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Von Autoflotte getestet - DS 9: Ich bin der Feine im Stall

17.06.2022 06:00 Uhr | Lesezeit: 7 min
DS9 (2021)
An Assistenten ist (teils auf Wunsch) alles dabei, was das Herz begehren könnte oder die Car Policy vorschreibt.
© Foto: DS

Stellantis hat vom 3,60-Meter-Fiat-500-Cabrio bis zum 6,40 Meter langen Opel Movano mit dem Elektroantrieb einiges im Programm. Wir haben uns das (beinahe) Feinste rausgesucht, den DS 9.

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Luxus boomt, egal an welchem Fleck auf der Erde. Es gibt immer mehr Menschen, die nicht wissen, wohin mit dem Geld - nicht immer ihrem. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die sich aus der Mittelschicht verabschieden - nach unten. Zumindest in unseren Gefilden. Die Automobilindustrie stellt sich darauf ein - eher auf die erstgenannte Gruppe. So verkünden Mercedes und Audi, die Luxus-Schiene zu forcieren. Bezahlbare Modelle wie die A-Klasse und der A1 haben keine Zukunft. Auf der anderen Seite werden Monster wie der EQS in SUV-Gestalt in Serie gefertigt und der Audi Urbansphere als Konzept vorgestellt. Der eine 5,13 Meter, der andere gar 5,50 Meter - beide elektrisch, aber das versteht sich von selbst. Luxus pur ist das, nach Meinung der Automobilstrategen. Auf der anderen Seite prosperiert Dacia und den chinesischen Anbietern, die oft mit Minimalpreis an den Start gehen, wird eine rosige Zukunft vorhergesagt.

Für die solvente Mittelschicht

Die Marke DS Automobiles zielt noch auf die dahinschmelzende Mittelschicht. DS 3 Crossback, DS 4, DS 7 Crossback und DS 9 lautet das Portfolio der Stellantis-Marke. Wir haben das obere Ende nach München geholt. Der DS 9 ist eine klassische Limousine, wie sie immer seltener wird. Vor allem in Europa ist dieses Segment ungefähr so gefragt wie Glühwein im Juli.

Doch im von Carlos Tavares geführten Konzern denkt man ja mit. Wen interessiert Europa? Wenn nicht einmal Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Limousine nutzt, sondern sich lieber im SUV DS 7 Crossback chauffieren lässt. Dann ist wohl China nicht nur das Reich der Mitte, sondern auch das Reich des Absatzes. Und wer in China verkaufen will, sollte auch dort produzieren, denn nur dann lohnt es sich. In Shenzhen, die Region nördlich von Hongkong, rollt der DS 9 vom Band. Dass der Franzose aus China stammt, sieht und spürt man an keiner Stelle. Die Zeiten der qualitativen Zugeständnisse an Produkte aus China sind längst vorbei. Und im Grunde waren und sind es selten die Standorte, die über die Produkt-Qualität entscheiden als vielmehr die Produktionsmethoden, die der Hersteller vorgegeben hat. So kommt also das (fast) feinste Pferd im Stall aus dem fernen Asien. Wer es im Stellantis-Konzern noch nobler haben mag, endet übrigens bei Maserati - das ist eine andere Hausnummer - zumindest preislich.

