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E-Autos und 0,5-Prozent-Versteuerung: Vor der Bestellung genau hinsehen

22.05.2019 11:18 Uhr
E-Autos und 0,5-Prozent-Versteuerung: Vor der Bestellung genau hinsehen
0,5-Prozent-Versteuerung: Plug-in-Hybride können wegen der Ausstattung durch das Förder-Raster fallen.
© Foto: Land Rover

Der Diesel verliert zusehends an Attraktivität. Das wird Mantra-artig repliziert. Manche meinen, dass sei die logische Konsequenz aus Dieselkrise und aktueller Politik. Alternativen und Anreize zum Umstieg gibt es.

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Von Autoflotte-Chefredakteur Michael Blumenstein

Die 0,5-Prozent-Versteuerung versinnbildlicht das Dilemma der Bundesregierung. Beim Thema Diesel haben sie aufgrund Ihrer Gesetzesvorgaben mindestens so viel falsch gemacht, wie der eine oder andere „clevere“ Autohersteller, der den Bogen bis kurz vors Reißen gespannt hatte – und einer sogar ein Stück weiter dran zog. Der Schwenk hin zum Strom war vorprogrammiert. Nötig und sinnvoll ist er in jedem Fall. So kann er in der Tat das Leben der Stadtbevölkerung beruhigen und bereinigen – und Kosten für Unternehmer reduzieren. Stromer stoßen nun mal vor Ort keine Emissionen aus und verursachen im Stadtverkehr weniger Geräusche.

Das sieht auch der Staat so und unterstützt massiv die Elektromobilität – ob sinnvoll oder nicht. Denn "Wer mit Strom fährt, fährt grün" lautet in etwa die Devise. Dienstwagenfahrer profitieren seit Jahresbeginn vom halbierten geldwerten Vorteil – 0,5-Prozent-Versteuerung sei Dank. Und zwar sowohl bei der Versteuerung des Fahrzeugneupreises als auch bei den Kilometern zwischen Büro und Heimathafen. Konsequenz: Seit Januar müssten die Bestellungen von elektrifizierten Automobilen durch die Decke gehen.

Subjektiv und objektiv

Subjektiv ist das bei Plug-ins so, die sich meist lediglich durch eine Zusatz-Tank-Klappe und dem E am Nummernschildende zu erkennen geben. Allesamt eint, dass sie entweder mindestens 40 Kilometer elektrisch fahren oder weniger als 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen – nach WLTP-Messverfahren. Das sind die Vorgaben, die das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) an die Steuervergünstigung für Privatnutzung von Firmenwagen geknüpft hat. In dem Zuge war es nicht verwunderlich, dass einige ältere Plug-in-Modelle aus dem Raster fielen und sich das Portfolio an Teilzeitstromern ausdünnte. Die gute Nachricht: Es gibt noch welche; und nach unseren Recherchen nehmen fast alle die Steuererleichterung mit – Vollstromer sowieso.

Fast alle? Ja, der Volvo XC90 T8 liegt mit 20-Zoll-Rädern bei 41 Kilometer Reichweite – ein knappes Ding also. Der CO2-Wert ist bereits jenseits von 70 Gramm pro Kilometer. Für Verwirrung sorgte zunächst die Bezugsgröße für die elektrische Reichweite. Für diese wurde anfänglich von den Herstellern der Wert im kombinierten Verkehr herangezogen, mittlerweile ist auf Hinweis der Behörden allerdings der reine Stadtbetrieb als Referenz entscheidend. Und damit erfüllen alle Konfigurationsvarianten des XC90 T8 die Voraussetzung für die vergünstigte Firmenwagenbesteuerung. Der Dienstwagenfahrer muss  also keine Angst haben, dass er plötzlich doch wieder in die Ein-Prozent-Regel fällt.

Die Rädergröße kann ein wichtiger Faktor sein. Vielleicht ist das der Grund, warum Mercedes diese bei E- und C-Klasse-Dieselhybrid begrenzt. Beim Mercedes E300de Kombi ist bei 18-Zoll Schluss, bei anderen erst bei 20 Zoll.

Interessant in diesem Zusammenhang ist der Range Rover P400e. Er emittiert mindestens 75 Gramm CO2/km und stolpert damit an der 0,5-Prozent-Hürde. Sein 13-kWh-Akku ermöglicht jedoch 48 Kilometer E-Gleiten und erfüllt somit mit jeder Ausstattung die Vorgabe. Und daran ändern laut BMVI nicht einmal nachträgliche Einbauten etwas. Steuerhinterziehung, wie von manch unkendem Verbrenner-Fan prognostiziert, begeht also selbst mit Zubehörrädern, Winterreifen oder beim Ziehen eines Anhängers niemand.

