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Gravierende Reformen

30.10.2015 06:00 Uhr

Leszek Patrzek, Senior Manager der Steuerberatung bei Deloitte Polen, beschreibt Änderungen und Vorhaben im östlichen Nachbarstaat.

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_ Die Zulassungs- sowie Verbrauchsteuer (siehe Autoflotte 11/2010) sind in Polen seit 2010 gleich geblieben. Gilt das auch für die Mehrwertsteuer, die damals noch 22 Prozent betragen hat?

Nein. Seit dem 1. Januar 2011 beträgt der Normalsatz der Umsatzsteuer in Polen 23 Prozent. Er betrifft unter anderem den Verkauf sowie die Vermietung von Pkw.

Außerdem wurden zum 1. April 2014 wesentliche Änderungen im Hinblick auf den Vorsteuerabzug von Ausgaben, die mit Pkw verbunden sind, eingeführt. Nach dem jetzigen Rechtsstand ist es die Regel, dass 50 Prozent des auf der Rechnung ausgewiesenen Vorsteuerbetrags - ohne einen Maximal--wert - abgezogen werden können, sowohl auf den Kauf eines Wagens, Mietzins oder Leasingraten als auch auf andere Ausgaben im Zusammenhang mit der Nutzung dieses Wagens. Dies beinhaltet beispielsweise auch die Gebühren für Autowäsche, Parkplätze oder Autopflegemittel. Dabei ist zu beachten, dass die genannten Einschränkungen nur Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen betreffen. Folglich ist der vollständige Vorsteuerabzug auf die Kosten für Fahrzeuge mit einem größeren Gesamtgewicht immer noch erlaubt.

_ 2010 hat die Möglichkeit bestanden, bei bestimmten Pkw-Modellen mit dem Einbau von Stahltrennwänden einen 100-prozentigen Vorsteuerabzug geltend machen zu können. Ist das noch so?

Der Einbau einer Trennwand aus Stahl im Dienstwagen ist leider nicht mehr ausreichend, um den vollständigen Abzug der mit dem Kauf dieses Wagens verbundenen Vorsteuer in Anspruch nehmen zu können. Die 100-prozentige Abzugsfähigkeit von Kosten, die mit Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen verbunden sind, ist nach den jetzigen Vorschriften von der Erfüllung einer Reihe formeller Pflichten abhängig. In den meisten Fällen ist der vollständige Abzug der Vorsteuer nur dann möglich, wenn der betroffene Wagen ausschließlich für Dienstzwecke genutzt wird. Diese Tatsache ist entsprechend nachzuweisen. Der Steuerpflichtige ist unter anderem dazu verpflichtet, den Wagen beim zuständigen Finanzamt anzumelden und über die zurückgelegten Strecken zu Mehrwertsteuer-Zwecken detailliert Buch zu führen. Die Vorschriften legen präzise fest, welche Informationen in einem solchen Register zu berücksichtigen sind.

Im Falle ausgewählter Modelle wie Vans oder Pick-ups ist zwar der vollständige Abzug der Vorsteuer immer noch möglich, auch wenn das oben genannte Register nicht geführt wird. Hier ist der Abzug jedoch von der Erfüllung anderer, formeller Pflichten abhängig. Unter anderem ist eine zusätzliche technische Prüfung des Wagens nötig, die durch eine entsprechende Bescheinigung und einen entsprechenden Prüfungsvermerk im Kfz-Schein zu bestätigen ist.

_ Die körperschaftsteuerlichen Vorgaben für die Finanzaufwendungen von geleasten, gekauften und auch gemieteten Fahrzeugen haben sich nach Ihren Erläuterungen nicht verändert. Wie stellt sich das für die laufenden Kosten dar?

