Nutzfahrzeuge und das Geschäft mit Gewerbekunden spielen eine gewichtige Rolle für den Automarkt in Deutschland. Kein Wunder also, dass die Hersteller und Importeure im Geschäft mit Transportern auf die Expertise ihrer Markenhändler setzen. Wie der Vertrieb organisiert ist, welche Standards und Qualifikationen verlangt werden und welche besonderen Leistungen Gewerbekunden erhalten, das haben wir bei den Autobauern abgefragt.
Ford setzt auf "Transit Center"
Ford vertreibt seine Nutzfahrzeuge über die Handelspartner. Großkunden werden zusätzlich von Ford-Key-Accounts betreut, wobei die Auslieferung der Fahrzeuge über die Händler erfolgt. "Einige wenige Großflotten-Kunden", etwa zehn Prozent des Flottengeschäfts, betreut und beliefert Ford zudem direkt.
Seit 2020 setzt der Autobauer auf eine professionelle Vermarktung durch "Transit Center", die auf die Nutzfahrzeugpalette spezialisiert sind. Im Rahmen des neuen, zum 1. April 2025 gültigen Händlervertrages muss jeder Ford-Händler in seiner Gruppe auch ein "Transit Center" führen. Dies kann in einen Sales Point oder Ford-Store integriert sein, aber auch als eigenständiger Standort umgesetzt werden. Für "Transit Center" gibt es besondere Anforderungen. So verlangt der Hersteller mindestens sieben Ausstellungsfahrzeuge und sechs Vorführwagen der Nfz-Produktpalette - darunter auch Umbaufahrzeuge, die Teil des "Ford Pro Convertor"-Programms sind.
Ford Transit Custom Test (2025)

"Transit Center" verfügen über mindestens zwei speziell geschulte Verkäufer, die Werkstätten haben zudem das Know-how für BEV- und PHEV-Fahrzeuge. Ford hat aktuell etwas mehr als 200 "Transit-Center" und etwas weniger als 300 Verkaufsstützpunkte. Hinzukommen knapp 400 Agenten, die mit einem Händler einen Agenturvertrag abgeschlossen haben und ebenfalls Fahrzeuge vertreiben, sowie etwas mehr als 900 Service-Standorte. Alle "Transit Center" sind auch auf Elektrofahrzeuge spezialisiert - mit Zertifizierung, speziellen Trainings und im Service mit dem notwendigen Equipment für die Wartung. Unter den Vorführwagen müssen mindestens zwei BEV-Modelle sein. Der Händler benötigt zudem mindestens zwei Ladepunkte mit insgesamt mindestens 22 kW Wechselstrom-Ladeleistung und mindestens eine Ladesäule außerhalb des Schauraums in der Nähe des Eingangs oder der Vorführwagenparkplätze.
Mit dem "Ford Pro Ökosystem" bieten die Kölner ein umfassendes Angebot an Services und digitalen Dienstleistungen für Gewerbekunden in den vier miteinander verzahnten Bereichen Service, Software, Charging und Finanzierung. "Ford Pro Telematics" informieren in Echtzeit über den Zustand der Flottenfahrzeuge. Mit "FordLiive" können Wartungen und Reparaturen anhand der Echtzeitdaten proaktiv geplant werden. Der deutschlandweit verfügbare "Mobile Service" kann 70 Prozent der üblichen Service-Leistungen direkt vor Ort beim Kunden erledigen. Zudem unterstützt der Autobauer die Flottenkunden beim Umstieg auf die Elektromobilität. Beispielsweise ermittelt "E-Switch Assist" anhand von Echtzeitdaten aus den Fahrzeugen, bei welchem Flottenfahrzeug ein Wechsel auf Elektroantrieb sinnvoll ist.
Gewerbekunden bei Iveco
Iveco nutzt in Deutschland eigene Key-Account-Manager sowie 23 Vertriebspartner mit 42 Filialbetrieben und 21 Untervertriebspartnern. Die Händler sind in der Regel Vollsortimenter und vertreiben leichte, mittelschwere und schwere Nutzfahrzeuge. Händler und Werkstätten seien zertifiziert, um allen Standards gerecht zu werden und alle lokalen, nationalen und europäischen Vorschriften einzuhalten, hieß es. Alle Partner sind zudem mit gewissen Abstufungen auf Elektrofahrzeuge spezialisiert. Dafür gibt es eigene Zertifizierungen sowie Qualifizierungen und Trainings, die sich unter anderem auf Hochvolt-Ausbildung S2 und S3 DGUV, Ladeinfrastruktur, Spezialwerkzeuge und Schutzausrüstung beziehen.
Für Gewerbekunden baut Iveco sein Dienstleistungsangebot beständig aus. So bietet der Importeur den Kunden inzwischen komplette Mobilitätslösungen, die dabei helfen sollen, die Betriebskosten zu senken und die Produktivität zu steigern. Mit "Gate" steht etwa ein flexibles Mietmodell mit Pay-per-Use-Lösung zur Verfügung, das es Kunden erlaubt, auf der Grundlage der Nutzung zu zahlen und dies bei Bedarf regelmäßig anzupassen. Kunden aus Deutschland können aus dem "eDaily"-Sortiment verschiedene Größen und Varianten wählen und profitieren von integrierten Services wie öffentlichem Laden mit der "Gate eCharge Card", Überwachung des Batteriezustands und "On-eDaily-Routing".
Kia ist neu im Nutzfahrzeug-Business
Neu in die Gruppe der Anbieter kommt Kia. Der Vertrieb des Elektrotransporters PV5 aus der geplanten Nutzfahrzeugfamilie "Platform Beyond Vehicle" (PBV) soll über das Händlernetz erfolgen. Wegen "besonderer Anforderungen insbesondere an den Service", die nicht jeder Handelspartner aus dem Pkw-Bereich abbilden könne, soll es aber auch ein spezialisiertes PBV-Händlernetz geben - "mit einer großen Schnittmenge" zu den bestehen Partnern, teilte der Importeur mit. Neben zertifiziertem Verkaufs- und Servicepersonal wünscht sich die Marke im B2B-Bereich flottenaffine Verkäufer sowie "im Idealfall" Kontakte zu Kunden, die ihren Fuhrpark elektrifizieren möchten.
Kia PV5 WKNDR

