-- Anzeige --

Neuralgischer Punkt

29.02.2012 12:02 Uhr

-- Anzeige --

Neuralgischer Punkt

Umfrage | Für Flottenversicherer sind Glasschäden ein enormer Kostenblock in der Kaskoversicherung, denen Fuhrparks vermehrt mit höheren Selbstbeteiligungen gegensteuern.

— Glasschäden stellen für Flottenversicherer eine überdurchschnittliche Belastung dar. Darauf lassen die Zahlen schließen, die dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vorliegen. Demnach nehmen sie mit rund 2,65 Millionen Fällen und Versicherungsleistungen von etwa 1,17 Milliarden Euro unter den bearbeiteten Pkw-Schadensfällen der Teil- und Vollkaskoversicherer nach Art des Teilkaskoschadens den Spitzenrang in 2010 ein. Erst mit großem Abstand folgen Wildschäden auf Platz zwei mit 243.000 Fällen und Versicherungsleistungen von zirka 520 Millionen Euro. Diese Entwicklung sei für den GDV „besorgniserregend“.

Insbesondere die Kosten für Glasbruch als Folge von Steinschlägen durch Streugut belasten die Schadenseite der Kaskoversicherer. Zugleich sind die durchschnittlichen Schadenkosten pro Fall von 420 Euro auf rund 440 Euro in 2010 angestiegen. Die Zahlen für 2011 liegen dem GDV zwar erst im Oktober vor, der Trend dürfte aber bestehen bleiben – auch im Flottensektor.

Der Verband kann zwar keine separaten Zahlen zum Aufkommen von Glasschäden bei gewerblichen Kunden zur Verfügung stellen. Dass sie aber auch in diesem Bereich ein Kostentreiber sind, zeigt eine Umfrage unter den großen Kfz-Versicherern. Allerdings haben nicht alle Befragten geantwortet. Zu den Gründen hierfür zählen unter anderem „strategische Überlegungen“ oder dass der Bereich nur ein Nischenprodukt sei. Kfz-Versicherer, die sich nicht beteiligt haben: Alte Leipziger, Chartis, DEVK, Ergo Gruppe, Generali, LVM, Nürnberger, Signal Iduna und Versicherungskammer Bayern.

Frequenzen in Flotten | Von den teilnehmenden Flottenversicherern Allianz, AXA, Basler, Gothaer, HDI-Gerling, HUK Coburg, Provinzial Rheinland, R+V, VHV, Württembergische und Zurich wollten wir unter anderem wissen: „Wie haben sich die Glasschäden in den Flotten unter dem Gesichtspunkt Schadenhäufigkeit und -höhen in den vergangenen Jahren entwickelt?“

Dazu meldet etwa die Allianz, dass sich im Firmenbestand die Frequenz der Glasschäden von 2006 bis 2011 auf annähernd gleichem Niveau bewegt habe, während – nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Preissteigerung – der Schadendurchschnitt stetig gestiegen sei. AXA berichtet von rückläufigen Schadensaufwand, -anzahl und -häufigkeiten in 2011 gegenüber 2010. Die Schadenhäufigkeit beziffert der Versicherer auf 7,8 Prozent (2010: 9,1 Prozent). Das bedeutet: 7,8 registrierte Fälle pro 100 Kaskodeckungen im Flottengeschäft, das ab sechs Fahrzeugen und einem Jahresnettobeitrag von 5.000 Euro beginnt. Gleichwohl verweist auch AXA auf einen Anstieg des durchschnittlichen Schadensaufwands.

Dagegen nennt die Basler Versicherung keine Zahlen zum Flottengeschäft, resümiert aber generell, dass die Glasschäden bei ihr rund die Hälfte aller Kaskoschäden ausmachen. Separate Statistiken für Flotten bestehen auch nicht bei der Gothaer. Unter der Annahme, dass sich Glasschäden bei Pkw-Flotten analog den von Lkw entwickeln, sei der prozentuale Anteil in Bezug auf alle Kaskoschäden von 2008 bis 2010 nahezu unverändert geblieben. Auch der Schadensaufwand liege bei einer relativ konstanten Wertgröße.

