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Großkundenrabatt: (Kein) Abzug von Rabatten

28.03.2024 09:36 Uhr | Lesezeit: 2 min
Großkundenrabatt: (Kein) Abzug von Rabatten
© Foto: Prof. Hannes Brachat

Der Wind seitens der Versicherer weht zunehmend rauer: Das Thema Großkundenrabatt verfolgt Flotten bereits seit Jahren, ob bei fiktiver oder konkreter Abrechnung. Nun auch jetzt.

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Nun versuchen Versicherer jedoch regelmäßig bei der Beschädigung von Flottenfahrzeugen im Falle eines Totalschadens mit einem behaupteten Großkundenrabatt den Wiederbeschaffungswert zu "drücken". Argument: Fuhrparks erhalten regelmäßig Neuwagenrabatte, diese müssten in gleicher prozentualer Höhe auch den Wiederbeschaffungswert beeinflussen. Versicherer sind mithin der Auffassung, der Wiederbeschaffungswert für das beschädigte Fahrzeug müsse reduziert werden, weil die Geschädigten beim Erwerb von Neuwagen einen Großkundenrabatt bekommen.

Kann das sein?

Dies widerspricht bereits dem Schadenersatzrecht an und für sich. Der Geschädigte darf durch einen Unfall nicht schlechter gestellt werden als ohne das schädigende Ereignis. Wenn Flotten, und das ist bekanntlich so, bei einem Gebrauchtwagen keinen Rabatt erhalten, kann man einen solchen auch nicht einfach in Abzug bringen. Und der Wiederbeschaffungswert ist bekanntlich der Betrag, den es benötigen würde, ein vergleichbares wie das verunfallte Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalles auf dem Gebrauchtwagenmarkt käuflich zu erwerben.

Es geht also um ein Kfz wie das Verunfallte, nämlich um einen Gebrauchtwagen. Dass die Hersteller Neufahrzeuge mit Rabatten subventionieren, mag zwar im Hinblick auf Großkunden möglich sein. Bei Gebrauchten jedoch besteht kein Spielraum für Gebrauchtwagen-Großkundennachlässe.

Großkundenrabatt: Die Rechtsprechung dazu

Dies sieht die Rechtsprechung ebenso, wie folgende Beispiele zeigen:

AG Borna, Urteil vom 01.11.2023, Aktenzeichen 11 C 264/23 (mit weiteren Nachweisen)

Der von der Versicherung vorgenommene Abzug in Höhe von zehn Prozent wegen eines angeblich der Flotte gewährten Rabattes für Großkunden bei der Anschaffung von Fahrzeugen kann laut Ansicht des Gerichtes nicht vorgenommen werden. Die Möglichkeit der Rabattierung eines Neufahrzeuges kann den Wert eines Fahrzeugs im gebrauchten Zustand, der nach objektiven Kriterien durch den Sachverständigen zu ermitteln ist, nicht beeinflussen. Im Rahmen der fiktiven Abrechnung wird darauf abgestellt, was die Wiederbeschaffung des beschädigten Fahrzeugs auf dem freien Markt kosten würde (vgl. auch z.B. AG Amberg, Urteil vom 05.02.2021, Aktenzeichen 2 C 694/20,). Die fiktive Abrechnung setzt keinen im Grundsatz auf Ersatzbeschaffung gerichteten Willen voraus.

Es bleibt den Geschädigten unbenommen, eine Ersatzbeschaffung (Neu- oder Gebrauchtfahrzeug) vorzunehmen und dennoch fiktiv abzurechnen. Dies ist ein Wahlrecht der Geschädigten. Ein bei Anschaffung des verunfallten Fahrzeugs gewährter Neuwagenrabatt erhöht für die Flotte den wirtschaftlichen Wert des Fahrzeugs, da dieser Rabatt bei einer späteren Veräußerung nicht berücksichtigt wird. Würde ihr nun bei einem Unfall der Neuwagenrabatt einer Ersatzbeschaffung (auch bei der fiktiven Abrechnung) zum Abzug gebracht werden, wäre sie durch das Unfallereignis schlechter gestellt als ohne das Unfallereignis, da sie den vorgenannten wirtschaftlichen Vorteil verliert.

Es ist nicht Sinn des Schadensrechts, die Geschädigten besser zu stellen, als sie ohne das schädigende Ereignis stehen würden. Umgekehrt können sie aber auch nicht schlechter gestellt werden. Vielmehr müssen sie so gestellt werden, wie sie ohne das Ereignis stehen würden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Versicherern zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29.10.2019, Aktenzeichen VI ZR 45/19). Es ist nicht vergleichbar, da es dort um einem Großkundenrabatt bei einer Reparaturwerkstatt ging.

AG Bad Hersfeld (Urteil vom 6.4.2022, Aktenzeichen 10 C 687/21)

Auf derselben Linie urteilt auch das Amtsgericht (AG) Bad Hersfeld. Bekommt ein Geschädigter auf Neuwagen einen Großkundenrabatt, hat das keinen Einfluss auf den Wiederbeschaffungswert. Das Argument der Versicherer, der bei Gebrauchtwagen nicht gewährte Großkundenrabatt müsse auf den Wiederbeschaffungswert angerechnet werden, weil es sonst zu einer "Werteverschiebung" komme, hat das Gericht nicht gelten lassen. Ein Geschädigter mit großer Marktmacht sei auch nicht verpflichtet, zugunsten des Versicherers auf einen solchen Nachlass zu drängen. Was wäre denn sonst die Konsequenz? Wenn das Fahrzeug eines Studenten einen Totalschaden erleidet, und er bekommt von seinen Eltern ein Ersatzfahrzeug geschenkt, muss dann der Versicherer gar keinen Schadenersatz leisten? Dass das nicht sein kann, liegt auf der Hand, denn der Wiederbeschaffungswert ist kein Kaufpreisersatz.

OLG Stuttgart, Urteil vom 19.1.2023, Aktenzeichen 2 U 303/21

Auch das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart urteilt - entgegen der vorherigen Instanz -, dass ein Großkundenrabatt, welcher dem Geschädigten beim Erwerb eines Neuwagens gewährt wird, keinen Einfluss auf den Wiederbeschaffungswert hat, wenn dem Geschädigten nicht auch beim Erwerb eines Gebrauchtwagens ein solcher Rabatt gewährt wird. Auch die Überlegung, dass die geschädigte Flotte das verunfallte Fahrzeug bereits mit einem Rabatt angeschafft habe und branchentypisch wiederum durch ein Neufahrzeug ersetzen werde, wodurch sich Gewinne ergeben könnten, was dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot zuwiderlaufe, kann nicht durchdringen. Aber: Das Gericht weist darauf hin, dass für den Fall, dass ein rabattierter Neuwagen mit Rabatt unter dem Marktpreis des beschädigten Fahrzeuges zu bekommen ist, und dies auch noch zeitnah, dann würde ausnahmsweise dieser Preis gelten. Doch eine solche Konstellation sollte erfahrungshalber in der Praxis kaum machbar sein, denn es würde bereits an der Lieferdauer eines Neuwagens scheitern, die nicht innerhalb der kalkulierten Widerbeschaffungsdauer möglich ist.

Fazit Großkundenrabatt

Checken Sie die Prüfberichte und fordern Sie vehement Kürzungen nach! Idealerweise mit einer Anwaltskanzlei, denn die Anwaltskosten hat der Versicherer auch bei Flotten im Rahmen des Schadenersatzes zu erstatten.

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