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H2 Mobility: Die H2-Zukunft wird groß

28.06.2021 12:00 Uhr
H2 Mobility: Die H2-Zukunft wird groß
Wasserstoff im Pkw oder Bus ist noch eine Seltenheit auf den Straßen. Das soll sich ändern. H2 Mobility sorgt für die passenden Tankstellen landesweit, an denen die emissionsfreien Fahrzeuge ihre Energie erhalten.
© Foto: H2 Mobility

Wasserstoff wird wichtig für die Energieversorgung. Es fragt sich nur, ob auch Mobile davon profitieren? Ja! Das sagt zumindest H2 Mobility und blickt auf Pkw, aber künftig auch auf große Wasserstoff-Trucks.

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Mit anspruchsvollen Netzwerken kennt sich Lorenz Jung aus. Als Verantwortlicher bei Thost Projektmanagement zählten die Energiesparte von Siemens und Linde zu seinen Auftraggebern. Der Industriegasproduzent Linde betrieb vor mittlerweile fünf Jahren nicht nur eine eigene Versuchsflotte von Brennstoffzellen-Sharing-Fahrzeugen (Bee Zero, siehe Autoflotte 6/2016, S. 26), sondern schloss sich 2015 mit Air Liquide, Daimler, OMV, Shell und Total zum Verbund H2 Mobility zusammen. Beraten und begleitet wird das Unternehmen von BMW, Honda, Hyundai, Toyota und Volkswagen sowie von der NOW Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Als Charge Point Operator (CPO) kümmert sich Lorenz Jung um den Ausbau des Netzwerks. Die Aufgabe ist klar: Lust auf Wasserstoff im Tank zu machen, indem das Tanken desselbigen einfach und flächendeckend stattfindet. Sobald das europäische Netz 400 H2-Tankstellen umfasst, überließe man das Feld wieder den einzelnen Mineralölanbietern - der Anschub wäre damit geglückt.

Sehr früh suchte H2 Mobility den direkten Austausch mit den Nutzern und H2-Interessierten. So sind die Daten auf der eigenen Website (h2.live) in Echtzeit vorhanden. Auf der Europakarte blinken 143 Punkte - jeder eine Wasserstofftankstelle - davon sind 120 grün (aktiv) und 23 rot, was auf eine Störung verweist. Aktiviert man den Schieber mit der Aufschrift "Zukunft", blinken weitere 43 Standorte auf. Für Deutschland gesprochen sind es momentan 91 aktive Zapfsäulen - das europäische Wasserstoff-Herz schlägt also im Autoland - das wirkt in den Medien oft anders. Auf dessen Straßen einen Toyota Mirai zu Gesicht zu bekommen, bleibt dennoch ein seltenes Ereignis. Das gerade neu aufgelegte "Zukunfts"-Mobil (was der japanische Modellname bedeutet) ist eines von nur zwei reinen Wasserstoff-Autos, die serienmäßig verfügbar sind. Der Hyundai Nexo ist der Gegenpart des japanisch-koreanischen H2-Duos. Zwar werkelt im GLC F-Cell von Mercedes-Benz auch eine Brennstoffzelle, aber das ist eine Kleinserie mit wohl gewählter "Test-Klientel", die dementsprechend Testcharakter besitzt.

Damit sich die Fahrer der Wasserstofffahrzeuge eben nicht als Tester fühlen müssen, bringt H2 Mobility nicht nur die Partner für den Bau einer H2-Tankstelle zusammen - was jedes Mal ein Budget jenseits von einer Million Euro bedeutet - und klärt die zeitraubenden Bau- und Betriebsgenehmigungen, sondern man überwacht und wartet die leider noch selten besuchten Zapfsäulen, die mit 700 bar die Autos binnen weniger Minuten mit fünf bis sechs Kilogramm Wasserstoff befüllen. Wasserstoffbetriebene Busse gibt es ebenfalls, diese werden mit 350 bar Druck betankt.

