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01.02.2017 06:00 Uhr

Gerhard Künne, Geschäftsführer der VW Leasing, über die Folgen von IFRS 16 für international bilanzierende Leasingnehmer, Herausforderungen für die Leasinggeber und Hilfe für Flottenkunden.

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_ IFRS 16 bedeutet für Leasinggeber und -nehmer, die nach internationaler Rechnungslegung bilanzieren, einschneidende Änderungen, da Operate Leasing grundsätzlich ab 2019 auf Basis des Nutzungsrechts analog Finanzierungsleasing behandelt wird und die Verbindlichkeiten entsprechend auch beim Leasingnehmer in der Bilanz auszuweisen sind. Wie beurteilen Sie als Leasinggeber diese Neuerung generell?

Gerhard Künne: Der Ansatz, Klarheit in bilanzieller Hinsicht zu schaffen, ist immer begrüßenswert. Allerdings hält sich dieses Verdienst hier in einem bescheidenen Umfang. Denn die großen betroffenen Unternehmen haben die Informationen über ihre Leasingverhältnisse ohnehin bereits ausführlich in den Anlagen ihrer Bilanzen aufgeführt und dazu Stellung genommen. Jeder Investor, auf den IFRS 16 abzielt, hat folglich bei Bedarf bisher im Anhang nachgesehen, welche Leasingkontrakte und daraus folgende Verpflichtungen resultieren.

Was künftig aber passiert, ist, dass in der Bilanz die Positionen auf der Verbindlichkeits- und Aktivseite verlängert werden. Dadurch erhöht sich erst einmal der Verschuldungsgrad eines jeden Leasingnehmers. Zugleich gibt es auch positive Effekte auf das operative Ergebnis nach EBIT und EBITDA, da sich die Aufwände anders verteilen. Es ist wohl der maximal mögliche gemeinsame Nenner gefunden worden, was Aufwand, Aussagekraft und Transparenzgewinn betrifft, weshalb unserer Erfahrung nach kein Leasingnehmer das Operate Leasing in Frage stellt. Im Übrigen spielt die Bilanzneutralität beim Abwägen der Argumente für oder gegen das Leasing eine untergeordnete Rolle. Andere Themen wie Liquiditätsschonung oder die Vorteile der Full-Service-Elemente sind deutlich wichtiger.

_ Das sind die Konsequenzen für Leasingnehmer. Und für Sie als Leasinggeber?

G. Künne: Die Änderungen sind auch für uns relativ überschaubar, weil sich für uns grundsätzlich in der Bilanzierung keine einschneidenden Neuerungen ergeben. Wir müssen lediglich an der einen oder anderen Stelle mehr Daten aufbereiten und diese gebündelt zur Verfügung stellen.

Die grundlegenden Informationen haben die Kunden ohnehin schon über ihre Vertragsbestätigungen oder die Faktura vorliegen. Nun kommen aber noch einige hinzu wie zum Beispiel Kündigungsoptionen, durchschnittliche Laufzeiten, die Aufschlüsselung nach Finanz- sowie Dienstleistungsrate und dergleichen.

_ Welche Informationen meinen Sie mit "dergleichen" und wie liefern Sie die Daten an Kunden?

G. Künne: In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel auch der Zinssatz für die Flottenbetreiber von Bedeutung. Hier gibt es die Möglichkeit für Leasingnehmer, den eigenen durchschnittlichen Grenzkapitalzinssatz kalkulieren zu können - und zwar auf Grundlage der unternehmensspezifischen Bankverträge und Refinanzierungen, die ein Bilanzierender hält. Der Durchschnittssatz kann für das Leasing über die Laufzeit des Vertrages angesetzt werden.

Das halten wir für sinnvoller als den jeweiligen Zinssatz des Leasingvertrags mitzuliefern. Schließlich muss der Wirtschaftsprüfer in der Lage sein, diesen nachzuprüfen und zu bestätigen. Dazu müsste er bei Lieferung zu uns ins Haus kommen, was überproportionalen Aufwand nach sich zöge. Die eigenen Werte sind dagegen regelmäßig auch zum Bilanzstichtag überprüfbar, so dass es wesentlich einfacher im Handling ist. Denn jeder Kunde muss diese Methode sowieso für alle Verträge anwenden - vom Immobilien- über Anlagen- bis hin zum Kfz-Leasing. Der entstehende Mehraufwand legt sich daher um auf die verschiedenen Geschäftsbereiche.

_ Laut Steuerexperten gibt es einige Kriterien für die Anwendung der neuen Bilanzierungsregelungen, die maßgeblich sind. Ist eines nicht erfüllt, greifen auch die neuen Regelungen nicht. Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Flotten?

