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Haken dran

01.02.2019 06:00 Uhr

Zwei Jahre lang unterstützte der Mercedes-Benz Vito Tourer 116 CDI unsere Kollegen der Verkehrs- Rundschau. Der Schwabe bewies dabei Stehvermögen und spulte die Distanz (fast) problemlos ab.

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Er läuft und läuft und läuft. Dieser bekannte Werbeslogan, den eigentlich Volkswagen für den Käfer in den 60er-Jahren adaptierte - und der damals nicht unbedingt immer der Realität entsprach - trifft auf unseren Mercedes-Vito-Dauertester umso mehr zu. Zum einen, weil er in den vergangenen zwei Jahren ein überaus beliebtes Redaktionsmitglied war, auf dessen komfortable Dienste jeder gern zurückgriff. Zum anderen bewältigte "S-VI 5112" die zurückgelegte Distanz von 100.000 Kilometern nahezu ohne Probleme. Soll heißen: Ein ungeplanter Werkstattbesuch wurde nur ein einziges Mal und bereits bei Kilometerstand 10.084 fällig und den werten wir als einmaligen Ausrutscher. Auslöser war eine unsauber montierte Dichtung der Heckscheibe, durch die es bei Fahrzeugwäschen kräftig in den Kofferraum kleckerte. Die örtliche Mercedes- Niederlassung behob den Mangel professionell (siehe Kasten rechts).

Überhaupt schien der in "Feuerrot" lackierte Achtsitzer von einer regelrechten Werkstattphobie befallen zu sein. Denn auch das Serviceintervall von 40.000 Kilometern überzog der Wartungsrechner, wahrscheinlich dank unseres überwiegenden Langstreckeneinsatzes, im ersten Fall um 6.000 Tachowellenumdrehungen und beim späteren Service sogar um mehr als 12.000 Kilometer.

92.000 Kilometer mit einem Satz

Fast zu viel für die Bremsbeläge des 2.380 Kilo schweren Automatik-Testwagens, deren fortgeschrittener Verschleiß sich erstmals durch den Warnhinweis "Bremsflüssigkeitsstand prüfen!" bei Kilometer-Stand 75.000 in Aufmerksamkeit brachte. Mit regelmäßiger Beobachtung hielt die Bremsanlage aber noch bis zur Inspektion bei Kilometerstand 92.165 durch. Hier genügte an beiden Achsen übrigens der Austausch der Bremsbeläge.

Die nicht korrekt funktionierende Tankanzeige des im spanischen Vitoria (daher der Name Vito) produzierten Daimlers mag es nicht, wenn beim Tanken die Zündung eingeschaltet wird. Das machten wir oft, um parallel den Kilometerstand fürs Tankprotokoll abzulesen. In solchen Fällen blieb die Nadel mal auf halbvoll hängen, selbst wenn der Tank randvoll war. Eine Kleinigkeit, an die wir uns bei 172 Tankvorgängen während des Testzeitraums gewöhnten. Wenn sie im Vito korrekt funktionierte, leuchtete oft erst nach mehr als 700 Kilometern die Reserve.

Großer Tank kostet extra

Ans Herz legen möchten wir Vito-Kunden an dieser Stelle besonders die Option "70-Liter-Dieseltank", über den der Testwagen verfügte. Gegenüber dem 57 Liter kleinen Serientank vergrößert sich der Aktionsradius deutlich. Wie weit S-VI 5112 mit einer Tankfüllung kam, ist wie immer fahrerabhängig: Eilige Kollegen, die meinten, auf der Autobahn die Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h ausnutzen zu müssen, rissen die 15-Liter-Marke. Im anderen Extrem begnügte sich der Mercedes bei schonender Fahrweise mit weniger als 7,0 l/100 km. Am Ende der Testdistanz errechneten wir einen Durchschnittsverbrauch von neun Litern. Ein respektabler Wert, der auf dem Niveau anderer im Vorfeld getesteter Dauertest-Vans liegt.

Letztere erfüllten allerdings noch nicht die Euro-6-Norm. Für die dafür obligatorische Reduzierung der Schadstoffe und besonders der Stickoxide setzt Mercedes auf einen Mix aus Partikelfilter, Abgasrückführung und Oxidations-Katalysator. Weshalb Vito-Besitzer neben dem Dieseltank auch den AdBlue-Vorrat (Serie 11,5 Liter, Option 25 Liter) regelmäßig ergänzen müssen, was problemlos funktioniert. Ob oder inwieweit das Dauertest-Fahrzeug von den Manipulationsvorwürfen betroffen ist, mit denen sich Mercedes-Benz aktuell bei mehreren Vito-Modellen konfrontiert sieht, können wir nicht beurteilen. Aber: S-VI 5112 verbrannte über die Testdistanz im Schnitt 0,12 l/100 km Adblue und liegt damit auf einem eher niedrigem Niveau. Für den Hersteller liegt dieser Wert allerdings voll im Soll, schließlich bewegte sich der Dauertester nur selten im Volllastbereich, wo eine höhere Adblue-Dosierung nötig würde. Im mittleren Geschwindigkeitsprofil ist wenig Harnstoff für eine Euro-6-konforme Schadstoffreinigung vonnöten.

