Die Einführung oder Erhöhung der degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Objekt über einen bestimmten Zeitraum war und ist ein Instrument, um die Anschaffung des Gutes durch Unternehmen zu befeuern. Diese Wirkung verspricht sich die Bundesregierung auch vom Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland, das Förderungen für Elektrofahrzeuge (BEV) beinhaltet.
Dazu gehört die neue degressive Abschreibung von 75 Prozent im ersten Jahr der Anschaffung eines E-Kfz, das nach dem 30. Juni dieses Jahres und vor dem 1. Januar 2028 erworben wurde (§ 7 Absatz 2a Einkommensteuergesetz).Das gilt für alle Betriebe und Fahrzeugklassen. "Die Regelung umfasst alle Elektrofahrzeuge im Sinne des § 9 Absatz 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz, die dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen erstmalig zugegangen sind und damit neben Personenkraftwagen insbesondere auch Elektronutzfahrzeuge wie Lastkraftwagen und Busse", so ein Sprecher des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). "Voraussetzung ist, dass die Fahrzeuge dem Anlagevermögen zugerechnet werden. Sie ist also grundsätzlich ausgeschlossen für Fahrzeuge, die dem Umlaufvermögen zugerechnet werden, beispielsweise weil diese für Zwecke der Weiterveräußerung angeschafft worden sind." Weitergehende Beschränkungen, beispielsweise die Beachtung bestimmter Wertgrenzen oder eine Mindesthaltedauer, seien ausdrücklich nicht vorgesehen.
Daneben wurde die Anwendung der begünstigten Bemessung des geldwerten Vorteils mit 0,25% des Bruttolistenpreises (BLP) pro Monat für reine Stromer bei beruflicher und privater Nutzung seitens der Mitarbeiter auf einen größeren Modellkreis ausgeweitet. Dafür wurde die geltende BLP-Grenze auf 100.000 Euro (vorher 70.000 €) inklusive Sonderausstattung für alle E-Fahrzeuge angehoben, die nach dem 30. Juni 2025 beschafft wurden und werden.
Vom BMF erwartete Effekte
Gemäß BMF-Sprecher rechnet man damit, dass die durch die degressive Abschreibung ausgelösten Liquiditätseffekte nicht nur bei Kauf, sondern auch bei Leasing zur Geltung kommen - bei Finanz-Leasing dem Leasingnehmer, wenn ihm das Fahrzeug zuzurechnen sei, ansonsten dem Leasinggeber. Bei Letzterem sollen sich die verbesserten Refinanzierungsmöglichkeiten durch die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung in einer Minderung der Leasingraten niederschlagen. Doch wie sieht es in der Praxis einige Monate nach Einführung tatsächlich aus?
Gemischte Wertung
Andreas Stoye, Inhaber des Handwerksbetriebes Paech Elektro in Berlin, bewertet die Neuerungen eher zurückhaltend. "Für Unternehmen mit hohen Gewinnen ist dies sicherlich ein kurzfristiger steuerlicher Vorteil, den viele Kaufleute nutzen werden. Dadurch wird die Entscheidung, ein Fahrzeug mit Elektroantrieb anzuschaffen, in vielen Fällen begünstigt", sagt Andreas Stoye, der einen Teil seiner Pkw- und Transporterflotte mit rund 25 Einheiten schon vor Jahren elektrifiziert hat.
Dennoch steht er als Elektrohandwerker Förderprogrammen für Elek-trofahrzeuge und der damit verbundenen Ladeinfrastruktur eher kritisch gegenüber. Er begründet: "Solche Programme erzeugen meist einen kurzfristigen, sehr hohen Installationsbedarf, den das Elektrohandwerk personell nicht vollständig abdecken kann. Nach diesem ,Boom' folgt häufig eine Flaute, die für Elektrounternehmen ein wirtschaftliches Risiko darstellen kann."
Bei der Kfz-Beschaffung in seiner Firma wird die degressive AfA berücksichtigt. Er will die steuerlichen Vorteile prüfen und gegebenenfalls nutzen, um ein neues E-Fahrzeug anzuschaffen. Stoye: "Vermutlich werde ich dies jedoch erst kurz vor dem Auslaufen der steuerlichen Vergünstigung konkret in Betracht ziehen." Aus seiner Erfahrung heraus wird kurz vor Ablauf solcher Fördermöglichkeiten generell ein deutlicher Anstieg an Fahrzeugverkäufen zu erwarten sein.
