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Mobilität der Zukunft

29.05.2015 06:00 Uhr

Welche Bedeutung wird der Firmenwagen in Zukunft haben? Welche Alternativen haben Mitarbeiter für dienstliche und private Reisen und welche Auswirkungen hat das auf Travel- und Fuhrparkmanagement?

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_ Noch werden die Managementaufgaben Fuhrpark und Travel in deutschen Unternehmen meist in separaten Abteilungen erledigt. Eine Umfrage des Reisebüros BCD aus dem Jahr 2013 ergab, dass nur drei Prozent der befragten Unternehmen Travel- und Fuhrparkdaten ganzheitlich betrachten. Und auch eine Blitzumfrage des Moderators Tom Hegermann unter den rund 90 anwesenden Firmenvertretern von Fuhrparkbetreibern bei der Tagung von Leaseplan Anfang Mai mit dem Titel "Fuhrpark, Mobilität, Travel - Wohin geht die Reise?" ergab: Das Gros der Teilnehmer ist ausschließlich für den Fuhrpark verantwortlich, bei einer überschaubaren Zahl von Teilnehmern sind die Bereiche Travel und Fuhrpark schon eng miteinander verzahnt, bei einer ähnlichen Zahl ist dies in Zukunft geplant, und nur ganz wenige arbeiten ausschließlich im Travelmanagement.

Mehr gemeinsame Schnittstellen

Dass Travel- und Fuhrparkmanagement zukünftig mehr gemeinsame Schnittstellen im Unternehmen haben oder gar zu einer Einheit zusammenwachsen werden, gilt als sehr wahrscheinlich - viele aktuelle Trends und Entwicklungen deuten heute schon darauf hin. Und das könnte sich am Ende als Winwin-Situation für alle Beteiligten darstellen: Herrschen heute aufgrund der Parallelwelten im Unternehmen intransparente Mobilitätskosten und diffuse Mobilitätsprofile vor, könnten Unternehmen durch deren Verschmelzung eine Antwort auf strategisch wichtige Fragen zur Optimierung der Mitarbeitermobilität finden, der Fuhrparkverantwortliche könnte sich als Innovationsführer im Unternehmen positionieren, der Travelmanager die Wahl des Verkehrsmittels verfeinern und der Mitarbeiter von besser überschaubaren Mobilitätsalternativen profitieren, wie Günter Glück, Geschäftsleiter Vertrieb und Kundenbetreuung bei Leaseplan Deutschland, deutlich machte.

Aktuelle Mobilitätstrends

Einige demografische Entwicklungen werden auch das Mobilitätsverhalten beeinflussen. Dazu gehört zum Beispiel laut Michael Schramek, Vorsitzender des Netzwerks intelligente Mobilität (NiMo), auch, dass ein immer größerer Anteil von Mitarbeitern in Unternehmen immer besser qualifiziert ist. Auch das habe Auswirkungen auf die Mobilität - Dienstreisen würden generell zunehmen und es würden mehr Dienstwagen benötigt.

Andererseits sind sich viele Mobilitätsexperten einig, dass der Besitz eines Autos im Allgemeinen und eines Firmenwagens im Besonderen an Bedeutung verlieren wird. An der Generation der nachwachsenden Fach- und Führungskräfte zeichnet sich ab, dass ein Dienstwagen kein Statussymbol mehr ist. Sie stellen andere Ansprüche an ihren Arbeitgeber.

Hinzu kommt der Trend zur Verstädterung und dem damit verbundenen erhöhten Verkehrsaufkommen. 50 Prozent der Weltbevölkerung leben heute im urbanen Raum, dort wird sich der Autoverkehr Prognosen zufolge bis 2050 verdreifachen, wie Florian Rothfuss vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation ausführte. Rund ein Viertel des weltweit emittierten CO2 sei auf den motorisierten Individualverkehr zurückzuführen. Die Auswirkungen machen sich auch in Deutschland bemerkbar: Bis zu 10.000 Todesfälle hierzulande seien, so Rothfuss, jährlich auf lokale Emissionen wie Feinstaub zurückzuführen - das sind mehr als dreimal so viele wie die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland, die bei 3.000 pro Jahr liegt.