Erzeugt werden die Schadstoffe durch die Arbeit des 2,1 Liter großen Vierzylinders, der im Test-Vito in seiner zweitstärksten Einstellung mit 163 PS und 380 Newtonmeter Drehmoment für Vortrieb sorgte. Seine Aufgabe erfüllt der Selbstzünder souverän; in Sachen Laufkultur und Elastizität ist der doppelt beatmete Common-Railer allerdings nur durchschnittlich und kommt längst nicht an die Geschmeidigkeit heran, die beispielsweise Transporter-Motoren französischer oder italienischer Hersteller bieten. Sicher ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis der Vito den neuen Zweiliter-Diesel aus der Mercedes Pkw-Abteilung übernehmen darf. Portioniert wird die Antriebskraft über die Siebengang-Wandlerautomatik, zu der sich innerhalb der Redaktion zwei Lager bildeten: Während sportlichere Fahrer die eher leistungsorientierte Abstufung der Automatik schätzten, störten sich auf Wirtschaftlichkeit bedachte Lenker am verfrühten Zurückschalten in Steigungen oder dem zu langen Ausdrehen der Gänge beim Beschleunigen. Einigkeit herrschte über die stets sauberen und schnellen Schaltvorgänge und darin, dass die 7-G-Tronic eine echte Arbeitserleichterung darstellt, weshalb wir für diese 2.187 Euro teure Option eine Kaufempfehlung aussprechen.

Navi nervt

Für das Radio-Navigationssystem "Becker Map Pilot" können wir das leider nicht. Zu oft verzweifelten wir an dessen fummeliger und unlogischer Bedienung. Ebenfalls für Verdruss sorgte der Staumelder, der über Verkehrsstörungen meist erst dann informierte, wenn es zu spät war. Apple Car Play und Android Auto gibt es mittlerweile, allerdings nur in Kombination mit dem Navigationssystem Audio 40 für 1.290 Euro.

Verbesserungen sind laut Hersteller auch für die mit steigendem Alter fortschreitenden Klappergeräusche an Sitzen und aus Richtung Schiebetür eingeflossen, die für einen Mercedes-Transporter nicht würdig erscheinen. Ebenso wenig wie die kratzempfindlichen und schwer zu reinigenden Kunststoffe im Innenraum oder die früh schwächelnden Dämpfer, die schon bei Kilometerstand 43.120 die Heckklappe nicht mehr richtig halten konnten. Auch der niedrigen Nutzlast des Achtsitzers von gerade einmal 670 Kilogramm kann Daimler nun mit einer Version mit höherem Gesamtgewicht begegnen.

Keine Überraschungen beim TÜV Süd. Wie alle unsere Dauertester fuhren wir am Ende beim TÜV Süd für eine Zustandsbewertung vor. Die Prüfingenieure konnten keine größeren Problemzonen ausmachen. Weder war Rost nach zwei intensiven Wintern mit entsprechenden Streusalzduschen ein Thema noch fanden sich Verölungen an Motor und Getriebe oder Ermüdungserscheinungen an Fahrwerk und Karosserie.

Die Konstruktion des Vito ist robust und erfüllt die Anforderungen an ein Nutzfahrzeug locker. Kritik beschränkt sich auf Kleinigkeiten, auf die der Hersteller meist bereits reagiert hat. Schön, dass sich bei Daimler auch in Sachen Laufruhe über kurz oder lang etwas tun wird.

Testwagen

Mercedes-Benz Vito Tourer 116 CDIPreis: 36.330 Euro (Stand 01/2019)R4/2.143 cm³ | 120 kW/163 PS | 380 Nm/1.400 U/min | 7-Gang-AT | 13,6 s 195 km/h | 6,6 D | 174 g/km 5.140 x 1.928 x 1.890 mm 1.030 Liter bei voller BestuhlungWartung: 40.000 kmEffizienzklasse: BEmissionsklasse: Euro 6CHK | TK | VK: 22 | 23 | 25Garantie: 2 Jahre

9 Liter

genehmigte sich der Vito, dessen Name von seiner Produktionsstätte Vitoria in Spanien herrührt, im Schnitt. Sieben Liter sind möglich, 15 Liter bei Eilfahrten jedoch auch drin. Der Vito ist also PKW-schnell oder sparsam.

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