Andere Kriterien im Blick
Beim Baustoffhändler Stark mit seinen rund 3.100 Firmenfahrzeugen in Deutschland beschäftigt sich Fuhrparkleiter Markus Hermes seit geraumer Zeit damit, die vielfältige Flotte zu elektrifizieren. Das europaweit tätige Unternehmen will das ab 2026 nicht nur für die rund 1.000 Langstreckenläufer im Außendienst, sondern auch für die Lkw und Transporter offensiv angehen.
Die örtliche Ladekapazität, -möglichkeiten und der Aufbau der Infrastruktur an den rund 250 Standorten sind dabei die maßgebenden Kriterien, inwieweit die Umstellung auf BEV erfolgt. Die neue degressive AfA hat auf die Entscheidung keinen Einfluss, da meist nur Anhänger im eigenen Anlagevermögen sind. Alle Pkw, Transporter und Lkw mit Kranaufbau sind geleast und als Eigentum dem Leasinggeber zugeordnet. Das soll auch bei den E-Modellen so bleiben.
Markus Hermes sieht die Förderung als einen unüberlegten Schnellschuss: "Anscheinend hat sich nicht einmal jemand schlau gemacht beziehungsweise informiert, wie die Verteilung von Kauf zu Leasing ist und wem die Kfz gehören." Er hofft allerdings, dass die Maßnahmen künftig die Leasingraten positiv beeinflussen und Stark auf diesem Wege profitieren kann.
Attraktive Fahrzeugauswahl
Auch das Beratungsunternehmen Capgemini mit ihrem vollständig geleasten Fuhrpark beobachtet, ob Leasinggeber die steuerlichen Vorteile durch die neue Abschreibungsregelung bei ihren rund 2.000 Fahrzeugen in Deutschland weitergeben. Laut Marco Seiffert, dem dortigen Fuhrparkleiter/Strategic Fleetmanagement, bleibt dies abzuwarten, respektive muss dies diskutiert werden.

Als positives Element stuft Seiffert die Erhöhung der Preisgrenze auf 100.000 Euro brutto für die reduzierte Besteuerung des geldwerten Vorteils von BEV ein. Er erläutert: "Dies macht die Fahrzeugauswahl für unsere Mitarbeiter, insbesondere im mittleren und oberen Preissegment, deutlich attraktiver." Generell ändern die Förderungen nichts am Elektrifizierungskurs. "Der Fahrplan von Capgemini steht unabhängig von diesem Investitionsförderprogramm fest. Ab 2030 wird unsere Flotte zu 100 Prozent aus rein elektrischen Fahrzeugen bestehen", so Seiffert. Dazu habe man sich als Mitglied der EV100-Initiative weltweit verpflichtet.
Steuereffektverschiebung
Die Möglichkeit, dass die neuen Regelungen in sinkende Leasingraten münden, scheint gering. Darauf lässt die Bewertung von Stefan Koch, Geschäftsführer von Ayvens in Deutschland (vormals ALD Automotive und Leaseplan) schließen.
Er erläutert die Folgen, wenn die Leasinggesellschaft Eigentümerin der Flottenfahrzeuge ist und daher die Abschreibung in ihrer Bilanz vornimmt: "Die Fahrzeuge könnten zwar bei der Anschaffung in einem höheren Umfang abgeschrieben werden, später jedoch in einem geringeren Umfang. Das bedeutet, dass sich anfänglich eine Steuerentlastung, später jedoch eine erhöhte Steuerbelastung ergibt. Bei der geplanten Regelung handelt es sich also lediglich um eine Verschiebung von Steuereffekten, nicht um eine echte Steuerersparnis. Bei Inanspruchnahme der Regelung würde sich somit nur eine Liquiditätsverschiebung in der Bilanz ergeben."