Rothfuss zitierte eine Studie aus den USA, wonach die Parkplatzsuche bis zu 30 Prozent des Verkehrsaufkommens und 40 Prozent der Kraftstoffverbräuche in den Städten verursache. Auch wenn er sagte, dass er diese Zahlen für zu hoch halte, schlussfolgerte er: "Kraftstoff, den wir verbrennen, obwohl wir ihn nicht mehr verbrennen müssten, wenn wir die Parkplatzsuche intelligent gestalten würden."

Eine weitere Statistik erwähnte Rothfuss, die die Bereitstellung eines Dienstwagens für so manchen Pendler in einem anderen Licht erscheinen lässt: Wer an jedem Arbeitstag 30 Minuten zur Arbeit mit dem Auto fahre, stehe durchschnittlich rund 70 Stunden pro Jahr im Stau. Dass Alternativen zum motorisierten Individualverkehr und dem Besitz eines eigenen Fahrzeugs gefragt und von den Beschäftigten durchaus gewünscht sind, liegt angesichts solcher Entwicklungen auf der Hand. Und dass Menschen eine bessere Lebensqualität in den Städten ohne Autos wünschten, äußerte auch der NiMo -Vorsitzende Schramek.

Alternativen zum Dienstwagen

Doch was bedeutet das heute für die fuhrparkbetreibenden Unternehmen? Schramek empfiehlt den Firmen, sich frühzeitig mit dem Mobilitätswandel zu beschäftigen und eine Strategie zu entwickeln, wie sie ihn gestalten wollen. Er plädierte dafür, den Einstieg über freiwillige Angebote zu schaffen und diejenigen Mitarbeiter aktiv zu unterstützen, die sich heute schon eine Alternative wünschen. "Die meisten Berufseinsteiger würden gern schon anders wollen. Und das sind Chancen, die sich dem Unternehmen bieten, wenn sie sie heute aufgreifen", sagte Schramek.

Eine Alternative zum eigenen Dienstwagen kann zum einen das Carsharing sein. Das gibt es in der stationsbezogenen Variante bereits seit rund 20 Jahren und seit einigen Jahren, auch gefördert durch die hohe Verbreitung von Smartphones - 60 Prozent aller Bundesbürger über 14 Jahre besitzen ein solches -, auch im"free Floating". In Unternehmen geht der Trend zudem zum Corporate Carsharing, dem intelligenten Teilen von firmeneigenen Poolfahrzeugen.

Durch die elektronische Buchung, Verwaltung und Anmietung dieser Fahrzeuge entsteht ein automatisierter Fuhrparkbetrieb, der 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche angeboten werden kann, wie Stefan Fuhrer, Leiter Vertrieb bei Ametras Rent Concept, erläuterte. Das sei nicht nur für Mitarbeiter attraktiv, die ein firmeneigenes Carsharing-Fahrzeug abends und am Wochenende auch privat anmieten können, sondern beschere auch dem Unternehmen Einsparpotenziale. Bei einem Pool von zehn Pkw sind es einer Modellrechnung von Fuhrer zufolge im Monat 47 Prozent, gemessen an den Ausgaben, die für Mietwagen, Taxifahrten, vergütete Kilometer der Mitarbeiter im Privatwagen, Unterhalt von Firmenwagen und Verwaltungspersonal anfallen. Pro Poolfahrzeug entspricht dies im Monat zirka einer Summe von 400 Euro - die Einnahmen einer hypothetischen Privatvermietung an die Mitarbeiter schon eingerechnet.

Corporate Carsharing

Natürlich, und das sagte auch Fuhrer deutlich, sei Corporate Carsharing nicht für jeden Dienstwagenfahrer eine Alternative - zum Beispiel dann nicht, wenn er jährlich über 50.000 Kilometer beruflich mit dem Firmenwagen zurücklegt. Seien aber nur 10.000 Kilometer im Jahr geschäftlich veranlasst, dann ließe sich der Dienstwagen gut durch Corporate Carsharing ersetzen.

Aktuell realisiert der Softwareanbieter Ametras Rent Concept ein Projekt bei der Telekom - dort soll Corporate Carsharing zukünftig in die Reiseplanung mit einfließen. Im Sommer sollen 700 Fahrzeuge an 60 Standorten bundesweit an den Start gehen. Laut Fuhrer wird es sich dabei um die derzeit größte CC-Flotte Deutschlands handeln.