In der Werkstatt ist eine entsprechende Ausrüstung vonnöten, zum Beispiel eine für fünf Tonnen ausgelegte Hebebühne - und zwar spätestens ab 2027, wenn der PV7 nach Deutschland kommt. Kia plant hierzulande 180 Standorte bis 2030. Starten will man in diesem Jahr mit rund 100 Partnern. Durch das Trainingsprogramm "e-License" für Verkäufer und Servicemitarbeiter im Pkw-Bereich verfügen die meisten Partner bereits über eine entsprechende Elektro-Qualifizierung. Spezielle Services oder Dienstleistungen für Gewerbekunden werden derzeit erarbeitet.
Maxus setzt auf Markenhändler
Maxus vertreibt in Deutschland seine Fahrzeuge über Markenhändler. Die wichtigsten Voraussetzungen sind die branchenüblichen Werkstatt-Standards für die Wartung von Transportern mit elektrischem und konventionellem Antrieb sowie eine Ausstellungsfläche (Outdoor) und ein Maxus-Verkäufer. Aktuell hat der Importeur Astara hierzulande 64 Vertragspartner mit 121 Standorten.
Maxus eTerron 9

Alle Standorte sind für Elektrofahrzeuge qualifiziert; es gibt Service- und Produkttrainings. Zu den speziellen Services für Gewerbekunden zählen händlerindividuelle Sonder- und Zusatzleistungen je nach Markterfordernis, darunter beispielsweise verlängerte Öffnungszeiten, Auf- und Umbauten und Mobilitätslösungen.
Nissan bietet Flottenkompetenzzentrum
Auch Nissan setzt bei seinen leichten Nutzfahrzeugen Townstar, Primastar und Interstar grundsätzlich auf das Know-how des Markenhändlernetzes. Die Partner werden dabei durch den Nissan-Flottenaußendienst unterstützt. Direktgeschäft findet in wenigen, im Händlervertrag geregelten Ausnahmen statt, insbesondere beim Verkauf an Autovermieter. Prinzipiell verkaufen alle Händler auch alle Produkte inklusive der leichten Nutzfahrzeuge. Zusätzlich gibt es jedoch Flottenkompetenzzentren, die auf die Bedürfnisse von Großkunden und den Vertrieb und Service von Nutzfahrzeugen inklusive Auf- und Umbauten spezialisiert sind.
Ein Flottenkompetenzzentrum hält unter anderem zusätzliche Vorführ- und Lagerwagen vor, um die gesamte Nutzfahrzeugpalette präsentieren zu können. Ein spezialisierter Flottenverkäufer mit entsprechender Zertifizierung ist in Kundenberatung und Akquise tätig. Verlangt wird eine zusätzliche Präsentationsfläche für die Nutzfahrzeuge im Innen- und Außenbereich sowie ein separates Verkäuferbüro.
Nissan Interstar (2024)