Im Bereich der Körperschaftsteuer kann man feststellen, dass solche Kosten dem Prinzip nach in voller Höhe abziehbar sind. Was die Umsatzsteuer angeht, ist für die laufenden Kosten bei Nutzung von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen generell der Abzug von 50 Prozent der Vorsteuer möglich. Seit dem 1. Juli 2015 gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, 50 Prozent der Vorsteuer für den für solche Fahrzeuge verwendeten Kraftstoff abzuziehen. Dies ist definitiv eine Änderung, die positiv zu beurteilen ist, da die polnischen Steuerpflichtigen zuvor kein Recht auf Vorsteuerabzug beim Kauf von Kraftstoff für Pkw hatten.

Auch hier ist jedoch zu beachten, dass der vollständige Abzug der Vorsteuer auf die besprochenen Kosten nur dann möglich ist, wenn der betroffene Wagen ausschließlich für Dienstzwecke genutzt wird. Es müssen zudem formelle Pflichten erfüllt werden, die vom Kfz-Typ abhängen.

_ Hat der Gesetzgeber den Rahmen zur Ermittlung eines geldwerten Vorteils aufseiten des Arbeitnehmers seit 2010 verändert?

In diesem Bereich wurden im Jahr 2015 wesentliche Änderungen eingeführt, die den Wert der unentgeltlichen Leistung aus der Firmenwagennutzung für Privatzwecke des Mitarbeiters pauschal bestimmen. Das zusätzlich zu besteuernde Einkommen wird seit Januar in Höhe von 250 Zloty (entspricht zirka 59 Euro laut Währungsrechner auf Handelsblatt online vom 12. Oktober 2015 bei Wert von1 Polnischen Zloty [PLN] = 0,2367 Euro) bei Fahrzeugen mit einem Hubraum von bis zu 1.600 Kubikzentimetern oder 400 Zloty (95 Euro) bei Fahrzeugen mit einem größeren Hubraum monatlich festgesetzt. Sollte der Dienstwagen durch den Mitarbeiter nur für einen Teil des Monats zu Privatzwecken genutzt werden, so ist die zu versteuernde unentgeltliche Leistung mit 1 30der genannten Beträge für jeden Tag zu berechnen. Sollte der Mitarbeiter wiederum teilweise mit den Kosten belastet werden, sind diese vom Wert des auf die beschriebene Weise berechneten zusätzlichen Einkommens abzuziehen.

Die neuen Regelungen machen es zwar theoretisch einfacher, die mit der Privatnutzung von Firmenwagen verbundenen Leistungen steuerlich abzurechnen, viele Fragen bleiben aber leider weiter offen. Es ist vor allem darauf hinzuweisen, dass die beschriebene pauschale Abrechnung nur für Mitarbeiter anwendbar ist, die auf Basis eines Arbeitsvertrages beschäftigt sind. Im Falle von Geschäftsführern, die ohne einen solchen Vertrag berufen sind, sowie Personen, die aufgrund von Dienstleistungs- oder Werkverträgen mit der Gesellschaft zusammenarbeiten, gibt es diesbezüglich immer noch keine eindeutigen Regelungen. Beide Formen werden in Polen jedoch oft als Alternative zum Arbeitsvertrag angewendet, weshalb viele Personen von den neuen Regelungen nicht betroffen sind. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Praxis der polnischen Unternehmen in der neuen Rechtslage entwickelt. Höchstwahrscheinlich werden im Falle solcher Personen weiterhin verschiedene Modelle der Abrechnung angewendet wie zuvor für die Abrechnung der Privatnutzung von Firmenwagen durch alle Mitarbeiter.

Eine weitere Frage ist, wie die sonstigen mit der Privatnutzung verbundenen Kosten, die potenziell auch durch den Arbeitgeber getragen werden, steuerlich abzurechnen sind. Die oben beschriebene Pauschale umfasst lediglich die Nutzung des Dienstwagens. Sollte der Arbeitgeber daher beispielsweise auch die Kraftstoffkosten tragen, werden diese im Falle einer Privatnutzung auch als unentgeltliche Leistung zugunsten des Mitarbeiters betrachtet. Dieser Wert ist separat zu berechnen. In der Praxis werden dazu vor allem zwei Lösungen angewendet: entweder die Bestimmung einer monatlichen Pauschale oder des Wertes der Leistung auf Basis der tatsächlich für Privatzwecke gefahrenen Kilometer sowie der durchschnittlichen Kraftstoffpreise.

