Kurswechsel eingeleitet
Portugal verschärft die Vorgaben zur Besteuerung von Firmenwagen. Welche Neuerungen die Regierung einführt und wie die grundlegenden Regeln aussehen, schildern Luís Filipe Marques, Experte für direkte Steuern/Unternehmenssteuern und Partner bei Deloitte Portugal, sowie Afonso Machado Arnaldo als Experte für indirekte Steuern und assoziierter Partner der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.
Af: Welche Steuern erhebt der portugiesische Staat auf Fahrzeuge und speziell auf Firmenwagen?
Arnaldo: Wir haben viele indirekte Steuern und spezifische Regeln zur Unternehmensbesteuerung bei Fahrzeugen. Zum einen haben wir die Mehrwertsteuer auf den Fahrzeugpreis, wenn Unternehmen die Fahrzeuge kaufen. Diese wird auch auf die Leasingraten aufgeschlagen. Die Mehrwertsteuer beträgt gegenwärtig 23 Prozent. Daneben haben wir eine Form der Zulassungssteuer, die sogenannte ISV (Imposto Sobre Veículos). Sie findet sowohl bei privaten Autos als auch bei Firmenwagen Anwendung. Diese Steuer ist eine Verbrauchssteuer, welche von den Vermarktern der Marke zu zahlen ist, die das Auto produzieren oder nach Portugal importieren. Die ISV wird mit gewissen Abschlägen auch auf Gebrauchtwagen erhoben, welche nach Portugal importiert werden. Und das betrifft jeden – Privatpersonen sowie Firmen. Die ISV ist Teil des Preises, auf den dann noch die Mehrwertsteuer erhoben wird. Diese Praxis funktioniert analog der in Polen, wo der Europäische Gerichtshof entschieden hat, dass es korrekt ist, die Mehrwertsteuer auf eine solche Steuer zu schlagen. Die ISV in Portugal wird wiederum stets auf Basis von zwei Komponenten kalkuliert: dem Hubraum des Fahrzeugs und den CO2-Emissionen, weshalb die Steuer progressiver Natur ist (Anmerkung: Die Steuer ist für jedes Fahrzeug auf der Seite der portugiesischen Steuerbehörden berechenbar. Der Link: http://www.e-financas.gov.pt/de/jsp-dgaiec/main.jsg)
Darüber hinaus haben wir eine kleine Belastung durch einen sogenannten Ökobetrag, den wir für die Nutzung von Reifen zahlen. Diese liegt bei Weitem unter zehn Euro. Sie ist also nicht sehr bedeutend, wird aber jedes Mal fällig und vom Käufer getragen, wenn jemand ein Fahrzeug verkauft respektive kauft oder neue Reifen gekauft werden. Außerdem haben wir eine Kfz-Steuer (genannt Imposto Único de Circulação = IUC), die jährlich zu bezahlen ist und der Kompensation der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge dient, zum Beispiel für die Nutzung der Straßen. Die Steuer basiert hauptsächlich auf dem Hubraum und dem Alter des Autos und steht den Kommunen zu, wo die Fahrzeuge registriert sind. Die Mehrwertsteuer und die ISV sind somit eine Staats- und die IUC eine Kommunalsteuer.
Af: Ist die Mehrwertsteuer denn für Unternehmen absetzbar?
Arnaldo: Ein zentraler Sachverhalt ist, dass die Mehrwertsteuer auf Firmenwagen nicht erstattungsfähig ist, weder wenn sie gekauft noch geleast oder gemietet sind. Sie kann generell nicht geltend gemacht werden, wenn wir über Pkw reden. Ausnahme: Wenn man das Fahrzeug instrumentalisiert, zum Beispiel bei Betrieb eines Taxiunternehmens oder einer Autovermietung. Sie dürfen die Mehrwertsteuer geltend machen für Fahrzeuge, die sie kaufen.
Af: Welche Regeln setzt Portugal rund um die Unternehmenssteuer?
Marques: Erster wichtiger Punkt, mit dem wir uns hier befassen müssen, ist, ob die Nutzung des Firmenwagens aus steuerlicher Sicht als Sachbezug des Arbeitnehmers einzustufen ist, der das Fahrzeug nutzt. Denn im Einkommensteuergesetz ist ausdrücklich festgelegt: Wenn ein Unternehmen einen Arbeitnehmer anstellt und in diesem Zusammenhang im Arbeitsvertrag ausdrücklich die Möglichkeit regelt, dem Arbeitnehmer einen Dienstwagen zur Verfügung zu stellen, entsteht daraus eine Steuerbelastung aufseiten des Arbeitnehmers.
