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Aus Flackern wird ein großes Leuchten

03.11.2017 06:00 Uhr
Aus Flackern wird ein großes Leuchten

Noch bestimmen die Stromermodelle, welches Ladesystem die Flotte anschaffen muss. Da die Technik aber immer intelligenter wird, ist auch hier bald der Einsatzfall das Maß der Dinge.

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_ So lange induktives Laden nicht über eine auslegbare Matte, wie sie BMW im kommenden Jahr für den Plug-in-Hybriden des 530ers anbieten will, hinausgeht, bleibt das Ladekabel der ständige Begleiter der Stromerfahrer. Und wie dieses zwei Enden hat, teilt sich auch die Welt der Ladesäulen in zwei Ebenen. Die erste findet zuhause oder auf Arbeit statt, wo geduldig der Dienstwagen steht und an der Wallbox mit bis zu 22 kW geladen wird (zum Vergleich: Der Haushaltsanschluss bietet 2,3 kW Leistung, ist also zehnmal langsamer). Um diese Anschlüsse kümmern sich Dienstleister wie New Motion, The Mobility House oder die RWE-Tochter Innogy.

Schnelles Laden

Dem Vertriebler hilft dies allerdings nichts. Um auch ihm eine Alternative zum Diesel zu bieten, wird unterwegs mit Schnellladevarianten gearbeitet. Die dann in der oft gerühmten Kaffeepause auch die großen Batterie-Packs der Langstreckenstromer auf 80 Prozent Leistung bringen sollen. Hier schlägt die Stunde der Energieriesen wie Eon oder der Autohersteller, die sich jeweils mit Partner zusammengeschlossen haben und nun an den europäischen Autobahn-Meridianen Schnellladesäulen anschließen wollen, die bis zu 350 kW Leistung handeln können. So wollen Eon und der dänische Mobilitätsdienstleister Clever in diesem Jahr die ersten Anlagen mit 150 kW Power installieren. Diese sollen ausbaufähig bis 350 kW sein. In dieser Sphäre tummelt sich ein Hersteller-Sextett (BMW, Daimler, Ford, VW, Audi und Porsche), das bis zu 400 CCS-Ladestellen für das sehr schnelle Refreshen der Akkus europaweit errichten will. Das gemeinsame Ziel: Laden soll so bequem werden wie Tanken.

Bis diese Versprechen Realität sind, bleibt der Stecker oft ein Ärgernis. Dennoch wächst auch seitens der Unternehmen und Flottenbetreiber das Interesse an der eigenen Ladesäule, wie Andrew Han, Sales Manager Germany bei New Motion Deutschland, bestätigt:"Die konventionellen Antriebe sind unter Druck geraten. Sowohl die Ausschreibungen als auch die Kundenanfragen und vor allem die Zahl der verkauften Ladestationen steigen spürbar." Am Anfang steht hier aber die Steckerfrage - oder welches Ladesystem passt am besten zu meinem elektrischen Dienstwagen (siehe Übersicht S. 64/65)?

"Die Kompatibilität der Stecker bereitet heute keine Probleme mehr - und zwar europaweit", wie Han betont. Die Unterscheidung gilt vielmehr den beiden Optionen Normal- oder Schnellladen. "Die meisten Schnellladesysteme, außer dem Tesla Supercharger, bieten sowohl CCS als auch Chademo-Steckplätze", versichert Han.

Firma zahlt den Strom

Anbieter wie New Motion, die ihre Zentrale im Ausland (wie hier in Amsterdam) haben, wissen um die Dynamik in anderen Märkten für E-Mobilität. "Ende des vergangenen Jahres kamen in Deutschland auf eine Ladesäule acht E-Fahrzeuge, in den Niederlanden betrug das Verhältnis 1:3", legt Han den Finger in die Wunde.

"Unsere Lösungen für das Normalladen werden bei 'Frequent- Visit-Long-Stay-Usern' eingesetzt, also bei Fahrzeugen, die eine hohe Standzeit aufweisen und denselben Parkplatz häufig besuchen. Diese werden beispielsweise zum Pendeln zwischen Arbeits- und Wohnort eingesetzt und entsprechend an der Wallbox im Unternehmen oder beim Mitarbeiter zuhause geladen." Wer dann seinen Dienstwagen zuhause lädt und die Stromkosten dafür, ähnlich wie mit der Tankkarte, vom Arbeitgeber erstattet bekommt, braucht eine smarte Lösung. "Unsere zertifizierten Ladesäulen haben deshalb einen eingebauten Zähler, der die Daten eines jeden Ladevorgangs in unsere Datencloud schickt. Mit dem bei uns hinterlegten Abrechnungstarif ergibt sich die monatliche Stromrechnung des Mitarbeiters für das Laden seines Fahrzeuges, die wir ihm im Auftrag des Arbeitgebers zurücküberweisen. So dass er am Ende auch zuhause kostenfreiladen kann", zeigt Han die Vorzüge auf.