Zurück zum DS 9. Wir hatten diesen in der "Glühwein-Zeit" und somit nicht die beste Saison für einen Plug-in-Hybriden. E-Tense 225 nennt sich unsere Version, bei der im Bug ein Vierzylinder-Benziner mit einem Elektromotor gekoppelt wurde. Beide Motoren sind bekannt aus Opel Grandland, Peugeot 508 und beispielsweise Citroën C5 Aircross. Wie der Name vermuten lässt, bringt es die Strom-Verbrenner-Kombination bei nicht leerem Akku auf eine Gesamtleistung von 225 PS, die auf die Vorderachse übertragen werden. 12 kWh speichert der Akku und soll den DS 9 unter 48 Kilometer elektrisch rollen lassen. Dass das nicht genug ist, hat auch DS eingesehen und just Anfang des Jahres den E-Tense 250 auf den Markt gebracht. 250 PS stehen drauf und sind drin, etwas bessere Fahrleistungen sind das Ergebnis. Auch der Akku hat sich vergrößert. 15,6 kWh sollen 62 Kilometer ermöglichen. Kurze Zeit parallel angeboten, flog der 225er jetzt aus dem Programm, früher als geplant. Die Chipkrise dünnt die Modellvielfalt weiter aus - wenngleich es hier sinnvoll ist. Denn mit dem 225er schafften wir bei kalten Temperaturen kaum mehr als 30 Kilometer. Wenn es dann zukünftig ein paar mehr sind, wird niemand jammern - zumal der Preisunterschied nur 800 Euro beträgt. Jammern werden die Nutzer eher beim Laden. Denn - Plug-in-typisch - ist das Ladetempo an der Wallbox beruhigend entschleunigt, oder eben nervig lahm. Wir haben an einer städtischen 22-kW-Säule, die eigentlich die möglichen einphasigen 7,4 kW gut ausnutzen sollte, drei Stunden und 15 Minuten gebraucht, bis die 10,81 kWh (das sind die nutzbaren inklusive der Ladeverluste) im Akku verstaut waren. Zuhause über Nacht oder im Büro kein Problem. Beim Einkaufen oder Kundentermin schon, blockiert man eben lange eine Ladesäule für eine vergleichsweise geringe Strommenge. Alternativ gibt es nach wie vor den Pure Tech 225 als reinen Benziner und den E-Tense 360 4x4, mit zwei E-Motoren (einer vorn, einer hinten, daher 4x4) und 360 PS. Den Pure Tech braucht es kaum - zumindest nicht bis Ende 2022. Denn noch macht die Förderung den Teilzeitstromer günstiger als den Benziner.

Und der Dienstwagenberechtigte profitiert nur beim Phev von der günstigen Versteuerung. Das Firmenbudget profitiert bei artgerechter Nutzung des E-Tense von keinen bis geringen Benzinkosten. Mit vollem Akku sind die ersten 100 Kilometer mit unter vier Litern machbar. Wer nicht lädt, wird den Zweitonner hingegen mit knapp sieben Litern fahren - was im Hinblick auf das Gebotene akzeptabel erscheint.

Ziemlich geschmeidig

Ganz nebenbei fährt sich der Doppelmotor ziemlich geschmeidig. Leistung ist immer vorhanden (180 PS leistet allein der Benziner) und auch auf langen Autobahnetappen geht nur selten die E-Puste für den Boost aus. Und generell ist der DS 9 nicht für die Schnellfahrerfraktion gemacht. Zwar bleiben die Vierzylindergeräusche - auch wegen der vier Millimeter dicken Doppelverglasung - vornehm im Hintergrund und mimt die Ausstattung Performance Line + den Sportler, aber eigentlich ist die klassische Limousine ein sanfter Gleiter. Daher ist auch das Adaptivfahrwerk eine Empfehlung. Denn so kann etwas Einfluss auf den Fahrkomfort genommen werden, der dennoch wegen der straffen Grundabstimmung in Kombination mit den 19-Zoll-Rädern etwas hölzern wirkt und nicht zu den feinsten gehört. So fühlt sich auch die Lenkung eher synthetisch-hakelig als sportlich-akkurat an. Das können andere besser.