Im portugiesischen Einkommensteuerrecht gibt es dazu eine Formel, den Sachbezug zu kalkulieren. Gemäß dieser Formel wirken 0,75 Prozent der tatsächlichen Bruttoanschaffungskosten für das Fahrzeug als geldwerter Vorteil einkommen- und damit steuererhöhend für jeden Monat, den der Arbeitnehmer das Fahrzeug nutzt. Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass der Arbeitnehmer eine Erhöhung des zu versteuernden jährlichen Einkommens in Kauf nehmen muss, die neun Prozent der Anschaffungskosten des Fahrzeugs entsprechen. Ein Beispiel: Wenn das Unternehmen Fahrzeuge nutzt, die 40.000 Euro brutto kosten, dann müssen die jeweiligen Arbeitnehmer grundsätzlich neun Prozent dieses Betrages in Anwendung bringen, wenn sie das Fahrzeug von Januar bis Dezember nutzen. Damit werden 3.600 Euro zusätzlich zum Gehalt der Einkommensteuer unterworfen. Das ist die Grundregel schlechthin bezüglich der Nutzung und Besteuerung von Firmenwagen.
Af: Welche Vorgaben gelten über diese Grundregel hinaus?
Marques: Darüber hinaus ist im Sozialgesetzbuch seit 1. Januar 2011 geregelt, dass die Nutzung von Firmenwagen nur dann der Sozialversicherung unterliegt, wenn eine sehr lange Liste an Bedingungen erfüllt ist, die normalerweise nicht vorkommen. Demzufolge sind auf die Nutzung von Firmenwagen in Portugal im Allgemeinen keine Sozialbeiträge zu tragen, weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer.
Unabhängig davon muss in der Praxis die Bereitstellung des Firmenwagens im Arbeitsvertrag explizit festgeschrieben sein. Infolgedessen hat sich die Mehrzahl der Unternehmen dafür entschieden, dies nicht zu tun – mit Ausnahme bestimmter Arbeitnehmer wie Vorstandsmitglieder. Tatsächlich haben die meisten Arbeitnehmer daher keine steuerliche Belastung zu schultern. Wenn das Unternehmen den Firmenwagen mittels Leasing nutzt und dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt wird, am Vertragsende eine Kaufoption auszuüben – normalerweise ist das in den Leasingverträgen enthalten – dann ist, laut einem Ministerialerlass, die Differenz zwischen dem Optionspreis und dem tatsächlichen Marktwert zu versteuerndes Einkommen, sobald der Marktwert höher liegt. Beispiel: Wenn ein vier Jahre altes Fahrzeug einen tatsächlichen Wertverlust von 55 Prozent oder ein fünf Jahre altes Fahrzeug einen Wertverlust von 65 Prozent verzeichnet, ergeben sich Marktwerte von 45 respektive 35 Prozent. Zieht man nun in Betracht, dass der Optionspreis in den Kfz-Leasingverträgen in Portugal normalerweise zwischen 15 und 25 Prozent des Beschaffungswertes rangiert, ergibt sich in diesen Fällen ein zu versteuerndes Einkommen aufseiten des Arbeitnehmers.
Es gilt außerdem zu beachten: Für Konzerne, in denen Unternehmenssteuer auf die Nutzung zu zahlen ist, ist der Teil der Anschaffungskosten oder Bewertung auf Fahrzeuge wie Pkw oder Elektrofahrzeuge inklusive aller damit verbundenen Kosten nicht absetzbar, wenn er einen bestimmten Betrag überschreitet – vorausgesetzt, die Fahrzeuge werden beispielsweise nicht für den öffentlichen Transport verwendet. Diesen Betrag legen die für Finanzen zuständigen Regierungsmitglieder fest. In 2011 dürfen diese Bruttoanschaffungskosten 30.000 Euro nicht überschreiten. 2012 wird diese Grenze auf 25.000 Euro sinken. Gehen die Beschaffungskosten nicht über die besagte Schwelle hinaus, erfolgt dennoch eine eigenständige Besteuerung von zehn Prozent – mit Ausnahme von Elektrofahrzeugen – etwa auf Pkw, Mopeds und Motorräder einschließlich Abschreibung, Mietkosten, Versicherung, Verwaltungs-, Reparatur- und Kraftstoffkosten sowie erhobenen Steuern, die im Zusammenhang mit der Nutzung oder dem Besitz stehen. All diese Kosten, die über die Grenze von gegenwärtig 30.000 Euro hinausgehen, unterliegen einer Besteuerung von 20 Prozent. Diese Spanne von zehn bis 20 Prozent kann unter Umständen aber auch auf 20 bis 30 Prozent steigen.
Af: Die portugiesische Regierung verschärft nun generell die Steuerregeln. Betrifft das auch die Firmenwagen?
Arnaldo: Ein Resultat des Memorandum of Understanding of Specific Economic Policy, kurz: MOU, das zwischen Portugal, dem IWF, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission vereinbart wurde, sieht ausdrücklich eine Verschärfung der Regeln zur Besteuerung von Firmenwagen vor. Ein weiteres Ziel ist, die Steuer beim Fahrzeugkauf zu erhöhen und Ausnahmen bei der Besteuerung abzuschaffen. Nichtsdestotrotz muss noch geklärt werden (Anmerkung: zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses), welche Maßnahmen die neue Regierung implementieren will, um die Ziele zu erreichen.