Dass Glas bei Flotten traditionell eine der häufigsten Schadensursachen sei, konstatiert die HDI-Gerling als einer der Platzhirsche unter den Flottenversicherern. Da die Konjunktur angezogen hat und damit die Fahrleistung angestiegen ist und hier ein unmittelbarer Zusammenhang speziell zu Glasschäden bestehe, sei eine steigende Zahl zu verzeichnen. „Da auch im Bereich der Scheiben, insbesondere der bei Glasschäden primär betroffenen Frontscheibe, immer mehr Technik in Form von Sensorik verbaut wird, führt dies tendenziell dazu, dass die einzelne Scheibe im Austausch teurer wird“, ergänzt Jens Könemann, Leiter Services Kraftfahrt der HDI-Gerling Sicherheitstechnik.

Die HUK Coburg sieht das Flottengeschäft zwar nicht als ihr Geschäftsfeld, spricht im Allgemeinen aber von einem erstmaligen Sinken der Häufigkeit von Glasschäden in 2010 und 2011 nach einem jahrelangen Anstieg, wobei die Häufigkeit mit 62 Promille (62 Schäden auf 1.000 Fahrzeuge) und der Schadendurchschnitt für die tatsächliche Regulierung bei 370 Euro gelegen habe.

Eine Steigerung der Häufigkeit bei Glasbruchschäden gemessen an Gesamtbestand und Aufwand zeigt sich bei der Provinzial Rheinland. Indessen ist bei der R+V die Häufigkeit von Glasschäden seit 2009 unverändert geblieben, der Schadendurchschnitt hat sich allerdings um zehn Prozent erhöht. Die VHV betont, dass Glasschäden zu den Frequenzschäden gehören und daher in großen Flotten regelmäßig in vorhersehbarer Höhe auftreten.

Eine Tendenz zu steigenden Schadenhäufigkeiten und -aufwendungen in den vergangenen Jahren hat wiederum die Württembergische bei Flotten registriert. Sie verweist auf ein Plus von 5,4 Prozent bei den Schadenzahlen und im Aufwand von zehn Prozent. Diesem Trend folgt auch die Zurich. Sie hat einen deutlich höheren Schadensaufwand bei Glas verzeichnet – teilweise mit zweistelligen Wachstumsraten – und damit stärker als der Anstieg der Stückzahlen. Als mögliche Gründe dafür listet André Fast, Leiter für den Bereich Dienstleister Management Schaden, zum Beispiel steigende Lohn- und Materialkosten der Werkstätten, die aggressive Werbung von Glasanbietern und vermehrten Splitteinsatz mangels Streusalz im vergangenen Winter auf.

Kosten in Relation | Doch welchen Kostenblock stellen Glasschäden für den Flottenversicherer nun dar? Basler, Gothaer, HUK Coburg, VHV, Württembergische und Zurich machen hier keine fassbaren Angaben. Etwas konkreter wird die Allianz. Sie konstatiert, dass bei ihr die Glasschäden bezüglich der Schadenfrequenzen den höchsten Anteil in der Teilkasko bilden. Und AXA hat beispielsweise den Aufwand für Glasbruchschäden im Verhältnis zum gesamten Schadensaufwand für alle Kaskoschäden mit 14 bis 15 Prozent im Flottensegment errechnet. Die HDI-Gerling bezeichnet Glasschäden als häufigste Schadensursache im Kaskobereich, sie stellten aber nicht den größten Kostenblock dar. Sie beliefen sich im niedrigen zweistelligen Prozentbereich, gemessen an den Gesamtkosten in der Kasko.

Bei der Provinzial Rheinland sieht es etwas anders aus. Die Glasschäden machen hier die Hälfte aller Schadensaufwendungen aus und bezogen auf die Kaskoschäden immerhin noch rund 20 Prozent. Die R+V gibt den Kostenanteil der Glasschäden in Bezug auf die Gesamtschäden in der Kasko mit 16 Prozent an. Auch dies sei im Vergleich zu den Vorjahren konstant und repräsentiere folglich einen nicht unwesentlichen Kostenblock.