Auch die Werkstatt ist auf die Bedürfnisse von Flotten- und Nutzfahrzeugkunden ausgerichtet und verfügt zum Beispiel über eine 5-Tonnen-Hebebühne. Für Wartungen und Reparaturen müssen priorisiert Termine ermöglicht werden; Kundendienst auch samstags mindestens drei Stunden ist verpflichtend. Aktuell sind von 305 Verkaufsstützpunkten 44 Flottenkompetenzzentren.
Alle Nissan-Partner haben die gleiche Ausbildung hinsichtlich Elektrofahrzeugen; jeder Händler kann Pkw- und auch LCV verkaufen sowie Wartung und Reparatur durchführen. Ausnahme ist das Thema Batteriereparatur: Hier gibt es sieben "LiB-Repair-Center" in Deutschland, die für Arbeiten an Lithium-Ionen Batterien besonders geschult sind und Spezialwerkzeuge vorhalten müssen.
Zu den speziellen Services für Gewerbekunden gehören die Fünf-Jahres-Garantie standardmäßig für alle Nutzfahrzeuge, die Zusammenarbeit mit zahlreichen Auf- und Umbauern sowie Finanzdienstleistungen über Nissan Financial Services, zum Beispiel "Care for Business", ein Servicepaket mit Wartung und Verschleiß.
Renault: "Pro+ Center" für Nutzfahrzeuge
Bei Renault sind nicht alle Händler am Nutzfahrzeugverkauf beteiligt. Für Transporter und gewerbliche Kunden gibt es ein eigenes Netzwerk von Markenhändlern und Gewerbekunden-Zentren. Diese "Pro+ Center" sind auf den Verkauf, Service und Umbau von Nutzfahrzeugen spezialisiert und bieten einen auf Gewerbekunden zugeschnittenen Service.
Dafür müssen sie bestimmte Qualitätsstandards erfüllen, um zertifiziert zu werden. Dazu gehören geschulte Nutzfahrzeug-Spezialisten im Verkauf und Service, schnelle Reparatur- und Wartungsservices, erweiterte Öffnungszeiten zur Minimierung von Ausfallzeiten sowie eine Spezialisierung auf Fahrzeugumbauten. In Deutschland gibt es rund 420 Renault-Händlerbetriebe, darunter etwa 65 "Pro+ Center".
Renault Estafette Concept

Für Elektro-Nutzfahrzeuge gibt es zusätzliche Qualifizierungen. Ein Großteil der "Pro+ Center" ist dafür zertifiziert. Händler und Werkstätten müssen Hochvolt-Trainings absolvieren, um an Stromern arbeiten zu dürfen. Renault bietet hierfür Schulungen an.
Außerdem gibt es ein umfassendes Servicepaket für Gewerbekunden, darunter Finanzierung und Leasing, Umbauten für verschiedene Branchen, zum Beispiel Kühlfahrzeuge oder Handwerkerlösungen, 24/7-Pannenhilfe und schnelle Reparaturen für minimale Ausfallzeiten, "Renault Fleet Services" zur Verwaltung und Optimierung von Flotten sowie Test- und Ersatzfahrzeuge, um Geschäftsausfälle zu vermeiden.
Stellantis vertreibt TRansporter über Markenhändlernetze
Der Megakonzern Stellantis vertreibt die Nutzfahrzeuge seiner Marken Fiat Professional, Peugeot, Citroën und Opel über die Markenhändlernetze. In der Regel verkaufen alle Partner auch Nutzfahrzeuge. Darüber hinaus gibt es Partner, die ausschließlich einen Nutzfahrzeugvertrag für Sales und Aftersales haben. Zusätzlich haben qualifizierte Händler die Chance, den "Professional Center"-Status zu erhalten. Die Standards dafür werden jährlich auditiert.
Aktuell gibt es hierzulande 241 Transporter-Vertriebsstützpunkte (PoS) für Fiat Professional, 273 für Peugeot, 221 für Citroën und 458 für Opel. Auch für Elektrofahrzeuge haben die Marken Standards definiert. Die "Stellantis Academy" bietet Trainings für Sales und Aftersales.
Stellantis Nutzfahrzeugflotte