Af: Gibt es in den steuergesetzlichen Regelungen irgendwelche Unterschiede zwischen gekauften und geleasten Firmenwagen?
Marques: Es ist so ziemlich das Gleiche.
Af: Gibt es irgendwelche Nachteile oder Fallstricke in Portugal bezüglich der Besteuerung von Firmenwagen?
Arnaldo: Ein Thema, das kürzlich diskutiert wurde, ist die Tatsache, dass die Mehrwertsteuer nicht nur auf Basis des Nettoanschaffungspreises, sondern auch auf die ISV berechnet wird. Meiner Meinung nach ist das korrekt, da die Zulassungssteuer im Preis enthalten ist, den man für das Fahrzeug zahlt. Daneben haben wir üblicherweise jährliche Anpassungen bei der ISV, die sich an der Inflation der letzten Jahre ausrichten.
Marques: Im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuer besteht der große Nachteil in der autonomen Besteuerung, welche auf die Kosten in Verbindung mit Firmenwagen fällig wird und auf bis zu 30 Prozent steigen kann – auch wenn das Unternehmen steuerliche Verluste einfährt.
Af: Was müssen die Flottenmanager daher im Blick behalten, wenn sie Firmenwagen in Portugal betreiben?
Arnaldo: Bezüglich der indirekten Steuern sollten die Flottenmanager immer auf den Endpreis schauen, weil die ISV und die Mehrwertsteuer nicht erstattungsfähig sind, wenn sie keine Fahrzeugvermietung oder ein Taxiunternehmen betreiben. Zu Zwecken der Unternehmenssteuer sowie dem erwarteten Anstieg der steuerlichen Belastung sollte auch der tatsächliche Anschaffungspreis im Lichte der Grenze von 30.000 Euro für 2011 nicht aus dem Blickfeld geraten.
Marques: Gegenwärtig ist der geldwerte Vorteil aus der Fahrzeugnutzung ein wichtiges Thema in der Diskussion über Löhne und Gehälter, weil sie nicht Teil der Arbeitsverträge ist und demzufolge normalerweise auch nicht besteuert wird.Nichtsdestotrotz ist zu erwarten, dass die eingeforderten Änderungen im Rahmen des MOU die steuerliche Belastung für den Kauf oder die Nutzung von Firmenwagen in Unternehmen erhöhen. Das kann dort wiederum zu strengeren Betrachtungen der Einflüsse bei der Anschaffung von Fahrzeugen als Bezüge für Mitarbeiter führen.
Af: Herr Arnaldo und Herr Marques, vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Annemarie Schneider
Serie:
Kfz-Besteuerung
in Europa
Kfz-Besteuerung in Europa – Teil 10: Die Besteuerung von Firmenwagen in Portugal
Portugal: Wichtige Steuern rund um den Firmenwagen
Grundlegende Anforderungen und Regelungen bei der Besteuerung von Firmen-Pkw gestalten sich für Unternehmen und Dienstwagenfahrer in Portugal wie folgt:
Mehrwertsteuer von 23 Prozent, die nicht als Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Ausnahme: Taxi- und Vermietunternehmen
Daneben gibt es eine Zulassungssteuer, die sogenannte ISV (Imposto Sobre Veículos), auf private Autos und Firmenwagen. Die ISV ist Teil des Preises, auf den dann noch die Mehrwertsteuer erhoben wird. Sie wird stets auf Basis des Hubraums und der CO2-Emissionen kalkuliert.
Die Portugiesen haben auch eine Kfz-Steuer (Imposto Único de Circulação = IUC), die jährlich zu bezahlen ist, die der Kompensation der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge dient und den Kommunen zusteht.
Geldwerter Vorteil für Arbeitnehmer: Er entsteht nur, wenn die Fahrzeugüberlassung/ -nutzung explizit vertraglich geregelt ist. Dann wirken 0,75 Prozent der tatsächlichen Bruttoanschaffungskosten für das Fahrzeug als geldwerter Vorteil beim Arbeitnehmer einkommen- und damit steuererhöhend für jeden Monat = neun Prozent p. a.
Unternehmenssteuer: Ein Teil der Kosten für die Anschaffung respektive das Leasing und die mit dem Betrieb verbundenen Kosten für Fahrzeuge wie Pkw sind von Unternehmen über einem Betrag von 30.000 Euro in 2011 und ab 2012 ab 25.000 Euro nicht absetzbar. Darunter erfolgt eine autonome Besteuerung der Aufwendungen, die sich zwischen zehn und 30 Prozent bewegen kann.
Kfz-Besteuerung in Europa – Teil 11: In der kommenden Ausgabe lesen Sie, welche Vorgaben es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Schweiz bei der Besteuerung von Firmenwagen gibt.