Innovation in Arbeit
Der VMF entwickelt derzeit ein Online-Tool, mit dem die Verbandsmitglieder und deren Partnerwerkstätten den Servicebereich Wartung und Verschleiß künftig vollständig elektronisch abwickeln können. Ziel ist es, damit die Prozesse deutlich zu beschleunigen und die Reklamationsquote sowie die Kosten zu senken.
Vom Servicecheck bis hin zu den zugelassenen Ölen bei der Wartung: Flottenkunden zurren die einzelnen Leistungen rund um den Servicebaustein „Wartung und Verschleiß“ mit ihren jeweiligen Leasinggebern meist individuell fest.
In der Praxis berücksichtigen die Kfz-Werkstätten aber nicht jedes Mal diese Regeln, weshalb der Leasinggeber bisweilen Rechnungen beanstandet. Der Verband marken-unabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF) beziffert diese Quote – über alle Mitglieder mit mehr als 500.000 Fahrzeugen und über eine Million Werkstattaufenthalte pro Jahr – auf über zehn Prozent. Zu hoch, wie der Verband findet.
Deshalb lässt er gegenwärtig unter der Projektleitung von Harald Frings, Geschäftsführer der Hannover Leasing Automotive, ein Online-Tool entwickeln, das den gesamten Prozess an Wartungs- und Verschleißarbeiten transparent macht und alle Leistungen per Mausklick auf ihre Plausibilität überprüft (siehe dazu auch unten stehendes Interview „ Basis für gezielte Serviceaktionen“).
Sobald die webbasierte Anwendung fertig ist, wollen alle Leasinggesellschaften des VMF die webbasierte Anwendung nutzen. Das haben die Mitglieder einstimmig in ihrer letzten Sitzung beschlossen. Die ersten Werkstätten sollen als Pilotbetriebe dann Ende dieses Jahres starten. Ab 2011 ist der Roll-out bei allen rund 4.000 Partnerwerkstätten der VMF-Mitglieder geplant.
Schneller durch Freigaben per Web
Das Online-Tool soll folgendermaßen funktionieren: Nachdem der Flottenkunde respektive Fahrer mit dem Serviceberater den Umfang der Arbeiten festgelegt hat und auf dieser Basis ein Auftrag oder Kostenvoranschlag erstellt ist, erfolgt durch den Werkstattmitarbeiter ein Abgleich der Eingaben mittels der Anwendung. Darin sind nicht nur die vereinbarten Stundensätze, Arbeitswerte, Verbundarbeiten und Teilepreise laut Herstellerliste hinterlegt, sondern auch die spezifischen Spielregeln wie Großkundenrabatte auf Teile. Stimmt der Kostenvoranschlag mit den hinterlegten Daten überein, erhält der Händler sofort grünes Licht und anschließend die Rechnungssumme überwiesen.
Das System ist nach Angaben des VMF außerdem so flexibel, dass daraus jede Leasinggesellschaft ihre eigene Plattform mit den individuell vereinbarten Leistungen bauen kann und gleichzeitig der Schutz von Kunden- und individuellen Kalkulationsdaten gewährleistet ist. Das System bildet aber auch den Grundstein für weitere Online-Aktivitäten. Denn laut Verband ist es nicht ausgeschlossen, das Tool um den Bereich Räder und Reifen sowie Karosseriereparaturen zu erweitern. Ob und in welchem Umfang es letztlich genutzt wird, soll aber jeder Leasinggesellschaft überlassen bleiben.
Annemarie Schneider
Basis für gezielte Serviceaktionen
Michael Velte, Vorstandsvorsitzender des VMF und Geschäftsführer der Deutschen Leasing Fleet, über den Bedarf, das neue Online-Tool einzuführen, und Chancen, die sich daraus ergeben.
Af: Herr Velte, warum entwickelt der VMF eine webbasierten Anwendung zur Prüfung von Wartungs- und Verschleißarbeiten?
Velte: In erster Linie implementieren wir ein solches Tool, um die damit verbundenen Prozesse deutlich effizienter zu gestalten. Ein weiterer Grund ist auch, uns damit ein Stück weit zu schützen. Denn aufgrund der heiklen Lage im Handel befürchten wir, dass die Servicekosten explodieren könnten. Ein Trend in diese Richtung ist auch schon erkennbar. Wir wollen daher transparente Prozesse schaffen, insbesondere die Reklamationen und Diskussionen von vornherein verhindern. Darüber hinaus sind wir mit dem Tool ein Schrittmacher, weil es noch nirgends eine vollelektronische Abwicklung der Serviceprozesse inklusive der Rechnungszahlung gibt. Davon profitieren die Kunden der VMF-Mitglieder wiederum, indem wir unsere Effizienz steigern und die Kosten mindestens im Griff zu halten.
Af: Was bedeutet, die Kosten mindestens stabil zu halten?
Velte: Die Optimierung führt dazu, dass die Kunden der VMF-Mitglieder nicht automatisch mit einer Erhöhung der Servicekosten, sondern künftig auch mit gezielten Aktionen im Service rechnen können. Denn das Online-Tool schafft Transparenz über die Leistungsfähigkeit der Werkstätten. Dort, wo am reibungslosesten gearbeitet wird, können die Leasinggesellschaften folglich auch gezielte Aktionen für die Flottenkunden fahren. Das neue Tool kann also auch als eine Teilantwort auf die teilweise massiv subventionierten Serviceaktionen der Hersteller betrachtet werden.
Af: Die neue GVO räumt nun seit 1. Juni den freien Werkstätten deutlich mehr Rechte bei Garantie- und Gewährleistungsarbeiten ein. Ist das für die VMF-Mitglieder das Signal, mehr freie Werkstätten zu nutzen?
Velte: Die weitergehende Gleichstellung der freien mit den Vertragshändlern im Reparatur- und Gewährleistungsbereich vereinfacht die Prozesse natürlich spürbar. Ob wir deshalb die Strategie wechseln und künftig mit mehr freien Werkstätten zusammenarbeiten, wird generell von der Preisentwicklung, den Herstellersubventionen und den subventionierten Serviceangeboten der Captive-Gesellschaften abhängen. Wenn sich der Druck weiter erhöht, werden wir entsprechend agieren müssen. Grundsätzlich setzen wir aber weiter auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Fabrikatsbetrieben.
Interview: A. Schneider
- Ausgabe 7/2010 Seite 20 (1.1 MB, PDF)