Einfache Abrechnung

Der Dienstwagenfahrer hat keine Kosten zu tragen und beim Flottenbetreiber kommt monatlich eine Sammelrechnung für alle Stromer herein. "Wir verlangen für diesen Abrechnungsservice vier Euro netto pro Monat", erklärt Han. Ähnlich funktioniert die Abrechnung an den öffentlich zugänglichen Ladesäulen auf dem Firmengelände. "Hier gibt es drei Möglichkeiten der Abrechnung. Zum einen können Mitarbeiter kostenfrei oder zu einem vergünstigten Tarif laden. Des Weiteren können auch Firmengäste ihren Stromer gegen Zahlung eines entsprechenden Tarifs aufladen lassen." Nutzt man eine öffentliche Ladesäule, dann reicht zur Abrechnung die Karte eines Roamingpartners. Darunter zählt neben Euroshell auch Aral. "Damit können wir über 95 Prozent der Dienstwagenfahrer bedienen." Weitere Gespräche laufen laut Han mit Total sowie mit den größten Autoclubs in Deutschland und Europa.

Aus den Niederlanden übernahm man die Nähe zu den Leasinggebern, wenn es darum geht, in den Flotten aktiv zu werden."Da die Elektrofahrzeuge, wie die übrigen Dienstwagen in Deutschland, überwiegend geleast werden, haben wir technische Schnittstellen zu großen Leasingunternehmen entwickelt. So kann die Hardware samt der Montage - inklusive Mieterumzug oder etwaiger Demontage am Leasingende - geleast werden. In den Konfiguratoren taucht die Ladesäule dann als hinzubuchbare Option auf", erklärt Han das gebündelte Angebot.

Marktveränderung

Auch Daniel Heydenreich glaubt, dass die Ladesysteme präsenter in den Flotten werden. Heydenreich ist Leiter für Ladeinfrastruktur und Prokurist des Münchner Elektromobilitätsdienstleisters The Mobility House. Laut ihm ist der Markt für Flottenbetreiber mitten im Entstehungsprozess, da sich die Rahmenbedingungen rapide ändern."Bisher lief viel Geschäft über lokale Elektriker, die die Anlagen gekauft und für ihre Kunden angeschlossen haben. Das wird sich mit den neuen Möglichkeiten der Vernetzung von Fahrzeug und Infrastruktur aber ändern."

Den "Game-Changer", wie ihn Heydenreich nennt, sieht der Manager in der Möglichkeit des Fuhrparks, selbst als Stromspeicher agieren zu können. Dazu müssen die Batterien der E-Fahrzeuge zu einem Netzwerk verbunden werden, damit sie zusammen Strom aufnehmen und wieder abgeben können. Dazu braucht es bidirektionales Laden. "Sprich, die Möglichkeit, den Strom aus den Energiespeichern des E-Autos über das Ladekabel in den Haushalt zurückzugeben", erklärt Heydenreich. Im Moment kann dies nur die Chademo-Technik, also der aus Japan stammende Standard. Dies hat mit den dortigen Bestimmungen für den Energiemarkt zu tun, der sich nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima verändert hat.

Vorbild: Japan

Die Stromversorgung soll im Inselstaat dezentral und stationär sichergestellt werden. Als Speicher dienen dafür die zahlreichen E-Autos."Andere Steckverbindungen als Chademo leisten die Bidirektionalität zwar noch nicht, aber das ist nur eine Frage der Zeit", so der Manager. Schon jetzt arbeiten Unternehmen wie die Münchner daran, Möglichkeiten zur intelligenten Kommunikation zwischen Elektroauto und Stromnetz zu schaffen.

Es gibt aber noch weitere Punkte in Deutschland zu beachten, zum Beispiel die verfügbare Leistung beim Kunden, wie Heydenreich berichtet:"Wenn ich zum Beispiel zehn Ladesäulen mit je 22 kW aufstelle und mit 220 kW Leistung auf einmal Laden möchte, dann erreichen herkömmliche Stromanschlüsse schnell ihre Leistungsgrenze. Wer dann mehr Leistung abrufen will, muss diese oft teuer beim Energieversorger einkaufen." Die Lösung: Das Laden wird intelligent gesteuert und damit der Peak vermieden - genau dieses smarte Laden ermöglicht unter anderem die Hard- und Software von The Mobility House.

Um zu lernen, wie man einen riesigen Stromspeicher managen kann, unterhalten die Münchner zusammen mit einem Konsortium ein eigenes Kraftwerk. In Lünen wurden dafür die ausrangierten Batteriepacks von 1.000 Elektro-Smarts zum weltweit größten Speicher von gebrauchten E-Auto-batterien zusammengeschlossen.

