Auf der Promenade des Anglais ist die Luxus-Quote vielleicht am höchsten in ganz Frankreich: Links schaukeln Dutzende schneeweißer Yachten im Hafen, die Flaneure machen Nizzas Prachtstraße zum Edel-Laufsteg – und in engem Takt gleiten Limousinen, Cabrios und SUV europäischer Edelmarken im sechststelligen Preisniveau vorbei. Eigentlich keine Bühne für Billigheimer.
Aber allein vom Preis her gehört Leapmotors neues SUV B10 durchaus in die Sparschwein-Kategorie: Mit einem Einstiegspreis von 29.900 Euro lässt der kompakte Elektro-SUV der Chinesen fast alle Wettbewerber deutlich hinter sich. Das merkt bloß optisch niemand. Selbst der Fahrer eines Porsche Macan erster Generation fährt an diesem Morgen auffällig langsam und mit interessiertem Blick hinter dem 4,52 Meter langen Wagen her. Kein Wunder: Gerade am Heck sind die Ähnlichkeiten unverkennbar. Mit schmalen LED an der Front und glatten Seitenflächen bleibt der Wagen aber nicht mehr verwechselbar, eher unauffällig.
Und natürlich fährt sich der günstige Chinese auch nicht wie ein Hightech-Sport-SUV. Es geht eher gemütlich-elegant zu auf einer ausführlichen Ausfahrt durch das Stadtgewusel und das Hinterland am Mittelmeer. Dabei macht sich positiv bemerkbar, dass die China-Version durch intensives Feintuning der europäischen Partner von Stellantis an hiesige Fahrgewohnheiten angepasst wurde. Der B10 liegt gut in der Hand, die drei Modi Sport, Standard und Comfort machen wirklich einen Unterschied beim Steuern, Bremsen und Beschleunigen.
Wer will, kann das SUV also dynamischer bewegen, die 50:50 ausgelegte Gewichtsverteilung und der Heckantrieb lassen dann auch Fahrspaß in den Kurven zu – immer deutlich vor den Grenzbereichen sanft eingefangen. Aber wie gesagt: Familien- und magenfreundliches Gleiten ist seine eigentliche Fortbewegungsart.
Leapmotor B10

Der Elektromotor mit 160 kW/218 PS und 240 Nm Drehmoment leistet den Sprint von null auf hundert immerhin in ordentlichen acht Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei ausreichenden 170 km/h. Bis zu den Normalgeschwindigkeiten ist das SUV auch stets mehr als zügig auf den gewünschten Tempi. Und mit einem Testverbrauch von rund 18,5 kWh hat sich der B10 auch fast wie im Prospekt versprochen bewegen lassen.
Auch die Reichweite passt zu einem Reisewagen. Zwei Batterievarianten stehen dabei zur Wahl: die kleinere mit 56,2 kWh für 361 Kilometer sowie die größere mit 67,1 kWh und bis zu 434 Kilometer Reichweite nach WLTP. Schnellladen ist mit bis zu 168 kW an DC-Säulen möglich, das Laden von 30 auf 80 Prozent gelingt laut Leapmotor in rund 20 Minuten. Wie es allerdings in ekligem deutschen Winterwetter mit der Reichweite steht? Da dürften auf der langen Fahrt quer durch die Republik denn doch mehrere Pausen einkalkuliert werden.
Enge Altstadtstraßen mit. 10,7 Meter Wendekreis
Mit seinen 10,7 Metern Wendekreis manövriert das SUV locker durch die engen Altstadtstraßen provencalischer Dörfer. Serienmäßige Rückfahrkamera und 360-Grad-Assistenzpaket erleichtern die Übersicht. Und das große Panorama-Glasdach bietet auch gratis eine Extra-Aussicht nach oben. Over-the-Air-Updates halten den B10 überdies stets auf dem neuesten Stand. Noch dieses Jahr werden etwa Android Auto und Apple CarPlay nachgereicht – kostenlos.