Lkw sollen die Lücke schließen

Das Tank-Netz ist mit den 100 Stationen, die es bis Jahresende in Deutschland sein sollen, im Grunde funktionsfähig, dennoch fehlt es an Kundschaft. Mit wenigen tausend H2-Autos und -Bussen kommt die grüne Idee, der lokalen emissionsfreien Mobilität, die mit grünem Kraftstoff (mit regenerativer Energie für die Elektrolyse) sogar völlig klimaneutral wäre, nur schwer ins Fliegen. Hoffnung machen Lorenz Jung die schweren Jungs. Neben Truck-Herstellern wie Hyundai und dem Trio Mercedes-Benz, Iveco und Volvo, das sich mit OMV und Shell zur Interessensgemeinschaft H2Accelerate zusammenschloss, um gemeinsam den wasserstoffangetriebenen Lkw europaweit zum Durchbruch zu verhelfen, sind auch Transporterbauer auf den Wasserstoff gekommen. Die Nachfrage könnte also bald jenseits der 3,5-Tonnen-Klasse steigen.

Wie geht es also weiter mit der Tank-Infrastruktur für Wasserstofffahrzeuge fragen wir Lorenz Jung, der als H2Mobility-Urgestein zählt und die "Personalnummer elf" trägt, wie er im Gespräch verrät und dabei wie auch an anderen Stellen des Interviews freudig lacht. Das Team besteht aus gut 40 Experten, die sich in den drei Bereichen Bau, Operations und Finanzierung wiederfinden. Im Gespräch dabei ist Falk Schulte-Wintrop, der selbst in zahlreiche Projekte involviert ist, die sich an einer Wandtafel hinter Ordnungsnummern auffächern. Er kann ein Gefühl davon geben, wie viel Aufwand ein eigentlich kleines Netz von Tankstellen macht, wenn nicht Diesel, sondern Wasserstoff aus dem gekühlten Zapfhahn strömt.

Eigenes Tankstellen-Netz

Staatlich geförderte Feldversuche gab es einige, um die neue Technik en vogue werden zu lassen, wie etwa den Ridesharing-Anbieter Clevershuttle. Die Lösung des Problems, das die Idee von H2 Mobility ausmachte, fand man bisher allerdings nicht. Oder wie es Jung beschreibt: "Wir wurden ins Leben gerufen, um das Henne-Ei-Problem zu lösen. Ohne die Tankinfrastruktur verkaufen sich keine Autos und ohne genügend H2-Fahrzeuge auf der Straße rechnet sich keine eigene Infrastruktur. Also fanden sich die sechs Initiatoren und gaben das Geld für den Aufbau der ersten 100 Tankstellen. Diesen Punkt werden wir bis Jahresende erreichen." Statt dass sich einzelne Tankstellenbetreiber entscheiden, dieses Invest anzugehen, übernahm das Konsortium die bestehenden Tankstellen und baut neue selbst aus. Ähnlich wie bei der Ladeinfrastruktur für batterieelektrische Modelle lohnt sich diese Zentralisierung, denn defekte Standorte fallen so schneller auf und werden zügig zurück ans Netz genommen. Denn eine ausgefallene H2-Tankstelle verdient nicht nur kein Geld, der Weg bis zur nächsten kann bisweilen über mehrere hundert Kilometer weit und damit außerhalb der Restreichweite des Probanden liegen.

Das Ei, wenn wir die Tankstelle mal so nennen wollen, ist also kein so großes Problem mehr. Die Henne, sprich die Zahl der tankenden Kunden, schon, wie Jung vorrechnet: "Wir betreiben heute 91 Wasserstofftankstellen, die auf einen deutschen Bestand von knapp über 1.000 Pkw und etwas über 50 Busse treffen. Das ist natürlich ein sehr ungutes Verhältnis." Dass das Interesse grundsätzlich größer ist, als es die Zulassungszahlen zeigen - zum Beispiel kam der Hyundai Nexo im Jahr 2020 nur 128 Mal in eine Flotte -, beweisen die gut 5.000 Nutzer der eigenen H2-App.

Flotten als Ankerkunden

So sucht das Team in Berlin nach weiteren Flottenbetreibern, die mit einer gewissen Größe das Tanksystem regelmäßig herausfordern. Schulte-Wintrop verweist hier in Berlin auf Uber: "Der Fahrdienst hat einige Toyota Mirai im Einsatz, da die Fahrzeuge im Gegensatz zu batterieelektrischen Modellen immer fahrbereit sind. Diese Botschaft geben wir gern auch an andere Flottenbetreiber: Wenn jemand zentralisiert noch keine Tankstelle hat, sich aber zutraut, eine größere Menge von Wasserstofffahrzeugen anzuschaffen, das können Autos, aber künftig auch leichte Transporter oder schwere Nutzfahrzeuge sein, dann können wir eine Anlage bauen, die nach diesen Wünschen ausgerichtet ist." Darin liegt die größte Hoffnung, dass über die Lkw neuer Schwung in die Geschichte der mobilen Brennstoffzelle kommt.