Mobilitätsbudget

Auch ein Mobilitätsbudget kann eine Alternative sein. Leaseplan unterstützt Kunden seit 2014 dabei. Dienstwagenberechtigte können sich für ein Saldo über den Konfiguarator je nach Firmenwunsch auch ein anderes Fortbewegungsmittel wählen.

Bei der Mobilität auf vier Rädern führt für die Referenten kein Weg an Elektromobilität vorbei. Weil Schramek zufolge nicht nur Dieselkraftstoff, sondern auch Dieselmotoren in Zukunft teurer werden, sei "Elektromobilität im Moment der erfolgversprechende Weg".

Fuhrer zufolge gebe es bei Fahrten unter 100 Kilometern schon heute viele Elektrofahrzeuge wie den VW E-Up, die, auf die Gesamtkosten gesehen, günstiger seien als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Autonomes Fahren

Ein großes Zukunftspotenzial für Dienstreisen wurde dem selbstfahrenden Auto zugesprochen: "Der Fahrer wird zum Passagier", sagte Rothfuss. Unfallzahlen ließen sich so reduzieren und die Reisezeit sinnvoller nutzen. Voraussetzung dafür: Vernetzung der Fahrzeuge untereinander.

"Das selbstfahrende Auto ist quasi da", fand Schramek."Zehn Jahre sind eine kurze Zeit im Leben von Unternehmen." Er wagte die These, dass es dann irgendwann keine Führerscheine mehr geben werde und folglich keine Führerscheinkontrolle. Im Plenum schienen nicht viele diese Meinung zu teilen - eine aus heutiger Sicht unvorstellbare Zukunftsvision. Schramek ergänzte daraufhin: "Es wird eine Übergangsphase geben, und das wird die herausforderndste sein, aber ich glaube nicht, dass in 20 Jahren noch jemand einen Führerschein macht."

Potenziale der Telematik

Weniger visionär als das autonome Fahren ist die Telematik, die heute schon technische Realität ist, aber mit Vorurteilen aufseiten der Fuhrparkbetreiber behaftet ist. Alfred Müller von Bosch versuchte die Anwesenden mit den Einsparpotenzialen zu überzeugen: Bis zu 25 Prozent der TCO seien möglich durch gezielte Servicereparaturen, Vorhersehbarkeit von Wartungen, Reduzierung der Versicherungsprämien, Unfalltracking, Verringerung der Reifenabnutzung und auch des Kraftstoffverbrauchs durch verändertes Fahrverhalten. Konkret bedeutet das nach Musterrechnungen: 400 Euro pro Fahrzeug und Jahr ließen sich durch den Einsatz von Telematik sparen. Das sei für Müller das Minimum, nach seiner Auffassung sei in der Realität noch mehr drin.

Trotz vieler Vorbehalte - es gibt auch Fuhrparkverantwortliche, die offen für diese Technologie sind: "Ich sehe, welche Vorteile wir durch solche Systeme hätten", sagte eine Teilnehmerin. Sie hob auch den Sicherheitsaspekt für die Mitarbeiter hervor, denen in einer Notfallsituation schneller geholfen werden kann. "Das ist für mich als Fuhrparkverantwortliche eine Traumsituation." Sie fügt aber hinzu: "Nur, wir haben die Problematik, dass natürlich jeder Mitarbeiter denkt, er sei gläsern. Das ist so eine Art ,Big-Brother-Gefühl'. Die vielen Vorteile müsste man meiner Meinung nach nur transparenter gestalten."

Wege zum neuen Mobilitätsverständnis

Ob nun der Mitarbeiter einen klassischen Dienstwagen fährt, einen Stromer, sein Mobilitätsbudget für ein Pedelec aufwendet, eine Bahncard erwirbt, sich ein autonomes Fahrzeug für die nächste Dienstreise reserviert oder über sein Smartphone einen Wagen im Corporate Carsharing anmietet: Das betriebliche Mobilitätsmanagement wird nach Meinung von Volker Gillessen, Gesellschafter von Eco-Libro, an Bedeutung gewinnen.