Und weiter zu den erwarteten Mehrwerten bei der Refinanzierung und den Leasingraten: "Diese Regelung findet nur in der Steuerberechnung und -bilanzierung Wirkung, nicht aber in der allgemeinen Rechnungslegung nach IFRS oder HGB und auch nicht für die Preisbestimmung am Markt. Selbst wenn wir die Regelung in Anspruch nehmen würden, würde sich für unsere Kunden keine Ersparnis ergeben." Der Leasinggeber sieht daher kein verändertes Bestellverhalten und rechnet auch nicht damit.
Feilen an Leasingmodellen
Max Nastold, Geschäftsführer der Kazenmaier Leasing, begrüßt die steuerliche Förderung, weil sie die Transformation zu nachhaltiger Mobilität beschleunige, aber im ersten Schritt nur Sichtbarkeit erhöhe. "Die Herausforderung ist, dass die Politik nicht versteht, dass die Einführung von Innovationen und neuen Fahrzeugen in Deutschland über die gewerblich zugelassenen Fahrzeuge erfolgt. Die Zulassungsquote beträgt zirka 75 Prozent und der Leasinganteil liegt bei zirka 80 Prozent", so Nastold. Das habe er in Abstimmungen mit Bundestagsabgeordneten oder durch seine Mitarbeit beim Wirtschaftsrat des Öfteren erklärt. "Der Deutsche Leasingverband (BDL) hat deswegen den Vorschlag eingebracht, dass die Leasingrate mit dem Faktor 1,5 als Betriebsausgabe angerechnet werden kann."
In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei Liquidität für die Unternehmen ein wichtiges Thema, weshalb Leasing präferiert werde. Durch die aktuelle Gesetzeslage werde aber Leasing diskriminiert und die Unternehmen könnten den "Booster" nicht nutzen. Gleichzeitig bedauert er, dass klassische Leasingmodelle von dieser Sonderabschreibung ausgenommen sind und sich damit eine gewisse Wettbewerbsverzerrung zwischen Kauf und Leasing ergebe.
Kazenmaier ist bestrebt, neue Produkte zu bauen. Die Suche nach Lösungen sei bei Herstellern und Kunden groß. Kazenmaier lotet derzeit die Möglichkeit von Leasingmodellen aus, welche die Abschreibungsvorteile zeitlich an die Leasingraten koppeln sollen. Ob es gelingt, ist offen.
Faktisch irrelevanter Hebel
Fuhrparkmanagement-Dienstleister Shiftmove zieht ein klares Zwischenfazit. "Die aktuelle Förderung geht komplett an der Realität des gewerblichen Fahrzeugmanagements vorbei. Der Fuhrparkmarkt basiert strukturell auf Leasing. Solange es keine gleichwertige Förderung für Leasingmodelle gibt, bleibt die Förderung faktisch irrelevant - ohne spürbaren Effekt auf die E-Mobilitätswende in Flotten. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten hat kein Unternehmen das nötige Kapital, um vom Leasing auf den Fahrzeugkauf umzusteigen", sagt Shiftmove-CEO Francine Gervazio.
"Das bedeutet: Hauptnutznießer der Förderung sind aktuell nicht die Unternehmen, die die Fahrzeuge einsetzen, sondern vor allem die Hersteller, Leasinganbieter und Mietwagenfirmen. Wie und ob diese die Vorteile weitergeben, ist noch unklar." Im Bestellverhalten stellt Shiftmove keine Änderungen fest und erwartet dies auch nicht. Die weitere Entwicklung beobachtet das Unternehmen anhand der Daten aus 10.000 Flotten mit mehr als 280.000 Kfz.

Die eigentlichen Hürden liegen nach Ansicht von Francine Gervazio zudem ganz woanders: "Was Flottenverantwortliche heute ausbremst: fehlende Ladeinfrastruktur an Bürostandorten und bei den Beschäftigten zuhause plus nachvollziehbare Abrechnung des Ladens an der heimischen Wallbox, kaum verfügbare E-Transporter für gewerbliche Anforderungen und wirtschaftliche Unsicherheit durch niedrige Restwerte von batterieelektrischen Fahrzeugen." Ein wirksames Förderpaket müsse drei Dinge leisten: Ladepunkte schaffen, Fahrzeugvielfalt fördern und finanzielle Risiken für Unternehmen kalkulierbar machen.