G. Künne: Es gibt einige Ausnahmetatbestände, die an bestimmte Bedingungen gekoppelt sind. Eine Ausnahme umfasst Leasing- und Mietverträge, die nicht länger als zwölf Monate laufen. Daraus ergeben sich schon Möglichkeiten. Dabei sind allerdings stets die Kosten-Nutzen-Effekte gegenüberzustellen. Wenn man zum Beispiel beim Geschäftsmodell Kfz-Leasing bleiben will und Laufzeiten verkürzen würde auf unter zwölf Monate, dann wäre dies meist unverhältnismäßig teuer im Vergleich zu den Laufzeiten von drei Jahren. Hintergrund ist, dass der Werteverzehr mit der Zulassung gerade zu Beginn bei jedem Fahrzeug am höchsten ist. Dieser Preisabschlag kann dann nicht mehr über 36 Monate verteilt werden, sondern nur noch auf die Raten über zwölf Monate. Das führt natürlich in den meisten Fällen zu einer Situation, die in Abhängigkeit von der Fahrleistung mehr oder weniger unwirtschaftlich ist. Nur bei sehr hohen jährlichen Laufleistungen kann es sich lohnen. Es gibt auch den einen oder anderen Kunden mit Dienstwagennutzern, die mit ihren Fahrzeugen 60.000 Kilometer oder mehr pro Jahr zurücklegen, bei denen sich Zwölf-Monats-Verträge rechnen. Aber diese Gruppe hat ohnehin schon auf kurze Laufzeiten gesetzt. Gleiches gilt für Fuhrparks mit entsprechenden Pool-Fahrzeugen. Die Konstellationen müsste man sich allerdings genau anschauen.

_ Wie viele Ihrer Flottenkunden sind von den neuen Regelungen betroffen?

G. Künne: Wir verschaffen uns aktuell einen Überblick, wie viele unserer Kunden die Datenverarbeitung benötigen und nach IFRS bilanzieren. Schätzungsweise bewegt sich ihr Anteil um die 15 Prozent, gemessen an den Großkundenzahlen. Die benötigten Daten können wir unabhängig davon für alle Fahrzeuge liefern.

_ Stehen Sie auch beratend zur Seite? Und wenden sich die Großkunden zu diesem Thema mit Fragen an Sie als Leasinggeber?

G. Künne: Wir können und wollen nicht die Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers übernehmen. Aber wir setzen uns mit den Kunden an einen Tisch und diskutieren, welcher Bedarf besteht, wie wir Daten bereitstellen können, in welchen Formaten, auf welchen Wegen und in welchem Rhythmus. Daneben wird über die individuellen Auswirkungen von IFRS 16 gesprochen. Hier helfen wir bei der Identifikation.

Generell ist die Unsicherheit noch hoch, wie das eine oder andere umgesetzt wird. Die Kunden beschäftigen sich damit auch in unterschiedlicher Intensität. Einige haben bereits Workshops mit ihren Wirtschaftsprüfern veranstaltet und festgelegt, wie sie die Leasingverträge abbilden und in der Bilanzstruktur berücksichtigen müssen. Andere stellen erst einmal Anfragen bei uns und gehen nach der Literatur vor oder entwickeln neue Systeme.

_ Wie erfolgen die Datenverarbeitung und der Datentransfer via VW Leasing? Was liefern Sie über das Reporting-Tool?

G. Künne: Wir gestalten die Daten und Prozesse für alle Fahrzeuge gleich. Der Kunde kann diese künftig sowohl online abrufen als auch auf Wunsch übermittelt bekommen. Wir sind im Moment dabei, unser Reporting-Tool 'Fleetcars' dahingehend zu überarbeiten und die Daten im Onlineverfahren zur Verfügung zu stellen. Dann werden nicht nur Fuhrparkmanager, sondern auch die Verantwortlichen in der Finanzbuchhaltung unsere Adressaten sein und die Verträge direkt einsehen können. Im zweiten Halbjahr 2017 werden wir damit auf den Markt kommen. Zu diesem Zeitpunkt wird es für die ersten Leasingverträge relevant, die zum Beispiel drei Jahre oder länger laufen. Sie fallen schon in den betreffenden Zeitraum ab Januar 2019. Diese Erweiterung der direkten Online-Kommunikation hat sich aus den Kundengesprächen entwickelt.

_ Welche Kosten entstehen daraus bei Ihnen für die Flottenkunden?

G. Künne: Keine. Denn die internationale Rechnungslegung und IFRS 16 sind für uns Themen, die zu unserem Tagesgeschäft gehören.

_ Gibt es grundsätzliche Empfehlungen für Kunden?

G. Künne: Wer nach IFRS bilanziert, ist sicherlich informiert über den Bedarf, dass die Bilanzsysteme angepasst werden müssen. Daher sollten sich Unternehmen, die zum Beispiel 800 oder 2.000 geleaste Fahrzeuge bewegen, auf jeden Fall schon heute mit IFRS befassen, damit sie zeitgerecht umstellen können. Es sind ja meist noch andere Kontrakte und Bereiche betroffen. Grundsätzlich ist der Aufwand aber überschaubar und die meisten wappnen sich.

_ Herr Künne, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Annemarie Schneider

IFRS 16 bei VW Leasing

Zentrale Anlaufstelle

_ Die VW Leasing hat bis Ende 2016 ihre Mitarbeiter rund um die Änderungen im Operate Leasing für international bilanzierende Unternehmen nach IFRS geschult. Sie sollen damit gegenüber den Kunden auskunftsfähig sein.Zum Thema IFRS 16 gibt es außerdem eine E-Mail-Adresse, unter der sich betroffene Kunden direkt mit der Leasinggesellschaft in Verbindung setzen können. Sie lautet: ifrs-16@vwfs.com

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