Es ist darüber hinaus anzumerken, dass den oben genannten neuen Regeln im Bereich der Einkommensteuer keine entsprechende Präzisierung der Sozialversicherungsvorschriften gefolgt ist. Daher gibt es auch im Bereich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von Sozialversicherungsbeiträgen weiterhin keine direkte gesetzliche Regelung. Auch hier ist daher zu erwarten, dass die Unternehmen unterschiedliche Lösungen anwenden werden. Dabei ist darauf zu verweisen, dass zumindest bei der Sozialversicherungsproblematik das Risiko der Beanstandung der Bemessungsgrundlage durch entsprechende Formulierungen von internen Regeln zum Arbeitsentgelt wesentlich gemindert werden kann.

_ Wie verhält es sich, wenn der Dienstwagennutzer ein Fahrtenbuch führt und die Anteile der dienstlichen und privaten Fahrten belegen kann?

Diese Lösung, obwohl sie sich nicht auf konkrete Rechtsvorschriften stützt, wird in der Praxis bislang angewendet und generell anerkannt. Seit diesem Jahr kann sie allerdings nicht mehr für die Ermittlung der geldwerten Leistung zu einkommensteuerlichen Zwecken bei Nutzung eines Firmenwagens für Privatfahrten durch Personen, die auf Basis eines Arbeitsvertrages angestellt wurden, angewendet werden. In diesem Fall finden nun die beschriebenen neuen Regeln Anwendung.

_ Wie wird die Nutzung und die Kompensation von Privatwagen des Arbeitnehmers für dienstliche Zwecke gehandhabt?

Wenn die Mitarbeiter die Privatwagen für Dienstzwecke nutzen, werden die damit verbundenen Kosten in der Praxis entweder als eine Pauschale oder auf Basis der tatsächlich gefahrenen Kilometer abgerechnet oder dem Mitarbeiter erstattet. Beide Optionen werden im Falle von sogenannten lokalen Fahrten angewandt. Im Falle von sogenannten Fernfahrten hingegen erfolgt die Abrechnung lediglich nach den tatsächlich gefahrenen Kilometern. Für den Zweck der Abrechnung ist ein Vertrag zwischen dem Mitarbeiter und Arbeitgeber abzuschließen. Es ist dabei zu beachten, dass sowohl die zu erstattenden Beträge als auch deren Abzugsfähigkeit zu körperschaftsteuerlichen Zwecken limitiert sind.

_ Herr Patrzek, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Annemarie Schneider

Neue Regelungen

Aktuelle Besteuerung von Firmenfahrzeugen in Polen

- Umsatzsteuer und Handhabung: seit 1.1.2011 23 Prozent (2010: 22) auf Pkw bei Verkauf und Vermietung. Seit 1.4.2014 außerdem wesentliche Änderungen bei Vorsteuerabzug bei Pkw bis 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht. Jetzt i. d. R. 50 Prozent des auf der Rechnung ausgewiesenen Vorsteuerbetrags abziehbar - sowohl auf Kauf eines Wagens, Mietzins oder Leasingraten als auch andere Nutzungsausgaben i. V. m. dem Pkw, z. B. für Autowäsche, Parkplätze. Neu: auch auf Kraftstoffkosten.- Seit Januar 2015 ist der Wert der unentgeltlichen Leistung aus der Firmenwagennutzung für Privatzwecke bei Mitarbeitern mit Arbeitsvertrag pauschal zu bestimmen und zu versteuern: 250 Zloty monatlich (ca. 59 Euro) bei Fahrzeugen mit einem Hubraum bis zu 1.600 Kubikzentimetern oder 400 Zloty (ca. 95 Euro) bei Fahrzeugen mit größerem Hubraum. Allerdings umfasst dies nur den Dienstwagen an sich und nicht für die anderen mit der Nutzung verbundenen Kosten.

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