Kleine Batterienkunde

Bevor aber der Schwarm von Elektroflitzern auf der Straße zum Kraftwerk verbunden wird, dient die Ladetechnik dazu, dass das Batteriepack des Dienstwagens beispielsweise in günstigen Zeitfenstern aufgeladen wird. Wobei der Umgang mit der Batterie eigenen Regeln folgt. So werden, wie Heydenreich erklärt, die Energiereserven am besten geschont, indem die Batterie möglichst lang bei 50 Prozent Leistung gehalten wird. "Da fühlt sie sich am wohlsten. Lädt man sie schnell auf, dann wird bei 80 Prozent Leistung das weitere Laden gedrosselt, da es den Speichereigenschaften schadet." So sind auch die DC-Schnellladesysteme, die in einer halben Stunde das Ladelevel auf 80 Prozent bringen, getaktet.

Wie beispielsweise New Motion auch splittet The Mobility House sein Portfolio in drei Anwendungen auf:"at work" - für den Ladepunkt am Arbeitsplatz, der mit einer Zugangskontrolle, wie durch Ladeoder Chipkarte (RFID), aktiviert wird. Unter dem Label"at public" finden sich die öffentlichen Ladesäulen. Der dritte Baustein ("at home") zielt auf den Privatanschluss beim Dienstwagenfahrer ab. Der Ladestrom wird dabei ermittelt und die Ladekosten werden vom Arbeitgeber beglichen. Diese Lösung startet bei monatlich 5,80 Euro.

Leasing

Wer die Hardware nicht kaufen, sondern lieber leasen will, kann dies in 24 bis 48 Monatsraten tun - nach einer Schlussrate in Höhe von fünf Prozent geht die Anlage in das Firmeneigentum über. Partner ist hier Grenke Leasing aus München. Kamen die Kunden bisher über ihre E-Autos zu den Anbietern von Ladeinfrastruktur, so glaubt Heydenreich, dass künftig eher der konkrete Anwendungsfall die Wahl des Stromers und der passenden Ladestation bestimmen wird. So wollen die Süddeutschen bald ihre Kunden in Branchensegmente clustern.

Welcher Stromer braucht welches Ladesystem? Eine Typographie (Auswahl).

Typ-1-Stecker_ Beim Typ-1-Stecker handelt es sich um einen einphasigen Stecker, welcher Ladeleistungen bis zu 7,4 kW (230 V, 32 A) erlaubt. Der Standard wird vor allem in Automodellen aus dem asiatischen Raum verwendet und ist in Europa eher unüblich, weshalb es kaum Ladesäulen mit fest angebrachtem Typ-1-Ladekabel gibt.Chademo-Stecker_ Dieses Schnellladesystem wurde in Japan entwickelt und erlaubt Ladevorgänge bis zu 100 kW. An den meisten öffentlichen Ladesäulen steht allerdings nur eine Leistung von 50 kW zur Verfügung. Unter anderem folgende Hersteller bieten Elektroautos an, die mit dem Chademo-Stecker kompatibel sind: Citroën, Honda, Kia, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Peugeot, Tesla (mit Adapter). Quelle: The Mobility HouseTyp-2-Stecker_ Der dreiphasige Stecker ist im europäischen Raum am weitesten verbreitet und wurde als Standard festgelegt. Im privaten Raum sind Ladeleistungen bis 22 kW (400 V, 32 A) gängig, während an öffentlichen Ladesäulen Ladeleistungen bis zu 43 kW (400 V, 63 A) möglich sind. Die meisten öffentlichen Ladestationen sind mit einer Typ-2-Steckdose ausgestattet. Daran kann jedes Mode-3-Ladekabel angeschlossen werden, also können sowohl Elektroautos mit Typ-1- als auch mit Typ-2-Stecker geladen werden. Auf der Seite der Ladestation haben alle Mode-3-Kabel den Mennekes-Stecker Typ 2.Combo-Stecker (Combined Charging System CCS)_ Der CCS-Stecker ergänzt den Typ-2-Stecker mit zwei zusätzlichen Leistungskontakten um eine Schnellladefunktion und unterstützt AC- und DC-Laden (Wechselstrom- und Gleichstromladen) mit bis zu 170 kW. In der Praxis liegt der Wert eher bei 50 kW. Quelle: The Mobility House

Tesla Supercharger

Der Sonderweg des Sunnyboys

_ Tesla hat nicht nur sein eigenes Ladenetz aufgebaut, sondern setzt mit dem Supercharger im Moment noch den Maßstab. Dieser ist eine modifizierte Version des Mennekes-Stecker Typ 2. Bis zu 100 kWh leisten die Batterien beispielsweise im Model X oder beim Model S. Der Supercharger erlaubt zum Beispiel eine Aufladung des Model S zu 80 Prozent innerhalb von 30 Minuten bei einer Ladeleistung von bis zu 120 kW (Gleichstrom). AF

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