Die Mobilitätskonzepte der Unternehmen müssten aus einem Guss sein, seien eine wichtige strategische Aufgabe und schafften einen Nutzen für Unternehmen, Mitarbeiter und Umwelt, gleichzeitig sollten sie aber die Kosten senken oder zumindest kostenneutral sein. Die Mobilität zu verändern sei jedoch ein langer Prozess, der auch im Kopf der Mitarbeiter ablaufen müsse. Ein Change Management "von der monomodalen in eine multimodale Mobilität, von einem einfachen Konstrukt mit Autoschlüssel in der Hosentasche und Navigationssystem im Auto bis hin zu einem Reiseplanungsprozess mit unterschiedlichen Werkzeugen" zu wechseln, wie Gillessen veranschaulichte. "Und das dauert", versicherte er."Da legen Sie nicht heute den Hebel um, sondern fangen ganz langsam an."

Die Frage ist also nicht nur: "Wohin geht die Reise", sondern: Wie lange wird die Reise dauern, bis die neuen Mobilitätspotenziale erschlossen sind. Spätestens dann, wenn dies so weit ist, werden Fuhrpark und Travel enger zusammengerückt sein.

Mobilitätsmix

Mehr als nur Fahrzeuge anbieten

"Für uns beschreibt die Überschrift hier bereits das Wesentliche an der Sache - und zwar die Verknüpfung des reinen Fuhrparkbetreibens mit dem Travel-Management. Bei uns ist es momentan so, dass wir einen ganz klassischen Fahrzeugfuhrpark haben, diesen aber eher aufbrechen wollen in Richtung eines Gesamtproduktes Mobilität. Unsere Überlegungen gehen in die Richtung: Stellen wir unseren Mitarbeitern statt des Fahrzeugs womöglich nur ein Budget zur Verfügung und er selbst kann sich dann aussuchen, ob er davon ein Auto, ein Carsharing-Produkt, eine Bahncard in Anspruch nimmt oder ob er auf andere Art und Weise reist? Hierfür Anregungen zu finden, das ist der Grund, weshalb ich auf der Veranstaltung und für Input sehr dankbar bin.Wir möchten in unserer Branche Vordenker sein. Und das wollen wir auch intern leben. Deshalb möchten wir im Fuhrparkmanagement mit der Zeit gehen und neueste Entwicklungen antizipieren. Es geht darum, unseren Mitarbeitern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stellen, die ihm grundsätzlich das Leben bei der Arbeit leichter machen, wir möchten dafür sorgen, dass sich der Mitarbeiter bei uns wohler fühlt als vielleicht woanders. Dazu gehört, dass man einfach mal weggeht vom klassischen Konzept - es gibt einen Fuhrpark und sonst nichts.Unsere Car Policy ist bereits so aufgestellt, dass sich die Mitarbeiter ziemlich flexibel in ihr bewegen können. Wir haben keine besonders strikten Vorgaben und das möchten wir auf den gesamten Mobilitätsbereich ausweiten."Robert Schwind , Spezialist Fleet Management, Dimension Data, Bad Homburg, 350 Fahrzeuge

Demografischer Faktor

Alternativen für den Fuhrpark finden

"Für uns ist das ganze Thema hier sehr interessant, weil es um Innovationen geht. Wo bewegt sich der Fuhrpark in der Zukunft hin? Wie können wir uns für unser Unternehmen ausrichten? Was tut sich tatsächlich bei Elektromobilität? Denn das Thema ist bis jetzt nur halb ausgereift - zumindest für Fuhrparks, die wir betreiben, bei denen es um große Strecken geht, die unsere Vertriebsmitarbeiter zu fahren haben. Da ist Elektromobilität einfach unter den aktuellen Bedingungen kein Thema für uns. Aber es wird immer mehr kommen. Einen BMW i3 haben wir bislang im Einsatz für Fahrten zwischen den BMW-Werken in Landshut und Dingolfing, wo wir unsere Zeitmitarbeiter einsetzen und unseren wichtigen Kunden BMW auch in Personalfragen beraten.Wir haben auch gemerkt, dass der demografische Faktor bei unseren Mitarbeitern eine wichtige Rolle eingenommen hat. Die jungen Leute aus der Generation Y haben heute ganz andere Ansprüche an uns als Arbeitgeber. Diese Altersklasse setzt auf mehr Freiheit und mehr Flexibilität. Das Auto steht in Zukunft hierdurch ggf. nicht mehr unbedingt an erster Stelle, sondern eher an zweiter. Und deshalb sind wir heute da, um weitere Alternativen in diesem Bereich zu vertiefen."Oliver Kraut, Department Manager, Manpower, Eschborn, 300 Fahrzeuge

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