"Wir sehen die Brennstoffzelle komplementär zum batterieelektrischen Fahrzeug, vor allem wenn wir auf die verschiedenen Größenklassen von Fahrzeugen und eine gewisse Jahreslaufleistung schauen. Je schwerer das Fahrzeug und je länger es unterwegs ist, desto leichter lässt sich die H2-Technik einbinden", argumentiert Jung. Was aus Sicht des Managers das Flottengeschäft beleben würde, wäre "ein Brennstoffzellenmodell in der Sprinter-Klasse am besten von einer deutschen Marke." Wie schnell sich das Interesse steigern lässt, erklärt Jung am Beispiel des Umrüsters Faun:"Faun hat einige Müllentsorgungsfahrzeuge mit einer Brennstoffzelle ausgerüstet, die mit der 700-bar-Drucktechnik betankt werden können und nicht auf die 350 bar der Bus-Technik zurückgreifen. Die Fahrzeuge wurden also auf die am besten verfügbare Tanktechnik hin optimiert, was dazu führt, dass laut Faun die Nachfrage plötzlich riesig ist."

Ähnlich wie die Busunternehmen oder die Abfallwirtschaft sollen auch andere Branchen in kleineren Chargen starten können und dann ins Thema reinwachsen. Jede Tankstelle speichert lokal zwischen 200 und 400 Kilogramm Wasserstoff, was für die Betankung von 40 bis 80 H2-Pkw ausreicht. Das gesamte Netz kann damit rund 40.000 Pkw versorgen. Das Ladeprotokoll ist weltweit standardisiert und ein Pkw tankt, auch wenn er fast leer ist, nie länger als drei bis fünf Minuten, da der Füllstand nicht so stark ins Gewicht fällt wie beim Stromer oder beim Diesel. Der Preis ist übrigens bundesweit gleich: 9,50 Euro pro Kilogramm. Eine Tankkarte reicht hier für das deutschlandweite Netz. Man will sich aber weiter für Mineralölunternehmen jenseits des Konsortiums öffnen, wie Schulte-Wintrop verrät.

Tankstelle für Pkw und Lkw

Neu wird die Dimension einer H2-Tankstelle werden, wenn man den Beschreibungen von Jung folgt: "Die nächsten Wasserstofftankstellen werden größer und komplexer, um möglichst jede Art von Fahrzeug, also Auto, Transporter und Lkw sowie Bus, bedienen zu können und man die Tankstelle damit wirtschaftlich betreiben kann." Als mögliche neue Standorte sieht der Manager unter anderem Logistik-Hubs oder Güterverteilzentren. So öffnet sich H2 Mobility künftig stärker jenen Fuhrparkbetreibern, die auf die grüne Technik setzen wollen.

Grün wird der Wasserstoff, wenn, wie jetzt schon geschehen, lokale Elektrolyseure die Herstellung übernehmen und dafür Wind- oder Sonnenenergie nutzen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil an grünem Wasserstoff im H2-Mobility-Netz bei ungefähr einem Drittel, laut Jung. "Das Thema fliegt aber nur, wenn wir mittelfristig hieraus 100 Prozent machen können. Dann wird nicht mehr wie heute im Umkreis von 250 Kilometern um die Tankstelle produziert, sondern der Wasserstoff zu einem Preis von weniger als zwei Euro pro Kilogramm importiert."

Aus Erdgas-(CNG-)Tankstellen nun H2-Lieferstellen zu machen, geht dabei leider nicht, wie Jung erklärt: "Die Drücke, mit denen beide Systeme arbeiten, sind unterschiedliche. Das kleinste H2-Molekül wird bei über 800 bar und minus 40 Grad in den Tank gebracht. Das zeigt die Komplexität dieser Anlagen." Also bleibt nur der Neubau - dann größer und modularer als bisher. Die Arbeit dürfte dem Team von Jung und Schulte-Wintrop nicht ausgehen.

Mehr zum Thema Wasserstofftechnik gibt Fuhrparktag am 13. Juli südlich von München autoflotte.de/mobilitaet

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