Gegenmaßnahmen | Um die Ausgaben für Glasschäden im Flottensegment mindestens im Griff zu behalten oder gar zu senken, drehen die Kfz-Versicherer an verschiedenen Stellschrauben. So baut die Allianz unter anderem auf Prozessoptimierung, zu der eine vollelektronische Schadensabwicklung und die Direktabrechnung mit der Werkstatt zählen. „Darüber hinaus wird vonseiten des Versicherers, wenn sicherheitstechnisch möglich, die Glasreparatur gegenüber dem Wechsel des Glasteiles durch Verzicht auf Abzug der Selbstbeteiligung gefördert“, sagt Frank Schubert, Riskmanager der Allianz. Und Uwe Hüholt, Abteilungsleiter Flottengeschäft der AXA, führt aus: „Wenn bei einem Kunden über einen längeren Zeitraum ungewöhnlich viele Glasschäden auftreten, versuchen wir, mit dem Kunden Gegenmaßnahmen aufzusetzen. Im Einzelfall werden auch Ausschlüsse für Glasschäden vereinbart.“

Auf eine Mischung aus der Vereinbarung entsprechender Selbstbeteiligung (SB) und der Optimierung von Glasreparaturen im Rahmen von Riskmanagement inklusive Ursachenermittlung setzt die Basler. Die HDI-Gerling legt den Fokus unter anderem auf einfache Prozesse und die Nutzung bestimmter Reparaturmethoden wie Smart Repair zur Kostenreduktion. Da das Flottengeschäft ein individuelles sei, gehe der Versicherer außerdem mit dem Kunden auf die Suche nach dem effizientesten Instandsetzungsweg im Einzelfall.

Daneben schreibt die Provinzial Rheinland die Zusammenarbeit mit Glaspartnern und die entsprechende Schadensteuerung groß. Dennoch habe dies an den Werten nur geringfügig etwas geändert, räumt der Versicherer ein. Damit die Kosten für Glasschäden unter Kontrolle bleiben, optimiert die Zurich ihre Produktgestaltung, die Zeichnungspolitik und im Schadenmanagement die Prozessautomatisierung. Zugleich werden die Rechnungsprüfung bei Nicht-Partnern und die Kooperationsvereinbarungen mit Glasdienstleistern und Herstellern gestärkt.

Höhere Selbstbeteiligungen | Auch wenn die Zahl der Glasschäden im Flottensektor relativ hoch ist, weisen sie im Vergleich zu den Gesamtzahlen des GDV doch tendenziell niedrigere Werte im Einzelnen aus. Das deutet darauf hin, dass Flottenbetreiber mehr auf Eigenverantwortung und damit auf die SB in der Kasko als Steuerungsinstrument setzen. Das bestätigen die Antworten der Flottenversicherer auf die Frage: „Wie regeln Flottenbetreiber das Thema Glasschäden in der Praxis? Und welche Veränderungen hat es ggf. dabei gegeben?“ So beobachten die Basler, Gothaer, HDI-Gerling, VHV und Zurich eine zunehmende Neigung, die SB zu erhöhen oder die Kasko gar abzuschaffen.

Risiko oder Sicherheit | Gleichwohl lässt sich kein einheitliches Bild zeichnen. Während manche Flottenverantwortliche laut Versicherer auf die Kasko komplett verzichten, lassen sich andere auch die Glasschäden über die Teilkasko zahlen. Doch je größer die Flotten, desto eher sind sie bereit, das Risiko selbst zu tragen und durch gezielte Schadensteuerung in Werkstätten mittels Sonderkonditionen die Aufwendungen zu senken.

Die SB und Prozessoptimierung sind für Jens Könemann von der HDI-Gerling Sicherheitstechnik aber nicht die einzigen Mittel, um Kosten zu senken: „Auch in Bezug auf die Schadenhäufigkeit kann man an einer Reduzierung arbeiten. Hier geht es auch um die Sensibilisierung der Fahrer. Denn durch mehr Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug lassen sich zum Beispiel Steinschlagschäden reduzieren.“ Spezifisches Risk- und Schadenmanagement kann sich für Flottenbetreiber demnach auch bei Glasschäden lohnen. | Annemarie Schneider

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


BMW Serviceleiter (m/w/d)

Heidenheim an der Brenz

-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.