Spannung ist im Bereich der E-Mobilität immer gewünscht. Am spannendsten für die Gespräche in diesem Segment sind wiederum Start-ups mit Verantwortlichen, die vieles probiert und erlebt haben. Firmen wie Charge Guru und Verantwortliche wie Florian Chan. Wobei Charge Guru weiß Gott kein Newcomer mehr ist, zumindest im französischen Heimatmarkt. Dort startet man 2014 und zählt über 400 Mitarbeiter europaweit.
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In Deutschland ist man aktuell noch deutlich kleiner unterwegs. Vor drei Jahren baute Chan das Geschäft auf. Die damalige One-man-show war das komplette Gegenteil seiner vorherigen Position. Bei Fimer leitet er von der Toskana aus die internationalen Geschicke mit einem großen Team, so dass er weit weg vom Tagesgeschäft war. Nach einem Jahr und viel Pendeln ging es zurück nach München und damit ans Ausbauen von neuen Strukturen.
Sein Interesse an der grünen Technik kam zu Uni-Zeiten über die Vorträge des Ökonomen Hans-Werner Sinn, der über das "grüne Paradoxon" referierte, erinnert sich Chan bei unserem Gespräch. Fortan hießen die Buzzwords für Chan "erneuerbare Energie", "China" und "Kosten". Der Weg in die Praxis begann für den studierten Sinologen (der nebenbei auch Jura studierte) bei Sungrow. Beim chinesischen Hersteller von Wechselrichtern lernte er den internationalen Markt kennen. Auf Sungrow folgte mit EVBox der Schritt in Richtung Laden. Hier baute Chan das D-A-CH-Office mit auf.
Charge Guru: Erfolgsfaktor Installateure
"Damals vor sieben Jahren war es gefühlt zu früh für Deutschland", sagt er heute. "In Amsterdam gab es zu diesem Zeitpunkt mehr öffentliche Ladestationen als in ganz Deutschland." Viel Potenzial also, aber noch nicht der passende Zeitpunkt, dass der Zug namens "E-Mobilität" ins Rollen käme. Das Timing beim Wechsel zu Charge Guru vor dreieinhalb Jahren hätte wiederum besser sein können. Damals wurde die Wallbox-Förderung zusammengestrichen und damit geriet der Start der Franzosen buchstäblich ins Stocken. Immerhin hatte man nun genug Zeit für den langsamen Aufbau und für erste Telefonate mit den Handwerkern, wie Chan erklärt.
Denn die verfügbare Kapazität von Installateuren ist eine der Schlüsselqualifikationen für den Erfolg als Ladeinfrastrukturanbieter im weitgefächerten deutschen Markt. In Frankreich etwa bildet für Charge Guru der Großraum Paris das Herzstück des Kundenstamms ab, in Deutschland gibt es mannigfaltige Cluster, in denen man präsent sein muss, will man nationale Flotten betreuen.
Um diese lokal agierenden Installateure zu gewinnen, schaute man sich den Vertriebsgedanken der Plattformökonomie ab. Konkret wird etwa der Dienstwagenfahrer, der zu Hause eine Wallbox installieren möchte, über eine digitale Klickstrecke mit einem Installateur aus seiner Gegend verbunden. Alles digital - von der Bebilderung der künftigen Ladestelle bis zum Angebot.
Der Stromfachmann kann nun das errechnete Angebot annehmen und den Kontakt zum Dienstwagenfahrer aufnehmen. Preislich ist man hier eher im oberen Mittelfeld zu finden, was die Installationsleistung betrifft, bestätigt der Charge Guru Chan. Dafür ist die Qualität bundesweit vergleichbar und auf gleich hohem Niveau. Rund 500 Installationspartner agieren für den Anbieter mittlerweile. Ein echtes Pfund. Was zu Partnerschaften führte.
Charge Guru, Elli, Ford und Co.
Ende des ersten Jahres meldete sich plötzlich der Lade-Riese Elli in München. Die Wolfsburger suchten einen neuen Installationspartner. Chan, der das Managen stets als Machen versteht und die Risikobereitschaft von asiatischen Firmen erlebt hat, sah die Chancen und sagte zu. Plötzlich war man Teil des VW-Netzwerks und präsent auf allen Marken-Websites. Direkt stand das Telefon nicht mehr still. Am anderen Ende des Hörers waren Endkunden, die zu Hause laden wollten. Später kamen Firmen und ihre Flotten dazu.
In mittlerweile acht europäischen Ländern kümmern sich die Charge Gurus um mehr als 1,5 Millionen Stellplätze, wie Chan vorrechnet. Neben dem direkten Draht zu den lokalen Installateuren ist die Vorfinanzierung etwa für Mehrparteienhäuser einer der Wachstumstreiber. Hier stellt der Dienstleister die Grundinstallation, der Mieter zahlt die Wallbox und für den Stromvertrag.
So übernimmt Charge Guru alle Kosten für die Infrastruktur und geht eine Wette ein, dass aus einem bald mehrere E-Autofahrer in dem Wohnobjekt werden. Der Nutzer zahlt dafür einen fixen Strompreis, der sich am Endkundenmarkt (Haushaltsstrom) orientiert.
Um genau zu sein, liegt er stets etwas unter dem Preis-Index des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der aktuell für 2025 durchschnittlich 39,8 Cent (brutto) je Kilowattstunde ausweist. Bei Charge Guru zahlt man 35 Cent, was aber zweimal im Jahr an die Entwicklung des BDEW-Index angepasst werden kann. So ist für viele Ladeszenarien vieles möglich.