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Bußgeld: Wenn der Chef das Knöllchen zahlt

13.12.2022 09:45 Uhr | Lesezeit: 3 min
© Foto: Brian Jackson / stock.adobe.com

Die Rechtsprechung ist im stetigen Wandel. Was gestern galt, muss morgen noch lange nicht so sein. Zu großer Verwirrung kam es jüngst durch die Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber.

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Dass die Rechtsprechung im stetigen Wandel ist, liegt in der Natur der Sache - dem Wandel. Hiervor machen daher auch - oder gerade - die Finanzgerichte nicht Halt. Zu großer Verwirrung kam es durch eine Entscheidung des Finanzgerichtes (FG) Düsseldorf vom 3. November 2016 (Az.: 1 K 2470/14 L), welche die Übernahme von Bußgeldern durch den Arbeitgeber (eines Lieferdienstes) für Halte- und Parkverstöße der Fahrer ihrer Lieferfahrzeuge als nicht lohnsteuerpflichtig ansah. Dies würde bedeuten, dass man zum betriebsfunktionalen Begriff zurückkehren würde. Hierüber hatte der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden (13. August 2020) und im Anschluss nach Zurückverweisung erneut das FG mit Urteil vom 12. November 2021.

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Zur Erinnerung: Die Oberfinanzdirektion Frankfurt erlies im Anschluss an eine BFH-Entscheidung (Urteil vom 14. November 2013, VI R 36/12) eine Verfügung vom 28. Juli 2015 (S 2332 A - 094 - St 222) mit dem Hinweis, dass der BFH seine Rechtsauffassung zur lohnsteuerlichen Behandlung von Bußgeldübernahmen durch den Arbeitgeber geändert hat. Demzufolge ist die Übernahme von Verwarnungsgeldern durch den Arbeitgeber nicht mehr von betriebsfunktionalen Gründen gedeckt und führt somit zu dem Ergebnis, dass es sich um Arbeitslohn handelt. Bußgeldübernahmen sind mithin als Lohn auszuweisen. Das wurde seither in der Verwaltungspraxis auch so gehandhabt.

Aufsehen erregte das Finanzgericht Düsseldorf mit seiner Entscheidung. Die Revisionsentscheidung des BFH hierüber am 13. August 2020 (VI ZR 1 /17) bestätigte die Auffassung des FG Düsseldorf zunächst, da die Bescheide der Verwarngelder auf die Firma des Arbeitgebers lauteten und dieser auf eine eigene Schuld zahlte (im Gegensatz zu den zu beurteilenden Fällen aus 2013, wie beispielsweise BFH-Urteil vom 14. November 2013 - VI R 36/12) und somit die Übernahme dieser Verwarngelder keinen Arbeitslohn im Sinne des Paragrafen 19 Abs. 1 EStG darstelle. Gleichwohl hat der BFH die Sache an das FG Düsseldorf mit dem Hinweis zurückverwiesen, dass nochmals zu prüfen sei, ob der Arbeitgeber nicht einen vertraglichen oder gesetzlichen Regressanspruch wegen dieser Verwarngelder habe. Dieser hätte dann wiederum den Zufluss eines "geldwerten Vorteils" an die Fahrer bedeutet, sodass es dann doch zu einer Steuerpflicht hätte kommen können.

Diese Frage hat das FG Düsseldorf dann in seiner Entscheidung vom 12. November 2021 (gleiches Az.: 1 K 2470/14 L wie die Ursprungsentscheidung) endgültig geklärt. Die erneute Revision wurde nicht zugelassen. Es verneint erneut und abschließend das Vorliegen einer steuerpflichtigen Einnahme der Fahrer und hat der Klage des Arbeitgebers auf Aufhebung der Lohnsteuerfestsetzung nebst Annexsteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) vollumfänglich stattgegeben. Der Arbeitgeber, so das Finanzgericht, habe keine vertraglichen oder gesetzlichen Rückgriffs- und Schadensersatzansprüche gegen seine Fahrer, die er dem Fahrer erlassen könne, womit auch kein "geldwerter Vorteil" entstanden sei.


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Einzelfallentscheidung

Das Finanzgericht begründet seine Auffassung damit, dass aufgrund der Vorgehensweise des Arbeitgebers, der die Halte- und Parkverstöße quasi angeordnet hat, der Arbeitgeber ein arbeitsvertragliches Mitverschulden nach Paragraf 254 BGB hat, das zu einem vollständigen Ausschluss der Haftung der Fahrer führt. Darüber hinaus hat der Arbeitgeber auch über einen längeren Zeitraum diese Verstöße ohne Regressforderungen an die Fahrer zu stellen geduldet, sodass ein Rückgriff auf die Fahrer nach Treu und Glauben (Paragraf 242 BGB) ausgeschlossen ist. Aber: Diese Entscheidung ist aufgrund seiner Sonderkonstellation ein Einzelfall und nicht allgemeingültig anzuwenden! Denn wie so oft: Der Teufel steckt im Detail.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat hier wirklich mehrere Klimmzüge unternommen, um trotz Zurückverweisung des BFH seine eigene Entscheidung aufrechtzuerhalten. Es arbeitet mit Generalklauseln und spätestens der Rückgriff auf Paragraf 242 BGB (Treu und Glauben) zeigt, dass die Entscheidung mit spezialrechtlichen Normen nicht zu begründen war und gewissermaßen geradegebogen werden musste. Klar zu betonen ist, dass hier der Streitfall ausschließlich und Park- und Halteverstöße mit Lieferfahrzeugen, mit denen Verstöße im Bagatellbereich innerhalb der betrieblichen Kerntätigkeit begangen wurden, für die keine straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Parken und Halten nach Paragraf 46 der StVO erlangt werden konnte. Über nichts anderes wurde hier entschieden. Der Knackpunkt hierbei ist eben auch, dass es sich nicht um Bußgelder gegenüber den Fahrern handelte, die der Arbeitgeber übernommen hat, sondern dass die Verwarngelder direkt gegenüber dem Halter verhängt wurden. Dieser hat also auf eine eigene Schuld gezahlt. Alle anderen Verstöße, wie Geschwindigkeitsverstöße der Lieferfahrzeugführer oder anderer Fahrzeuge der Flotte sind von diesem Urteil nicht erfasst.

Fazit

Aus unserer Sicht ist folglich dringend anzuraten, gerade vor dem Hintergrund der steuerrechtlichen Strafrechtsprechung zum Nachteil der Arbeitgeber, von der bisherigen Vorgehensweise, die gezahlten Verwarngelder als steuerbar und sozialversicherungspflichtig zu behandeln, nicht abzuweichen. Denn der "normale" Verkehrsverstoß im Fuhrpark mit Geschwindigkeiten, Überladungen, Lenk- und Ruhezeiten oder mit dem auch privat nutzbaren Firmenfahrzeug wurde hier gerade nicht entschieden.

Natürlich sind im Einzelfall Konstellationen denkbar, die wiederum eine andere Beurteilung zulassen. Dies sollte jedoch im Einzelfall juristisch geprüft werden.

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