftsreise sehr einfach per Start- und Zieleingabe komplett gebucht werden kann.
Neue Trends erkennen
Erfolgsentscheidend wird auch sein, wie sich der aktuelle Trend zur Urbanisierung der Bevölkerung, aber auch die Standortwahl der Unternehmen entwickeln wird. Es zeigt sich bereits, dass bestimmte Unternehmen mit Bedarf an schwer zu rekrutierenden Kompetenzen ihre Standorte in attraktive Städte verlegen, um überhaupt eine Chance im weltweiten "War for Talents" zu haben. Auch darauf haben die Mobilitätsangebote zu reagieren.
Die aktuelle Studie der FOM Hochschule für Oekonomie und Management "Jobmobility18" untersucht genau diese Reaktionen und Verhaltensweisen der verschiedenen Beschäftigten in den unterschiedlichen Voraussetzungen.
Prof. Dr. Roland Vogt
Vogt ist Professor für Strategisches Management an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management in München und in dieser Eigenschaft auch in der Erforschung der geschäftlichen Mobilität der Zukunft aktiv. Als langjähriger Geschäftsführer von operativen Flottenmanagementgesellschaften hat er umfassende Erfahrungen im Flottenmanagement und Mobilitätsstrategien für Unternehmen.
Darüber hinaus ist er Gründer und Sprecher des Zegemo, Zentrum für geschäftliche Mobilität, welches Unternehmen im Bereich Training, Forschung und Beratung unterstützt. In der aktuellen FOM-Studie Jobmobility18 untersucht Vogt die Reaktionen und Verhaltensweisen der Beschäftigten auf die unterschiedlichen Mobilitätsangebote.
@ Weitere Informationen: www.zegemo.de