Wenn wir schon beim Thema Komfort sind. Die vorderen Sitze gehören zum Besten, was in der Automobilindustrie angeboten wird. Viele Einstellmölglichkeiten, tolle Sitzposition und, im Performance Line +, ein feiner Stoffbezug, der Sportlichkeit vermitteln will, aber auch Luxusansprüche befriedigt und zudem pflegeleicht ist. Schade, dass es auf den hinteren Plätzen, die durchaus Chauffeurauto-Charakter haben, Sitzheizung nur in der anderen Ausstattungsversion Rivolo + gibt. Der Chauffeur bekommt in keinem Fall warme Hände auf Knopfdruck. Eine Lenkradheizung gibt es gar nicht. Die Verarbeitung ist dafür stets erstklassig, denn die Materialien sind handschmeichelnd und augenbeglückend. Obgleich nun der Chronograph der Bernard Richard Manufaktur (BRM) schön ist oder nicht, liegt im Auge des Betrachters.

In die Gehörgänge geht in jedem Fall die Musik, die aus den 14 Lautsprechern des sauber abgestimmten Focal-Soundsystems entweichen. Die französische Soundschmiede fing bei Peugeot an und darf nun auch die DS-Insassen mit gutem Klang beglücken. Knapp 1.000 Euro Aufpreis sind zwar kein Schnäppchen, aber für Musikliebhaber eine Empfehlung. Besonders ist auch die Bedienung des DS 9. Der Start-Stopp-Knopf befindet sich direkt unter der Uhr, die Fensterheber sind in der Mitte platziert, was Mercedes-Fans vom W210 kennen und die Rändelräder im Lenkrad wären besser für die Lautstärkeregelung geeignet als fürs Menüblättern. Immerhin gibt es kapazitive Tasten unter dem Bildschirm. Die Inhalte in den Menüs folgen meist der Stellantis-Logik.

An Assistenten ist (teils auf Wunsch) alles dabei, was das Herz begehren könnte oder die Car Policy vorschreibt. Sogar ein Nachtsichtgerät (Night Vision, 1.512 Euro beim Performance Line +) gibt es. Es kann Menschen und Tiere in bis zu 200 Meter Entfernung erkennen und visualisiert diese im Kombiinstrument. Besser wäre es allerdings, wenn der DS 9 Pixelscheinwerfer besitzen würde, die die Straße bestmöglich ausleuchten. Das LED-Licht mit seinen fünf Leuchtmodi ist zwar gut und "guckt" auch in Kurven. Dennoch wirkt es antiquiert und der Begrüßungstanz, den die LED-Elemente im Scheinwerfer beim Öffnen vorführen, ist albern - und lila. Aber vielleicht trifft dieser ja den Geschmack der anvisierten Klientel im Produktionsland - dem größten DS-Markt. Denn außer der französischen Botschafterin in Deutschland werden sich nur wenige diesen Firmenwagen gönnen.

Von Autoflotte getestet

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DS 9 E-Tense 225 Performance Line +

Testwagenpreis: 50.889 Euro (vor Förd.)R4/1.598 | 133 kW/181 PS Elektromotor: 81 kW/110 PSSystemleistung: 165 kW/225 PS 320 Nm | 8,2 s | 240 km/hBatteriekapazität: 11,9 kWh (brutto)Reichweite: 48 WLTP-KilometerLadezeit Wallbox: ca. 3 Std. Verbrauch: 1,6 Liter Super + 11,5 kWh auf den ersten 100 km 40 g/km 4.934 x 1.855 x 1.459 mm | 510 lWartung: jährlich/30.000 kmHK: 17 | TK: 23 | VK: 29Garantie: 2 Jahre bzw. 8 Jahre/160.000 km auf Akku

Autoflotte-Empfehlung

DS 9 E-Tense 250 Perf. Line +Preis ab: 45.280 EuroSchiebedach: 1.008 EuroInduktives Handyladen: 168 EuroFocal-Soundsystem: 966 EuroAktivfederung: 924 EuroAlle Preise netto zzgl. Umsatzsteuer

DAT-Prognose

DS 9 E-Tense 225 Performance Line +Ausstattung/36 Monate15.000 km/Jahr: 45,2 %25.000 km/Jahr: 41,9 %40.000 km/Jahr: 36,9 %

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