Speziell für Gewerbekunden bieten die "Professional Center" unter anderem verlängerte Öffnungszeiten. Auch im Bereich der Werkstattausstattung sind die Partner qualifiziert. Für Flottenkunden versuche man gemeinsam mit den Autohäusern maßgeschneiderte Lösungen für den individuellen Bedarf der Kunden zu finden, hieß es von Stellantis.
"Toyota Professional" für Transporter
Das Toyota-Vertragshändlernetz vertreibt die Modelle Proace City, Proace und Proace Max sowie der Hilux unter dem Label "Toyota Professional". Die Nutzfahrzeuge seien Vertragsware und könnten grundsätzlich von jedem Vertragspartner verkauft werden, hieß es. Zu den wichtigsten Voraussetzungen dafür zählen exklusive Verkäufer und geschulte Techniker, die Teilnahme an speziellen Schulungen, die gesonderte Bevorratung von Nutzfahrzeugen sowie eine angepasste Werkstattausstattung wie Hebebühnen, Tordurchfahrtshöhen und Werkstattequipment.
Toyota Proace Max Electric (Fahrbericht)

Für Verkäufer mit Schwerpunkt BEV gibt es spezielle Coachings. In Deutschland gibt es aktuell 350 Toyota-Standorte mit Verkauf und Service sowie zusätzlich 140 Servicestandorte. Rund 60 Standorte sind "Toyota Professional"-Stützpunkte.
Neben Aus- und Umbaumöglichkeiten für individuelle Innenraum-Lösungen bietet man den Gewerbekunden viele Services sowie individuelle Leasing-, Finanzierungs- und Versicherungsangebote. Die Relax-Garantie für Fahrzeuge bis zu einem Alter von 15 Jahren etwa umfasst europaweite 24/7-Pannenhilfe und Express-Service bei Reparaturen und Wartungen.
VW setzt auf stationären Handel
Auch VW Nutzfahrzeuge setzt auf den stationären Handel. "Die Nähe zum Kunden und hohe Fachkompetenz sind gerade im leichten Nutzfahrzeuggeschäft von zentraler Bedeutung", hieß es aus Wolfsburg. Alle Händler seien auf leichte Nutzfahrzeuge spezialisiert - sowohl für gewerbliche als auch für private und freizeitorientierte Nutzung. Ergänzend gebe es Händler mit vertraglichen Zusatzvereinbarungen für besondere Abnehmergruppen, beispielsweise Großkunden, Kurier-, Express- und Paketdienste sowie Behörden.
VW verlangt umfangreiche Standards und Richtlinien, die den besonderen Anforderungen im leichten Nutzfahrzeuggeschäft Rechnung tragen und den Qualitätsanspruch sicherstellen - im Verkauf ("Großkundenleistungszentren") und Aftersales ("ServicePlus Partner"). Neben den marktüblichen Zertifizierungen legt VW großen Wert auf besonders qualifiziertes und geschultes Personal in Verkauf und Service. Derzeit umfasst das Vertriebsnetz für Volkswagen Nutzfahrzeuge rund 390 Vollfunktionsbetriebe. Darüber hinaus gibt es ein Servicenetz mit weiteren rund 1.150 Standorten.
Mercedes eVito und VW ID.Buzz Cargo

Aufgrund der "stark wachsenden Nachfrage nach alternativen Antrieben" seien BEV und PHEV von zentraler Bedeutung, teilte VW Nutzfahrzeuge mit. Alle Markenhändler seien deshalb spezialisiert. Der Autobauer unterstützt dies mit einem umfangreichen Angebot an Schulungen und Qualifizierungen für Verkauf und Service.
Insbesondere die Großkundenleistungszentren gewährleisten eine umfassende Betreuung von Flottenkunden. Darüber hinaus arbeitet Volkswagen an Lösungen im Bereich der mobilen Onlinedienste, die besonders auf die gewerblichen und Flottenkunden zugeschnitten sind.