Überhaupt: Inklusive - das ist das große Plus auch dieses Angebots. Mehr als 33.900 Euro kann auch der spendabelste B10-Käufer nicht ausgeben. Dann sind bei der Top-Ausstattung "Design" zusätzlich noch bequeme Synthetik-Ledersitze, Ambientebeleuchtung sowie eine Lenkradheizung und beheizte, belüftete und elektrisch verstellbare Vordersitze drin. Den Konzertsaal beschallt in diesem Paket ein Surround-Sound-System mit zwölf Lautsprechern, und die Heckklappe schwingt elektrisch auf und zu. Schon in der Basis „Life“ aber ist der B10 großzügig ausgestattet und verfügt neben erwähntem Panorama-Glasdach bereits über 18-Zoll-Leichtmetallfelgen und ein 14,6-Zoll-Touchscreen, das alle wichtigen Funktionen bündelt und Apple CarPlay sowie Android Auto integriert. Familien werden sich besonders über clevere Details wie Taschentuchhalter und Ablagefächer freuen – insgesamt finden sich 22 Ablagemöglichkeiten. Rätselhaft erscheinen lediglich die sechs ovalen Aussparungen oben und unten auf der Beifahrerseite des Armaturenbretts. Aber dieses Geheimnis wird hier gleich noch exklusiv gelüftet. Versprochen.
Innenraum: Luftig und gut ausgeformt
Laut Hersteller zählt der Innenraum zu den größten Fahrgasträumen im Segment: Gerade auf den Rücksitzen geht es so luftig und gut ausgeformt zu, dass sich auch zwei Erwachsene wohlfühlen werden. Zumal der B10 nicht die Mode mitmacht, sich mit abfallendem Dach als Coupé zu verkleiden – und dadurch den Rückraum in eine enge Höhle zu verwandeln.
Ästheten bekommen einen lichten und extrem klar gegliederten Innenraum. Kaum Tasten, gut anzufassen, schön verarbeitet – und alles, was der Mensch normalerweise öfter berührt, fühlt sich weich und wertig an. Anderswo muss es bei Hartplastik bleiben.
Auch bei der Sicherheit geben sich die Chinesen keine Blöße: Serienmäßig schützt den B10 ein umfassendes Paket mit 17 Assistenzfunktionen, Leapmotor strebt für das neue SUV eine Fünf-Sterne-Bewertung im E-NCAP-Test an. Das übliche Warngepiepse hält sich, anders als bei manchen Wettbewerbern, im Hintergrund und lässt sich weitgehend deaktivieren. Zentrale Assistenzfunktionen sind zudem über praktische Kurzwahltasten direkt und intuitiv zugänglich.
Die Assistenten wie Abstandshalter oder Fahrspurhaltung sind angemessen diskret, sodass sie den Wagen auch auf dicht befahrenen Serpentinenstrecken nicht ständig ruppig korrigieren. Beim Lenkeingriff zur Spurhaltung könnte es zuweilen sogar etwas mehr sein. Auch mit aktiver Komfortabstimmung und höchster Sicherheitsstufe führen Systeme wie der Spurhalteassistent aber nur dann Eingriffe aus, wenn der Mensch sich unstrittig ins gefährliche Abseits bewegt.
Leapmotor B10 nimmt es mit E-SUV's auf
Mit diesem ziemlich kompletten Paket, sehr guten Preisen und keinen echten Blößen tritt der Leapmotor B10 also gegen etablierte E-SUVs wie den Hyundai Kona, MG S5, aber auch VW Tiguan oder Skoda Elroq an. Außerdem könnte das Fahrzeug schon bald auch aus einem europäischen Stellantis-Werk kommen, was noch einmal durch entfallende Zölle den Preis drücken könnte. Und zuletzt wird schon 2026 eine Version nachgereicht, die zu ähnlichen Preisen mit einem Benzinmotor als Generator ergänzte Reichweiten von annähernd 1.000 Kilometern verspricht. Das dürfte es den Verkäufern in den Stellantis-eigenen Showrooms dann noch einfacher machen, Besucher von dem SUV zu überzeugen.
Allerdings mit einer Nebenwirkung: Die Argumentation für Alternativen aus dem eigenen Konzern von Peugeot, Fiat oder Citroën könnte wirklich schwierig werden. Dafür wandern nämlich stets viele, viele tausend Euro mehr über den Ladentisch.
P.S.: Und was es mit den Löchern im Armaturenbrett auf sich hat? Auf chinesischen Shopping-Portalen gibt es dafür schon massenhaft Zubehör zum Einhaken: für die Befestigung von Arbeitstischen, Tablets oder der Labubu-Sammlung beispielsweise.
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