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Neuer Citroën Oli im Autoflotte Test: Der Weniger-ist-mehr-Panzer im Video

31.12.2022 09:17 Uhr | Lesezeit: 4 min
Citroën Oli in Fahrt.
© Foto: Dani Heyne

Das Credo vieler Weltverbesserer: Weniger Konsum. Das helfe, die Erde saubere zu machen. Citroën will sich in gewissem Maße beteiligen und zeigt mit der Studie Oli, wie das aussehen könnte. Wir sind mit dem Humvee-Light durch Frankfurt gefahren.

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Keine Frage, die Automobilhersteller sind nicht blind. Sie wissen, dass die Maxime von Lotus-Erfinder Colin Chapman, „Mehr Leistung macht dich auf den Geraden schneller. Wenn man Gewicht abbaut, ist man überall schneller", heute vielleicht mehr denn je Bestand hat. Dabei geht es mittlerweile weniger um Fahrspaß als vielmehr um Effizienz, was wohl auch der Grundgedanke von Chapman war.


Citroën Oli Fahrbericht (2022)

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Elektrofahrzeuge sind schwer und teuer

Modernen Autos, gerade denen mit Batterieunterstützung, kann man vor allem zwei Dinge ankreiden: Sie werden immer schwerer und immer teurer. So wiegt ein 4,26-Meter-Kompaktmodell wie der VW ID.3 mit 58-kWh-Akku rund 1,8 Tonnen und kostet schnell 50.000 Euro brutto. Ein 150 PS starker Golf 8 mit Automatik wiegt 400 Kilogramm weniger. Zwar ist das Gewicht bei einem E-Auto für den Gesamtverbrauch nicht so entscheidend wie bei einem Verbrenner. Denn die Masse hilft im Gegenzug beim Rekuperieren.

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Aber es geht ja nicht nur um den Verbrauch. Mehr Gewicht bedeutet: höherer Einsatz von Material, ergo Ressourcen, stärkere Beanspruchung der Fahrbahn (ein Mercedes EQS SUV wiegt leer 2,8 Tonnen), stärkere Auslegung von Infrastruktur (beispielsweise Werkstatthebebühnen, Duplex-Garagen, etc.), was ebenfalls den Energieeinsatz bei der Produktion erhöht. Es ist also ein Rattenschwanz, der hohen Fahrzeuggewichten folgt.

Genug. Das meint jetzt Citroën und zeigt mit der Studie Oli, dass es auch anders gehen könnte. Neu ist das nicht, nur setzt es niemand mehr um. Dabei ist Citroën schon ab und an in jüngerer Vergangenheit auf einem guten Weg gewesen. Der Citroën Mehari zeigte Bereits vor mehr als 50 Jahren, wie Mobilität auch aussehen kann. Mit dem Citroën (C4) Cactus bewiesen die Franzosen bereits vor acht Jahren Mut: Das Weniger an Auto mündete in einem Mehr an Geld (des Kunden), oft gepaart mit höherer Lebensfreude, weil auch das Einfache ausreichen kann. Der C4 Cactus der zweiten Generation hat allerdings einiges an Charme des ersten Modells eingebüßt. Nächster Versuch bei Citroën: der Ami, der in Deutschland als Opel Rocks-e verkauft wird. Er bietet rudimentäre Individualmobilität für die Stadt an. Irgendwo dazwischen soll der Oli (der übrigens englisch all-e gesprochen werden soll) mal seinen Platz finden. Oder das, was von der Studie übrigbleibt. Laut Citroën könne man erwarten, dass viele der gezeigten Ideen und Innovationen in die Serienfahrzeuge einfließen werden.


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Citroën Oli: kurz, breit, geduckt – Humvee?

Dabei mutet das Design des 4,20 Meter langen, 1,90 Meter breiten und 1,65 Meter hohen Citroën Oli alles andere als leicht oder innovativ an. Autoflotte hatte die Gelegenheit, den Oli in Frankfurt auf öffentlichen Straßen für ein paar Kilometer zu bewegen. Eine in der Tat sehr seltene Gelegenheit, ein Prototyp im realen Verkehr bewegen zu dürfen. Die Reaktionen der Passanten und Mitstreiter im Verkehr waren dementsprechend. Kein Wunder. Denn wenn der Citroën eines nicht ist, ist es unauffällig. Sein martialisches Äußeres, das an den US-amerikanischen Humvee erinnert, wird durch die ballonartigen 20-Zoll-Räder unterstrichen. Die von Goodyear entwickelten Reifen für den Oli sollen eine besondere Karkasse besitzen, die mit zweimaligem Erneuern des Gummis, das eine Profiltiefe von elf Millimetern besitzt, bis zu 500.000 Kilometer halten.

Ein Traum für Fuhrparkbetreiber. Klar ist, dass die Abnutzung, anders als bei drehmomentstarken und schweren E-Autos, geringer ausfällt. Denn bei 110 km/h wird der Citroën Oli elektronisch eingebremst. Er ist also primär für die Peripherie gemacht und nicht für die „German Autobahn“. In dieser Umgebung soll der 1.000 Kilogramm leichte Citroën Oli 400 Kilometer am Stück schaffen. Mit einem Verbrauch von angeblich 10 kWh auf 100 Kilometern liegt er am untersten Ende der Verbrauchsskala. Und richtig gerechnet, der Akku speichert 40 kWh Energie. Diese Energie kann der Oli selbstverständlich auch für V2G- und V2Load-Anwendungen abgeben. So könnte mit maximal 3,6 kW (Steckdosenstromstärke) rund zwölf Stunden ein 3.000-Watt-Elektrogerät versorgt werden.