Nachrüstungen somit möglich

Das bestätigte das BMVI auf Nachfrage von Autoflotte: "Grundsätzlich gilt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Elektromobilitätsgesetz (EmoG) für ertragsteuerliche Zwecke anhand der Eintragungen in den Zulassungspapieren nachzuweisen ist. Die verkehrsrechtlichen Grundlagen für die Erstzulassung bilden dabei die europäischen Typgenehmigungsvorschriften. Hierzu gehört, dass zum Zeitpunkt der Erstzulassung der Hersteller mittels der Übereinstimmungsbescheinigung (CoC) die Übereinstimmung mit den harmonisierten Vorschriften und die Richtigkeit der im CoC ausgewiesenen Eigenschaften des Fahrzeugs, u.a. die Angaben zu CO2-Emission und elektrischer Reichweite, im Auslieferungszustand des Fahrzeugs bestätigt. Bei technischen Änderungen, die der Halter, der Hersteller oder Dritte nach der Erstzulassung vornehmen, ist § 19 der StVZO anzuwenden. Die in Frage kommenden Genehmigungswege sind unter den Absätzen 2 + 3 subsummiert. Im Falle einer Nachrüstung mit Reifen in einer Dimension, die in der Übereinstimmungsbescheinigung oder im Herstellerbeschreibungsbogen der Typgenehmigungsunterlagen des Fahrzeugmodells mit aufgeführt sind oder der Nachrüstung einer für das Fahrzeug genehmigten Kupplungskugel mit Halterung ist dies nach gegenwärtigem Stand zulässig. Die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs wird bei der Hauptuntersuchung überprüft.“

Wieso also funktionieren PHEV nicht so, wie von der Bundesregierung erhofft? Denn das tun sie laut der von uns angefragten Leasinggesellschaften nur bedingt. Klar ist, dass sowohl bei den E-Autos als auch bei den Plug-in-Hybriden je nach Modell die Nachfrage die teils homöopathischen Liefermengen übersteigt – theoretisch also mehr möglich wäre. Beliebteste Plug-in-Hybride waren von Januar bis Ende April 2019 beispielsweise bei Arval der Mercedes GLC (aktuell wegen Modellwechsel nicht als PHEV zu haben) vor dem BMW 2er Tourer und dem Mercedes C300de.

ALD, Arval und Leaseplan registrieren zwar einen erhöhten Bestelleingang von elektrifizierten Fahrzeugen – also auch reine Elektroautos. Bei ALD sind rund 30 Prozent mehr Steckermodelle an Kunden gegangen, Leaseplan verzeichnet einen durchschnittlichen Zuwachs von 50 Prozent pro Jahr und Arval spricht von erhöhtem Beratungsbedarf beim Thema elektrifizierte Dienstwagen. Dennoch machen Plug-in und Elektro-Modelle im Flottenmarkt zusammen lediglich gut ein Prozent im Antriebsmix der Leasinganbieter aus.

Dabei unterstützen Automobilhersteller, Leasinggesellschaften oder unabhängigen Unternehmen Interessenten, die ihren Fuhrpark erweitern oder gar umstellen möchten. So sagt auch Leaseplan-Geschäftsführer Roland Meyer gegenüber Autoflotte: "Im Rahmen unseres ganzheitlichen Ansatzes, unseren Kunden eine Lösung aus einer Hand anzubieten, informieren und beraten wir sie rund um das Thema Elektromobilität und unterstützen sie beim Einstieg." Und auch bei ALD sind Außendienstmitarbeiter exakt dafür bei den Kunden und "ermitteln individuell, welcher Antriebstyp für welches Fahrzeug und vor allem für welchen Einsatzzweck sinnvoll ist". Arval hat ein "Fünf-Schritte-Verfahren" entwickelt, mit dem Kunden ihre Mobilitäts- und Flottenziele definieren können, den Ist-Zustand analysieren und einen Monitoring-Prozess etablieren. Ebenso bieten Arval und Leaseplan bereits Tankkarten an, die sowohl das Laden an mindestens 20.000 Ladepunkten in Deutschland als auch das Benzin- oder Dieseltanken ermöglichen.

Der Diesel bleibt vor allem in den Flotten nach wie vor der beliebteste Antrieb. Daran wird mittelfristig auch die auf den 31. Dezember 2021 befristete 0,5-Prozent-Versteuerung nichts ändern. Dabei wird sich bis dahin noch einiges tun. Sowohl bei den Modellen, die das Portfolio vor allem auch nach unten abrunden als auch bei der Einstellung der Dienstwagenfahrer und der Unternehmen.

Plug-in-Hybride können für viele User Chooser die bessere Wahl sein. Aus finanziellem Aspekt – das bestätigte kürzlich eine Berechnung eines Automobilmagazins, die an drei Beispielen zeigten, dass beim Plug-in-Dienstwagenfahrer netto mehr Geld in der Tasche bleiben kann. Aber Vorsicht: Vor dem Bestellen klären, ob das Fahrzeug aufgrund der Ausstattung nicht durchs Raster fällt und Vielfahrer sowie Dauervollgas-Fans sich zwar über die halbierte Versteuerung freuen, beim Sprit aber das Unternehmen den ICE-Aufschlag zahlt – und die Umwelt ebenfalls.

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