Man muss lange suchen. Wonach? Na, nach Ladesäulen, die mehr als 400 kW Ladeleistung in der Spitze bieten. Hier und da gibt es welche, in München und Umgebung nicht. Genau dort aber fahren wir den Xpeng G6. Facegeliftet und technisch fitter gemacht. So ballern die Chinesen teilweise neue Technik ins Auto, und das nicht OTA, also Over The Air, sondern VUR, also „von unten rein“. Und zwar zwei Jahre nach Markstart des Xpeng G6 in China und nach nur einem bei uns.
Xpeng G6 (80,8 kWh-LFP-Akku / 2026)

Lichtband vorn, irritierende Blinker hinten
Doch fangen wir vorn an, und zwar am Xpeng G6. Neu von außen: „Starlight Wing“. Hinter dem SciFi-Begriff verbirgt sich ein profanes LED-Lichtband, das immense 1,94 Meter lang (oder breit) ist und von dem sich die äußeren Teile orange einfärben, sofern man blinkt. Das fällt auf und bedingt eine gewisse Verwechslungsgefahr mit dem US-Amerikaner, der eine sehr ähnliche Silhouette besitzt. Fürs Heck gab es einen Diffusor und mit ihm einen Cw-Wert von knapp unter 0,25 und das war es im Grunde. Auffallend bei Nacht. Wird geblinkt, erlischt das Rücklicht auf der entsprechenden Seite komplett. Das bedeutet: orange, dunkel, orange, dunkel … Dass solch eine kurzzeitige Dunkelflaute eine Typgenehmigung erhält, verwundert dann doch.
387 Designer gibt es übrigens bei Xpeng. Für die optischen Retuschen reichten wohl die Trainees. Auch sie sind Teil der 15.000-Personen-Mannschaft, von denen etwa 40 Prozent in der Entwicklung arbeiten, die in Guangzhou und den weltweit vorhandenen Entwicklungszentren seit 2014 für Xpeng tätig sind. 2025 wollen sie zirka 300.000 Autos produzieren. Alibaba (Gründer ist Jack Ma, der auch Alipay gründete) und das Technologieunternehmen DiDi sind Geldgeber, damit Xpeng Luft zum Atmen bleibt. Denn zum Geldverdienen reicht es bislang nicht. Man munkelt, dass der Break-even aber zum Jahreswechsel erfolgen könnte. Zum Vergleich: Opel stützt sich auf rund 11.500 Mitarbeiter an den drei deutschen Standorten, die (zusammen mit den Stellantis-Werken in Europa) gut 600.000 Autos produzieren.
Zurück nach China. China-Speed war eines der geflügelten Worte auf der IAA in München. Im Fall von Xpeng trifft das zu. Zumindest bei der Akkuentwicklung. Denn es gibt vor allem im Unterboden echte News zu berichten.
451 kW Ladeleistung beim Xpeng G6
Und genau da überrascht beim genaueren Blick, dass der neue Akku 7 kWh Speicherkapazität im Vergleich zum alten verloren hat. 80 kWh sind jetzt nutzbar. Ungewöhnlich. Gehen die meisten Hersteller den entgegengesetzten Weg und proklamieren mehr Akkukapazität, mehr Reichweite und damit einhergehend oft auch mehr Ladeleistung. Bei Xpeng installiert man fortan anstelle des alten NCM-Akkus ein neues LFP-Pendant und kommt damit unter anderem ohne Kobalt und Mangan aus. Zudem soll der neue Akku eine 30 Prozent längere Lebensdauer besitzen. Mit dem neuen Paket ist laut Xpeng der obligatorische 10–80er-Ladestopp in sagenhaften zwölf (12) Minuten erledigt. 451 kW geben die Chinesen als maximale Ladeleistung des Xpeng G6 an – ein Cupra Tavascan, ebenfalls aus China, erfreut die Besitzer mit maximal 135 kW. Beim Preis und der Größe geben sich die beiden Kontrahenten nichts. Der Xpeng G6 startet mit Heckantrieb bei 47.600 Euro (296 PS) und der Cupra Tavascan mit 286 PS bei 48.340 Euro (jeweils brutto).
Den Flaschenhals stellt also mittlerweile nicht mehr das Elektroauto dar, es ist die Ladesäule. Wie beschrieben, in München und Umgebung gibt es keine, die mehr als 400 kW bietet. Kurz vor Nürnberg oder in Füssen wären derzeit für uns die ersten Hypercharger mit 475 kW. Und bei Hanau steht wohl eine von Aral Pulse, die 600 kW mittels neuer Alpitronic HYC1000 zu leisten vermag – theoretisch.

Xpeng G6: der komfortable Schnellgleiter
So weit sind wir auf der ersten Ausfahrt aber nicht unterwegs. Obwohl das Fahrwerk des Xpeng G6 zur Langstrecke einlädt. Die Kombination aus Ladeverhalten, Fahrwerk und Motorleistung macht den Xpeng zur Elektro-Vielfahrer-Maschine. Komfortabel, flott und leise gleitet das Crossover über die Autobahn. Klar, die Lenkung ist sehr synthetisch, aber stört das anno 2025 überhaupt noch jemanden? Seit Jahren werden Lenkung, Getriebe (sofern vorhanden), Motorabstimmung (bei Verbrennern und Plug-in-Hybriden) und Fahrwerk nicht mehr besser, eher schlechter – herstellerübergreifend. Schön, dass Xpeng für sich einen entspannten Charakter gefunden hat und vermeintliche Sportlichkeit auch beim knapp 4,76 Meter langen G6 außen vor bleibt.
Fürs sportliche Hantieren sind auch die mit feinem Nappaleder bezogenen Sitze des Xpeng G6 nicht gemacht. Sie sind gemütlich, bieten aber wenig Seitenunterstützung. Immerhin gibt es auf vier Sitzen viel Platz und man darf fragen, wofür überhaupt den größeren Xpeng G9? Das Interieur-Design – da kommen wir wieder auf einen kleinen Teil der 387 Designer zurück – entspricht dem Design chinesischer Autos. Möglichst wenig haptische Bedienelemente, möglichst viel umständlich in den Touchscreen gepackt. Das hat Xpeng auch beim G6 geschafft, ist aber kein Lob. Nach wie vor ablenkend ist die Bedienung und man fragt sich: Warum und wer findet das gut? Der Monitor anstelle des Innenrückspiegels ist nun zwar größer, aber dennoch unschärfer als ein klassischer Spiegel – immerhin kann man diesen per Knopf am oberen „Bildschirmrand“ zurückzaubern und sieht nach hinten, wie beeindruckend klein die Heckscheiben selbst bei großen Fahrzeugen wie dem Xpeng G6 mittlerweile sind.