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Der Citroën Oli ist sogar eine Arbeitsbühne

Denn das haben sich die Oli-Gestalter auf die Fahne geschrieben. Der Citroën Oli soll Familienlimousine, urbaner Entdecker, Abenteuerfahrzeug, Arbeitskollege sein und eben auch mal als Erweiterung des Familienhauses dienen und bei eventuellen Stromausfällen aushelfen. Das passt in die Zeit…

Citroën spricht sogar von der Nutzung als Arbeitsbühne, denn Dach und die hintere Ladefläche wurden so entwickelt, dass sie geringes Gewicht mit hoher Festigkeit und maximaler Haltbarkeit kombinieren. Die Trittflächen auf Motorhaube, Dach und Ladefläche bestehen aus recycelter Wellpappe mit Glasfaser-Verstärkungsplatten. All das soll, wie viele weitere Details, einem erweiterten Lebenszyklus dienen und für mehrere Besitzer aufgearbeitet, nachgerüstet und repariert werden können.

Die elektronische Tempobeschränkung ermöglicht laut Citroën zudem, das besondere Design, das auf den ersten Blick alles andere als windschnittig aussieht. Der Wind soll jedoch, abgeleitet durch die Form der Motorhaube, über die senkrecht stehende Windschutzscheibe darüberwischen und somit für eine Art „Vorhang-Effekt“ sorgen. Bei höherem Tempo sei das nicht mehr möglich, daher ist bei 110 km/h Schluss. Dafür wird wenig Glas für die Windschutzscheibe benötigt, was nicht nur zur Gewichtsreduktion taugt (Glas ist schwer). Die kleine Scheibe sorgt dafür, dass weniger Sonne ins Innere blinzelt. Citroën schätzt, dass der Strombedarf der Klimaanlage um bis zu 17 Prozent gesenkt werden kann.

Citroën Oli reicht

Eine Klimaanlage gibt es selbstverständlich. Auch wenn Laurence Hansen, Direktorin Citroën Produkt und Strategie folgendes zu bedenken gibt: „Man kann sich entscheiden, für die neuesten Funktionen und die künstliche Intelligenz zu bezahlen, die man nur zwei Prozent der Zeit beim Fahren nutzt, oder man kann sich fragen, wie man verantwortungsbewusst handeln kann und wie viel davon man wirklich braucht, der Oli ist eine Möglichkeit zu sagen: Es reicht! Ich will zwar etwas Innovatives, aber ich will es unkompliziert, erschwinglich, verantwortungsbewusst und langlebig. "

So soll die Ökobilanz „Best-in-Class" sein (welche Klasse ist das?) und durch reduziertes Gewicht und Komplexität, langlebige, recycelte und recycelbare Materialien mit Erschwinglichkeit kombiniert werden. Effizienz steht weit oben auf der künftigen To-do-Liste. Diese äußerst sich in identischen Vordertüren, Stoßfängern und Schutzelementen sowie besonders flachen Paneelen, Glas und leichten Materialien. Dass diese nicht kontraproduktiv zu einem guten Automobil sein müssen, beweisen die sehr bequemen Sitze mit Netzrückenteil. Das kennen einige noch vom ersten Smart. Die Citroën Oli-Sitze kommen mit 80 Prozent weniger Teilen aus als normale Sitze. Das luftige Design macht den gesamten Innenraum trotz der kleinen Scheiben hell. Die 3D-gedruckten Netz-Rückenlehnen haben eine integrierte Kopfstütze und sind angeblich robust.

Robust soll auch der modulare Bodenbelag aus expandiertem thermoplastischem Polyurethan (E-TPU) sein. Der Schaumstoff fühlt sich gummiartig an und soll hoch abriebfest werden – im Prototyp gelang letzteres noch nicht. Dafür beeindruckte der „Smartband-HMI-Projektor“. Dabei handelt es sich um einen über die gesamte Breite des Armaturenbretts integrierte Beamer, der alle relevanten Infos in einen Spiegel unter der Windschutzscheibe projiziert. Die Lautsprecher sind in Form der bekannten tragbaren und oft wasserdichten Bassröhren an Bord. Für Musik ist also gesorgt. Diese kommt vom Smartphone, das mittig in der Dockingstation eingeklinkt wird. Ein paar Kippschalter dienen der schnellen Bedienung der Klimaregelung an Bord.


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Citroën sagt selbst, ein „abenteuerlustiges, facettenreiches Angebot an cleveren und realisierbaren Ideen“ zu haben und sie wollen sich darauf fokussieren, „Gewicht und Komplexität zu reduzieren, um Effizienz, Vielseitigkeit und Zugänglichkeit zu maximieren. Oli ist ein Konzept, in dem der Trend zu „mehr" gegen das konstruktive „genug" ausgetauscht wird“. Die Franzosen sind überzeugt, dass es an der Zeit ist, dem Trend zu Überfluss und Kosten ein Ende zu setzen und sich auf einfache, ehrliche Fahrzeuge zu konzentrieren. Diese müssten leichter, unkomplizierter werden und erschwinglich sein. Wir sind gespannt, was übrigbleiben wird.

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